Gefälligkeiten für den Pascha: Merkel in der Causa Böhmermann

Die Zulassung einer zusätzlichen Strafverfolgung Böhmermanns wegen „Majestätsbeleidung“ dient der Hoffierung des Autokraten Erdogan, nicht der Gewaltenteilung
Leserbrief u.a. an die RNZ (dort teilweise abgedruckt am 23.4.2016)
Jeder, der sich durch einen Beitrag in den Medien diffamiert oder beleidigt fühlt, hat natürlich das Recht, dagegen vor Gericht zu klagen. Das hatte Herr Erdogan bereits getan. Wenn Kanzlerin Merkel jetzt auch noch eine Strafverfolgung Böhmermanns nach §103 einleiten lässt, so hat das nichts damit zu tun, dass sie der Gewaltenteilung Rechnung trug, indem sie den Fall den Gerichten übertragen habe. Sie gewährte vielmehr dem, sich als osmanischer Pascha aufführenden türkischen Staatschef, die Genugtuung, dass der Satiriker nun zusätzlich auch wegen „Majestätsbeleidung“ verfolgt wird und wesentlich härtere Strafen fürchten muss.

Dabei sollten die Maßstäbe und die Strafandrohung im Falle von führenden Politikern nicht schärfer sondern geringer sein. Böhmermann zielt ja nicht auf die Privatperson Erdogan, die er persönlich nicht kennt, sondern gegen einen Staatschef, der Krieg gegen die eigene kurdische Bevölkerung führt und ausnahmslos jeden, der ihn und seine Regierung kritisiert oder über die Machenschaften des türkischer Staats aufklärt, juristisch verfolgt.
Egal, für wie geschmacklos man Böhmermanns satirisches Stück hält, das ja nicht nur aus dem Schmähgedicht besteht, es war eine Reaktion auf diese Verfolgungswut. Es waren Schmähungen mit Ansage und offensichtlich so frei erfunden, dass sie das Image Erdogans kaum beeinflussen können.
Staatschefs, die als Gegner des Westens gelten, werden durch regelmäßige herabsetzende Angriffe auf ihre Person, tendenziöse Charakterisierungen, Comedian-Witze etc. wesentlich massiver geschädigt. Ihre Möglichkeiten hierzulande, sich gegen wahrheitswidrige Verleumdungen zu wehren, sind gleich null. Für Wladimir Putin oder Baschar al-Assad beispielsweise würde die Kanzlerin sicherlich keine Strafverfolgung nach §103 zulassen.

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