Verantwortungslos und jenseits der Realität: Spitzenpolitikerin der LINKEn weiterhin für Umsturz in Syrien und gegen politische Lösung

In einem sechsseitigen Thesenpapier »Syrien, Irak und die Fluchtbewegung« (Nachgedruckt u.a. im ND) beschreibt Christine Buchholz - die für Die Linke im Verteidigungsausschuss des Bundestages sitzt und dem Geschäftsführenden Bundesvorstand der Partei angehört, zusammen mit Frank Renken ihre krude Sicht der Verhältnisse in Syrien und im Irak, wendet sich gegen das russische Bemühen um eine Eindämmung des Krieges und gibt dem Sturz Assads Priorität vor dem Kampf gegen den Islamischen Staat (ISIL oder kurz IS).
 
In manchen Punkten ist den beiden Politikern vom Linke-Netzwerk »Marx21« durchaus zuzustimmen. In der Tat werden NATO-Bomben auf den IS die Fluchtbewegungen aus Syrien nicht stoppen, verschärfen die Angriffe der US-geführten Kriegsallianz das Elend und ist die militärische Unterstützung der irakisch-kurdischen Peschmergas von Barzanis KDP abzulehnen.

Realitätsfremd und absolut verantwortungslos sind jedoch die Verharmlosung des IS und der anderen islamistischen Gruppen und das Festhalten an der Illusion einer progressiven Alternative zur Assad-Regierung.
Der IS sei nicht das Hauptproblem, so die Beiden, seine Ausbreitung durch die syrischen Kurden gestoppt. "Der letzte relevante Vorstoß des IS in Syrien im Mai führte nach Palmyra, das heißt in eine fast menschenleere Gegend." Von den anderen islamistischen Banden, die ebenfalls weite Teile des Landes besetzen und terrorisieren, ist im Papier erst gar nicht die Rede. Stattdessen wird die Mär weiterverbreitet, die sogenannte "Freie Syrische Armee" habe die Kontrolle über diese Gebiete, "dem vom Regime befreiten Teil", wie sie es nennen.

Für den Krieg wird allein die Regierung verantwortlich gemacht. Der Aufbau und die Ausrüstung islamistischer Milizen, sowie deren politische, finanzielle, militärische und logistische Unterstützung durch die Golfmonarchien, die Türkei wie auch durch die USA und andere Nato-Staaten werden einfach ignoriert. Folgerichtig richtet sich der Krieg der syrischen Armee in ihren Augen auch vorwiegend gegen die Zivilbevölkerung in den "befreiten Städten" und dorthin seien auch, so behaupten sie, die meisten syrischen Flüchtlinge vor den Truppen geflohen. Das "Assad-Regime" ist aus Sicht der beiden Autoren, die keine Quellen für ihre Weisheiten nennen, auch selbst für den IS verantwortlich und würde diesen selbst nicht bekämpfen.

Tatsächlich befinden sich die meisten Binnenflüchtlinge in dem Küstenstreifen am Mittelmeer, den die Armee noch kontrolliert - laut Michael Lüders in der Berliner Zeitung insgesamt vier Millionen Menschen, die vor dem IS und den anderen Banden geflohen sind.
Warum die syrische Armee, die in einen verzweifelten Abwehrkampf mit islamistischen Milizen steht, ihre begrenzten Kapazitäten für Angriffe gegen zivile Ziele nutzen sollte, erklären sie nicht. Tatsächlich kämpft die syrische Armee unter großen Verlusten an hundert Fronten gegen ihre z.T. mit modernsten US-amerikanischen Waffen ausgerüsteten Gegner - nicht zuletzt, wie Robert Fisk, der renommierte Auslandskorrespondent des Independent, berichtet, gegen den IS (Syrian soldiers are fighting for their lives as well as their country, ABC, 10.11.2014). Für den erfahrenen Reporter und Syrien-Kenner - laut New York Times „der wohl berühmteste britische Auslandskorrespondent“ - besteht kein Zweifel, dass die FSA - wie auch die sog. "moderate Opposition" - ein reiner Mythos ist.(John Kerry’s rhetoric on Isis insults our intelligence and conceals the reality of the situation in Syria - Anyone who has studied Syria knows the moderate opposition doesn’t exist, Independent, 21.9.2014).

Für ihn, wie auch viele andere Experten, ist auch offensichtlich, dass der IS und die anderen dschihadistischen Gruppen, nicht ohne ihren stärksten Gegner, die syrische Armee, zurückgedrängt werden können. Wie es scheint, hat dies nun auch ‒ unter dem Druck der Flüchtlingsströme ‒ die deutsche Regierung eingesehen.

Fisks warf John Kerry, der im Herbst letzten Jahres auch noch behauptete, die USA könnten mit den von ihnen unterstützten "moderaten Kräften" den IS schlagen und gleichzeitig an ihren Umsturzbemühungen festhalten, vor, seine Ausführungen seien "purer Infantilismus" und eine "Beleidung unserer Intelligenz". Der Vorwurf gilt auch für die beiden Marx21-Leute.

Man muss schon ideologisch sehr verbohrt sein und alle unabhängige Berichte ignorieren, um behaupten zu können, "eine tragfähige Lösung ist nicht mit dem Regime denkbar." Im Umkehrschluss kann das ja nur heißen, dass für sie der Sturz der Assad-Regierung das erste Ziel sein müsste. Danach wäre jedoch eine Übernahme des Landes durch den IS, bzw. wahrscheinlicher noch, eine Aufteilung des Landes, unter den dschihadistischen Gruppen nicht mehr zu verhindern.

Nachtrag:
Siehe dazu auch die Kommentare von
Rüdiger Göbel, "Wahnsinn: Linke finden IS gar nicht so gefährlich", Sputnik News, 23.09.2015
und Manfred Ziegler, "Linke und Syrien", balqis.de, 02.10.2015

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