Kommentar einer Syrerin zu "linken" Analysen über ihr Land

Auf linksunten.indymedia.org findet man einen Artikel von Peter Lenz zu "Syrien: Der Charakter des Assad-Regimes" aus Neue Internationale Juli/August 2013. Ein typischer Text aus dem Spektrum und an sich nicht weiter der Rede Wert.

Lesenswert ist allerdings ein Kommentar dazu, in den die "Gedanken einer Syrerin" gepostet wurden. Leider "anonym", so dass die Authentizität nicht nachprüfbar ist. Doch so oder, die Argumente sprechen für sich.
 
Zitat: Gedanken einer Syrerin:
Verfasst von: anonym am: So, 14.07.2013 - 11:25.

"Ich wünsche Ihnen von Herzen, dass Ihnen nie das passiert, was meinem Volk gerade angetan wird."

"Zunächst möchte ich feststellen: ich bin Syrerin. Weiterhin unterstütze ich den Prozess der Reformen in meinem Land, und verabscheue den Terror der Muslimbrüder (Nationalrat, Freie Syrische Armee) und der ausländischen Insurgenten gegen mein Volk. In diesem Krieg sind wir Syrer bisher nie gefragt worden, am wenigsten von jenen, die ständig von "Menschenrechten als Grundlage der Politik" reden.

Zweitens möchte ich gleich zu Beginn festhalten: ich bin keine bezahlte Agentin irgendwelcher Regierungen oder regierungsnaher Institute, Organisationen, 'Think-tanks' usw. (was ja auch gern unterstellt wird, gehen die Argumente aus), sondern freiberuflich und auch frei-geistig.

Drittens: ich bin FÜR den Reformprozess des Präsidenten Bashar al-Assad und GEGEN den mörderischen Terror der sogenannten "Freien Syrischen Armee" (welch ein Hohn) gegen mein Volk. Somit stehe ich auch gegen die Umsturzversuche der USA, der Türkei, Deutschlands und der Dikatoren vom Golf gegen mein Land.
Dieser Reformprozess verwandelt das ehedem volksdemokratisch-sozialistische autoritäre Syrien Schritt für Schritt Richtung zu sozialer Marktwirtschaft (sei 2007 Regierungsauftrag), garantierter bürgerlicher Freiheiten und Bürgerbeteiligung (2011 Kommunalwahlen, 2011/12 Zulassung neuer Parteien, 2012 neue Verfassung: Bruch der führenden Rolle der Baath-Partei; Begrenzung der Wiederwahl des Präsidenten, Bürgerrechte...., 2012 Parlamentswahl, Fortsetzung des Reformprozesses).

Sollten Sie jetzt Ihre ideologischen Scheuklappen anlegen wollen: ich wünsche Ihnen von Herzen dass Ihnen nie das passiert, was meinem Volk gerade angetan wird.
Danke und adieu.

Möge Ihnen nie passieren, was in Syrien passiert: Schulen werden von der „Freien Syrischen Armee“ mit Mörsergranaten beschossen, Krankenhäuser gestürmt und geplündert, Menschen vor den Augen ihrer Familien erschossen, Kinder entführt, vergewaltigt, verstümmelt und irgendwo hingeworfen.
Feige Anschläge mit Zeitzünderbomben reissen ganze Häuser ein und begraben dutzende Menschen unter sich, feige Selbstmordattentäter fordern den Blutzoll Hunderter, wie in Damascus, Aleppo, Idlib. Waffen und Mörder werden von der Türkei, dem Irak und - jüngst - über das Meer nach Syrien geschmuggelt, um den Mordplänen an dem Volk Nachschub zu geben. Politischer Kopf dieses blutigen Umsturzversuches ist der "Nationalrat" in Istanbul, dem vorbestrafte Kriminelle angehören ebenso wie Vertreter der islamistischen Muslimbrüder.

Dieser Nationalrat, so will es Ihre deutsche Regierung in treuer Folge der USA, soll die Regierung in Syrien stürzen und selbst sich zur Regierung machen. Also möchte Ihre Regierung, dass Mörder, Menschenhändler, Betrüger, Diebe und Islamisten die neue Regierung in Syrien stellen.
Vielen Dank.

Es wird behauptet, es gäbe einen "Bürgerkrieg". Dieser Begriff ist falsch.

Ich habe den libanesischen Bürgerkrieg 1975-1990, erlebt. Dort kämpften Milizen verschiedener Parteien gegeneinander und brachten Menschen um.

In Syrien gibt es einen Krieg von inländischen Terroristen (so nenne ich politisch motivierte Mörder) von den Muslimbrüdern, der infiltrierten al-Qaida und ausländischen Agenten gegen die Regierung und gegen das Volk. Das ist ein dezenter, aber wichtiger Unterschied. Wenn behauptet wird: in Syrien steht das Volk gegen Assad, so frage ich mich, welche Rechenkünste in Ihren Schulen gelehrt werden. Selbst wenn wir die Zahl der innersyrischen Gegner, wie sie sich durch Demonstrationen, Aktionen, Internet-Propaganda usw. ausweisen, auf vielleicht 100.000 Menschen hochrechnen, so ist das doch angesichts einer Bevölkerung von über 21 Mio. eine Minderheit. Ich respektiere eine politische Gegnerschaft zum Präsidenten oder zur Regierung. Aber festzuhalten bleibt: die absolute Mehrheit der Syrer steht NICHT hinter den Mördern - sondern möchte Reformen und Veränderungen auf FRIEDLICHE Weise.

Und noch etwas: Opposition ist nicht mit Terror legitimierbar.

Es gibt eine legitime syrische Opposition, Menschen, die sich dafür engagieren, dass Politik in ihrem Sinne gemacht wird. Diese Menschen werfen keine Bomben, morden und brandschatzen nicht. Wenn wir also über Syrien reden, müssen wir dies vor Augen haben: die Regierung, der Präsident redet mit den Menschen, auch jenen die nicht einverstanden sind, aber die Regierung, der Präsident stemmt sich mit aller Macht gegen den von aussen infiltrierten Terror gegen unser Volk und seine Vertreter. Ich denke, dies ist die vornehmliche Pflicht einer Regierung: die Bürger, das Land, zu schützen vor Gewalt.

Ich bin sehr verwundert über die Logik vieler Deutscher: Einerseits misstrauen sie dem Islam, verurteilen, zu Recht, islamistische Radikale. Andererseits wünschen Sie Syrien, dem EINZIGEN arabischen Land mit einer säkularen Ordnung und ausgewiesener Religionsfreiheit den blutigen Umsturz und die Herrschaft von brutalen islamistischen Ideologen....

Diese Logik ist abenteuerlich und sie ist schlimm, denn die Konsequenzen der Politik der Bunderegierung haben nicht die Deutschen zu tragen – sondern z.B. meine Familie. Einerseits halten Sie sich für aufgeklärte liberale Menschen, andererseits glauben Sie blind der durchschaubarsten Propaganda mit gefälschten Bildern (Bilder aus Libyen werden auf Syrien gemünzt, Anschläge der al-Qaida als Greueltaten der Armee verunglimpft usw.).

Einerseits sind Sie für die Menschenrechte - andererseits urteilen Sie, frei von Hintergrundinformationen über Syrien, seine Geschichte und seine Gesellschaft, über Menschen, die Sie nicht kennen, und deren Schicksal Sie nicht betrifft. Das alles aus dem sicheren, komfortablen Deutschen Fernsehsessel heraus. Das empfinde ich weder als aufgeklärt, noch als tolerant, schon gar nicht aber als intelligent. Was hält Sie und die USA denn davon ab, sich einfach einmal aus den Angelegenheiten anderer Staaten herauszuhalten, so wie Sie es auch für Deutschland erwarten? Gilt die Souveränität der Nationen, niedergelegt in der UN-Charta, nicht auch für Syrien? Fest steht, und dies richte ich an den Herrn Bundesaussenminister: Wer Mörder beklatscht und bezahlt, sollte jedenfalls nicht andere beurteilen.

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