Syrien: Westen weiter auf Kriegskurs

(ging als Leserbrief an die RNZ und einige andere Zeitungen)

Auch Syrien muss erleben, dass Staaten, die im Visier der westlichen Staaten stehen, nicht auf Kompromiss-Lösungen hoffen können. Machen sie ein Angebot, so wird dieses ohne relevante Gegenleistung geschluckt und als neuer Ausgangspunkt für ihr aggressives Vorgehen genommen. Kaum hatte Syrien angeboten, seine Chemiewaffen rasch unter internationale Kontrolle zu stellen und mittelfristig zu vernichten, versuchen die USA, Großbritannien und Frankreich per UN-Resolution aus dieser freiwilligen Verpflichtung eine strafbewehrte UN-Resolution zu machen.
 
Wer die Vorgeschichte des Irakkriegs kennt, braucht wenig Phantasie, um vorauszusehen, wie es weitergehen wird. Der Westen wird die syrische Regierung mit dem Vorwurf, nicht alles offenzulegen, immer weiter vor sich hertreiben und zu immer neuen Zugeständnissen zu zwingen suchen. Doch am Ende wird auch sie – so wie die irakische vor 2003 – daran scheitern, dass man keinen hundertprozentigen Beweis für die Nichtexistenz für Waffen erbringen kann.

Man kann nur hoffen, dass Russland und China weiterhin jegliche Resolution blockieren, die – egal in welcher Form – Maßnahmen nach Kapitel VII der UN-Charta androhen. Nato-Staaten haben es bisher stets verstanden, daraus mit großer völkerrechtlicher Kreativität ein Mandat für einen Krieg abzuleiten, sowohl 2003 gegen den Irak wie auch 2011 gegen Libyen. Auf die Belastbarkeit der Argumentation kommt es dabei nicht an. Ein paar willige Völkerrechtler reichen, um die so konstruierte Legitimation auf den Status „umstritten“ zu heben und den Anschein des willkürlichen, offensichtlichen Völkerrechtsbruchs zu verschleiern.

Obwohl der Bericht der UN-Untersuchungskommission dafür keine Munition liefert und die bisherigen Recherche-Ergebnisse stark dagegen sprechen, fahren westliche Politiker und Medien auch fort die Assad-Regierung als Verantwortliche für die jüngsten Giftgas-Attentate hinzustellen und so weiterhin Stimmung für ein direktes militärisches Eingreifen der Nato zu machen.
Dabei haben Experten schon früh darauf hingewiesen, dass Giftgas für die syrische Armee in einem solchen Krieg eine völlig untaugliche Waffe ist. Sie operiert schließlich im eigenen Land, in Gebieten wo Frontlinien fließend und Anhänger und Gegner nicht klar zu trennen sind. Das in der Ausbreitung schwer zu kontrollierende Giftgas würde zudem die Übernahme des zurückeroberten Terrains sehr erschweren.
Und selbst wenn unter Umständen ein Einsatz sinnvoll wäre: wie dumm müsste die Regierung eines Landes sein, die seit langem verkündete „rote Linie“ für einen direkten militärischen Angriff der stärksten Militärmacht der Welt zu überschreiten?

Laut Bericht der UN-Inspekteure können die eingesetzten Waffen handgefertigt sein und die russische Regierung hat zahlreiche Hinweise gesammelt, die auf Aufständische als Täter deuten. Auch bei ersten Untersuchungen der Giftgasanschläge vom Dezember und März kamen UN-Experten, wie die Chefanklägerin des Jugoslawien-Tribunals, Carla del Ponte, zu dem Schluss, dass die Giftstoffe sehr wahrscheinlich von „Gegnern des Regimes“ eingesetzt wurden, um die Nato zum Eingreifen zu bewegen.

Siehe dazu auch meinen Kommentar im ND "Vorraussetzung für eine Friedenslösung in Syrien: Ausländische Intervention stoppen" sowie Jürgen Wagner Syrien: Giftgasangriffe und die Verstetigung des Bürgerkrieges , IMI-Analyse, 27.09.2013 und Giftgas in Syrien - Auch die Rebellen haben Chemiewaffen, Berliner Zeitung, 27.08.2013

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