"Die Nato: Bedrohung für den Rest der Welt"

Anbei mein Redebeitrag auf der Demonstration gegen den Afghanistankrieg in Stuttgart am Samstag 28.11.2009
"Nein zur Mandatsverlängerung - Bundeswehr und Nato raus aus Afghanistan! (mehr ...)

Die Größe der Demonstration hielt sich mit knapp 1000 Teilnehmern leider in den gewohnten Grenzen.
 

„Die Nato war stets eine Bedrohung für den Rest der Welt“
Joachim Guilliard
Rede auf der Afghanistan-Demo Stuttgart 28.11.2009

Der brutale Charakter des Krieges in Afghanistan scheint mittlerweile ja immer häufiger durch, siehe die von der Bundeswehr angeforderte Bombardierung der Tanklaster im Kundus.

Eine Schwierigkeit bei der Mobilisierung bleibt aber noch. Die tatsächlichen Interessen hinter dem Krieg sind schwer zu greifen, schwerer als z.B. beim Krieg gegen den Irak, wo wirtschaftliche Interessen aufgrund dessen riesigen Öl-Reserven unmittelbar plausibel sind. Aber was ist in Afghanistan schon zu holen? Daher glauben immer noch viele, der Krieg in A. sei ein – evtl. fehlerhafter, ungeeigneter Maßnahme – zur Demokratisierung des Landes, zur Bekämpfung von Terrorgefahren etc. oder sind der Ansicht, Deutschland und andere Nato-Länder seien nur aus Vasallentreue zu den USA mit dabei.

Mit Aktionen, wie der heute, wollen wir daher auch klar machen, dass es für die USA wie auch für die Nato-Verbündeten selbst, in aller erster Linie um geostrategische Interessen geht. Wir haben es im Aufruf angedeutet: Afghanistan liegt an der Schnittstelle potentieller Energietransportwege und es grenzt an drei der riesigen Staaten, die die westl. Dominanz zukünftig in Frage stellen werden, neben Rußland als Nachfolger der einstigen 2. Supermacht sind dies die kommenden Großmächte China und Indien.

Außerdem hängt der Krieg in Afghanistan eng mit der Entwicklung der NATO zusammen. Es ist nach dem Überfall auf Jugoslawien bereits der zweite große Krieg des Militärbündnisses seit Wegfall des Gegengewichts im Osten.

Hier sollten wir zunächst eines klar stellen. Die NATO hat nicht etwa einen unglückseligen Wandel von einer Verteidigungsallianz zum Aggressionsbündnis vollzogen, der, wie auch einige Linke und Friedensbewegte meinen, evtl. wieder korrigierbar wäre, Nein, die Nato war nie ein Verteidigungsbündnis gewesen. Als die Org. gegründet wurde hatte sie gar keinen Feind.
Selbst der „Vereinigte Stab“ der US-amerikanischen Geheimdienste war [in einer Studie Anfang] 1945 zum Schluss gekommen, dass die Sowjetunion (SU) weder die Fähigkeit noch den Willen zur Konfrontation mit den USA und ihren Verbündeten habe, sondern sich vielmehr auf den Wiederaufbau konzentrieren müsse und daher alles daransetzen werde‚ um Nachkriegskonflikte zu vermeiden.
Die USA und ihre Verbündeten waren sich aber bewusst, dass sie nur einen kleinen Teil der Weltbevölkerung umfassen, jedoch über den größten Teil des weltweiten Reichtums verfügen bzw. kontrollieren. Daher müsse man „ein Schema von Beziehungen erarbeiten“, das es ermögliche, „diese Position der Ungleichheit zu bewahren“, so George F. Kennan, der [als liberal und als Taube geltende] Theoretiker der Eindämmungspolitik gegen die Sowjetunion 1948 in einem Strategiepapier des US State Departments.
Die NATO sollte dabei international die Aufgabe übernehmen, wofür der bürgerliche, kapitalistische Staat im Innern sorgt: die Benachteiligten, Unterdrückten, Ausgeplünderten daran zu hindern, die ungleiche Verteilung von Reichtum und Einfluss zu ändern.
Die NATO sollte zudem verhindern, dass sich eine bittere Erfahrung für die imperialistischen Mächte wiederholt. Durch die zwei verheerenden Kriege, die sie gegeneinander geführt hatten, war der Teil der Welt, auf den sie unmittelbar Zugriff hatten, stark geschrumpft, nach dem ersten hatte Rußland, nach dem zweiten WK Osteuropa und China einen nichtkapitalistischen Weg eingeschlagen. Gemeinsames Ziel aller imperialistischen Staaten war zum einen natürlich diese Entwicklung wieder rückgängig zu machen. Durch das Bündnis sollte zudem aber auch die innerimperialistische Konkurrenz gebändigt werden. Nachdem die USA zur unanfechtbaren Vormacht aufgestiegen war, hatte sie dazu auch die nötige Autorität und Macht. [Ähnlich wie bei der Mafia, wo Auflehnung und Bandenkriege auch wenig gewinnbringend sind, solange ein mächtiger Pate als unangreifbarer Anführer und Schiedsrichter fungiert.]

Das ist nicht etwa ein alter Hut: Die Funktion der Nato als Instrument zur Sicherstellung einer verlässlichen militärischen Zusammenarbeit und einer einheitlichen Politik der westlichen, imperialistischen Mächte gegenüber dem Rest der Welt, zeigt sich z.B. 2003 sehr deutlich beim Krieg gegen den Irak. Die deutsche und die französische Regierung hatte diesen aufgrund konkurrierender Interessen bekanntlich offen abgelehnt. Dennoch stand die enge Zusammenarbeit der imperialistischen Mächte im Krieg und während der Besatzung nie in Frage. [Da auch Deutschland und Frankreich bei der militärischen Absicherung ihrer weltweiten Interessen auf die USA und die NATO angewiesen sind und sie auch ihre Einfluß nicht verlieren wollen, kam ein Ausscheren aus dem Bündnis nie in Frage.]

Lange Jahre stand zwar vor allem die SU im Visier. Im sog. kalten Krieg wurden mögliche Angriffsszenarien entwickelt, die auch den Einsatz von Atombomben beinhalteten. In diesem Zusammenhang stand auch der Nato-Doppelbeschluß über die Stationierung von Mittelstreckenraketen, Pershing II und Cruise Missiles, in Deutschland und anderen westeurop. Ländern als Teil einer Enthauptungsstrategie gegen die osteuropäischen Länder.

Stets war es der USA und der Nato aber auch darum gegangen, sich größere Spielräume beim Vorgehen gegen Befreiungsbewegungen und blockfreien Staaten zu verschaffen.

Das Netz von Militärbasen der NATO-Staaten – mit dem Schwerpunkt in der BRD – diente dabei als Basis bei den Kriegen gegen die, um ihre Befreiung kämpfenden Völker Afrika und Asiens. Die Nato unterstützte die USA z.B. auch aktiv in den Kriegen gegen Korea und Vietnam, sowie auch Portugal in Angola und Zimbabwe.

Nach dem Zusammenbruch der SU hatten die Nato-Staaten dann freie Hand für die Politik, die sie seit ihrer Gründung verfolgen. Es wurde nichts aus der „Friedensdividende“, die viele erhofften. Die Nato ging stattdessen nun daran, die neue, fast uneingeschränkte westliche Hegemonie militärisch abzusichern.
Zunächst benötigte sie dafür allerdings eine andere Legitimation. Die schuf sie sich, indem sie neue Risiken definierte, gegen die man sich verteidigen müsse: neben der „Verbreitung von Massenvernichtungswaffen oder „Terror- und Sabotageakte“ zählten sie dazu auch explizit die Zufuhr zu „lebenswichtigen Ressourcen“

Die NATO ist allerdings keinesfalls ein harmonisches Bündnis. Es gibt vielfältige Widersprüche, die Führungsrolle der USA wird von den anderen immer weniger akzeptiert und die EU baut teilweise parallel eigene Strukturen auf. Die Allianz muss also mit allen Mittel beweisen, dass sie die Rolle als Weltsheriff – im Interesse aller Mitglieder – auch ausüben kann. Daher darf sie in Afghanistan nicht scheitern.

Wir dagegen stellen fest: Allein schon die Existenz der Nato war stets eine Bedrohung für den Rest der Welt. Man kann sie nicht reformieren, man muß sie abschaffen.

Für die herrschenden Kreise der BRD erfüllte und erfüllt die Nato noch eine zusätzliche Rolle. Sie war von Anfang auch das Cover unter dem sich die BRD remilitarisieren und sich das wiedervereinigte Großdeutschland wieder zu einer „normalen“ Militärmacht entwickeln konnte, für die – wie unlängst der neue adlige Militärminister betonte – Kriegseinsätze zum Alltag gehört. Alle entscheidenden Schritte zur erneut kriegführenden Nation geschahen im Rahmen der NATO.

Unsere Forderung kann daher nur lauten: Deutschland raus aus der Nato.

Und als ersten Schritt fordern wir alle Auslandseinsätze zu beenden und vor allem: Bundeswehr raus aus Afghanistan!

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