Oppositionelle Al-Irakija-Liste gewinnt

Die irakische Wahlkommission hat das vorläufige Endergebnis verkündet, demnach hat die oppositionelle Al-Irakija-Liste 91 Sitze gewonnen und Malawis Rechtsstaatsliste nur 89. Die schiitische Irakisch-Nationale Allianz hat 70 und die kurdische Allianz 43 Sitze - dies entspricht recht genau dem, was sich bereits letztes Wochenende abzeichnete (Die NYT hat dazu eine interaktive Übersicht)

Da die Allianz mit den meisten Sitzen die erste Chance erhält, eine Regierungsmehrheit zu zimmern, wäre Maliki damit an sich erst mal draußen. Aber noch gibt sich der amtierende Regierungschef nicht geschlagen.
 
Zum einen pocht er weiterhin mit Nachdruck und düsteren Drohungen auf eine Neuauszählung.

Wahlmanipulationen hat es offensichtlich in erheblichem Maß gegeben, auch wenn der UN-Beauftragte Ad Melkert die Vorwürfe zurückwies. Die kleine Schar internationaler Beobachter hatte aber gar nicht die Möglichkeit, den Ablauf wirksam zu kontrollieren. Und auf das Urteil der UNO dürfte im Irak, angesichts ihrer bisherigen unkritischen Rolle, kaum jemand etwas geben.

Der Vorwurf aber, dass die Opposition manipuliert habe, ist einfach lachhaft. Wenn jemand betrügen konnte, dann Maliki und die anderen Regierungsparteien, die überall an den Hebeln saßen. Al-Irakia gewann nicht wegen, sondern trotz Repression und Wahlmanipulation. Offensichtlich hat dies einen großen Teil der Gegner des Besatzungsregimes dazu gebracht, sich hinter die aussichtsreichste Wahlallianz zu stellen.

Zum anderen hat sich Maliki vom obersten Gericht des Landes die Zusicherung geholt, dass auch noch nach der Wahl gebildete Koalitionen bei der Frage, wer als erstes mit der Regierungsbildung beauftragt wird, zählen. Kann er rechtzeitig Partner finden, könnte er Al-Irakija überbieten. Naheliegend wäre ein rasches Zusammengehen mit der schiitischen Irakisch-Nationalen Allianz (INA), fürs erste würde auch eine Koalition ohne die Sadr-Bewegung reichen, die die Mehrheit der INA-Sitze erhielt.

Nun, ob es Maliki gleich im ersten Anlauf schafft oder erst warten muß, bis Allawi bei der Beschaffung einer Regierungsmehrheit scheitert, oder ob die anderen Spitzenleute der Rechtsstaatsliste sich entscheiden, ihn für eine breitere Allianz fallen zu lassen, am Ende wird sich – wie bereits am Montag erörtert – die neue Regierung vermutlich kaum von der bisherigen unterscheiden.

Die westlichen Medien personalisieren gerne und so ist in der Regel nur vom Sieg Allawis die Rede. Gewählt wurden aber vor allem die diversen säkularen und sunnitischen nationalistischen Gruppen und Persönlichkeiten der Liste. Für sich alleine wäre Allawi für die meisten kaum attraktiver gewesen, als 2005, als er im Bündnis mit der irakischen KP auf 8,2% der Stimmen kam.

Auch die Bedeutung des Ausgangs wird stark übertrieben. Die Deutsche Welle titelte gar „Irak steht vor einem Machtwechsel“. Doch egal, wer in ein paar Monaten neuer Regierungschef werden wird, die Macht liegt immer noch in den Händen der Besatzer. Und diese werden bei der Besetzung der neuen Regierung auch ein gewichtiges Wort mitreden.

Trackback URL:
https://jghd.twoday.net/stories/6263761/modTrackback

Kontakt

jguilliard(a)yahoo.de
»» Neue Einträge per E-Mail abonnieren

Suche

 

Aktuell & Wichtig

»» Neue Blogadresse: Da Twoday angekündigt hatte, den Laden bis Ende Mai zu schliessen, habe ich den Blog umgezogen auf: https://jg-nachgetragen.blog/ Da die Plattform nun doch weiter betrieben wird, bleiben die Beiträge hier weiter zugänglich. Neue werden hier gespiegelt.

»» Bitte unterzeichnen:
- Kriegsvorbereitungen stoppen! Embargos beenden! Solidarität mit den Völkern Irans und Syriens!
- „Hände weg von Iran und Syrien

Aktuelle Beiträge

Syrien: „Stiller Tod durch Sanktionen“
Berichterstattung von UN-Sonderbeobachter Idriss Jazairy...
JGuilliard - 3. Jun, 01:15
Kriegsdrohungen und Wirtschaftskrieg ‒ die...
Heidelberg, 13.6.2019 (erscheint, leicht gekürzt in...
JGuilliard - 3. Jun, 01:10
„Stoppt die Kriege - Solidarität mit den...
"Syrien zwischen Kriegstrommeln und Wiederaufbau" Rede...
JGuilliard - 18. Mai, 21:26
Verständigung mit Russland, Rechenschaft...
Der u.a. von Attac Aschaffenburg-Miltenberg und den...
JGuilliard - 18. Mai, 21:24
Göttinger Friedenspreis ‒ Diffamierungsversuche...
Leserbrief zu "Weniger Unterstützer für Göttinger Friedenspreis",...
JGuilliard - 18. Mai, 21:17
"Humanitäre Hilfe für Venezuela" geschickt...
Auch in Deutschland organisiert die "Coalición Ayuda...
JGuilliard - 18. Mai, 21:17
Übrig bleiben Totenstädte ‒ Die verschleierte...
Erweiterte und aktualisierte Fassung des Beitrags "Vernichtungskriege...
JGuilliard - 18. Mai, 20:59
„Raus aus der Nato”
Joachim Guilliard, 30.9.2018 (ungekürzte und unredigierte...
JGuilliard - 18. Mai, 20:25

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Status

Online seit 5922 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 17. Jun, 01:21

Credits


Afghanistan
Europa
Internationales
Irak
Iran
Lateinamerika
Militarisierung
Nahost
NATO
Nordafrika
Propaganda
Umwelt
USA
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren