Endgültige Absage Finkelsteins
Nach der Kündigung der Räume durch die Rosa-Luxemburg-Stiftung, hatte die junge Welt in ihrer Ladengalerie Asyl für die Veranstaltung angeboten. Norman Finkelstein hat seine Reise nach Deutschland nun aber komplett abgesagt.
Es folgen Infos dazu aus Berlin, sowie eine Erklärung von Rolf Verleger dazu.
An Protestschreiben gegen das feige Verhalten der Verantwortlichen in der RLS fehlte es glücklicherweise nicht. Einige habe ich unten gelistet:
Update: Die junge Welt hat auf ihrer Themenseite vom 23.02.2010 eine ganze Reihe von Stellungnahmen zu diesem Skandal dokumentiert.
Es folgen Infos dazu aus Berlin, sowie eine Erklärung von Rolf Verleger dazu.
An Protestschreiben gegen das feige Verhalten der Verantwortlichen in der RLS fehlte es glücklicherweise nicht. Einige habe ich unten gelistet:
- Offener Brief der Abgeordneten der LINKEN Jan van Aken, Christine Buchholz, Sevim Dagdelen, Wolfgang Gehrcke und Sahra Wagenknecht sowie der Professoren Norman Paech und Werner Ruf.
- Pluralist des Tages: Rosa-Lxuemburg-Stiftung, junge Welt
- Hermann Dierkes, Vorsitzender der Ratsfraktion Die Linke Duisburg
Update: Die junge Welt hat auf ihrer Themenseite vom 23.02.2010 eine ganze Reihe von Stellungnahmen zu diesem Skandal dokumentiert.
Absage Finkelsteins - Meldung aus Berlin
Offener Brief von Jan van Aken, Christine Buchholz, Sevim Dagdelen, Wolfgang Gehrcke, Sahra Wagenknecht (alle Bundesabgeordnete der LINKEN) Prof. Norman Paech und Prof. Werner Ruf an die Verantwortlichen in der Rosa-Luxemburg Stiftung
Pluralist des Tages: Rosa-Lxuemburg-Stiftung
junge Welt, 19.02.2010
Leserbrief von Hermann Dierkes in junge Welt, 20.02.2010
Offener Brief von Heinz-Dieter Winter, Botschafter a. D. an die Rosa-Luxemburg Stiftung
Norman Finkelstein hat seine Reise nach München und Berlin abgesagt. Nachdem in München, wo nächste Woche zwei Veranstaltungen stattfinden sollten, die Räume gekündigt wurden und in Berlin ihm nach einer Kirche, auch noch eine Stiftung, die den Namen Rosa Luxemburgs trägt, ihre Räume verwehrte, sieht sich Norman Finkelstein einem Redeverbot in Deutschland ausgesetzt.Erklärung von Rolf Verleger, Vorsitzender der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V. zur Absage Norman Finkelstein
Er befürchtet, dass mit den Auseinandersetzungen um seine Auftritte die Sache der Palästinenser, um die es in seinen Vorträgen gehen sollte, in den Hintergrund treten würde.
Dass eine derartige Hetzkampagne gegen Prof. Norman Finkelstein, dem Nachkommen von Opfern des faschistischen Völkermords, und eine Selektierung zwischen "guten" und "unerwünschten" Juden gerade in dem Land (und seiner Hauptstadt) stattfindet, von dem dieser Völkermord ausging, ist ein besonderer Skandal und für viele beschämend.
In diesem Zusammenhang ist ein Strategiepapier sehr aufschlussreich, das vom israelischen Reut-Institut für die israelische Regierung gegen die Kritiker ihrer Politik entworfen wurde.
Ab Punkt 14 (Policy Option) des Strategiepapiers werden u.a. folgende Maßnahmen vorgeschlagen:Die immer aggressiver werdende Hektik der israelischen Regierung und ihrer Helfershelfer hierzulande, zeigt nur ihre Panik angesichts der immer zahlreicher und lauter werdenden Kritik an ihrer menschenverachtenden Politik.
- Aufstellung eigener Netzwerke von NGO's und Individuen, "informelle Botschafter", die von Israel befähigt und gegen die Netzwerke der Kritiker eingesetzt werden.
- Die Beeinflussung von Gewerkschaften im Sinne Israels durch die Histadrut
- Pflege von persönlichen Beziehungen mit Persönlichkeiten im Bereich der Politik, Finanzen, Kultur, Medien und Sicherheit.
- Nutzbarmachung der Israelis im Ausland (Akademiker, Geschäftsleute, Studenten)
"konzentrierte Investition" in die jüdischen Gemeinden
Dr. Norman Finkelstein hat seinen Flug nach Deutschland storniert.
Er wollte vom 24.2. bis 26.2. in München, Milbertshofen und Berlin sprechen.
Der geplante Titel dieser Vorträge war:
"1 Jahr nach dem israelischen Überfall auf Gaza – die Verantwortung der deutschen Regierung an der fortgesetzten Aushungerung der palästinensischen Bevölkerung".
Dieser Titel zeigt klare Kante. Er verstößt gegen die Sprachregelung der deutschen Politik. Er verstößt gegen die Sprachregelung der großen deutschen Medien. Und er spricht die Wahrheit aus.
Vor dieser Wahrheit hat die hiesige Lobbygruppe des israelischen Schlag-zu-Nationalismus große Angst. Also wurde eine Kampagne geführt. Der auf seine elterlich-jüdische Tradition stolze Finkelstein wurde als "Antisemit" und "Geschichtsrevisionist" diffamiert, mithin in die Nazi-Ecke gestellt. Die Jüdische Gemeinde Berlin, jüdelnde Gruppen in Der Linken (Arbeitskreise namens "Shalom") und ein jüdischer Arbeitskreis in der SPD riefen zur Demonstration gegen Finkelstein auf.
Mit diesen Gruppen wollte es sich die Evangelische Kirche ohne Not nicht verderben, ebenso die Parteistiftung der Grünen, und ebenso die Parteistiftung der Linken: Sie alle zogen ihre Zusagen zur Organisation der Veranstaltung zurück. Da nutzte es nicht genug, dass Finkelstein selbst Jude ist und dass wir, die Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost, Mitveranstalter waren.
Es gab eine neue Raumzusage der "Junge-Welt-Galerie" in Berlin. Aber dies ist ein relativ kleiner Saal, und Finkelstein schätzte die Lage nun so ein, dass die Streitereien sein Anliegen, das im Titel des Vortrags zum Ausdruck kommt, zu sehr überlagern würden. Er sagte ab.
Also ein Sieg für die Lobby des israelischen Schlag-zu-Nationalismus? Ja, selbstverständlich.
Aber ein Pyrrhus-Sieg. Denn diese Lobby, die in Berlin die Kirche, die Grünen und die Linke wieder auf Linie gebracht hat, hat damit zu deutlich gemacht, welche praktischen Konsequenzen ihre ungerechtfertigte Gleichsetzung von Kritik an Israels Unrecht mit Antisemitismus hat: Einschränkungen der Meinungsfreiheit. Dies ruft Widerstand hervor. In der Rosa-Luxemburg-Stiftung rumort es vermutlich. Es ist nur eine Frage der Zeit – und weiterer solcher "Siege" - bis es auch in der SPD und in der CDU rumort. Denn Diskussionen über das offensichtliche Unrecht von Israel gegen die Palästinenser kann man nicht verhindern. Wir jedenfalls werden diese Diskussionen weiterführen.
Es ist auch ein Pyrrhus-Sieg auf ideologischem Gebiet. Denn in seinen besten Traditionen hat das Judentum danach gestrebt, die Welt durch aktives Handeln zu einer gerechteren und barmherzigeren Welt zu machen. Es war der geistige Führer des deutschen Judentums im letzten Jahrhundert, Rabbiner Dr. Leo Baeck, der das Judentum als die Religion der tätigen Moral definierte. In diesem Sinne können und sollen Juden zu Verständigung, Dialog, Versöhnung und Frieden in Nahost beitragen. Die Akteure, die im Namen ihres Judentums Finkelsteins Auftritt verhindert haben, stellen sich außerhalb dieser alten Tradition, und sie haben keine neue: Da ist nur eine große nationalistische Leere.
Das macht es in Zukunft nichtjüdischen Deutschen immer leichter, Recht und Unrecht in der Palästinafrage nicht nur zu erkennen, sondern auch zu benennen:
"1 Jahr nach dem israelischen Überfall auf Gaza – die Verantwortung der deutschen Regierung an der fortgesetzten Aushungerung der palästinensischen Bevölkerung".
Prof. Dr. Rolf Verleger
Vorsitzender der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V.
Offener Brief von Jan van Aken, Christine Buchholz, Sevim Dagdelen, Wolfgang Gehrcke, Sahra Wagenknecht (alle Bundesabgeordnete der LINKEN) Prof. Norman Paech und Prof. Werner Ruf an die Verantwortlichen in der Rosa-Luxemburg Stiftung
Lieber Heinz Vietze, Lieber Florian Weis,
eure Entscheidung, den Raum in der Rosa Luxemburg Stiftung für den Vortrag an Norman Finkelstein nicht mehr zur Verfügung zu stellen, finden wir falsch. Eure Begründung, dass euer Bildungsauftrag „plurale Debatten“ voraussetzt und deshalb eine Veranstaltung mit Norman Finkelstein nur mit einem Gegenpart durchgeführt werden sollte, finden wir auch falsch.
Als ihr im Dezember 2009 eure Zusage gabt, waren Finkelsteins kritische Positionen zur Israel-Debatte bekannt. Dass er in Israel und manchen jüdischen Kreisen umstritten ist, trifft ihn gleichermaßen wie zahlreiche andere kritische jüdische Wissenschaftler. Erst jüngst wurde einem von ihnen, Ilan Pappe, in München von der Stadt der Raum gekündigt.
Wir halten derartige Entscheidungen mit dem Debatten-Anspruch der Stiftung sowie mit der von uns bisher beachteten Diskurs-Kultur vollkommen unvereinbar und das unabhängig der Bewertung der inhaltlichen Positionen Norman Finkelsteins, in der auch wir nicht immer übereinstimmen. Wir gehen nicht davon aus, dass das Publikum erst durch einen Gegenpart zu einem kritischen Dialog mit dem Vortragenden angeleitet werden müsste.
Gerade als politische Stiftung mit einem Bildungsauftrag für kontroverse und plurale Debatten hättet ihr dem Druck von einigen Wenigen nicht nachgeben dürfen. Deren Vorwürfe „Geschichtsrevisionismus“ und „Antisemitismus“ zeugen von einer erschreckenden Unkenntnis und sind vollkommen absurd, das wisst ihr auch. Anstatt ihrem Druck nachzugeben, hättet ihr einem Wissenschaftler eurer Wahl in einer weiteren Veranstaltung ein Podium geben können.
Wir bitten Euch deshalb eindringlich, diese Entscheidung zu überdenken. Ihr könnt mit unserer vollsten Unterstützung rechnen, sowohl bei der Durchführung dieser Veranstaltung als auch bei der Planung und Durchführung einer weiteren Veranstaltung einer anderen Denkrichtung. Wenn wir erst anfangen, Debatten gar nicht mehr zu führen, haben wir schon verloren.
Mit solidarischen Grüßen
Pluralist des Tages: Rosa-Lxuemburg-Stiftung
junge Welt, 19.02.2010
Ein halbes Jahr nach dem gegen großen Protest durchgeboxten Auftritt dreier Kriegsapologeten bei der Ferienakademie der Rosa-Luxemburg-Stiftung setzt die Linke-nahe Denkfabrik erklärte Kriegsgegner vor die Tür. Dem Verein »Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost« wurden am Mittwoch für die Veranstaltung »Israel, Palästina und der Goldstone-Bericht über den Gaza-Krieg« mit Norman G. Finkelstein die Räume gekündigt (jW berichtete). Der »Bildungsauftrag« der RLS sehe »kontroverse und plurale Debatten« vor. Das Ansinnen, das Podium um einen »Gegenpart« zu dem geladenen Referenten zu erweitern, sei »von den Veranstaltern leider abgelehnt worden«. Als »Gegenpart« zu Norman Finkelstein schwebte der RLS Wolfgang Benz vor. Was der Leiter des »Zentrums für Antisemitismusforschung« an der Technischen Universität Berlin auf den Vortrag seines US-Kollegen zur Hungerblockade gegen die Palästinenser in Gaza hätte erwidern sollen oder können, wollte jW am Donnerstag wissen. Die RLS antwortete zunächst mit Schweigen, dann mit der knappen Anmerkung: »Gute Frage.«Zensur
Folgende Änderungen sind möglich: Am 20. Februar findet in Dresden die RLS-unterstützte Konferenz »Frieden schaffen ohne Waffen« mit Inge Höger (Die Linke) statt. Zur Absicherung einer kontroversen und pluralen Debatte im Haus der Gewerkschaften werden noch angefragt: Klaus Eberhardt (Vorstandsvorsitzender Rheinmetall AG) und Dietmar Straub (CEO KraussMaffei AG).
Das Referat »Zur aktuellen politischen Lage in Afghanistan« von Diethelm Weidemann (16. März im Seniorenklub im Karl-Liebknecht-Haus, Berlin) wird ergänzt. Eine Lichtbildshow zur Problematik »Erfolgreiches militärisch angemessenes Agieren in nichtinternationalen bewaffneten Konflikten« präsentiert Bundeswehroberst Georg Klein. Und schließlich: Die Lesung »Rosa Luxemburg – Ihr Leben und ihr Werk« (27. Februar, Ferienheim »Heideruh« in Buchholz/Nordheide) wird erweitert um den Vortrag »Waldemar Pabst – Seine schwierige Jugend in der Preußischen Hauptkadettenanstalt«. (rg)
Leserbrief von Hermann Dierkes in junge Welt, 20.02.2010
Nun auch noch die Rosa-Luxemburg-Stiftung! Ja, hat denn ihr Vorstand keinen Arsch mehr in der Hose? Die Begründung für den Rückzug ist oberfaul und der politische Opportunismus offensichtlich. Welche »Ausgewogenheit« bei Referenten und Themen will man denn da anstreben? Mäßigt euch, ihr Mörder, mäßigt euch, ihr Opfer? Haben die Verantwortlichen für das Gaza-Massaker, für völkerrechtswidrige Besatzung und Annexion und ihre Komplizen hierzulande nicht Geld und Raum genug für ihre verlogenen Darstellungen? Darf ein entschiedener Vorkämpfer für universelle Menschenrechte und mutiger Kritiker wie Norman Finkelstein nur noch auftreten, wenn schamlose Lobbyisten ihm ins Wort fallen? Wir dürfen gespannt sein, welche »Ausgewogenheit« – in Wahrheit Auftrittsverbot und Zensur – nicht nur beim Thema Israel/Palästina da noch ins Haus steht. Rosa Luxemburg würde sich im Grabe herumdrehen, wenn sie könnte. Setzt sich ein solcher Kurs fort, sollte sich die Stiftung aber schleunigst umbenennen. Vielleicht in Rosamunde-Pilcher-Stiftung oder so. Ich fasse es nicht!Wohin führt der Weg?
Hermann Dierkes, Vorsitzender der Ratsfraktion Die Linke Duisburg
Offener Brief von Heinz-Dieter Winter, Botschafter a. D. an die Rosa-Luxemburg Stiftung
Sehr geehrter Herr Heine,
als jemand, der seit mehr als dreißig Jahren mit der Lage im Nahen und Mittleren Osten befaßt ist, sehe ich mich zu folgender Stellungnahme veranlaßt: Die Rosa-Luxemburg-Stiftung weicht vor jenen zurück, die Kritik an den völkerrechts- und menschenrechtswidrigen Praktiken Israels als Antisemitismus diffamieren. Dabei will gerade diese Kritik dazu beitragen, daß Israel endlich im Interesse auch seiner eigenen Sicherheit einen Weg beschreitet, der zum Frieden mit den Palästinensern und allen arabischen Nachbarn führt. Jeder, der es wollte, hätte doch zu der nun abgesagten Veranstaltung kommen können und mit Argumenten Herrn Finkelstein widersprechen können, statt vor der Tür gegen ihn zu demonstrieren.Oh, Stiftung, die einen so würdigen Namen trägt, welchem Zeitgeist huldigst Du und wohin führt Dein Weg?
Heinz-Dieter Winter, Botschafter a. D.
JGuilliard - Sonntag, 21. Februar 2010
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