Nachgetragen : Rubrik:Nahost
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2020-06-02T23:15:59Z
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Nachgetragen
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Syrien: „Stiller Tod durch Sanktionen“
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Die Zeit dagegen verteidigt sie in ihrer Ausgabe vom 1. März vehement. In einem Gastbeitrag bestreitet die grüne Politologin Bente Scheller jegliche negative Auswirkungen der wirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen auf die Bevölkerung. Berichte über Mangel an Nahrung, Medikamenten, Ersatzteilen für medizinische Geräte et cetera tut sie salopp als „abstruse Gerüchte“ ab, die hierzulande nur von der AfD sowie Teilen der Linkspartei und der Friedensbewegung verbreitet würden. Von Sanktionen betroffen sei „nichts, was humanitäre Belange beträfe“. „Das Regime“ wolle sie nur loswerden, weil sie den Wiederaufbau behindern und benutze dabei das „Leid der Zivilbevölkerung als Waffe“.<br />
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Die Autorin ist Leiterin des Büros der grünennahen Heinrich-Böll-Stiftung in Beirut und war zuvor unter anderem Referentin für Terrorismusbekämpfung an der deutschen Botschaft in Damaskus. Wäre sie nicht so fest verbunden mit grüner Partei- und deutscher Außenpolitik, könnte sie es daher besser wissen. Schließlich gibt es schon seit längerem Berichte, die ihrer Sicht fundamental widersprechen, unter anderem von der UN-Organisation für Wirtschaft und Soziales in Westasien (ESCWA) und dem Welternährungsprogramm (WFP).<br />
<br />
Die Zeit selbst hätte am 29. Mai die Gelegenheit gehabt, sich auf einer Pressekonferenz in Berlin von sachkundiger Seite über die tatsächlichen Folgen der Sanktionen zu informieren. Auf Einladung der ärztlichen Friedensorganisation IPPNW berichtete der UN-Sonderberichterstatter Idriss Jazairy über die Ergebnisse seiner Untersuchungen vor Ort. Seine Ausführungen waren brisant, insgesamt eine vehemente Anklage gegen die westliche Sanktionspolitik. Das Medieninteresse blieb jedoch gering. Nicht einmal junge Welt und neues deutschland hielten es für nötig, darüber zu berichten, der Nachrichtenagentur dpa war es anschließend nur eine Kurzmeldung wert. Ausführlich berichteten dagegen die Nachrichtenportale Sputnik News und RT Deutsch.<br />
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Die Stelle des „Sonderberichterstatters über negative Auswirkungen einseitiger Zwangsmaßnahmen auf die Gewährleistung von Menschenrechten“ war vom UN-Menschenrechtsrat geschaffen worden, weil innerhalb der Vereinten Nationen eine Mehrheit der Ansicht ist, so Jazairy, dass die Anwendung solcher Maßnahmen „gegen internationales Recht, das humanitäre Völkerrecht, die Charta der Vereinten Nationen und die Normen und Grundsätze für friedliche Beziehungen zwischen Staaten verstoßen“ könne.<br />
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Der algerische Diplomat und Menschenrechtsexperte Jazairy ist seit vielen Jahren in leitenden Positionen der UNO tätig und unter anderem auch Gründungsmitglied des Menschenrechtsrates. Er besuchte Syrien 2018 in Ausübung seines Amtes und stellte dabei eine „dramatische Zunahme des Leidens des syrischen Volkes“ fest.<br />
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Es sei selbstverständlich nicht leicht, so Jazairy, die Auswirkungen der Sanktionen von denen des Krieges zu trennen. Wobei, wie er einleitend klarstellte, der auch von ihm teilweise verwendete Begriff „Sanktionen“ nicht korrekt sei, da nur der UN-Sicherheitsrat legitimiert ist, Strafmaßnahmen zu erlassen. Die von ihm untersuchten Zwangsmaßnahmen wurden aber von den USA und den EU-Staaten eigenmächtig verhängt. Die USA hatten schon 1979 damit begonnen und ab 2011 verschärft. Die EU zog ab 2011 mit und ergriff ähnliche Maßnahmen, die sie in der Folge 52 Mal ausweitete und verschärfte.<br />
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Darunter fällt eine Reihe sogenannter gezielter Maßnahmen, die sich gegen Einzelpersonen richten, etwa wegen ihrer Verbindung zur syrischen Regierung oder auch nur aufgrund familiärer Beziehungen. Den zerstörerischsten Effekt hätten jedoch die kollektiven Maßnahmen. Dazu gehören Handelsverbote für bestimmte Waren und Dienstleistungen, aber auch Maßnahmen, die internationale Finanztransfers verhindern. Die Überlagerung verschiedener Maßnahmenpakete in Verbindung mit den generellen finanziellen Beschränkungen entspreche einer umfassenden Wirtschaftsblockade Syriens, wie Jazairy feststellt. Diese habe aufgrund dieses umfassenden Charakters zweifelsohne „verheerenden Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft und das tägliche Leben der einfachen Menschen“. Der Krieg habe die Situation dann noch massiv verschlimmert.<br />
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So sei das Bruttoinlandsprodukt Syriens seit 2011 um zwei Drittel gesunken. Weil internationale Vermögenswerte eingefroren wurden, seien die Währungsreserven aufgebraucht, und der Kurs der syrischen Lira sei gegenüber dem Dollar auf ein Zehntel eingebrochen. Die Inflation habe dramatisch zugenommen, die Preise von Lebensmitteln seien um das Achtfache gestiegen.<br />
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Wie schon zuvor ESCWA und WFP stellt auch der UN-Experte fest, dass die „nominell geltenden ‚humanitären Ausnahmen‘“, die die Grundversorgung der Bevölkerung sicherstellen sollten, nicht griffen und letztlich „irrelevant“ seien. Haupthindernis für die Aufrechterhaltung der Versorgung seien die fehlenden Finanzierungsmöglichkeiten. Da die USA alle Transaktionen unterbinden können, die über Stellen in den USA laufen, an denen US-Stellen beteiligt sind oder die in Dollar abgewickelt werden, sei Syrien vom weltweiten Bankensystem weitgehend abgeschnitten.<br />
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Die bloße Unsicherheit, Transaktionen könnten vielleicht gegen irgendwelche westlichen Zwangsmaßnahmen verstoßen, schrecke internationale Banken und Unternehmen vor Geschäften mit syrischen Firmen und Einrichtungen sowie auch mit den in Syrien tätigen Nichtregierungsorganisationen ab. Da die Sanktionslisten immer wieder willkürlich erweitert würden, bestehe auch stets Gefahr, dass aktuell unbedenkliche syrische Geschäftspartner oder Transaktionen plötzlich unter das Embargo fallen.<br />
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Unabhängig von ihrer Funktion und unabhängig davon, ob es sich um eine Privatperson oder einen Unternehmer handele, würden alle Syrer daran gehindert, internationale Finanztransaktionen durchzuführen, auch für Waren, die nicht unter Embargo stehen. Sie seien nun gezwungen, auf alternative Transfersysteme wie das traditionelle „Hawala“ auszuweichen, wodurch Millionen von Dollar über teure Vermittler und intransparente flössen, die die Transaktionskosten drastisch erhöhten.<br />
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Parallel dazu hätten die Lieferverbote für Ausrüstungen, Maschinen und Ersatzteile auch die syrische Industrie weitgehend zerstört. Ausfallende Wasserpumpen beeinträchtigten die Wasserversorgung, überalterte und nicht mehr gewartete Kraftwerke die Stromversorgung. Stromausfälle beschädigten wiederum komplexe Geräte, Fabrikmaschinen und medizinische Produkte. Die Sicherheit von Zivilflugzeugen sei nicht mehr gewährleistet und der öffentliche Nahverkehr in einem erbärmlichen Zustand.<br />
<br />
Syrien stellt allen Bürgern eine kostenlose Gesundheitsversorgung zur Verfügung, die vor dem Krieg und den Sanktionen als eine der besten der Region galt. Hat der Krieg das Gesundheitssystem bereits stark überfordert, so blockieren die Sanktionen den Wiederaufbau. Vor allem die Finanzblockaden hindern, wie auch Jazairy feststellen musste, Krankenhäuser daran, Medikamente, Geräte, Ersatzteile und Software zu kaufen und zu bezahlen. Theoretisch fallen sie unter die humanitären Ausnahmen. In der Praxis sind internationale Lieferanten jedoch nicht bereit, die notwendigen Hürden zu nehmen.<br />
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Westliche Regierungen und Medien würden ihm entgegnen, so der UN-Diplomat, dass der Anteil der Sanktionen an den katastrophalen Lebensbedingungen der Bevölkerung nicht genau zu beziffern sei. Dies schmälere jedoch „keineswegs die Notwendigkeit, Maßnahmen zur Wiederherstellung ihrer fundamentalen Menschenrechte zu ergreifen“. Es sei „paradox“, dass die Sanktionen mit der Sorge um die Menschenrechte in Syrien begründet würden, während durch sie die humanitäre Krise im Land massiv verschärft werde.<br />
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Trotz der in den meisten Gebieten des Landes zu beobachtenden Stabilisierung, die den Beginn des Wiederaufbaus dort möglich mache, würden die Zwangsmaßnahmen gegen das Land nicht nur aufrechterhalten, die USA seien seit mehreren Monaten dabei, sie weiter zu eskalieren, indem sie Unternehmen aus Drittstaaten mit Strafen drohten, wenn sie das US-Einfuhrverbot von Erdöl an Syrien unterliefen.<br />
<br />
Die Verlängerung der Sanktionen werde damit gerechtfertigt, dass die syrische Regierung nach wie vor die Menschenrechte der Syrer verletze. „Das ist gleichbedeutend mit dem Ansatz, die Flammen der Menschenrechtsverletzungen nicht mit einem Wasserschlauch, sondern mit einem Flammenwerfer zu bekämpfen!“<br />
<br />
Jazairy war nach der Pressekonferenz noch zusammen mit Mitstreitern der IPPNW zu einem Treffen mit Vertretern des Auswärtigen Amtes eingeladen, um einige Aspekte der Dokumentation der Ärzteorganisation über den Krieg in und gegen Syrien („IPPNW akzente: Syrienkrieg“, s. Ossietzky 4/2019) zu diskutieren, darunter auch die Auswirkungen der Sanktionen. Die Vertreter des Auswärtigen Amtes hätten dabei ihre Behauptung aufrechterhalten, berichtete Jazairy abends während einer Podiumsdiskussion, dass sich die westlichen Zwangsmaßnahmen ausschließlich gegen die syrische Regierung richteten und es ausreichend humanitäre Ausnahmen gebe. Seine Schilderungen des miserablen Zustands des Gesundheitssystems hätten sie mit dem Vorwurf zu kontern versucht, die syrische Armee bombardiere ja auch häufig Krankenhäuser. Er habe sie daraufhin gefragt, ob es denn „gnadenvoller“ sei, wenn Menschen auf dem Operationstisch sterben, weil durch Sanktionen die Stromversorgung ausfällt und notwendige Medikamente fehlen?<br />
<br />
Der oft vorgebrachten Rechtfertigung, Sanktionen seien eine gewaltlose Alternative zum Krieg, entgegnete er: „Diese Menschen sterben still. Ist das besser und gnadenvoller, wenn Menschen still sterben als durch eine Bombenexplosion?“ Auch die Folgen von Wirtschaftsblockaden seien eine Tragödie.<br />
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Syrien ist nur eines von einer wachsenden Zahl an Ländern, die Wirtschaftssanktionen ausgesetzt sind. Insgesamt seien bereits 20 Prozent der Weltbevölkerung in irgendeiner Weise davon betroffen, eine Reihe von ihnen ähnlich schwer wie Syrien. Schon häufig hätten sie auch Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch auf die sich daraus ergebenden schweren Menschenrechtsverletzungen hingewiesen. Diese hätten jedoch kein Interesse gezeigt, das aufzugreifen.<br />
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Er verfolge keine politische Agenda, betonte der UN-Diplomat, ihm gehe es vor allem darum, den Betroffenen eine Stimme zu geben. Er wünsche sich, dass ihm mehr Menschen und Institutionen zuhörten.<br />
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JGuilliard
Nahost
Copyright © 2019 JGuilliard
2019-06-29T22:25:00Z
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„Stoppt die Kriege - Solidarität mit den Menschen in den Kriegsgebieten“
https://jghd.twoday.net/stories/stoppt-die-kriege-solidaritaet-mit-den-menschen-in-den-kriegsgebieten/
Seitdem, nach dem Ende der Sowjetunion und des Warschauer Paktes, der NATO kein gleichwertiger Gegner mehr gegenübersteht, mussten wir mit ansehen, wie immer mehr Länder ins Visier der USA und ihren Verbündeten gerieten oder wie durch ihre Politik bestehende Konflikte noch weiter angeheizt wurden.<br />
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Mit diesen Kriegen und Konflikten stieg auch die Zahl der Flüchtlinge in der Welt dramatisch an. Waren zur Jahrtausendwende schon 38 Mio. Flüchtlinge und Binnenvertriebenen registriert, so stieg die Zahl seither nochmal um 30 Mio. auf 68,5 Mio. (s. <a href="https://www.unhcr.org/globaltrends2017/">Global Trends: Forced Displacement in 2017</a>, UNHCR, 25.6.2018) Fast ein Drittel kommt aus den oben genannten Ländern.<br />
<br />
Aktuell hat der Krieg in Jemen die schrecklichsten Auswirkungen auf die Bevölkerung, drastisch verschärft durch die von Saudi Arabien verhängte mörderische Blockade gegen das Land. Die USA leisten dabei direkte Unterstützung für die angreifenden Staaten, vorneweg Saudi Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE).<br />
<br />
Auch Deutschland unterstützt die Angreifer in diesem Krieg, in erster Linie politisch, aber auch militärisch, vor allem durch die Lieferung von Waffen und sonstige Rüstungsgüter. Die Lieferung an die Saudis wurde zwar im Oktober 2018 vorläufig gestoppt, jedoch nicht wegen des Krieges. An die VAE gehen sie munter weiter. Zudem akzeptiert Deutschland, wie die übrigen EU-Staaten, faktisch die saudische Hungerblockade.<br />
<br />
Noch wesentlich stärker involviert ist Deutschland in Syrien. Zum einen arbeitet Berlin seit 2011 gemeinsam mit andren NATO-Staaten und den verbündeten Golfmonarchen an einem Regime Change, indem politische und logistische Unterstützung für sog. „Aufständischen“ organisiert bzw. bereitgestellt wird. Seit 2014 ist auch die Bundeswehr im Einsatz und beteiligt sich an den Bombardements der US-geführten Allianz gegen den sog. „Islamischen Staat“.<br />
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Zum anderen sind wir auch hier vom Kriegsgeschehen betroffen, da im Zuge des Krieges auch Hunderttausende Syrer als Flüchtlinge nach Deutschland kamen.<br />
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„Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört“ lautete der Titel einer Konferenz der <a href="http://www.ag-friedensforschung.de/themen/Migration1/hh.html">Gruppe „Lampedusa in Hamburg“</a>, wobei mit „ihr“ die EU-Länder gemeint waren. Es handelte sich um eine Gruppe von ca. 300 Männern, die vor dem NATO-Krieg gegen Libyen geflohen sind und über das italienische Lampedusa nach Europa kamen. Mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen für ein kollektives Bleiberecht für die gesamte Gruppe erreichten sie damals, 2013 und 2014, eine gewisse bundesweite Aufmerksamkeit.<br />
<br />
„Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört“ können auch die hier gelandeten Flüchtlinge aus Syrien sagen.<br />
<br />
Mittlerweile ist es ja ziemlich gut belegt, dass die USA und die EU-Staaten in hohen Maß mitverantwortlich für den Krieg in und gegen Syrien sind. Ohne ihre „Regime Change“-Politik, ihre massiven, vielfältigen Interventionen wären die Proteste in Syrien, die im März 2011 einsetzten, nicht in wenigen Wochen in einen bewaffneten Aufstand umgeschlagen und schon gar nicht in einen regelrechten Krieg. Einen Krieg, der weite Teile des Landes, ganze Städte verwüstete und Hunderttausenden das Leben kostete.<br />
<br />
Ohne den Krieg und die Besatzung im Irak und ohne die massive Aufrüstung islamistischer Milizen, ohne den Zustrom von Kämpfern aus aller Welt, wären keine Al Nusra Front und ähnliche Terrorbanden groß geworden. Und insbesondere hätte sich auch kein „Islamischer Staat“ derart ausbreiten können, dass sich die NATO-Staaten berufen fühlen konnten, ihn mit ihren Luftwaffen zu bekämpfen und dabei irakische und syrische Großstädte in Schutt und Asche zu legen.<br />
<br />
Ich will das nicht näher ausführen. Dies ist gut dokumentiert in einer Broschüre der IPPNW, den Internationalen Ärzten für die Verhütung des Atomkrieges, die sehr sorgfältig zusammengestellt und innerhalb der Organisation ausgiebig diskutiert wurde: <a href="http://www.ippnw.de/frieden/konflikte-kriege/artikel/de/der-syrienkrieg-dimension-hint.html">Der Syrienkrieg: </a><u></u><a href="http://www.ippnw.de/frieden/konflikte-kriege/artikel/de/der-syrienkrieg-dimension-hint.html">Dimension – Hintergründe – Perspektiven</a>, Dez. 2018.<br />
<br />
Der nun seit über sieben Jahre andauernde, von außen angefeuerte Krieg in und gegen Syrien war von Anfang an kein Bürgerkrieg im klassischen Sinn. Auch „Stellvertreterkrieg“ beschreibt den Konflikt, der sich sukzessive zu einem „kleinen Weltkrieg“ mit verwickelten Allianzen und unübersichtlichen Fronten zwischen zahlreichen militärischen Akteuren ausweitete, nicht ausreichend. Zwar kämpfen in ihm in unterschiedlicher Weise und Stärke auf der einen Seite drei westliche ständige UN-Sicherheitsratsmitglieder, zahlreiche weitere NATO-Staaten, insbesondere die Türkei, sowie Israel und die arabischen Golfmonarchien und auf der anderen Russland und Iran (mit politischer Unterstützung Chinas und anderer Länder) ‒ letztere haben den Krieg jedoch nicht angezettelt und griffen im Wesentlichen defensiv, militärisch erst wesentlich später als die NATO-Staaten.<br />
<br />
Natürlich waren an den diversen Zerstörungen alle Kriegsparteien beteiligt Hierzulande werden aber ausschließlich die syrischen und russischen Streitkräfte angeprangert und die ungeheuren Verwüstungen durch den Luftkrieg der US-geführten Allianz über Syrien und Irak einfach ausgeblendet (siehe <a href="https://jg-nachgetragen.blog/2019/01/26/uebrig-bleiben-totenstaedte-%e2%80%92-die-verschleierte-brutalitaet-des-krieges-der-us-allianz-in-syrien-und-irak/">Übrig bleiben Totenstädte ‒ Die verschleierte Brutalität des Krieges der US-Allianz in Syrien und Irak</a>, junge Welt vom 15.01.2019).<br />
<br />
Doch unabhängig davon, wie man das Agieren der verschiedenen Kriegsparteien bewertet: wie bei jedem Krieg tragen die Hauptverantwortung für die Gräuel, die er gewöhnlich mit sich bringt, die, die ihn entfesselt haben und die anschließend seine Beendigung verhindern, u.a. in dem sie Friedensverhandlungen durch Vorbedingungen torpedierten, wie die nach vorheriger Absetzung der syrischen Regierung.<br />
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<b>Aktuelle Situation</b><br />
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Syrien ist aus den Schlagzeilen verschwunden, man könnte meinen der Krieg sei vorbei.<br />
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Tatsächlich ist es der syrischen Armee mit Unterstützung ihrer Verbündeten gelungen, den größten Teil des Landes wieder unter Kontrolle zu bekommen. Viele Kämpfer haben die Amnestieregelungen angenommen und ihre Waffen abgegeben. Vom Frieden ist das Land aber noch weit entfernt und die Konfliktlage ist nach wie vor komplex und undurchsichtig.<br />
<br />
Die Provinz Idlib, in die sich im Zuge der Rückeroberung all die Kämpfer zurückgezogen haben, die nicht aufgeben wollten, wird von dschihadistischen, Al-Qaeda-nahen Gruppen kontrolliert, die von dort auch immer wieder Angriffe starten. Aus Sicht von Damaskus aber auch der Bevölkerung ein unhaltbarer Zustand. Pläne zur militärischen Rückeroberung liegen vorläufig auf Eis. Russland versucht noch die Türkei zu bewegen, seine Unterstützung für die Milizen dort einzustellen und die ihr nahestehenden, zur Aufgabe zu bewegen. Die Aussichten sind schlecht.<br />
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Nördlich davon befindet sich die mehrheitlich kurdische Provinz Afrin, die im letzten Frühjahr von türkischen Truppen und islamistischen Milizen überfallen und besetzt wurde. Sie dient seither auch als Korridor für die Al Qaida-Gruppen nahen Gruppen in Idlib als Passage, um von dort in die Türkei zu gelangen. (Karin Leukefeld, <a href="https://de.sputniknews.com/politik/20190421324763339-usa-syrien-spaltung-oel-waffe/">Wie die USA Syrien spalten wollen und das syrische Öl als Waffe einsetzen</a>, Sputnik, 21.04.2019)<br />
<br />
Die Türkei zeigt keinerlei Absichten, sich aus Afrin und anderen besetzten Gebieten Nordsyriens zurückzuziehen. Im Gegenteil. Sie will zusätzlich noch eine 30 Kilometer breite sog. Pufferzone vom Euphrat bis zum Nordirak besetzen. Das Erdogan Regime will so die führenden Kräfte der syrischen Kurden, die es als „Terrororganisation“ bezeichnet, auf Abstand halten.<br />
<br />
Die USA halten mit Hilfe der syrisch-kurdischen Kampfgruppen einen Teil Syriens östlich des Euphrats besetzt, den sie im Zuge des Vorrückens gegen den IS erobert haben, teilweise in einem Wettrennen gegen die syrische Armee. Dadurch werden Gebiete, die für die Versorgung des Landes enorm wichtig sind, dem Zugriff der syrischen Regierung und damit auch der Bevölkerung des übrigen Landes, immerhin 70 Prozent Syriens, entzogen. Hier liegen die Öl- und Gasquellen, die größten Wasservorräte, wird der meiste Weizen angebaut. Die Versorgungsprobleme, die dadurch entstehen sind offensichtlich gewollt.<br />
<br />
Ziel der USA ist es, Syrien aufzuspalten und dabei ein möglichst großes Territorium der Kontrolle der syrischen Regierung zu entziehen. Eine Ausweitung der türkischen Besetzung Nordsyriens durch die anvisierte Pufferzone käme diesen Plänen durchaus entgegen. Dazu müssten die Türken aber ihre kurdischen Verbündeten tolerieren. Das ist für Ankara jedoch nicht akzeptabel.<br />
<br />
[Washington drängt jetzt die Kurden, ihm entgegenzukommen, und eine begrenzte Anzahl türkischer Soldaten auf syrischem Territorium entlang der Grenze zuzulassen, ergänzt durch Truppen aus europäischen Nato-Staaten. ]<br />
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Trump hat im Dezember ja lauthals verkündet, umgehend die US-Truppen abziehen zu lassen. [Offiziell handelt es sich um rund 2000 Soldaten, Spezialkräften, vermutlich sind es aber <a href="https://www.moonofalabama.org/2019/02/syria-sitrep-us-says-it-will-retreat-but-adds-troops-arms-and-ammunition.html">wesentlich mehr</a>. Damit stieß er aber auf massiven Widerstand aus beiden Parteien in Washington und auch aus den europäischen Hauptstädten. Er musste schließlich seine zeitlichen Angaben strecken. Nun kann man Wetten, was früher kommt der Abzug oder der Brexit.<br />
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Die Trump-Administration bemüht sich unterdessen, seine Verbündeten stärker ins Boot zu holen. Frankreich hat schon mehrere Hundert Spezialkräften östlich des Euphrat im Einsatz. Wie Bewohner aus der Gegend berichten, mischen auch Soldaten anderer Nato-Staaten sowie der Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabiens mit. Auch deutsche Soldaten sollen schon gesehen worden sein, das wird aber von Berlin dementiert.<br />
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Auch die meisten anderen NATO-Staaten halten sich bedeckt. Dies könnte damit zusammenhängen, dass alles, was sie in Syrien veranstalten ‒ vom Luftkrieg bis zur Besetzung syrischen Territoriums, eine eklatante Verletzung der Souveränität des Landes ist, ein klarer Verstoß gegen internationales Recht, im Grunde, ein Kriegsakt, eine militärische Invasion.<br />
<br />
Mit ihrem eigentlichen Ziel, dem Sturz Assads und der Installation eines prowestlichen Regimes sind die USA und ihre Verbündeten vorerst gescheitert. Sie setzen nun aber alles daran, dass in Damaskus und Moskau keine Freude über den Erfolg aufkommt.<br />
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Durch die Aufspaltung des Landes, [wie sie Anfang letzten Jahres im Rahmen der sog. „Kleinen Syriengruppe“ vereinbart wurde] soll aber eine Stabilisierung des Landes und ein Wiederaufbau vorerst verhindert werden und weiterhin Kräfte Russlands binden. [Ein Protokoll von Gesprächen dieser Gruppe, der neben USA Großbritannien, Frankreich, Saudi Arabien und Jordanien mittlerweile auch Deutschland angehört, gelangte in die Öffentlichkeit. (Karin Leukefeld , <a href="https://www.das-marburger.de/2019/03/der-krieg-geht-weiter-mit-fortgesetzten-propaganda-luegen-will-der-westen-einen-wirklichen-frieden-in-syrien-verhindern/">Der Krieg geht weiter – Mit fortgesetzten Propaganda-Lügen will der Westen einen wirklichen Frieden in Syrien verhindern</a>, 30.03.2019) ]<br />
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Man betrachtet die besetzen Gebiete als Faustpfand bei Verhandlungen mit denen am Ende unter Einsatz weitere Mittel, wie Blockade, Sabotage und Erpressung, doch noch weitreichende Zugeständnisse erzielt werden können.<br />
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Die Hartnäckigkeit mit der man das Land zu destabilisieren und spalten sucht, liegt auch daran, dass es ja nicht nur um Syrien geht, sondern um die Vorherrschaft in der gesamten, strategisch und wirtschaftlich bedeutenden Region.<br />
<br />
Wie immer wurde die Intervention in Syrien natürlich mit dem Eintreten für Demokratie und Menschenrechte gerechtfertigt. Tatsächlich richtete sie sich vor allem gegen den Iran, der durch die Zerstörung des Iraks zur stärksten Regionalmacht aufgestiegen war und auch gegen Russland. Man muss den Krieg in und gegen Syrien daher im größeren Zusammenhang sehen, auch in Verbindung mit der Verschärfung des US-Embargos gegen den Iran und in gewisser Hinsicht auch mit dem Krieg gegen Jemen.<br />
<br />
Wenn wir die Kriege stoppen wollen, so müssen wir über deren Hintergründe aufklären. Menschenrechte sind natürlich ein Thema, das auch wir sehr ernst nehmen. Allerdings steht es damit in den meisten Ländern der Welt nicht zum Besten. Wir müssen aufhören, brav den Blick auf die zu richten, die ins Visier der westl. Staaten genommen werden. Allein der Blick auf die Despoten mit denen wir in trauter Eintracht gegen Länder wie Syrien oder Libyen ins Feld ziehen, sollte schon Grund genug sein, den humanitären Vorwänden zu misstrauen. Wir sollten uns neben den bürgerlichen Rechten auch viel mehr um die sozialen Rechte kümmern. Es ist kein Zufall, dass es in dieser Hinsicht in den meisten der Länder, die ins Visier geraten, besser aussieht, als bei ihren Nachbarländern.<br />
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Die Kriege können geführt werden, weil nicht nur die wahren Interessen verborgen bleiben, sondern auch die verheerende Folgen.<br />
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Wir müssen von den Verantwortlichen in Berlin, Washington, London und Paris Rechenschaft fordern, für das was sie in Afghanistan, im Irak, in Libyen und Syrien angerichtet habe, auch durch das verheerende Vorgehen gegen Hochburgen des Islamischen Staat, wie Mossul und Raqqa.<br />
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<b>Solidarität</b><br />
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Kommen wir zur Solidarität mit den betroffenen Menschen in den Kriegsgebieten<br />
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Syrien konnte mit Hilfe seiner Verbündeten die Kontrolle über den größten Teil des Landes zurückgewinnen. Doch der Preis dafür ist sehr hoch. Ganze Städte und Stadtviertel sowie die zivile Infrastruktur liegen in Trümmern, Felder liegen brach. 2010 boomte die Wirtschaft Syriens, nun liegt sie am Boden.<br />
<br />
Syrien ist nicht in der Lage den Wiederaufbau des Landes allein aus eigener Kraft zu schaffen. Die Schätzungen der Kosten gehen von bis zu 400 Milliarden US-aus.<br />
<br />
Würde es unserer Regierung und denen der übrigen EU-Ländern tatsächlich um die Menschen in Syrien gehen, wie sie behaupten, so müssten sie ihnen nun helfen, ihr Land in den befreiten Gebieten wieder aufzubauen und so auch den Geflüchteten ermöglichen, wieder zurückzukehren.<br />
<br />
Nichts dergleichen passiert ‒ im Gegenteil. Deutschland gehört zwar zu den Staaten, die am großzügigsten Mittel für Syrien bereitstellen, sie fließen aber nur in die Gebiete, die nicht unter Kontrolle von Damaskus stehen, d.h. in die Provinz Idlib, wo die Dschihadisten dominieren, und in das von Kurden und US-Truppen kontrollierte Gebiet im Nordosten.<br />
<br />
Erhebliche Mittel werden auch für die Versorgung der Flüchtlinge in den Lagern bereitgestellt. Das ist natürlich auch weiterhin nötig. Doch die meisten wollen so bald als möglich nach Hause. Hilfsorganisationen weisen daher darauf hin, dass den Syrern nachhaltiger geholfen wäre, wenn man statt nur Brot, Wasser, Medikamente etc. zu verteilen, die Syrer in die Lage versetzen würde, Bäckereien instand zu setzen, die Strom- und Wasserversorgung zu reparieren und ihre einst exzellente Lebensmittel- und Pharmaindustrie wiederaufzubauen.<a href="#_ftn7" name="_ftnref7"><sup> </sup></a>(Karin Leukefeld, <a href="https://de.sputniknews.com/politik/20190315324337319-druckmittel-hilfe-fluechtlinge/">Syrien: Warum die Milliarden der „Geberkonferenz“ scheinheilig sind</a>, 15.03.2019)<br />
<br />
Würde Deutschland das Gros der für solche Hilfen vorgesehenen Gelder an Syrien geben, wäre das, so ein internat. Helfer, das eine Win-Win-Situation für alle. Deutschland würde entlastet, Flüchtlinge könnten zurückkehren und beim Wiederaufbau helfen.<br />
<br />
Doch die Bundesregierung und die EU weigern sich weiterhin strikt ganz Syrien Mittel zur Verfügung zu stellen, solange Assad noch regiert. (Karin Leukefeld, <a href="https://de.rt.com/1uvl">Libanon und der Syrien-Krieg: Westen stemmt sich gegen Rückkehr von Flüchtlingen</a>, RT, 2.04.2019)<a href="#_ftn8" name="_ftnref8"></a><br />
<br />
<b>Mörderische Sanktionen</b><br />
<br />
Sie verschlimmern die Situation sogar noch massiv, indem sie an den einseitigen Wirtschaftssanktionen, die sie wie auch die USA seit 2011 verhängt und immer weiter verschärft haben, unnachgiebig festhalten. Wobei „Sanktionen“ nicht der richtige Begriff ist. Auch wenn sie wie immer mit Menschenrechtsverletzungen gerechtfertigt werden, sind die USA und die EU durch nichts legitimiert, Strafmaßnahmen zu verhängen.<br />
<br />
Unabhängig davon, treffen solche Handels- und Finanzblockaden stets in erster Linie die Bevölkerung. Sie sind letztlich eine weitere Form des Krieges.<br />
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Einem Bericht der UN-Organisation für Wirtschaft und Soziales in Westasien (ESCWA) zufolge, zählen die Sanktionen gegen Syrien als die schärfsten und weitestgehenden, die je gegen ein Land verhängt worden seien.<br />
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Der UN-Sonderberichterstatter „für die negativen Auswirkungen einseitiger Zwangsmaßnahmen auf die Menschenrechte“, der UN-Diplomat Idriss Jazairy zeigte sich jedenfalls von den Folgen der Embargomaßnahmen bestürzt. Selbst humanitären Organisationen werde dadurch z.T. die Hilfe unmöglich gemacht. Die Folgen des Krieges seien verheerend, die Sanktionen aber machten die Situation noch schlimmer, so Jazairy. Jeder Syrer sei betroffen.<br />
<br />
Die Handel- und Finanzblockaden wirken, wie der Sonderberichterstatter des UN-Menschenrechtsrates für Lateinamerika, Alfred De Zayas, in seinem Bericht zu den vergleichbaren Zwangsmaßnahmen gegen Venezuela ausführte, wie die Belagerung mittelalterliche Städte, wo der dadurch bewirkte Mangel, das Elend, die Zunahme von Krankheiten und Tod zu einer Aufgabe der Machthaber oder zu einer Revolte führen soll. Menschen eines Landes derart zu Geiseln zu machen, ist ein Verbrechen.<br />
<br />
[Die Sanktionen des 21. Jahrhunderts versuchen aber nicht nur eine Stadt, sondern souveräne Länder in die Knie zu zwingen, so De Zayas weiter. Im Unterschied zum Mittelalter, würden die Blockaden des 21. Jahrhunderts von der Manipulation der öffentlichen Meinung durch 'Fake News', einer aggressiven PR-Arbeit sowie einer Pseudo-Menschenrechtsrhetorik begleitet ... , um den Eindruck zu erwecken, dass das 'Ziel' der Menschenrechte kriminelle Mittel rechtfertigt.]<br />
<br />
Darüber wie viele Syrer ihm zum Opfer fielen noch keine Schätzungen.<br />
<br />
Beim Embargo gegen den Irak, das 13 Jahre lang, von 1990 bis zum erneuten Krieg 2003 aufrechterhalten wurde, reichen die Schätzungen von einer bis 1,5 Mio., 500.000 davon Kinder.<br />
<br />
Trotzdem ist es mittlerweile eine Kriegsführung, die gang und gäbe ist und von Politik und Medien kaum hinterfragt wird.<br />
<br />
Die von den USA und den EU-Staaten über Venezuela verhängte Embargomaßnahmen, die ebenfalls auf einen Regime Change zielen, haben Schätzungen des Washingtoner Forschungsinstituts Centre for Economic and Policy Research (CEPR) seit 2015 bereits 40.000 Menschenleben gefordert.<br />
<br />
Alfred De Zayas, forderte die UNO in seinem Bericht zu Venezuela auf, sie vom Internationale Strafgerichtshof als Verbrechen gegen die Menschlichkeit untersuchen zu lassen. Das gleiche kann man sicherlich auch für solch umfassende Blockaden gegen andere Länder wie Syrien, Cuba, Iran oder Nordkorea verlangen. Es wird Zeit, dass wir diese Blockaden als das kritisieren, was sie sind, ein Krieg mit anderen Mitteln. US-Wissenschaftler sprachen beim Irak von Massenvernichtungssanktionen.<br />
<br />
Wenn wir solidarisch mit den Menschen in Syrien sein wollen, müssen wir natürlich in erster Linie verlangen, dass ihnen endlich zugestanden wird, wieder selbst über die Politik ihres Landes zu entscheiden. Wir müssen Friedensverhandlungen fordern und unterstützen, bei denen selbstverständlich die amtierende Regierung mit am Tisch sitzt.<br />
<br />
Wir müssen von der dt. Regierung und der EU ausreichende Mittel für den Wiederaufbau fordern, nicht nur als Hilfe sondern auch als Wiedergutmachung.<br />
<br />
Und wir müssen ein Ende der Blockaden fordern.<br />
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Ein bemerkenswertes Beispiel von Solidarität zeigte jüngste der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke. Er war Mitte Februar nach Syrien gereist, Er war u.a. in Damaskus, Homs und Aleppo und schilderte nach seiner Rückkehr in ausführlichen Gesprächen seine Eindrücke. Als Gast habe er natürlich nur begrenzten Einblick gehabt, doch habe ihn sehr beeindruckt, welche Kraft und welcher Überlebenswille in den dort lebenden Menschen spürbar“ sei. Sie würden ihr Leben neu beginnen, organisieren und aufbauen, so der Bischof. Behindert würden ihre Bemühungen aber durch das Embargo<br />
<br />
„Das trifft vor allem die einfachen Leute auf der Straße, die Leute, die wenig zum Leben haben. Sie werden durch das Embargo in Haft genommen.<br />
<br />
Die Reise sei weitaus weniger gefährlicher gewesen als er im Vorfeld gedacht habe. „Die befreiten Gebiete seien mittlerweile doch relativ sicher. Durch seine Kontakte glaubt Bischof Hanke, dass eine Versöhnung in Syrien nach den vielen Jahren des Krieges durchaus möglich sei. „Syrien war eine sehr tolerante Gesellschaft, in der die verschiedenen Religionsgruppen gut miteinander umgehen konnten. Und man muss sagen, dort, wo das Land befreit ist, da versucht man diesen Weg auch wieder zu gehen, sowohl von christlicher Seite, von muslimischer Seite, von alawitischer Seite.“<br />
<br />
Obwohl von den kirchlichen Nachrichtenagenturen verbreitet hat keines der Mainstreammedien über die Reise des Bischofs Hanke berichtet. Das Interview mit ihm ist im Netz leicht zu finden. Ein Akt der Solidarität könnte sein, nach Kräften <a href="https://www.youtube.com/watch?time_continue=10&v=EHZg3IUtE-I">für die Verbreitung des Interviews mit ihm zu sorgen</a> – und bei den Politikern in unseren Wahlkreisen nachzufragen, warum sie mit der Aufrechterhaltung der Sanktionen das Leid der Menschen in Syrien verlängern.<br />
<br />
Auch viele Linke sollten ein wenig umdenken: Wir müssen uns generell viel stärker gegen die Fluchtursachen einsetzen. Solidarität mit den betroffenen Menschen darf nicht erst dann einsetzen, wenn sie bei uns als Flüchtlinge ankommen.
JGuilliard
Nahost
Copyright © 2019 JGuilliard
2019-05-18T19:25:00Z
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Göttinger Friedenspreis ‒ Diffamierungsversuche gegen „Jüdische Stimme für gerechten...
https://jghd.twoday.net/stories/goettinger-friedenspreis-diffamierungsversuche-gegen-juedische-stimme/
Wenn, wie hier, immer häufiger ein solches Engagement bereits als Antisemitismus diffamiert wird, verliert der Begriff seine Bedeutung. An sich wird darunter ja eine Form von Rassismus verstanden, die darin besteht, dass Juden gehasst und diskriminiert werden, nur weil sie Juden sind. Wenn aber heute jemandem in deutschen Medien antisemitische Positionen vorgeworfen werden, so ist mittlerweile der erste Gedanke, es werde sich dabei wohl um Kritik an Israel handeln.<br />
<br />
Die weltweite BDS-Bewegung sei „eindeutig antisemitisch“, weil „Juden in kollektive Haftung für Maßnahmen des Staates Israel“ genommen würden, urteilt Felix Klein schlicht. Das ist jedoch genauso Unfug, wie die Behauptung, der Boykott gegen das Apartheitsregime in Südafrika habe sich "kollektiv gegen die Weißen" gerichtet. Dass ein Boykott, soll er erfolgreich sein, für die gesamte Bevölkerung spürbar wird, inklusive für die Befürworter selbst, ist unvermeidlich. Er traf in Südafrika Weiße wie Schwarze und trifft analog in Israel jüdische und arabische Bürger wie auch Palästinenser in den besetzen Gebieten.<br />
Dies ist aber sicherlich gewaltsamen Auseinandersetzungen vorzuziehen.<br />
<br />
Interessant zu wissen wäre, welche gewaltfreien Alternativen die lautstarken Kritiker, die sogar Diskussion darüber unterbinden wollen, den Palästinensern vorzuschlagen hätten. Welche anderen gewaltfreien Methoden würden der palästinensischen Bevölkerung realistische Chancen eröffnen, ihre Rechte durchsetzen zu können, die Israel ihr seit Jahrzehnten verweigert? Wie kann sonst Druck aus der Zivilgesellschaft weltweit auf die israelische Führung aufgebaut werden, sich endlich an Völkerrecht und UN-Resolutionen zu halten?
JGuilliard
Nahost
Copyright © 2019 JGuilliard
2019-04-22T19:17:00Z
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Übrig bleiben Totenstädte ‒ Die verschleierte Brutalität des Krieges der US-Allianz...
https://jghd.twoday.net/stories/uebrig-bleiben-totenstaedte-die-verschleierte-brutalitaet-des-krieges/
Mehr als 100.000 Bomben und Raketen haben die Luftwaffen der USA und ihrer Verbündeten bis Juli 2018 auf rund 30.000 Ziele in Syrien und Irak abgeworfen.<a title="" href="#_edn1" name="_ednref1">[1]</a> Dennoch erscheinen die Angriffe auf Hochburgen des Daesch und andere Ziele in den westlichen Medien weniger als Kriegshandlungen denn vielmehr als Polizeiaktionen mit Luftwaffenunterstützung, als alternativlose Einsätze, um die „bösen Buben“ auszuschalten. Tatsächlich sind sie jedoch, wie Untersuchungen der Offensiven auf Mossul und Rakka auf der einen und Ostaleppo und Ostghuta auf der anderen Seite zeigen, verheerender als die Maßnahmen von syrisch-russischer Seite.<br />
<br />
<b> „Death in the city“ ‒ mehr Opfer durch Präzisionswaffen der NATO</b><br />
<br />
Während im Westen das von den beteiligten NATO-Streitkräften vermittelte Bild eines sauberen, präzise gegen den Daesch gerichteten und nahezu ohne zivile Opfer bleibenden Krieges unhinterfragt übernommen wird, wurde der syrischen und russischen Luftwaffe von Anfang an eine rücksichtslose Kriegführung vorgeworfen, die sich auch massiv gegen die Zivilbevölkerung richten soll. Insbesondere wurden die Angriffe zur Befreiung Ostaleppos von den westlichen Regierungen scharf verurteilt. Der britische Vertreter im UN-Sicherheitsrat warf der russischen Führung vor, in Aleppo »eine neue Hölle entfesselt« zu haben, und der damalige deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier klagte „die Bilder aus Aleppo“ seien „an Grausamkeit kaum zu überbieten“.<br />
<br />
In regelrechten Kampagnen wurde vor allem der Einsatz einfacher, ungelenkter Bomben sowie primitiver »Fassbomben« angeprangert, da diese durch ihre mangelnde Zielgenauigkeit per se „wahllos“ im Sinne des Kriegsrechts seien, d. h. nicht überwiegend ein militärisches Ziel träfen. <a title="" href="#_edn2" name="_ednref2">[2]</a> Die Sprecher der US-Allianz wurden nicht müde, zur Verteidigung ihrer Kriegführung immer wieder auf die Ungenauigkeit der russischen Waffensysteme hinzuweisen und die wesentlich höhere Präzision ihrer eigenen als Beleg für ihre Anstrengungen, Kollateralschäden zu minimieren, hervorzuheben.<br />
<br />
Da »die Russen« sich »nicht dieselben Restriktionen auferlegen«, hätten sie, behauptete z. B. der britische Luftwaffenkommandeur Johnny Stringer bei einer Anhörung des Verteidigungsausschuss des britischen Parlaments, in Orten wie Aleppo zu 90 Prozent ungelenkte Waffen aus mittlerer Höhe eingesetzt, aus der sie ihre Ziele meist um Dutzende Meter verfehlen mussten. Er selbst und seine Kollegen aber wollten sich, so Stringer, am Ende des Tages noch in die Augen schauen können. <a title="" href="#_edn3" name="_ednref3">[3]</a><br />
<br />
Unabhängig davon, ob die Vorwürfe gegen Russland und Syrien tatsächlich zutreffen (s. hierzu junge Welt vom 26.01.2016 <a title="" href="#_edn4" name="_ednref4">[4]</a> ), erweist sich das Gerede von der Rücksicht auf Unbeteiligte als reine Propaganda. So zeigt eine Studie der britischen Initiative »Airwars« zu den Luftkriegen in Syrien und im Irak, dass die höhere Präzision der NATO-Waffen beim Einsatz in dicht besiedelten urbanen Schlachtfeldern keineswegs geringere zivile Schäden und weniger Opfer garantiert.<a title="" href="#_edn5" name="_ednref5">[5]</a> Die Analyse der Beobachtergruppe, die tägliche Berichte über Luftangriffe, eingesetzte Munition und zivile Opfer in den beiden Ländern auswertet, deutet vielmehr darauf hin, dass diese Waffen insgesamt sogar zu noch größeren Zerstörungen und mehr Toten unter Unbeteiligten führen. Aufgrund des größeren Vertrauens in deren Treffsicherheit seien die Militärs, so ihr Verdacht, häufiger bereit, Explosionswaffen mit großer Sprengkraft in bevölkerungsreichen Stadtvierteln einzusetzen.<br />
<br />
<img src="https://jgnachgetragen.files.wordpress.com/2019/01/munition-used-civilian-deaths-mosul-airwars.jpg" alt="In Mossul eingesetzte Munition und Zahl der Ziviltoten (Airwars)" width="626" height="431" /> <br />
<em>Airwars registrierte bei den Angriffen der US-Allianz auf West-Mossul eine starke Korrelation zwischen Menge der eingesetzten Munition Zahl ziviler Opfer, für die sie mindestens verantwortlich ist - Death in the city, Airwars.org. May 2018.</em><br />
<br />
Die verdienstvolle Initiative bemüht sich um Objektivität, übernimmt jedoch beim Blick auf den Krieg in Syrien zum großen Teil die westliche Sichtweise. So wird das militärische Eingreifen Russlands in Syrien generell wesentlich kritischer gesehen als das der NATO-Staaten. Während »Airwars« auch Informationen syrischer oppositioneller Quellen wie des Syrian Network for Human Rights, des Violation Documentation Center (VDC) und der berüchtigten »Weißhelme« verwertet,<a title="" href="#_edn6" name="_ednref6">[6]</a> werden andere Quellen wie beispielsweise russische und iranische Medien nicht berücksichtigt. Nur dort gemeldete Opfer finden daher keinen Eingang in ihre Datenbank, auch nicht unter der Kategorie »schwach belegt«.in ihrer Kategorie „schwach belegt“. [Ein Vergleich mit dem renommierten Projekt „Iraq Body Count“ (IBC), das seit 2003 zivile Opfer des Krieges im Irak dokumentiert, weist auch auf generelle größere Lücken bei der Erfassung hin, da IBC im Irak wesentlich mehr Opfer als Airwars registrierte].<a title="" href="#_edn7" name="_ednref7">[7]</a><br />
<br />
Infolge der Auswahl der Quellen liegt der Prozentsatz der von »Airwars« erfassten Opfer bei Angriffen der US-Allianz vermutlich deutlich niedriger als bei syrischen und russischen Attacken. Dennoch kommt die Initiative in ihrer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass die Angriffe der russischen Luftwaffe in Aleppo und Ostghuta nicht mehr zivile Opfer gefordert haben als die der Allianz. Setzt man die Zahl der Opfer jeweils in Beziehung zur Zahl der Angriffe und der Menge und Sprengkraft der eingesetzte Munition, zeigt sich in allen Fällen eindeutig, dass die Höhe der dabei getöteten Zivilisten hauptsächlich von der Intensität des Bombardements und der Bevölkerungsdichte im Zielgebiet abhängt.<br />
<br />
<b>„Einkreisen und auslöschen«„ ‒ die Eskalation des Luftkrieges gegen den Daesch</b><br />
<br />
Überraschend ist dieses Ergebnis nicht. Eine Zielgenauigkeit von zehn Metern kann bei Bomben mit 500 Kilogramm Sprengstoff und mehr nicht schonend wirken, wenn sie auf eng bebaute Viertel wie die Altstadt von Mossul abgeworfen werden und jede Bombe mehrere Gebäude zum Einsturz bringen kann. Was nützt die beste Zielgenauigkeit, wenn keine Informationen vorliegen, wo sich wie viele Zivilisten aufhalten? Mit Luftaufklärung allein, auf die sich die US-Allianz nahezu ausschließlich stützen musste, lässt sich ein militärisches Ziel nicht zweifelsfrei ausmachen und noch weniger die Zahl der Menschen, die sich in diesen oder in angrenzenden Gebäuden aufhalten – selbst wenn dies den Zielplanern tatsächlich wichtig gewesen wäre.<a title="" href="#_edn8" name="_ednref8">[8]</a><br />
Daran bestehen jedoch starke Zweifel. Um die Verluste der eigenen Seite zu minimieren, waren bereits unter US-Präsident Barack Obama die Einsatzregeln für die US-Luftwaffe gelockert worden. Die Entscheidung über Luftangriffe wurde mehr und mehr lokalen Kommandeuren übertragen. Diese konnten nun schon Bombardierungen anfordern, wenn aus einem Gebäude auf sie gefeuert wurde.<a title="" href="#_edn9" name="_ednref9">[9]</a> Ihre Gegner wechselten jedoch ständig ihre Positionen indem sie sich über Hinterhöfe und Mauerdurchbrüche zwischen den Häusern bewegten. In einem der wenigen vom Pentagon zugegebenen Fälle wurden beispielsweise am 17. März 2017 bis zu 200 Menschen getötet, als ein gegen Scharfschützen angeforderter Luftangriff das Gebäude, in dessen Keller sie sich geflüchtet hatten, über ihnen einstürzen ließ.<a title="" href="#_edn10" name="_ednref10">[10]</a><br />
Die Trump-Regierung eskalierte im Mai 2017 die rücksichtslose Kriegführung noch weiter, indem sie das „Einkreisen und Auslöschen“ des Daesch als neue Taktik anordnete. Die Rückkehr der in seinen Reihen kämpfenden Ausländer in die USA oder nach Europa sollte durch das Töten möglichst vieler Dschihadisten vor Ort verhindert werden, ein Anliegen, das die europäischen Verbündeten durchaus teilen.<br />
<br />
<b>Rakka ‒ „präzise“ Angriffe, verheerender Blutzoll</b><br />
<br />
Es ist daher dreist, wenn Sprecher der US-Streitkräfte behaupten, aufgrund der hohen Präzision ihrer Angriffe habe die Vertreibung des Daesch aus Rakka nur wenige zivile Opfer gefordert. Diese Darstellung wurde von westlichen Medien kritiklos wiedergegeben, obwohl sie, wie eine zweiwöchige Recherche von Amnesty International (AI) vor Ort zeigt, leicht zu widerlegen war. Das Team von AI untersuchte anhand des Schicksals von vier Großfamilien exemplarisch die tödlichen Folgen der „präzisen“ Angriffe. Es überschrieb seinen Bericht mit „‘Vernichtungskrieg‘: Verheerender Blutzoll für die Zivilbevölkerung“.<br />
<br />
<img class="alignnone size-full wp-image-654" src="https://jgnachgetragen.files.wordpress.com/2019/01/munition-used-civilian-deaths-raqqa-airwars.jpg" alt="In Raqqa eingesetzte Munition und Zahl der Ziviltoten (Airwars)" width="732" height="442" /> <em>Auch in Raqqa stellte Airwars einen engen Zusammenhang fest, zwischen der Menge an Bomben und Raketen, die von der US-Allianz vom März bis Oktober 2017 auf Raqqa abgefeuert wurde und der Anzahl ziviler Opfer, für die sie mindestens verantwortlich ist – Death in the City, Airwars.org, Mai 2018<br /></em><br />
<br />
Am eindringlichsten beschreibt der Fall der Familie Badran das Grauen, das die verbliebene Bevölkerung in der einst 400.000 Einwohner zählenden Stadt erleiden musste. 39 Familienmitglieder und zehn Nachbarn waren durch vier verschiedene Luftangriffe auf die Gebäude getötet worden, in denen sie Schutz gesucht hatten, „als sie von Ort zu Ort flohen, verzweifelt bemüht, den sich schnell verlagernden Frontlinien auszuweichen“. Die anderen drei Familien hatten 42 Todesopfer zu beklagen. [33 davon ebenfalls durch Luftangriffe, die ihre Häuser in Schutt und Asche legten. Sieben starben durch Minen des Daesch, als sie dem Inferno entfliehen wollten und zwei durch Mörsergranaten, abgefeuert wahrscheinlich von den hauptsächlich aus syrisch-kurdischen Kämpfern bestehenden Bodentruppen der Allianz]. Keines der getroffenen Gebäude hatte übereinstimmenden Zeugenaussagen zufolge zu diesem Zeitpunkt Kämpfer beherbergt, nichts an ihnen ließ sie als militärisches Ziel erscheinen. <a title="" href="#_edn11" name="_ednref11">[11]</a><br />
Airwars zählte insgesamt 1.300 sichere und 3.200 mögliche zivile Opfer der US-Angriffe. Die tatsächliche Zahl ist, so auch die Initiative selbst, sicherlich wesentlich größer.<br />
[Während die Führung der Allianz sich einerseits scharf gegen die Vorwürfe wandte, durch rücksichtlose Angriffe nicht nur Tausende Zivilisten getötet sondern damit auch Kriegsverbrechen begangen zu haben, erhöhte sie anderseits die Zahl zugegebener Ziviltoten sukzessive auf 100.] <a title="" href="#_edn12" name="_ednref12">[12]</a><br />
<br />
Ein Sprecher der Allianz gestand zudem gegenüber dem britischen Independent ein, dass „die Kosten für die Befreiung von Rakka sehr hoch seien«, beharrte aber darauf, dass es keine Alternative gegeben habe, da man Daesch nicht erlauben könne, die Bürger von Rakka weiter zu ermorden, zu foltern, zu vergewaltigen und auszuplündern.<a title="" href="#_edn13" name="_ednref13">[13]</a><br />
Niemand hat jedoch die Bewohner der Stadt gefragt, ob sie bereit waren, einen solchen Preis zu zahlen, und es wurden keine anderen Wege geprüft, die Dschihadisten zu schwächen und zurückzudrängen. [Den syrischen und russischen Streitkräften wiederum wurde nie zugestanden, vor einer solchen Wahl gestanden zu haben.]<br />
<br />
<b>Zwanzigtausend tote Zivilisten in Mossul</b><br />
<br />
Auch beim Sturm auf Mossul liegen Selbstdarstellung und Wahrheit weit auseinander. Konfrontiert mit Berichten über zivile Opfer der US-Allianz, verstieg sich US-Verteidigungsminister James Mattis im August 2017 kurz nach der Rückeroberung Mossuls zur Behauptung, es habe noch „kein Militär in der Weltgeschichte“ gegeben, „das mehr Wert darauf gelegt“ habe, „zivile Opfer und den Tod von Unschuldigen auf dem Schlachtfeld zu begrenzen.“ <a title="" href="#_edn14" name="_ednref14">[14]</a><br />
<br />
326 zivile Opfer durch eigene Angriffe räumt die US-Allianz hier mittlerweile selbst ein. Airwars registrierte 4.000, einer Studie vor Ort zufolge waren es jedoch noch wesentlich mehr. Durch die Auswertung der Meldungen von Medien, Krankenhäusern und lokalen Beobachtern, wie es Airwars macht, kann man stets nur einen Teil der Getöteten erfassen. Dieser ist umso geringer, je heftiger die Kämpfe sind. Meist werden, wie die IPPNW-Studie „‘Body Count‘ ‒ Opferzahlen nach zehn Jahren ‚Krieg gegen den Terror‘„ zeigt, in Kriegssituationen nur ein Achtel bis ein Zwölftel registriert. <a title="" href="#_edn15" name="_ednref15">[15]</a><br />
Realistischere Schätzungen ergeben sich durch Mortalitätsstudien mittels repräsentativer Umfragen vor Ort. Eine solche wurde in Mossul durchgeführt und im Mai 2018 in der renommierten Fachzeitschrift PLOS Medicine veröffentlicht.<a title="" href="#_edn16" name="_ednref16">[16]</a> Demnach kamen ungefähr jeder achte Bewohner und jede vierzehnte Bewohnerin infolge des neunmonatigen Feldzugs ums Leben. Die Gesamtzahl der Getöteten liegt in einer Größenordnung von 90.000, darunter 33.000 Frauen und Mädchen. Ungefähr vierzig Prozent der Toten starben den Angaben der befragten Überlebenden zufolge bei Luftangriffen. Da die meisten Frauen und vermutlich eine ebenso große Zahl von Männern keine Kämpferinnen bzw. Kämpfer waren, ist davon auszugehen, dass die Luftwaffen der USA, Frankreichs und Großbritannien, die – unterstützt von der Bundeswehr – fast alle Angriffe flogen, für den Tod von mindestens 20.000 Zivilisten verantwortlich sind. <a title="" href="#_edn17" name="_ednref17">[17]</a><br />
<br />
[Aufgrund der umfassenden Zerstörungen, die ganze Familien auslöschten, und der großen Zahl von Vertrieben, konnten auch bei der Umfrage nicht alle Toten in den stichprobenmäßig ausgewählten Haushalten erfasst werden. Die tatsächliche Zahl der Getöteten ist daher wahrscheinlich noch wesentlich höher.]<br />
<br />
Neben der völligen Rücksichtlosigkeit der Angriffe waren auch fehlende Fluchtmöglichkeiten für die hohe Zahl von Opfern mitverantwortlich. Während sich das syrische und russische Militär stets um Fluchtkorridore bemühte, hatte die US-geführte Allianz Flugblätter über Mossul abgeworfen, in denen die Bevölkerung zum Bleiben aufgefordert wurde. Von der Außenwelt durch die Front der angreifenden Bodentruppen abgeriegelt und bedroht vom Daesch blieben so bis zum Schluss Hunderttausende eingeschlossen. Zu Beginn der Offensive lebte in Westmossul vermutlich noch eine Million Menschen, mit Sicherheit aber waren es mehr als 800.000. Den Daten der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zufolge hatten bis Mitte Juni erst knapp 400.000 Menschen die Stadt verlassen, viele wohl erst, nachdem ihre Viertel von Regierungstruppen eingenommen worden waren. Weitere 400.000 konnten erst in den allerletzten Tagen dem Inferno entrinnen.<a title="" href="#_edn18" name="_ednref18">[18]</a><br />
<br />
<img src="https://jgnachgetragen.files.wordpress.com/2018/12/Population-Movements-Timeline-during-Mosul-Crisis-IOM.png" alt="Zeitliche Entwicklung der Flüchtlingszahlen während der Mossul-Offensive - IOM, Iraq Mission, July 2017" width="792" height="383" /><br />
<br />
<span style="color:#808080;"><em>Zeitliche Entwicklung der Flüchtlingszahlen während der Mossul-Offensive - IOM, Iraq Mission, July 2017</em></span><br />
<br />
<a title="" href="#_edn9" name="_ednref9"></a>Die hellblaue Linie gibt die Entwicklung der Gesamtzahl der Menschen wieder die aus Mosul flohen (als IDP, d.h. interne Vertriebene bezeichnet), die dunkelblaue die Zahl der zurückgekehrten und die rote Linie die derjenigen, die zum angegeben Zeitpunkt noch vertrieben waren.<br />
<br />
Die folgende Grafik zeigt die letzte Phase der Offensive genauer.<br />
<br />
<img src="https://jgnachgetragen.files.wordpress.com/2018/12/Population-Movements-Timeline-during-Mosul-Crisis-Phase-3-IOM.png" alt="Entwicklung der Flüchtlingszahlen während der letzten Phase der Mossul-Offensive - IOM, Iraq Mission, July 2017" width="792" height="268" /><br />
<br />
<span style="color:#808080;"><em>Entwicklung der Flüchtlingszahlen während der letzten Phase der Mossul-Offensive - IOM, Iraq Mission, July 2017</em></span><br />
<br />
<i>[Die Gesamtzahl der Mossuler, die vom 17. Oktober 2016 bis 29. Juni 2017 aus der Stadt geflohen war, stieg am Ende auf über eine Million. Rund 820.000 von ihnen waren am 29. Juni. immer noch als IDP registriert, 201.942 waren zurückgekehrt. Während des Sturms auf den Westteil („Phase 3“) flohen demnach fast 800.000.] </i><br />
<br />
<b>Verheerender als Ostaleppo</b><br />
<br />
<table border="0" width="23%" align="right" cellpadding="12" align="right"> <tr> <td>
<img class="alignnone size-full wp-image-683" src="https://jgnachgetragen.files.wordpress.com/2019/01/alleged-russian-civilian-casualty-incidents-in-aleppo-sept.-dec.-2016-airwars.jpg" alt="Alledged Russian Civilian casualty incidents in Aleppo Sept. - Dec. 2016 (Airwars) x" width="246" height="187" />
<p><em><strong><font size="1">Anzahl mutmaßlich russischer Angriffe mit zivilen Opfern in Aleppo</font></strong><font size="1"><br />
- Death in the City, Airwars.org, Mai 2018</font></em></p>
<p> </p></td> </tr></table>Obwohl auch in Ostaleppo die dschihadistischen Milizen die Flucht der Zivilbevölkerung aus den von ihnen kontrollierten Vierteln mit Gewalt zu verhindern suchten, befanden sich dort zu Beginn der Offensive nach Schätzungen der UNO noch 250.000 von ursprünglich mehr als einer Million Bewohner.[19] Am Ende waren es noch knapp 90.000. 36.000 von ihnen ließen sich schließlich mit den Kämpfern evakuieren.[20]<br />
<br />
Allein dadurch, dass die meisten Bewohner das Kampfgebiet rasch verlassen konnten, blieb die Zahl der Opfer deutlich geringer als in Mossul oder Rakka<br />
<br />
Selbstverständlich forderte auch der Einsatz schwerer Waffen gegen Ziele in städtischen Gebieten durch die syrischen und russischen Streitkräfte eine hohe Zahl von Opfern. Da in Aleppo und anderen zurückeroberten Städten keine Mortalitätsstudien wie in Mossul durchgeführt wurden, gibt es keine realistischen und miteinander vergleichbaren Schätzungen über die Opfer der dortigen Offensiven. <br />
<br />
»Airwars« gibt für Ostaleppo und Ostghuta nur die Zahl der Angriffe an, die Russland zugeschrieben werden. Im November 2016 zählte die Initiative 215 russische Angriffe, bei denen vermutlich mehr als 1.000 Zivilisten getötet wurden, ungefähr zwei Drittel davon in Aleppo.<br />
<table border="0" width="23%" align="right" cellpadding="12" align="right"> <tr> <td>
<img class=" size-full wp-image-684 alignright" src="https://jgnachgetragen.files.wordpress.com/2019/01/alleged-russia-casualities-events-in-eastern-ghouta-january-march-2018-airwars-x.jpg" alt="Alleged Russia Casualities events in Eastern Ghouta, January - March 2018 (Airwars)-x" width="198" height="191" />
<p><em><font size="1"><b>Anzahl mutmaßlich russischer Angriffe mit zivilen Opfern in Ost-Ghutaa</b><br />
- Death in the City, Airwars.org, Mai 2018</font></em></p></td> </tr></table>
[In den anderen Monaten der Offensive wurden insgesamt noch eineinhalb Mal so viele Angriffe gezählt. Geht man von einem ähnlichen Verhältnis zwischen Angriffen und Ziviltoten aus, so würden insgesamt rund 1.700 Tote auf das Konto der russischen Streitkräfte gehen.]<br />
<br />
Besser vergleichbar ist der Grad der Zerstörung. Dieser zeigt deutlich, dass die Feldzüge der US-geführten Koalition wesentlich verheerender waren als die der syrischen und russischen Streitkräfte. In Westmossul und Rakka übersteigt das Ausmaß an Zerstörung nach übereinstimmenden Einschätzungen von UN-Missionen, Menschenrechtsorganisationen und Journalisten alles, was seit dem Vietnamkrieg bekannt ist. Im Westen Mossuls wurden nahezu 80 Prozent aller Gebäude zerstört oder schwer beschädigt. Videoaufnahmen und Fotos zeigen westlich des Tigris eine einzige Trümmerlandschaft. Moskau und Damaskus werden oft beschuldigt, Krankenhäuser angegriffen zu haben. Nach Angaben irakischer Behörden wurden in Mossul auch 80 Prozent der medizinischen Einrichtungen der Stadt von Luftangriffen zerstört, darunter das größte Gesundheitszentrum des gesamten Gouvernement Ninive, das mehrere Krankenhäuser, eine medizinische Schule und zahlreiche Labors beherbergte. <a title="" href="#_edn21" name="_ednref21">[21]</a><br />
<br />
Die Verwüstungen in Rakka werden sogar als noch umfassender eingeschätzt. UN-Vertretern zufolge hat die Rückeroberung 80 Prozent der gesamten, einst 400.000 Einwohner zählenden Stadt unbewohnbar gemacht. Die Zerstörungen, die die USA, Großbritannien und Frankreich Rakka zugefügt haben, seien »die schlimmsten seit Jahrzehnten“, so Amnesty International. <a title="" href="#_edn22" name="_ednref22">[22]</a><br />
„<i>Wenn Bomben eingesetzt werden, die groß genug sind, um ganze Gebäude zu zerstören, sowie Artilleriewaffen mit großflächiger Wirkung sind jegliche Behauptungen, zivile Verluste minimiert zu haben, unhaltbar“, </i>so Donatella Rovera, Krisenbeauftragte bei AI. <a title="" href="#_edn23" name="_ednref23">[23]</a> „[[<i>Die brutale Herrschaft des IS und dessen Missbrauch von Zivilist*innen als menschliche Schutzschilde entbindet die Koalition nicht von ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung, die Zivilbevölkerung so weit wie möglich zu schützen.]] Was die Stadt in Ruinen legte und so viele Tote und Verletzte forderte, war der fortgesetzte Beschuss von Wohngebieten im Wissen darum, dass die Zivilbevölkerung dort eingeschlossen war. Auch Präzisionsgeschosse können nur so präzise sein wie die Wahl des Ziels</i>“<a title="" href="#_edn24" name="_ednref24">[24]</a><br />
Ostaleppo erlitt im Zuge seiner Befreiung ebenfalls großflächige Verwüstungen, jedoch bei weitem nicht in dem Ausmaß wie Mossul und Rakka. Nach Einschätzung der UNESCO waren nach Ende der vier Jahre andauernden Kämpfe 60 Prozent der Altstadt, durch die die Front verlief, schwer beschädigt und bis zu 30 Prozent völlig zerstört. Ein erheblicher Teil der Schäden war allerdings bereits im Sommer 2012 beim Eindringen der islamistischen Milizen entstanden. Entgegen der gängigen Version haben in Aleppo nicht Luftangriffe, sondern Straßenkämpfe die meisten Schäden verursacht. Den Beobachtungen des schwedischen Konfliktforschers Jan Oberg zufolge, der die befreiten Gebiete nach Abzug der Milizen in Augenschein nahm, gingen höchstens zehn Prozent der Zerstörungen auf das Konto von Luftangriffen.<a title="" href="#_edn25" name="_ednref25">[25]</a><br />
<br />
Auch der französische Militärhistoriker Michel Goya kommt in seinem im September 2017 in der französischen Zeitung „Le Monde“ veröffentlichten Vergleich zum Ergebnis, dass das Vorgehen der russischen Streitkräfte effektiver und schonender für die Zivilbevölkerung gewesen sei als das der US-Allianz.<a title="" href="#_edn26" name="_ednref26">[26]</a> [Entscheidend sei das zielgerichtete Vorgehen verbunden mit „militärischer Diplomatie“: durch Luftangriffe auf zentrale Punkte der Gegner konnten sie diese häufig so unter Druck setzen, dass sich diverse Fraktionen zu Verhandlungen bereit zeigten. Einen wichtigen Beitrag leistete Goya zufolge, das im Februar 2016 gegründete Zentrum der Wiederversöhnung über die geschützte Transfers feindlicher Kämpfer unter Begleitung der UNO und Hilfsorganisationen organisiert werden konnten.]<br />
Der syrischen und russischen Führung war es stets gelungen, durch Verhandlungen Entscheidungsschlachten in urbanen Zentren bis zum letzten gegnerischen Kämpfer zu vermeiden. So boten sie allen Straffreiheit an, die bereit waren, ihre Waffen abzugeben, und freien Abzug für die, die nicht aufgeben wollten. Von seiten der US-Allianz gab es hingegen keine entsprechenden Anstrengungen bzw. in Rakka erst sehr spät – mit den zu erwartenden Folgen.<br />
<br />
<b>Wiederaufbau in Aleppo ‒ „Totenstadt“ in West-Mossul <\b></b><br />
<br />
Der Wiederaufbau Ostaleppos geht trotz knapper Ressourcen des kriegsgebeutelten Landes und einer umfassenden Handels- und Wirtschaftsblockade durch die westlichen Staaten voran. Das Ende der Kämpfe hat bis Dezember 2017 bereits rund 500.000 aus Aleppo geflohene Einwohner zur Rückkehr bewegt. Mehr als 300.000 wechselten auch wieder in den Ostteil. <a title="" href="#_edn27" name="_ednref27">[27]</a><br />
<br />
Die Lage in Mossul hingegen sieht nach wie vor düster aus. Etwas mehr als die Hälfte der Flüchtlinge ist zurückgekehrt, die meisten drängen sich im nicht so stark verwüsteten Ostteil der Stadt.<a title="" href="#_edn28" name="_ednref28">[28]</a> Der Westen sei immer noch „fast eine Totenstadt“, so der aus Mossul stammende Dominikanerpater Michael Najeeb. „Da findet man kaum ein Haus, das noch aufrecht stünde.“<a title="" href="#_edn29" name="_ednref29">[29]</a> [Hollywood-Star Angelina Jolie, die als Sondergesandter des Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR) Mossul ein Jahr nach der Rückeroberung besuchte, sprach von der „schlimmsten Verwüstung“, die sie in ihren 17 Jahren als Vertreterin der UN-Organisation gesehen habe. Die Straßen der Altstadt von Mosul liegen immer noch in Trümmern, und der Gestank zerfallener Leichen liegt noch in der Luft. <a title="" href="#_edn30" name="_ednref30">[30]</a>] „Auch ein Jahr nach der Befreiung ist Mossul kein Ort zum Leben“, berichtete Oxfam im Juli 2018, als die Hilfsorganisation begann, die Rückkehrer mit fließendem Wasser zu versorgen.<a title="" href="#_edn31" name="_ednref31">[31]</a><br />
<br />
<b>Interesse vor Rücksichtnahme</b><br />
<br />
Die breite Akzeptanz des Krieges der US-Allianz in Syrien und Irak, an dem die Bundesrepublik aktiv beteiligt ist, bis in die Linke hinein beruht zum guten Teil darauf, dass ein massives militärisches Vorgehen gegen den Daesch als alternativlos angesehen wird. Doch kann das grausame Agieren der Dschihadisten keinesfalls eine derart brutale und rücksichtslose Kriegführung unter Missachtung der syrischen Souveränität rechtfertigen. Diese und die Weigerung, mit Damaskus und dessen Verbündeten gemeinsam vorzugehen, zeigen vielmehr, dass dabei andere Ziele im Mittelpunkt standen als die Ausschaltung einer Terrororganisation.<br />
<br />
Die syrischen Streitkräfte und ihre russischen Verbündeten, die es mit Gegnern zu tun haben, die von außen ausgerüstet und unterstützt werden, haben kaum Alternativen zu einem militärischen Vorgehen, wollen sie das Land aus den Händen von Al-Qaida und Co. befreien und den Vertriebenen die Rückkehr ermöglichen.<br />
<br />
Der „Islamische Staat“ jedoch ist ein Produkt der US-amerikanischen Kriegspolitik und konnte nur im Zuge der Umsturzbemühungen der NATO und ihrer arabischen Verbündeten in Syrien derart erstarken. Er konnte sich nur deshalb solange halten, weil er – auch nachdem er vom nützlichen Werkzeug gegen Damaskus schließlich zum Gegner des Westens geworden war – weiterhin Unterstützung – direkt oder indirekt – aus den arabischen Golfmonarchien und der Türkei erhielt. Es hätte daher nahegelegen, ihn zunächst durch effektives Abschneiden vom Nachschub auszutrocknen. Durch politische Zugeständnisse hätten in Mossul gute Chancen bestanden, dass sich die mehrheitlich sunnitische Bevölkerung gegen die Dschihadisten gewandt hätte.<a title="" href="#_edn32" name="_ednref32">[32]</a><br />
Vor keiner der Offensiven gegen die vom Daesch kontrollierten Städte wurden jedoch Alternativen zur „Befreiung durch Zerstörung“ auch nur diskutiert. Den Angehörigen der US-geführten „Anti-IS-Allianz“, ging es offensichtlich nicht um das Los der unter der Herrschaft der Dschihadisten leidenden Bevölkerung. Im Vordergrund stand zunächst der Schutz der westlichen Staaten vor den fanatischen Kämpfern, vor allem aber verfolgten sie geopolitische Ziele wie die Ausweitung der eigenen militärischen Präsenz und des Einflusses in den beiden Ländern, die Zurückdrängung anderer regionaler Kräfte, die Besetzung syrischen Territoriums, die Einflussnahme auf Kriegsverlauf und Friedensverhandlungen.<br />
<br />
Während die russische Unterstützung der syrischen Streitkräfte im Einklang mit dem internationalen Recht steht, führen die NATO-Staaten ihren Luftkrieg in Syrien völkerrechtswidrig und im Irak an der Seite eines von schiitischen Islamisten dominierten Regimes, das die USA im Zuge der Besatzung installiert hatten. [Im Verein mit der Handelsblockade die über Syrien verhängt wurde und der Unterstützung regierungsfeindlicher Milizen erinnert das rücksichtlose Vorgehen dem der europäischen Großmächte im Zeitalter des Kolonialismus.] Die Art und Weise ist, wie es der schwedischen Konfliktforscher Jan Oberg treffend bezeichnete, Ausdruck einer „kolonialen Mentalität“, die „an Rassismus grenzt“. Die „<i>unglaubliche Brutalität der westlichen Politik“ </i>wird jedoch, so<i> </i>der Direktor der „Transnationalen Stiftung für Frieden und Zukunftsforschung“<i> „bequem versteckt, vernachlässigt oder vergessen“</i> <a title="" href="#_edn33" name="_ednref33">[33]</a> Will man den fortgesetzten Kriegen und Interventionen etwas entgegensetzen muss das Verstecken und Vergessen überwunden werden, indem über diese Brutalität ausreichend Öffentlichkeit hergestellt und die Empörung geweckt wird, die sie verdient.<br />
<div>
<hr align="left" size="1" width="33%" />
<div id="edn1"><a title="" href="#_ednref1" name="_edn1">[1]</a> <a href="http://theconversation.com/islamic-state-has-survived-100-000-bombs-and-missiles-and-is-still-active-99407">Islamic State has survived 100,000 bombs and missiles and is still active</a>, The Conversation, 6.7.2018</div>
<div id="edn2"><a title="" href="#_ednref2" name="_edn2">[2]</a> <a href="https://www.hrw.org/de/news/2014/05/27/irak-regierung-greift-krankenhaus-falludscha">Irak: Regierung greift Krankenhaus in Falludscha an - Fassbomben treffen Wohngebiete</a>, Human Rights Watch, 27.5.2014</div>
<div id="edn3"><a title="" href="#_ednref3" name="_edn3">[3]</a> <a href="http://data.parliament.uk/writtenevidence/committeeevidence.svc/evidencedocument/defence-committee/uk-military-operations-in-mosul-and-raqqa/oral/82916.html">UK Military Operations in Mosul and Rakka - Oral evidence</a> - Major-General Jones, Air Vice-Marshal Johnny Stringer, HC 999, Defence Committee, 15.5.2018</div>
<div id="edn4"><a title="" href="#_ednref4" name="_edn4">[4]</a> Joachim Guilliard, <a href="https://www.jungewelt.de/2016/01-26/001.php">Mittel der Kriegführung</a> ‒ Die syrische Regierung setzt Fassbomben gegen die Zivilbevölkerung ein heißt es ‒ Belege dafür gibt es kaum, junge Welt, 26.01.2016.</div>
<div id="edn5"><a title="" href="#_ednref5" name="_edn5">[5]</a> <a href="https://airwars.org/wp-content/uploads/2018/05/Airwars-Death-in-the-City-web.pdf">Death in the city: High levels of civilian harm in modern urban warfare from explosive weapons</a>, Airwars.org. Mai 2018</div>
<div id="edn6"><a title="" href="#_ednref6" name="_edn6">[6]</a> Airwars - Our methodology, <a href="https://airwars.org/methodology/">https://airwars.org/methodology/</a></div>
<div id="edn7"><a title="" href="#_ednref7" name="_edn7">[7]</a> <a href="http://jghd.twoday.net/stories/fortgesetzte-vertuschung-zivile-opfer-im-luftkrieg-der-us-allianz-in-s/http:/www.ossietzky.net/25-2016&textfile=3768">Fortgesetzte Vertuschung – zivile Opfer im Luftkrieg der US-Allianz in Syrien und Irak</a>, Ossietzky 25/2016</div>
<div id="edn8"><a title="" href="#_ednref8" name="_edn8">[8]</a> mehr dazu unter Joachim <a href="https://jg-nachgetragen.blog/2016/11/22/gute-islamisten-schlechte-islamisten-mossul-und-aleppo-ein-lehrstueck-1022596832/">Guilliard, Gute Islamisten, schlechte Islamisten</a>, junge Welt 14.11.2016</div>
<div id="edn9"><a title="" href="#_ednref9" name="_edn9">[9]</a> <a href="http://www.usatoday.com/story/news/politics/2016/04/19/new-rules-allow-more-civilian-casualties-air-war-against-isil/83190812/">New rules allow more civilian casualties in air war against ISIL</a>, USA TODAY, 19.4.2016</div>
<div id="edn10"><a title="" href="#_ednref10" name="_edn10">[10]</a> <a href="https://www.nytimes.com/2017/03/24/world/middleeast/us-iraq-mosul-investigation-airstrike-civilian-deaths.html">U.S. Investigating Mosul Strikes Said to Have Killed Up to 200 Civilians</a>, NYT, 24.3.2017, <a href="http://www.theguardian.com/world/2017/mar/25/mosul-airstrikes-aleppo-vladimir-putin-donald-trump-islamic-state">The west condemned Russia’s bombs – now coalition attacks are killing civilians in Mosul</a>, Guardian, 25.3.2017</div>
<div id="edn11"><a title="" href="#_ednref11" name="_edn11">[11]</a> <a href="https://www.amnesty.org/en/documents/mde24/8367/2018/en/">‘War of annihilation’: Devastating Toll on Civilians, Rakka – Syria</a>, Amnesty International, 5.6. 2018<br />
als interaktive Präsentation <a href="https://raqqa-syria.amnesty.org/">Nowhere to run Trapped in Rakka, Syria </a> <a name="OLE_LINK1"></a>mit Satellitenaufnahmen, Karten auf denen Gebäude und Fluchtwege markiert werden.</div>
<div id="edn12"><a title="" href="#_ednref12" name="_edn12">[12]</a> <a href="https://www.washingtonexaminer.com/policy/defense-national-security/us-military-goes-to-war-with-amnesty-international-over-civilian-casualties-in-syria">US military goes to war with Amnesty International over civilian casualties in Syria</a>, Washington Examiner 5.6.2018</div>
<div id="edn13"><a title="" href="#_ednref13" name="_edn13">[13]</a> <a href="https://www.independent.co.uk/news/world/middle-east/syria-civil-war-raqqa-us-military-bombing-coalition-strike-tracker-amnesty-a8642656.html">Syria war: Amnesty asks public to help track civilian casualties of US-led bombing in Rakka</a>, Independent, 21.11.2018</div>
<div id="edn14"><a title="" href="#_ednref14" name="_edn14">[14]</a> Zitiert nach <a href="https://airwars.org/wp-content/uploads/2018/05/Airwars-Death-in-the-City-web.pdf">Death in the city: High levels of civilian harm in modern urban warfare from explosive weapons</a>, Airwars.org. Mai 2018.</div>
<div id="edn15"><a title="" href="#_ednref15" name="_edn15">[15]</a> <a href="http://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Frieden/BodyCount_internationale_Auflage_deutsch_2015.pdf">„Body Count“ ‒ Opferzahlen nach 10 Jahren "Krieg gegen den Terror"</a>, IPPNW, September 2015</div>
<div id="edn16"><a title="" href="#_ednref16" name="_edn16">[16]</a> Riyadh Lafta, Maha A. Al-Nuaimi, Gilbert Burnham, <a href="https://doi.org/10.1371/journal.pmed.1002567">Injury and death during the ISIS occupation of Mosul and its liberation: Results from a 40-cluster household survey</a>, PLOS,15.5.2018</div>
<div id="edn17"><a title="" href="#_ednref17" name="_edn17">[17]</a> ausführlich erläutert in <a href="https://jg-nachgetragen.blog/2018/10/03/mossul-ein-jahr-nach-der-befreiung/">Mossul ein Jahr nach der „Befreiung“</a>, Ossietzky 18/2018, 15.9.2018.</div>
<div id="edn18"><a title="" href="#_ednref18" name="_edn18">[18]</a> <a href="http://iraqdtm.iom.int/Downloads/DTM%20Emergency%20Tracking/Mosul%20Crisis/0-%20Mosul%20Crisis%20Report/DTM%20ET%20Mosul%20Crisis%20Report%20July%202017.pdf">Mosul Crisis Report Population movements analysis</a>, Displacement Tracking Matrix | DTM, IOM-Iraq Mission, July 2017, <a href="https://reliefweb.int/report/iraq/iraq-complex-emergency-fact-sheet-1-fiscal-year-fy-2018">Iraq - Complex Emergency Fact Sheet #1, Fiscal Year (FY) 2018</a>, US Agency for International Development, 3.11.2017</div>
<div id="edn19"><a title="" href="#_ednref19" name="_edn19">[19]</a> <a href="https://www.irinnews.org/analysis/2017/04/12/eastern-aleppo-under-al-assad">Eastern Aleppo under al-Assad</a>, Irin News, 12.4.2017, <a href="https://www.irinnews.org/analysis/2016/12/13/fall-eastern-aleppo">The fall of eastern Aleppo</a>, Irin News, 13.12.2016</div>
<div id="edn20"><a title="" href="#_ednref20" name="_edn20">[20]</a> <a href="https://reliefweb.int/report/syrian-arab-republic/syrian-arab-republic-aleppo-situation-report-no-13-12-january-2017-enar">Syrian Arab Republic: Aleppo Situation Report No. 13</a>, UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs OCHA, 12.1.2017</div>
<div id="edn21"><a title="" href="#_ednref21" name="_edn21">[21]</a> <a href="https://www.bbc.co.uk/news/resources/idt-9d41ef6c-97c9-4953-ba43-284cc62ffdd0">What's left of Mosul? - BBC News</a>, BBC, 9.8.2017</div>
<div id="edn22"><a title="" href="#_ednref22" name="_edn22">[22]</a> <a href="https://www.independent.co.uk/news/world/middle-east/us-coalition-raqqa-isis-civilian-deaths-amnesty-international-report-uk-france-a8383416.html">US, UK and France 'inflicted worst destruction in decades on Rakka', report claims</a><br />
'More artillery shells were launched into Rakka than anywhere since the end of the Vietnam war' says Amnesty International, The Independent, 5.6.2018</div>
<div id="edn23"><a title="" href="#_ednref23" name="_edn23">[23]</a> Donatella Rovera and Benjamin Walsby, <a href="http://www.theguardian.com/commentisfree/2018/jun/05/british-us-airstrikes-raqqa-civilians-killed">‘Precision’ airstrikes kill civilians. In Rakka we saw the devastation for ourselves</a>, Guardian, 5.6.2018</div>
<div id="edn24"><a title="" href="#_ednref24" name="_edn24">[24]</a> <a href="https://www.amnesty.org/en/documents/mde24/8367/2018/en/">‘War of annihilation’ ...</a>, a.a.O zit, nach dt. PM: <a href="https://www.amnesty.at/presse/syrien-vernichtungskrieg-gegen-is-in-rakka/">Syrien: „Vernichtungskrieg“ gegen IS in Rakka</a> ‒ Umfangreiche Untersuchungen belegen Hunderte Tote unter Zivilist*innen, Amnesty International, 5.6.2018</div>
<div id="edn25"><a title="" href="#_ednref25" name="_edn25">[25]</a> Jan Oberg, <a href="https://janoberg.exposure.co/the-destruction-of-eastern-aleppo-syria">The destruction of Eastern Aleppo, Syria December 2016</a>, 25.12.2016</div>
<div id="edn26"><a title="" href="#_ednref26" name="_edn26">[26]</a> Thomas Pany, <a href="https://www.heise.de/tp/features/Syrien-Warum-das-russische-Militaer-erfolgreicher-vorgeht-als-die-US-Koalition-3831927.html">Syrien: Warum das russische Militär erfolgreicher vorgeht als die US-Koalition</a>, Telepolis, 14.9.2017</div>
<div id="edn27"><a title="" href="#_ednref27" name="_edn27">[27]</a> <a href="https://www.irishtimes.com/news/world/middle-east/aleppo-rebuilds-itself-from-destruction-of-war-1.3267526">"Aleppo rebuilds itself from destruction of war"</a>. Irish Times, 25.10.2017</div>
<div id="edn28"><a title="" href="#_ednref28" name="_edn28">[28]</a> <a href="http://iraqdtm.iom.int/LastDTMRound/IOM%20RWG%20SI%20Categorizing%20Protracted%20Displacement%20in%20Iraq_November%202018.pdf">Categorizing Protracted Displacement in Iraq_November 2018</a>, IOM, November 2018</div>
<div id="edn29"><a title="" href="#_ednref29" name="_edn29">[29]</a> <a href="https://www.vaticannews.va/de/welt/news/2018-07/irak-mossul-terroristen-christen-islamischer-staat-wiederaufbau.html">Irak: Düstere Aussichten für das „befreite“ Mossul</a>, Vatican News, 9.7.2018</div>
<div id="edn30"><a title="" href="#_ednref30" name="_edn30">[30]</a> <a href="https://www.rt.com/news/429995-jolie-mosul-devastation-bodies/">‘You can smell the bodies’: Angelina Jolie in Mosul one year after ‘liberation’ by US-led coalition</a>, RT: 17.6.2018</div>
<div id="edn31"><a title="" href="#_ednref31" name="_edn31">[31]</a> <a href="https://www.epo.de/index.php?option=com_content&view=article&id=14762:irak-auch-ein-jahr-nach-der-befreiung-ist-mossul-kein-ort-zum-leben&catid=30&Itemid=72">Irak Auch ein Jahr nach der Befreiung ist Mossul kein Ort zum Leben</a>, Oxfam, 9.7.2018</div>
<div id="edn32"><a title="" href="#_ednref32" name="_edn32">[32]</a> <a href="https://jg-nachgetragen.blog/2017/08/14/die-schlacht-um-mossul-imi-studie-1022630209/">Die Schlacht um Mossul</a> ‒ Der Irak zerrissen durch den Krieg gegen den „Islamischen Staat“, interne Konflikte und äußere Intervention, Informationsstelle Militarisierung, <a href="http://www.imi-online.de/download/IMI-Studie2017-11b-Irak-web.pdf">IMI-Studie 2017/11b</a>, 9.8.2017</div>
<div id="edn33"><a title="" href="#_ednref33" name="_edn33">[33]</a> Jan Oberg in seiner Einführung zur Artikelserie von Farhang Jahanpour, <a href="https://transnational.live/2018/08/24/regime-change-not-iran-too/">Regime Change: Not Iran Too!</a> a educational series on regime change in the Middle East, Transnational Foundation for Peace & Future Research (TFF), 17.8.2018</div>
</div>
JGuilliard
Nahost
Copyright © 2019 JGuilliard
2019-01-26T19:26:00Z
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„Vernichtungskriege“ ‒ die verschleierte Brutalität des Krieges der US-Allianz...
https://jghd.twoday.net/stories/httpjghdtwodaynetstoriesvernichtungskriege-verschleierte-brutalitaet-u/
<b>„Death in the city“ ‒ Präzisionswaffen der NATO mindestens so tödlich wie andere<b> </b></b><br />
<br />
Der syrischen und russischen Luftwaffe wird, zum Teil in regelrechten Kampagnen, vor allem der Einsatz einfacher ungelenkter Bomben oder gar primitiver „Fassbomben“, vorgeworfen. Auch die Kommandeure der Streitkräfte der USA und anderer NATO-Staaten heben in der Verteidigung ihrer Kriegsführung stets die höhere Präzision ihrer Waffen und die Anstrengungen ihrer Einheiten hervor, Kollateralschäden zu minimieren.<br />
<br />
[Da „die Russen“ sich „nicht dieselben Restriktionen auferlegen“ würden, wie sie, so z.B. Vize-Luftmarschall Stringer bei einer Anhörung des Verteidigungsausschuss des britischen Parlaments, hätten sie an Orten wie Aleppo zu 90 Prozent ungelenkte Waffen aus mittlerer Höhe eingesetzt, aus der sie Ihre Ziele meist um Dutzende Meter verfehlen mussten. Sie selbst aber wollten sich am Ende des Tages noch im Spiegel in die Augen schauen können. <a href="#_edn1" name="_ednref1" title="" >[1]</a>]<br />
<br />
Eine Studie der britischen Initiative Airwars über die Luftkriege in Syrien und im Irak zeigt jedoch, dass die höhere Präzision der Waffen der NATO-Staaten beim Einsatz in dicht besiedelten urbanen Schlachtfeldern keineswegs geringere zivile Schäden und weniger Opfer verursacht.<a href="#_edn2" name="_ednref2" title="" >[2]</a> Die Analyse der Beobachtergruppe, die täglich Berichte über Luftangriffe, eingesetzte Munition und zivile Opfer in den beiden Länder auswertet, deutet darauf hin, dass sie sogar zu noch größeren Schäden führen. Durch das größere Vertrauen in ihre Treffsicherheit seien die Militärs, so der Verdacht, häufiger bereit, Explosionswaffen mit großer Sprengkraft in bevölkerungsreichen Stadtvierteln einzusetzen.<br />
<br />
<div align="center">
<img src="https://jgnachgetragen.files.wordpress.com/2018/12/Munitions-released-West-Mosul-claimed-civilian-deaths-Airwars.jpg" alt="In Mossul eingesetzte Munition und Zahl der Ziviltoten (Airwars)" width="560" height="344" /><br />
<em>Von der US-Allianz vom März bis Juli 2017 auf West-Mossul abgefeuerte Bomben und Raketen und Zahl ziviler Opfer, für die sie mindestens verantwortlich ist - Death in the City, Airwars.org, Mai 2018</em><br />
</div><br />
Die verdienstvolle britische Initiative bemüht sich um Objektivität, übernimmt jedoch beim Blick auf den Krieg in Syrien zum großen Teil die westliche Sichtweise. So wird das militärische Eingreifen Russlands in Syrien generell wesentlich kritischer gesehen als das der NATO-Staaten. Während Airwars sich auch auf syrische oppositionelle Quellen, wie das Syrian Network for Human Rights, das Violation Documentation Center (VDC) und die berüchtigten „Weißhelme“ stützt,<a href="#_edn3" name="_ednref3" title="" >[3]</a> werden andere regionale Quellen, wie beispielsweise russische und iranische Medien, nicht berücksichtigt. Nur dort gemeldete Opfer finden daher keinen Eingang in ihre Datenbank, nicht einmal in ihrer Kategorie „schwach belegt“ (s. Ossietzky 25/2016).<a href="#_edn4" name="_ednref4" title="" >[4]</a><a name="OLE_LINK10" class="mce-item-anchor"></a><br />
Durch die unterschiedliche Quellenlage dürfte der Prozentsatz der von Airwars erfassten Opfer bei Angriffen der US-Allianz deutlich niedriger liegen als bei syrischen und russischen. Dennoch kommt die Initiative in ihrer Untersuchung zum Ergebnis, dass die Angriffe der russischen Luftwaffe in Aleppo und Ost-Ghuta nicht mehr zivile Opfer gefordert haben als die der Allianz. Setzt man ihre Zahl jeweils in Beziehung zur Zahl der Angriffe und der Menge und Sprengkraft der eingesetzten Munition, so zeige sich in allen Fällen eindeutig, dass die Zahl der dabei getöteten Zivilisten hauptsächlich von der Intensität des Bombardements und der Bevölkerungsdichte im Zielgebiet abhängt.<br />
<br />
<div align="center">
<img src="https://jgnachgetragen.files.wordpress.com/2018/12/Munition-used-civilian-deaths-Raqqa-Airwars.jpg" alt="In Raqqa eingesetzte Munition und Zahl der Ziviltoten (Airwars)" width="560" height="304" /><br />
<em>Auch in Raqqa stellte Airwars einen engen Zusammenhang fest, zwischen der Menge an Bomben und Raketen, die von der US-Allianz vom März bis Oktober 2017 auf Raqqa abgefeuert wurde und der Anzahl ziviler Opfer, für die sie mindestens verantwortlich ist – Death in the City, Airwars.org, Mai 2018<br /></em><br />
</div><br />
<b>„Einkreisen und Auslöschen“ ‒ die Eskalation des Luftkrieges gegen den Daesch<b> </b></b><br />
<br />
Man benötigt wenig Phantasie, um dies zu erklären. Was nützt eine Zielgenauigkeit von zehn Metern, wenn Bomben mit 500 Kilogramm Sprengstoff oder mehr auf enge Viertel wie die Altstadt von Mossul abgeworfen werden, wo jede Bombe mehrere Gebäude zum Einsturz bringen kann. Was nützt die beste Zielgenauigkeit, wenn keine Informationen vorliegen, wo sich wie viele Zivilisten aufhalten. Mit Luftaufklärung allein, auf die sich die US-Allianz nahezu ausschließlich stützen musste, lassen sich militärische Ziele nicht zweifelsfrei ausmachen und noch weniger die Zahl der Menschen, die sich in diesen oder in angrenzenden Gebäuden aufhalten ‒ selbst wenn dies tatsächlich von Interesse gewesen wäre.<a href="#_edn5" name="_ednref5" title="" >[5]</a> Daran bestehen jedoch starke Zweifel. Um die Verluste der eigenen Seite zu minimieren, waren bereits unter US-Präsident Barack Obama die Einsatzregeln für die US-Luftwaffe gelockert worden. [Die Entscheidung über Luftangriffe wurde zunehmend auf lokale Kommandeure verlagert. Diese konnten nun schon sogenannte Luftunterstützung anfordern, wenn aus einem Gebäude auf sie gefeuert wurde.<a href="#_edn6" name="_ednref6" title="" >[6]</a> Die Trump-Regierung eskalierte im Mai 2017 die rücksichtslose Kriegsführung noch weiter, in dem sie das „Einkreisen und Auslöschen“ des Daesch als neue Taktik anordnete. Die Rückkehr der in seinen Reihen kämpfenden Ausländer in die USA oder nach Europa sollte durch das Töten möglichst vieler Daesch-Mitglieder vor Ort verhindert werden.<br />
<br />
<b>Raqqa ‒ präzise Angriffe, verheerender Blutzoll </b> <br />
<br />
Es ist daher dreist, wenn Sprecher der US-Streitkräfte behaupten, die Präzision ihrer Angriffe hätte es erlaubt, den IS mit geringen zivilen Opfern aus Raqqa zu vertreiben. Diese Behauptung wurde von westlichen Medien kritiklos wiedergegeben, obwohl sie, wie eine zweiwöchige Recherche von Amnesty International (AI) vor Ort zeigt, nicht einmal einer oberflächlichen Betrachtung standhält. Das AI-Team untersuchte anhand des Schicksals von vier Großfamilien exemplarisch die tödlichen Folgen der „präzisen“ Angriffe und überschrieb ihren Bericht mit „‘Vernichtungskrieg‘: Verheerender Blutzoll für die Zivilbevölkerung“. Am eindringlichsten beschreibt der Fall der Familie Badran das Grauen, das die verbliebene Bevölkerung in der einst 400.000 Einwohner zählenden Stadt erleiden musste. 39 Familienmitglieder und zehn Nachbarn waren durch vier verschiedene Luftangriffe auf die Gebäude getötet worden, in denen sie Schutz gesucht hatten, „als sie von Ort zu Ort flohen, verzweifelt bemüht, den sich schnell verlagernden Frontlinien auszuweichen“. Die anderen drei Familien hatten 42 Todesopfer zu beklagen, 33 davon ebenfalls durch Luftangriffe, die ihre Häuser in Schutt und Asche legten. Sieben starben durch Minen des Daesch, als sie dem Inferno entfliehen wollten und zwei durch Mörsergranaten, abgefeuert wahrscheinlich von den hauptsächlich aus syrisch-kurdischen Kämpfern bestehenden Bodentruppen der Allianz. Keines der getroffenen Gebäude hatte übereinstimmenden Zeugenaussagen zufolge zu diesem Zeitpunkt Kämpfer beherbergt, nichts an ihnen ließ sie, soweit das AI-Team es noch beurteilen konnte, als militärisches Ziel erscheinen. <a href="#_edn7" name="_ednref7" title="" >[7]</a><br />
Airwars zählte insgesamt 1.300 sichere und 3.200 mögliche zivile Opfer der US-Angriffe. Die tatsächliche Zahl ist, so auch die Initiative selbst, sicherlich wesentlich höher.<br />
<br />
<b>Mossul ‒ über zwanzigtausend Zivilisten von Luftangriffen der NATO getötet</b><br />
<br />
Auch beim Sturm auf Mossul liegen Dichtung und Wahrheit weit auseinander. Konfrontiert mit Berichten über zivile Opfer der US-Armee und ihrer Verbündeten, verstieg sich US-Verteidigungsminister James Mattis im August 2017, kurz nach der Rückeroberung Mossuls, zur Behauptung, es habe noch „kein Militär in der Weltgeschichte“ gegeben, „das mehr Wert darauf gelegt hat, zivile Opfer und den Tod von Unschuldigen auf dem Schlachtfeld zu begrenzen“.<a href="#_edn8" name="_ednref8" title="" >[8]</a><br />
326 zivile Opfer eigener Angriffe räumt die US-Allianz mittlerweile selbst ein. Einer repräsentativen Studie vor Ort zufolge, die im Mai 2018 in der renommierten Fachzeitschrift PLOS Medicine veröffentlicht wurde, muss vom Sechzigfachen ausgegangen werden. Die Gesamtzahl der im Zuge der Kämpfe um die Stadt Getöteten liegt demnach in der Größenordnung von 90.000, darunter 33.000 Frauen und Mädchen. Ungefähr vierzig Prozent der Toten kamen den Angaben der Überlebenden zufolge bei Luftangriffen ums Leben. Da vermutlich die meisten Frauen und eine ebenso große Zahl von Männern keine Kämpferinnen beziehungsweise Kämpfer waren, muss man davon ausgehen, dass die Luftwaffen der USA, Frankreichs und Großbritannien, die ‒ unterstützt von der Bundeswehr ‒ fast alle Angriffe flogen, für den Tod von mehr als 20.000 Zivilisten verantwortlich sind (mehr dazu in Ossietzky 18/2018).<br />
<br />
Neben völliger Rücksichtslosigkeit sind auch fehlende Fluchtmöglichkeiten für die hohe Zahl von Opfern mitverantwortlich. Während sich die syrische und russische Führung stets um Fluchtkorridore bemühten, hatte die US-geführte Allianz Flugblätter abgeworfen, in denen die Bevölkerung zum Bleiben aufgefordert wurde. Eingeschlossen durch die Front der angreifenden Bodentruppen und bedroht vom Daesch blieben so bis zum Schluss Hunderttausende eingeschlossen. <br />
[Zu Beginn der Offensive auf West-Mossul lebten dort noch mit Sicherheit über 800.000 Menschen. Den Daten der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zufolge, hatten bis Mitte Juni erst knapp 400.000 von ihnen die Stadt verlassen, viele wohl erst, nachdem ihre Viertel von Regierungstruppen eingenommen worden waren. Weitere 400.000 konnten erst in den allerletzten Tagen dem Inferno entrinnen. <a href="#_edn9" name="_ednref9" title="" >[9]</a><br />
<br />
<img src="https://jgnachgetragen.files.wordpress.com/2018/12/Population-Movements-Timeline-during-Mosul-Crisis-IOM.png" alt="Zeitliche Entwicklung der Flüchtlingszahlen während der Mossul-Offensive - IOM, Iraq Mission, July 2017" width="640" height="310" /><br />
<span style="color: #808080;"><em>Zeitliche Entwicklung der Flüchtlingszahlen während der Mossul-Offensive - IOM, Iraq Mission, July 2017</em></span><br />
<br />
Die hellblaue Linie gibt die Entwicklung der Gesamtzahl der Menschen wieder die aus Mosul flohen (als IDP, d.h. interne Vertriebene bezeichnet), die dunkelblaue die Zahl der zurückgekehrten und die rote Linie die derjenigen, die zum angegeben Zeitpunkt noch vertrieben waren.<br />
<br />
Die folgende Grafik zeigt die letzte Phase der Offensive genauer<br />
<br />
<img src="https://jgnachgetragen.files.wordpress.com/2018/12/Population-Movements-Timeline-during-Mosul-Crisis-Phase-3-IOM.png" alt="Entwicklung der Flüchtlingszahlen während der letzten Phase der Mossul-Offensive - IOM, Iraq Mission, July 2017" width="640" height="216" /><br />
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<span style="color: #808080;"><em>Entwicklung der Flüchtlingszahlen während der letzten Phase der Mossul-Offensive - IOM, Iraq Mission, July 2017</em></span><br />
]<br />
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<b>Verheerender als Ost-Aleppo und Ost-Ghuta</b><br />
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Obwohl auch in Ost-Aleppo die dschihadistischen Milizen die Flucht der Zivilbevölkerung aus den von ihnen kontrollierten Vierteln mit Gewalt zu verhindern suchten, befanden sich dort zu Beginn der Offensive nach Schätzungen der UNO noch 250.000 von ursprünglich mehr als einer Million Bewohner (<a href="https://www.irinnews.org/analysis/2017/04/12/eastern-aleppo-under-al-assad">Eastern Aleppo under al-Assad</a>, Irin News, 12.4.2017). Am Ende waren es noch knapp 90.000. 36.000 von ihnen ließen sich schließlich mit den Kämpfern evakuieren. (<a href="https://reliefweb.int/report/syrian-arab-republic/syrian-arab-republic-aleppo-situation-report-no-13-12-january-2017-enar">Syrian Arab Republic: Aleppo Situation Report No. 13</a>, UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs OCHA, 12.1.2017) Allein dadurch, dass die meisten Bewohner das Kampfgebiet rasch verlassen konnten, blieb die Zahl der Opfer um vieles geringer als in Mossul oder Raqqa.<br />
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<img src="https://jgnachgetragen.files.wordpress.com/2019/01/alleged-russian-civilian-casualty-incidents-in-aleppo-sept.-dec.-2016-airwars.jpg" alt="Alledged Russian Civilian casualty incidents in Aleppo Sept. - Dec. 2016 (Airwars) x" width="300" height="228" />
<br /><em><strong>Anzahl mutmaßlich russischer Angriffe mit zivilen Opfern in Aleppo</strong><br />
Death in the City, Airwars.org, Mai 2018</em><br />
<br />
Selbstverständlich forderte auch der Einsatz schwerer Waffen gegen Ziele in städtischen Gebieten durch die syrischen und russischen Streitkräfte viele Opfer. Da in Aleppo und anderen zurückeroberten Städten keine Mortalitätsstudien wie in Mossul durchgeführt wurden, kann man die Zahlen der Opfer der dortigen Offensiven kaum schätzen und vergleichen. Durch die Auswertung von Meldungen der Medien, Krankenhäuser und lokalen Beobachter kann man stets nur einen kleinen Teil der Getöteten erfassen. Dieser ist umso geringer, je heftiger die Kämpfe sind. So konnte Airwars in Mossul nur 9.000 Tote erfassen, ein Zehntel der Zahl, die die PLOS-Studie nahelegt. Ein solch geringer Anteil ist, wie die IPPNW-Studie „‚Body Count‘ ‒ Opferzahlen nach 10 Jahren ‚Krieg gegen den Terror‘“ zeigt, in Kriegssituationen durchaus typisch.<br />
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<img src="https://jgnachgetragen.files.wordpress.com/2019/01/alleged-russia-casualities-events-in-eastern-ghouta-january-march-2018-airwars-x.jpg" alt="Alleged Russia Casualities events in Eastern Ghouta, January - March 2018 (Airwars)-x" width="300" height="290" />
<br /><strong>Anzahl mutmaßlich russischer Angriffe mit zivilen Opfern in Ost-Ghutaa</strong><br />
<em>Death in the City, Airwars.org, Mai 2018</em><br />
<br />
Vergleicht man jedoch das Ausmaß der Zerstörungen, so wird deutlich, dass die Feldzüge der US-geführten Koalition wesentlich verheerender sind als die der syrischen und russischen Streitkräfte. Besonders in West-Mossul und Raqqa übersteigt das Ausmaß an Zerstörung nach übereinstimmenden Einschätzungen von UN-Missionen, Menschenrechtsorganisationen und Journalisten alles, was wir seit dem Vietnamkrieg gesehen haben.<br />
<br />
Im Westen Mossuls wurden nahezu 80 Prozent aller Gebäude zerstört oder schwer beschädigt. Video-Aufnahmen und Fotos zeigen westlich des Tigris eine einzige Trümmerlandschaft. [Durch Luftangriffe zerstört wurden nach Angaben irakischer Behörden auch 80 Prozent der medizinischen Einrichtungen der Stadt, darunter das größte Gesundheitszentrum des gesamten Gouvernement Ninive, das mehrere Krankenhäuser, eine medizinische Schule und zahlreiche Labors beherbergte.<a href="#_edn10" name="_ednref10" title="" >[10]</a> ]<br />
<br />
Die Verwüstungen in Raqqa werden sogar als noch umfassender eingeschätzt. Während in Mossul „nur“ der Westen in ein Trümmerfeld verwandelt wurde, hat die Rückeroberung Raqqas UN-Vertretern zufolge 80 Prozent der gesamten, einst 400.000 Einwohner zählenden Stadt unbewohnbar gemacht. Die Zerstörungen, die die USA, Großbritannien und Frankreich Raqqa zugefügt haben, seien „die schlimmsten seit Jahrzehnten“, so Amnesty International. <a href="#_edn11" name="_ednref11" title="" >[11]</a><br />
„Wenn Bomben eingesetzt werden, die groß genug sind, um ganze Gebäude zu zerstören, sowie Artilleriewaffen mit großflächiger Wirkung, sind jegliche Behauptungen, zivile Verluste minimiert zu haben, unhaltbar“, so Donatella Rovera, Krisenbeauftragte bei AI. <a href="#_edn12" name="_ednref12" title="" >[12]</a><br />
<i>„Die brutale Herrschaft des IS und dessen Missbrauch von Zivilist*innen als menschliche Schutzschilde entbindet die Koalition nicht von ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung, die Zivilbevölkerung so weit wie möglich zu schützen. Was die Stadt in Ruinen legte und so viele Tote und Verletzte forderte, war der fortgesetzte Beschuss von Wohngebieten im Wissen darum, dass die Zivilbevölkerung dort eingeschlossen war. Auch Präzisionsgeschosse können nur so präzise sein wie die Wahl des Ziels</i>“<a href="#_edn13" name="_ednref13" title="" >[13]</a><br />
Ost-Aleppo erlitt im Zuge seiner Befreiung ebenfalls großflächige Verwüstungen, jedoch bei weitem nicht in dem Ausmaß wie Mossul und Raqqa. Nach Einschätzung der UNESCO waren nach Ende der vier Jahre andauernden Kämpfe 60 Prozent der Altstadt, durch die die Front verlief, schwer beschädigt und bis zu 30 Prozent völlig zerstört. Ein erheblicher Teil der Schäden wurde allerdings bereits im Sommer 2012 beim Eindringen der islamistischen Milizen verursacht.<br />
<br />
[Entgegen dem Bild in den Medien und im Unterschied zu Mossul und Raqqa waren in Aleppo die meisten während der Rückeroberung entstanden Schäden den Beobachtungen des schwedischen Konfliktforschers Jan Oberg zufolge, der die befreiten Gebiete nach Abzug der Milizen in Augenschein nahm, während der Straßenkämpfe entstanden. Er schätzt, dass höchsten zehn Prozent der Zerstörungen auf das Konto von Luftangriffen gehen.<a href="#_edn14" name="_ednref14" title="" >[14]</a> ]<br />
<br />
Die syrische und russische Führung bemühte sich bei der Rückeroberung von Städten stets, durch Verhandlungen Entscheidungsschlachten in urbanen Zentren bis zum letzten gegnerischen Kämpfer zu vermeiden, indem sie allen Straffreiheit anboten, die bereit waren, ihre Waffen abzugeben, und freien Abzug für die, die nicht aufgeben wollten. Von Seiten der US-Allianz gab es hingegen keine entsprechenden Anstrengungen ‒ mit den zu erwartenden Folgen.<br />
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<b>Wiederaufbau in Aleppo ‒ Westmossul bleibt „fast eine Totenstadt“</b><br />
<br />
Der Wiederaufbau Ost-Aleppos geht trotz knapper Ressourcen des kriegsgebeutelten Landes und eines umfassenden Embargos durch die westlichen Staaten voran. Das Ende der Kämpfe hat bis Dezember 2017 bereits rund 500.000 aus Aleppo geflohene Einwohner zur Rückkehr bewegt. Über 300.000 wechselten auch wieder in den Ostteil. <a href="#_edn15" name="_ednref15" title="" >[15]</a><br />
Die Lage in Mossul hingegen sieht nach wie vor düster aus. Etwas mehr als die Hälfte der Flüchtlinge ist zurückgekehrt, die meisten drängen sich im nicht so stark verwüsteten Ostteil der Stadt.<a href="#_edn16" name="_ednref16" title="" >[16]</a> Der Westen sei noch „fast eine Totenstadt“, so der aus Mossul stammende Dominikanerpater Michaeel Najeeb. „Da findet man kaum ein Haus, das noch aufrecht stünde.“ Hollywood-Star Angelina Jolie, die als Sondergesandter des Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR) Mossul ein Jahr nach der Rückeroberung besuchte, sprach von der „schlimmsten Verwüstung“, die sie in ihren 17 Jahren als Vertreterin der UN-Organisation gesehen habe. Die Straßen der Altstadt von Mosul liegen immer noch in Trümmern, und der Gestank zerfallener Leichen liegt noch in der Luft. <a href="#_edn17" name="_ednref17" title="" >[17]</a>„Auch ein Jahr nach der Befreiung ist Mossul kein Ort zum Leben“, berichtete Oxfam im Juli des Jahres, als die Hilfsorganisation sich bemühte, die bisher 130.000 Rückkehrer mit fließendem Wasser zu versorgen.<a href="#_edn18" name="_ednref18" title="" >[18]</a><br />
<b>Westliche Allianz: strategische Interessen vor Rücksicht auf Bevölkerung</b> <br />
<br />
Der Krieg der US-Allianz in Syrien und Irak, an dem Deutschland aktiv beteiligt ist, ist nicht nur brutal und rücksichtslos, er ist vielerorts auch mutwillig. Die syrische Streitkräfte und ihre russischen Verbündeten, die es mit Gegnern zu tun haben, die von außen ausgerüstet und unterstützt werden, haben kaum Alternativen zu einem militärischen Vorgehen, wollen sie das Land aus den Händen von Al Qaida & Co. befreien und den von dort Vertriebenen die Rückkehr ermöglichen.<br />
<br />
Da der Daesch sich nur so lange halten konnte, weil er nach wie vor Unterstützung – direkt oder indirekt – von den arabischen Golfmonarchien, der Türkei und anderen NATO-Staaten erhält, hätte es nahegelegen, ihn zunächst durch effektives Abschneiden vom Nachschub auszutrocknen. Durch politische Zugeständnisse an die mehrheitlich sunnitische Bevölkerung in Mossul hätten hier gute Chancen bestanden, dass sie sich gegen die Dschihadisten gewandt hätten.<br />
<br />
Vor keiner der Offensiven gegen die vom Daesch kontrollierten Städte wurden Alternativen zur „Befreiung durch Zerstörung“ auch nur diskutiert. Diesen ging es offensichtlich nicht um das Los der unter der Herrschaft der Dschihadisten leidenden Bevölkerung. Die fürchterlichen Verbrechen an den Städten und ihren Bewohnern wurden aus völlig eigennützigen Interessen begangen: Schutz des Westens selbst vor den fanatischen Kämpfern, die Ausweitung der eigenen militärischen Präsenz und die Besetzung syrischen Territoriums.]<br />
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<hr width="33%" size="1" align="left" />
<div id="edn1">
<a title="" href="#_ednref1" name="_edn1" >[1]</a> <a href="http://data.parliament.uk/writtenevidence/committeeevidence.svc/evidencedocument/defence-committee/uk-military-operations-in-mosul-and-raqqa/oral/82916.html" >UK Military Operations in Mosul and Raqqa - Oral evidence</a> - Major-General Jones, Air Vice-Marshal Johnny Stringer, HC 999, Defence Committee, 15.5.2018<br />
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</div>
<div id="edn2">
<a title="" href="#_ednref2" name="_edn2" >[2]</a> <a href="https://airwars.org/wp-content/uploads/2018/05/Airwars-Death-in-the-City-web.pdf" >Death in the city: High levels of civilian harm in modern urban warfare from explosive weapons</a>, Airwars.org. Mai 2018<br />
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</div>
<div id="edn3">
<a title="" href="#_ednref3" name="_edn3" >[3]</a> Airwars - Our methodology, <a href="https://airwars.org/methodology/" >https://airwars.org/methodology/</a><br />
</div>
<div id="edn4">
<a title="" href="#_ednref4" name="_edn4" >[4]</a> <a href="http://jghd.twoday.net/stories/fortgesetzte-vertuschung-zivile-opfer-im-luftkrieg-der-us-allianz-in-s/http:/www.ossietzky.net/25-2016&textfile=3768" >Fortgesetzte Vertuschung – zivile Opfer im Luftkrieg der US-Allianz in Syrien und Irak</a>, Ossietzky 25/2016<br />
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</div>
<div id="edn5">
<a title="" href="#_ednref5" name="_edn5" >[5]</a> mehr dazu unter Joachim <a href="https://jg-nachgetragen.blog/2016/11/22/gute-islamisten-schlechte-islamisten-mossul-und-aleppo-ein-lehrstueck-1022596832/" >Guilliard, Gute Islamisten, schlechte Islamisten</a>, junge Welt 14.11.2016<br />
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<div id="edn6">
<a title="" href="#_ednref6" name="_edn6" >[6]</a> <a href="http://www.usatoday.com/story/news/politics/2016/04/19/new-rules-allow-more-civilian-casualties-air-war-against-isil/83190812/" >New rules allow more civilian casualties in air war against ISIL</a>, USA TODAY, 19.4.2016<br />
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</div>
<div id="edn7">
<a title="" href="#_ednref7" name="_edn7" >[7]</a> <a href="https://www.amnesty.org/en/documents/mde24/8367/2018/en/" >‘War of annihilation’: Devastating Toll on Civilians, Raqqa – Syria</a>, Amnesty International, 5.6. 2018<br />
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</div>
<div id="edn8">
<a title="" href="#_ednref8" name="_edn8" >[8]</a> Zitiert nach <a href="https://airwars.org/wp-content/uploads/2018/05/Airwars-Death-in-the-City-web.pdf" >Death in the city: High levels of civilian harm in modern urban warfare from explosive weapons</a>, Airwars.org. Mai 2018.<br />
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</div>
<div id="edn9">
<a title="" href="#_ednref9" name="_edn9" >[9]</a> <a href="http://iraqdtm.iom.int/Downloads/DTM%20Emergency%20Tracking/Mosul%20Crisis/0-%20Mosul%20Crisis%20Report/DTM%20ET%20Mosul%20Crisis%20Report%20July%202017.pdf" >Mosul Crisis Report Population movements analysis</a>, Displacement Tracking Matrix | DTM, IOM-Iraq Mission, July 2017. Gesamtzahl der Bewohner Mossuls, die vom 17.10.2016 bis 29.6.2017 aus der Stadt flohen: über 1 Mio, davon 800.000 zwischen 25. Februar und 29. Juni 2017<br />
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</div>
<div id="edn10">
<a title="" href="#_ednref10" name="_edn10" >[10]</a> <a href="https://www.bbc.co.uk/news/resources/idt-9d41ef6c-97c9-4953-ba43-284cc62ffdd0" >What's left of Mosul? - BBC News</a>, BBC, 9.8.2017 <br />
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</div>
<div id="edn11">
<a title="" href="#_ednref11" name="_edn11" >[11]</a> <a href="https://www.independent.co.uk/news/world/middle-east/us-coalition-raqqa-isis-civilian-deaths-amnesty-international-report-uk-france-a8383416.html" >US, UK and France 'inflicted worst destruction in decades on Raqqa', report claims </a><br />
<em>'More artillery shells were launched into Raqqa than anywhere since the end of the Vietnam war' says Amnesty International</em>, The Independent, 5.6.2018<br />
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</div>
<div id="edn12">
<a title="" href="#_ednref12" name="_edn12" >[12]</a> Donatella Rovera and Benjamin Walsby, <a href="http://www.theguardian.com/commentisfree/2018/jun/05/british-us-airstrikes-raqqa-civilians-killed" >‘Precision’ airstrikes kill civilians. In Raqqa we saw the devastation for ourselves</a>, Guardian, 5.6.2018<br />
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</div>
<div id="edn13">
<a title="" href="#_ednref13" name="_edn13" >[13]</a> <a href="https://www.amnesty.at/presse/syrien-vernichtungskrieg-gegen-is-in-rakka/" ></a><a href="https://www.amnesty.org/en/documents/mde24/8367/2018/en/" >‘War of annihilation’ ...</a><a href="https://www.amnesty.at/presse/syrien-vernichtungskrieg-gegen-is-in-rakka/" >, a.a.O zit, nach dt. PM: Syrien: „Vernichtungskrieg“ gegen IS in Raqqa</a> ‒ Umfangreiche Untersuchungen belegen Hunderte Tote unter Zivilist*innen, Amnesty International, 5.6.2018<br />
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</div>
<div id="edn14">
<a title="" href="#_ednref14" name="_edn14" >[14]</a> Jan Oberg, <a href="https://janoberg.exposure.co/the-destruction-of-eastern-aleppo-syria" >The destruction of Eastern Aleppo, Syria December 2016</a>, 25.12.2016<br />
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</div>
<div id="edn15">
<a title="" href="#_ednref15" name="_edn15" >[15]</a> <a href="https://www.irishtimes.com/news/world/middle-east/aleppo-rebuilds-itself-from-destruction-of-war-1.3267526" >"Aleppo rebuilds itself from destruction of war"</a>. Irish Times, 25.10.2017<br />
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</div>
<div id="edn16">
<a title="" href="#_ednref16" name="_edn16" >[16]</a> <a href="http://iraqdtm.iom.int/LastDTMRound/IOM%20RWG%20SI%20Categorizing%20Protracted%20Displacement%20in%20Iraq_November%202018.pdf" >Categorizing Protracted Displacement in Iraq_November 2018</a>, IOM, November 2018 <br />
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</div>
<div id="edn17">
<a title="" href="#_ednref17" name="_edn17" >[17]</a> <a href="https://www.rt.com/news/429995-jolie-mosul-devastation-bodies/" >‘You can smell the bodies’: Angelina Jolie in Mosul one year after ‘liberation’ by US-led coalition</a>, RT: 17.6.2018<br />
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<div id="edn18">
<a title="" href="#_ednref18" name="_edn18" >[18]</a> <a href="https://www.epo.de/index.php?option=com_content&view=article&id=14762:irak-auch-ein-jahr-nach-der-befreiung-ist-mossul-kein-ort-zum-leben&catid=30&Itemid=72" >Irak Auch ein Jahr nach der Befreiung ist Mossul kein Ort zum Leben</a>, Oxfam, 9.7.2018<br />
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</div>
JGuilliard
Nahost
Copyright © 2018 JGuilliard
2018-12-24T12:23:00Z
-
Syrien, die Kurden und eine verkürzte Solidarität
https://jghd.twoday.net/stories/syrien-die-kurden-und-eine-verkuerzte-solidaritaet/
Die Verurteilung des türkischen Überfalls auf den nordsyrischen Kanton Afrin als völkerrechtswidrigen Angriffskrieg ist innerhalb der Linken unstrittig. Proteste gegen eine solche Aggression, die zum guten Teil mit deutschen Waffen durchgeführt wurde, waren selbstverständlich richtig und wichtig. Doch warum nur hier? Warum werden nur hier die als „Freie Syrische Armee“ firmierenden Kampfverbände klar als dschihadistische Mörderbanden charakterisiert, die die Bevölkerung terrorisieren und ein reaktionäres salafistisches Regime errichten wollen? Waren doch genau damit auch zahlreiche andere Gegenden – von Homs und Hama bis Ost-Ghuta und Aleppo ‒ seit Beginn des Krieges konfrontiert und sind es z.T. heute noch. Verdienen Assyrer, Drusen, Araber etc. keine Solidarität, wenn ihre Dörfer von islamistischen Milizen verwüstet werden? Wo bleibt der breite Protest gegen das westliche Embargo, das von Deutschland mitgetragen wird und für die gesamte Bevölkerung verheerend ist?<br />
<br />
Bis zu einem gewissen Grad ist es verständlich, dass man sich stärker mit einer Bewegung solidarisiert, mit der man sich politisch identifizieren kann. Und die von der syrisch-kurdischen Bewegung geschaffenen autonomen Strukturen haben in der Tat sympathische Züge. Inwiefern diese dabei auch idealisiert werden, wenn z.B. der Eindruck erweckt wird, sie hätte die gesamte Bevölkerung hinter sich und in den basisdemokratisch verwalteten, mehrheitlich kurdischen Gebieten sei die Klassengesellschaft überwunden, sei einmal dahingestellt. [Es gibt jedoch viele Berichte von Menschenrechtsorganisation, Journalisten und Flüchtlingen, die darauf hinweisen, dass die von der dominierenden kurdischen „Partei der Demokratischen Union“ (PYD) und den von ihr geführten Milizen, den Volksverteidigungskräfte (YPG bzw. YPJ) vorangetriebene Entwicklung von den Kurden nicht so einhellig mitgetragen wird, wie es meist dargestellt wird.]<br />
<br />
Die Fokussierung auf „Rojava“ und die Betrachtung durch die kurdische Brille führt jedoch auch zu gravierenden Fehleinschätzungen bzgl. Entwicklungen und treibenden Kräften in der Region.<br />
<br />
So stehen PYD/YPG wie ihre Anhänger, enttäuscht über die russische Zurückhaltung beim türkischen Einmarsch in Afrin, mittlerweile Russland besonders feindselig gegenüber. Viele leiten daraus die These ab, Moskau hätte – wie die USA und die EU ‒ Ankara im Vorfeld „Stillhalten signalisiert“.<br />
<br />
Auch Murat Çakir vertritt in den letzten Marxistischen Blättern diese These und sieht mittlerweile den Krieg in und gegen Syrien als einen imperialistischen Stellvertreterkrieg von im Grunde gleichartigen Kontrahenten. [Für Leo Mayer steht Russland dabei sogar an erster Stelle.<a href="#_edn1" name="_ednref1" title="">[1]</a> Im Gegenzug zum tolerierten türkischen Einmarsch, so Mayer, „dürfen Russland und das russische Marionettenregime in Damaskus die islamistischen Banden aus Ost-Ghouta vertreiben und dabei die Zivilbevölkerung massakrieren.“ Seine Kritik an NATO und EU fällt dagegen milde aus: ihnen wirft er nur vor, die türkische Invasion zu tolerieren und z.T. durch Waffenlieferung zu unterstützen.]<br />
<br />
Analog zu den Stellungnahmen von kurdischer Seite möchte Murat Çakir nicht die kurdischen Autonomie- bzw. Unabhängigkeitsbestrebungen als Hauptmotiv Ankaras gewertet wissen, sondern die Vernichtung der „Errungenschaften der demokratischen Revolution“. „Die Vergesellschaftung natürlicher Ressourcen“ könne „weder von den USA und der EU, noch von Russland, Iran und dem Assad-Regime akzeptiert werden.“<br />
<br />
Wie realistisch ein „nichtkapitalistischer Entwicklungsweg“ unter den gegeben Bedingungen tatsächlich ist, sei dahingestellt. Sicherlich macht die ideologische Ausrichtung der PYD und YPG sie für keine der im Syrienkrieg involvierten Mächte, zu bevorzugten Bündnispartnern. Wer die kurdische Seite aber nicht als eine von vielen Parteien im Konflikt sehen will, ignoriert die gravierend konfliktverschärfende Rolle der kurdischen Unabhängigkeitsbestrebungen.<br />
<br />
<b>Vermittlung in Afrin an kurdischer Kompromisslosigkeit gescheitert</b><br />
<br />
Auch wenn das Erdogan-Regime eventuell schon länger mit einer Besetzung des Kantons geliebäugelt hat, gilt dies auch für den Überfall auf Afrin. Als nach der Ankündigung Washingtons, im Nordosten Syriens eine zum großen Teil aus Kurden bestehende Grenztruppe“ aufzubauen, die türkische Regierung angekündigt hatte, die kurdische Provinz im Westen Syriens zu besetzen, hatte sich die russische Führung intensiv um eine politische Lösung bemüht. Es hätte eine reale Chance gegeben, die türkische Aggression zu verhindern, wenn die von der PYD dominierte kurdische Selbstverwaltung Afrins auf die Vermittlungsvorschläge von russischer Seite eingegangen wäre. Diese sahen vor, die Grenzsicherung vollständig der syrischen Armee zu übertragen und durch Stationierung syrischer und russischer Truppen an der Grenze zur Türkei einen Puffer zu schaffen. Die türkische Regierung hatte signalisiert, sich damit zufrieden zu geben.<a href="#_edn2" name="_ednref2" title="">[2]</a><br />
<br />
Eine solche Übereinkunft hätte den YPG weiterhin die militärische Kontrolle über den Rest der Provinz überlassen und die kurdische Selbstverwaltung nicht angetastet. Sie hätte aber die formelle Anerkennung der Hoheit der Zentralregierung über die Provinz bedeutet. Zudem hatte Damaskus die Räumung der besetzten Ölquellen in Ostsyrien verlangt, die zukünftig wieder dem gesamten Land zu Gute kommen sollen. Die Kurden lehnten aber, wie schon im Sommer 2017, das Angebot der militärischen Unterstützung durch die syrische Armee mit deutlichen Worten ab: „Wir haben das nicht akzeptiert, und wir werden unsere Territorien nicht aufgeben. Wir werden alle unsere Gebiete verteidigen,“ so Aldar Xelil von der kurdischen Selbstverwaltung Afrin. Die Äußerung Xelils zeigt, dass diese ungeachtet der offiziellen Bekenntnisse zur Einheit Syriens, ihren Kanton nicht mehr als Teil Syriens ansahen.<a href="#_edn3" name="_ednref3" title="">[3]</a><br />
<br />
Erst als türkische Truppen bereits in Afrin eingedrungen waren bat die Selbstverwaltung von Afrin Damaskus um militärischen Beistand und signalisierten die YPG Bereitschaft die syrische Armee zur türkischen Grenze ‒ zwischen die eigenen und türkischen Truppen ‒ vorstoßen lassen. Die Haltung auf kurdischer Seite blieb jedoch widersprüchlich. Während es <a href="https://uk.reuters.com/article/uk-mideast-crisis-syria-turkey-afrin/kurdish-run-afrin-region-calls-on-syrian-state-to-defend-border-against-turkey-idUKKBN1FE2R0">laut Reuters</a> auf der Webseite der Selbstverwaltung Afrins hieß: „Wir fordern den syrischen Staat auf, seinen Souveränitätsverpflichtungen gegenüber Afrin nachzukommen und seine Grenzen zur Türkei vor Angriffen der türkischen Besatzer zu schützen ... und die syrischen Streitkräfte zur Sicherung der Grenzen des Afrin-Gebietes zu entsenden“,<a href="#_edn4" name="_ednref4" title="">[4]</a> hieß es in einem <a href="https://www.jungewelt.de/artikel/326175.appell-an-damaskus.html">von der jungen Welt</a> zitierten Beistandsappell aus Afrin, dass nur Unterstützung durch die syrischen Luftwaffe gewünscht sei und keine Stationierung von Regierungstruppen.<a href="#_edn5" name="_ednref5" title="">[5]</a><br />
<br />
Ersteres war für die syrische Regierung keine Option, hätte dies doch den Beginn eines direkten Krieges mit der Türkei bedeutet, einem Krieg dem die syrischen Streitkräfte aktuell nicht gewachsen sind. Um eine direkte Konfrontation der syrischen mit der türkischen Armee zu vermeiden, entsandte sie auch später keine regulären Truppen zur Unterstützung der kurdischen Verteidiger, sondern verbündete Milizen.<br />
<br />
Auch Russland war unter diesen Umständen nicht bereit, sich den türkischen Truppen entgegenzustellen. Wenn nun häufig davon die Rede ist, Russland habe der türkischen Luftwaffe „den Luftraum“ geöffnet, so wird leichtfertig übersehen, dass dieser kein Tor hat, das die Russen einfach verschließen können. Die Abriegelung des Luftraums gegen einen zum Angriff entschlossenen Gegner muss ggbf. mit Kampfmaßnahmen durchgesetzt werden ‒ was in diesem Fall den Krieg mit einem NATO-Staat hätte einleiten können. Aus demselben Grund hat sich Russland bisher auch davor gehütet hat, sich Luft-Angriffen der USA oder Israels auf syrische und verbündete Kräfte entgegenzustellen.<br />
<br />
Es ist daher unlauter, wenn nun der russischen Regierung vorgeworfen wird, sie hätten die Kurden im Stich gelassen oder der Türkei grünes Licht für ihren Angriff gegeben. Dasselbe gilt für die Kritik Murat Çakirs am Beharren Russlands auf ein klares Bekenntnis der kurdischen Seite zur Einheit Syriens ‒ dies sollte eigentlich als Selbstverständlichkeit erscheinen und nicht als Erpressung.<br />
<br />
Doch nicht nur von ihm, auch von vielen anderen Linken, die sich mit der kurdischen Bewegung solidarisieren, wird leichtfertig ein gefährlicher Grad von Unabhängigkeit unterstützt, die die Einheit des Landes erheblich gefährden kann, wie z.B. die angestrebte Umwandlung Syriens in eine Konföderation recht selbständiger Einheiten. Ein breites »Bündnis für Frieden und Demokratie in Afrin«, das vom Bundesverband der Linksjugend [´solid] und der „Marxistische Linken“, über die „Interventionistische Linke“ bis zur „Regime Change“-Lobby-Gruppe „Adopt a Revolution“ reichte, in seinem Aufruf zu einer Solidaritätsdemonstration forderte sogar ausgerechnet die Bundesregierung, d.h. eine der Kriegsparteien, auf, bereits jetzt die mehrheitlich kurdischen Provinzen als „Demokratische Konföderation Nordsyriens“ anzuerkennen.<a href="#_edn6" name="_ednref6" title="">[6]</a><br />
<br />
<b>„Konföderaler Ansatz“ zur „Dekonstuktion Syriens“ </b><br />
<br />
Eine „konföderale Struktur“ in Syrien gehört jedoch auch zu den Ansätzen, die seit langem in den westlichen Hauptstädten diskutiert wird. Detailliert wird sie z.B. ausgeführt in einer mehrfach überarbeiteten Studie des einflussreichen US-amerikanischen „Brookings Institute“ mit dem Titel „Deconstructing Syria ‒ A confederal approach“.<a href="#_edn7" name="_ednref7" title="">[7]</a> Angesichts schwindender Aussichten auf einen „Regime Change“, zielt sie auf eine weitgehende Aufteilung des Landes. Die von der deutschen Bundesregierung finanzierte Stiftung für Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin untersuchte in ihrem Projekt „Die Fragmentierung Syriens“ ähnliche Ansätze.<a href="#_edn8" name="_ednref8" title="">[8]</a><br />
<br />
In einem an Bosnien angelehnten Konföderationsmodell sollen innerhalb der derzeitigen Grenzen des syrischen Staates selbständige Regionen entstehen, auf die die meisten Befugnisse eines Staates übertragen werden. Die USA und ihre Partner sollten dazu ihren lokalen Verbündeten helfen, die von ihnen kontrollierten Gebiete zu erweitern und darin Regierungen zu etablieren. Es würden dabei keine formalen „sicheren Häfen“ entstehen, Damaskus sollte aber unter Androhung von Vergeltungsmaßnahmen vor Angriffen auf diese Gebiete abgehalten werden. Im Gegenzug könne „<i>Assad oder seine engen Mitarbeiter innerhalb eines Sektors toleriert werden, der hauptsächlich aus Alawiten und Christen besteht.“</i><br />
<br />
Auch wenn der Verlust von Ost-Aleppo und der Ost-Ghuta aus dieser Sicht herbe Rückschläge für die NATO-Mächte darstellten, werden diese Ansätze von ihnen offensichtlich praktisch verfolgt. So haben die USA letztes Jahr begonnen, Expertenteams in den Osten Syriens zu senden, um in dem von der YPG und der US-Armee kontrollierten Territorium östlich des Euphrats die Wiederaufbauarbeit anzuleiten. Parallel dazu sollen sie die Bevölkerung „zivilgesellschaftlich“ schulen, neue Verwaltungs- und Justizstrukturen schaffen und neue Polizei- und Grenzschutztruppen aufbauen ‒ alle selbstverständlich ohne es mit der syrischen Regierung abzustimmen. Ähnlich gehen Deutschland, Frankreich und Großbritannien in der Provinz Idlib und anderen, noch von regierungsfeindlichen Milizen kontrollierten Gebieten vor.<a href="#_edn9" name="_ednref9" title="">[9]</a> Obwohl diese bekanntermaßen von dschihadistischen Gruppen dominiert werden, fließen die gesamten von Deutschland bereitgestellten Mittel für humanitäre Hilfe ausschließlich in dortige Projekte. Eine dauerhafte türkische Besetzung Afrins steht keineswegs im Widerspruch zu solchen Plänen.<br />
<br />
Schließlich weitet auch Israel mit Hilfe islamistischer Milizen im Süden des Landes, in Verlängerung der völkerrechtswidrig annektierten syrischen Golanhöhen eine Pufferzone auf syrischem Boden aus. <a href="#_edn10" name="_ednref10" title="">[10]</a><br />
<br />
<b>Dauerhafte Besatzung</b><br />
<br />
Wie das Protokoll einer Sitzung der von Washington gegründeten „Kleine Syriengruppe“ im Januar belegt, bei der Vertreter der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Saudi-Arabiens und Jordaniens über die Aufteilung Syriens berieten, soll vor allem das Territorium östlich des Euphrats dauerhaft vom Rest des Landes abgespalten werden.<br />
<br />
Dieses umfasste zunächst die von PYD und YPG kontrollierten mehrheitlich kurdischen Gebiete an der türkischen Grenze. Von hier stießen die überwiegend aus kurdischen Kampfverbänden bestehenden „syrischen demokratischen Kräfte“ (SDK) unter Führung des US-Militärs auf die IS-Hochburg Raqqa und nach deren Eroberung weiter bis an die südöstliche Grenze zum Irak vors. Dadurch gerieten auch weite nicht-kurdische Landstriche unter ihre Kontrolle und wurde ein Keil zwischen die syrische Armee und die noch vom IS besetzten Gebiete getrieben. Mittlerweile beherrschen die SDK und die US-Streitkräfte, die am Boden mindestens 2.0000 Angehörige von Spezialeinheiten im Einsatz haben, nahezu das gesamte Gebiet jenseits des Euphrats, ca. 30 Prozent des syrischen Territoriums.<br />
<br />
Hier befinden sich nicht nur die Kornkammer und die bedeutendsten Ölressourcen des Landes, von hier aus wird auch die Wasserversorgung Nordostsyriens gesteuert. 14 Dämme entlang des Euphrat und seiner Nebenflüsse stehen damit nun unter kurdischer und US-amerikanischer Kontrolle. Die USA haben auf diesem Gebiet bereits mindestens 13 Militärstützpunkte eingerichtet die den Zustrom der wachsenden Armee von zivilen Angestellten der US-Regierung, NGOs und Firmen flankieren, die Wiederaufbauprojekte im Wert von mehreren Hundert Millionen Dollar betreuen.<a href="#_edn11" name="_ednref11" title="">[11]</a><br />
<br />
US-Außenminister Rex Tillerson machte in einer Rede in der Stanford University klar, dass die USA ihre Truppen auf unbestimmte Zeit im Land lassen, d.h. insbesondere diesen Teil Syriens dauerhaft militärisch besetzen, wollen.<a href="#_edn12" name="_ednref12" title="">[12]</a> Seine Regierung wolle damit nicht nur den Sieg über den Islamischen Staat sichern, so Tillerson, sondern verhindern, dass die Assad-Regierung wieder die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium erringen könne. Sie würden nun dort, wo sie präsent sind, für den Aufbau einer „legitimer lokalen Zivilverwaltung“ sorgen, die eine verantwortungsvolle Regierungsgewalt über die befreiten Gebiete" ausüben. „Faktisch garantieren die USA damit die Existenz eines permanenten kurdischen Kleinstaates unter US-Schutz“, fasste der renommierte Nahost-Korrespondent des Independent, Patrick Cockburn die Pläne der Trump-Administration zusammen.<a href="#_edn13" name="_ednref13" title="">[13]</a><br />
<br />
Wie wenig später durchsickerte, will Washington zur weiteren Absicherung dieser Zone sukzessive eine 30.000 Mann starke „Syrische Grenzschutztruppe“ unter Führung der YPG aufbauen, die sowohl an den Grenzen zur Türkei und dem Irak stationiert werden soll, als auch entlang des Euphrats, der als Grenze zu den von der syrischen Regierung kontrollierten Gebieten vorgesehen ist.<a href="#_edn14" name="_ednref14" title="">[14]</a> [Diese wurde mit Blick auf die heftige Reaktion Ankaras darauf relativiert, im Haushalt von 2018 sind für Training und Bewaffnung solcher Einheiten jedoch 500 Millionen Dollar vorgesehen. Im Haushaltsentwurf für das Jahr 2019 ist zu lesen dass die USA letztes Jahr bereits 10.000 „syrische Oppositionskräfte“ (vetted syrian opposition forces, kurz VSO) im Sold hatten. Die Zahl soll bis Ende 2018 auf 60.000 bis 65.000 gesteigert werden. Die Hälfte dieser Söldner ist für den Kampf gegen den IS eingeplant, die andere zur Sicherung „befreiter Gebiete“.<a href="#_edn15" name="_ednref15" title="">[15]</a>]<br />
<br />
Tillerson wurde zwar inzwischen gefeuert und durch Mike Pompeo ersetzt, die Grundausrichtung der US-Politik in Syrien hat sich dadurch aber offensichtlich nicht geändert. So kündigte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Heather Nauert anläßlich einer neuen Offensive gegen IS-Stellungen an der irakischen Grenze an, dass die USA nicht nur sicherstellen wollen, dass die Dschihadisten keine Bedrohung mehr darstellen, sondern auch, dass „die vom IS befreiten Bevölkerungsgruppen nicht vom Assad-Regime oder seinen iranischen Unterstützern ausgebeutet werden“. Die Offensive war Berichten zufolge durch eine Vereinbarung der USA mit der Türkei ermöglicht worden, die zusicherte keinen Angriff auf die mehrheitlich kurdische Grenzstadt Manbdisch durchzuführen und so kurdische Verbände für Operationen im Süden freimachte.<br />
<br />
Die Ankündigung Trumps wiederum, möglichst bald die US-Streitkräfte am Boden zurückzuziehen, wurde sofort vom Pentagon-Chef James Mattis korrigiert, der unmissverständlich klar machte, dass die USA ihre Truppen in Syrien belassen und ihre Militärpräsenz noch ausbauen werden. Sie werden seit April dabei von Spezialkräften der französischen Armee, die bis zu 1000 Soldaten in Ostsyrien stationieren will.<a href="#_edn16" name="_ednref16" title="">[16]</a><br />
<br />
Mit regelmäßigen Angriffen der US-Luftwaffe auf Regierungstruppen, die östlich des Euphrats vorzustoßen suchen, demonstriert die US-Armee immer wieder ihren Willen, das besetzte Terrain militärisch zu verteidigen. Die gleichzeitigen häufigen Gefechte zwischen regierungsloyalen Kräften und SDK-Einheiten ‒ vor allem bei Deir Ezzor, dem Gebiet wo die wichtigsten Ölanlagen Syriens liegen ‒ belegen, dass die YPG hier nach wie vor mit den USA am gleichen Strang ziehen.<a href="#_edn17" name="_ednref17" title="">[17]</a><br />
<br />
<b>„Unabhängigkeit“ unter US-Hoheit?</b><br />
<br />
Indem sie im Bündnis mit den US-Streitkräften auf mehrheitlich arabisches Gebiet vordrangen, haben sich die YPG nicht nur zu Bodentruppen der USA machen lassen, sondern unterstützten faktisch auch die Besatzung eines großen Teil Syriens durch eine ausländische Macht. Solange die kurdischen „Volksverteidigungseinheiten“ die mehrheitlich kurdischen Provinzen gegen Dschihadisten verteidigten und eine Autonomie im Rahmen eines syrischen Staates anstrebten, konnten sie mit Akzeptanz im restlichen Syrien und Unterstützung Russlands rechnen. Mit der Abspaltung des Ostens im Bündnis mit einem Staat, der maßgeblich für den Krieg im Lande verantwortlich ist, stellen sich jedoch gegen die Interessen der Mehrheit des Landes.<a href="#_edn18" name="_ednref18" title="">[18]</a><br />
<br />
Murat Cakir, möchte jedoch wie Nick Brauns in der jungen Welt, die Zusammenarbeit der YPG mit der US-Armee nicht als „strategisches“ sondern als „taktisches Bündnis“ gewertet wissen.<a href="#_edn19" name="_ednref19" title="">[19]</a> Es sei nicht strategisch weil die Interessen divergieren würden, so Brauns [„Eine strategische Zusammenarbeit zwischen den USA und der kurdischen Freiheitsbewegung ist angesichts der antagonistischen Ideologien und langfristigen Ziele beider Seiten auch undenkbar.“]. Murat Cakir argumentiert ähnlich, indem er Rıza Altun, Mitglied des Exekutivrats der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) zitiert, der aufgrund der großen Widersprüche in den Zielen in Syrien nur die Möglichkeit einer „taktischen, konjunkturellen Beziehung“ zu Washington sieht. Altuns Aussagen würden belegen, dass die syrischen Kurden aufgrund des Fehlens ausreichender Unterstützung von außen „keine andere Alternative hatten, als taktische Allianzen mit unterschiedlichen Akteuren zu akzeptieren.“<br />
<br />
Wenn kurdische Organisationen jedoch Seite an Seite mit USA dafür kämpfen, einen großen Teil des Landes unabhängig von Damaskus zu halten, dann hat diese Zusammenarbeit einen deutlich anderen Charakter als die mit sonstigen Akteuren und ist sicherlich erheblich mehr als eine befristete taktische Allianz.<br />
<br />
Egal wie man es nennt, unterstützen sie letztlich dabei auch die Fortsetzung des Krieges. Den USA und ihren Verbündeten geht es beim Aufbau unabhängiger Gebiete sicherlich nicht um die kurdische Selbstbestimmung. Sie streben mit der damit vorangetriebenen Destruktion Syriens vor allem ein Zurückdrängen des russischen und iranischen Einflusses in der Region an.<br />
<br />
In dieser Hinsicht kann man sicherlich von einem Stellvertreterkrieg reden, man darf jedoch nicht alle beteiligten Mächte auf eine Stufe stellen. Schließlich sollten mittlerweile keine Zweifel mehr bestehen, dass der Krieg von den NATO-Mächten ihren arabischen Verbündeten angezettelt und angefeuert wurde, während sich die russische Regierung zunächst ausschließlich mit diplomatischen Mitteln bemühte, ihn zu stoppen. Es war nicht Russland, das den Krieg immer weiter eskalieren ließ, sondern die USA, die Türkei, Frankreich, Großbritannien, Deutschland und andere NATO-Staaten zusammen mit den arabischen Golfmonarchen.<br />
<br />
Das militärische Eingreifen Russlands erfolgte erst lange nach dem der US-geführten Allianz. Sie war eine Folge des Scheiterns der vielfältigen politischen Initiativen Moskaus zur Beendigung des Krieges und eine Reaktion auf das Vordringen vereinigter Milizverbände Richtung Westen des Landes. Dadurch entstand die reale Gefahr, dass auch Teile der bevölkerungsreichsten Regionen, in den auch die meisten Flüchtlinge Zuflucht gesucht hatten, in die Gewalt dschihadistischer Banden fallen und libysche Verhältnisse entstehen könnten.<br />
<br />
Sicherlich agiert auch Russland allein aus Eigeninteresse ‒ im Unterschied zu den imperialistischen NATO-Mächten jedoch rein defensiv und im Rahmen des Völkerrechts. Wenn die russische Führung nun im Falle Syriens auch militärisch eingreift, um die Zerstörung eines weiteren Landes aufzuhalten, so geht es ihr natürlich auch darum, nicht immer weiter aus strategisch wichtigen Regionen zurückgedrängt zu werden. Da das eigentliche Ziel der Destabilisierung Syriens die Schwächung des Irans ist, droht schließlich als nächstes auch eine Verschärfung der Angriffe auf die Regionalmacht am Golf. Daneben hat aber auch die Bekämpfung der islamistischer Söldnerbanden, die vom Westen und den arabischen Monarchen aufgepäppelt wurden, einen hohen Stellenwert, stellt doch die große Zahl von Dschihadisten aus russischen und angrenzenden Gebieten unter ihnen eine massive Bedrohung dar.<br />
<br />
Während die russische Unterstützung es den syrischen Streitkräften ermöglichte, bedeutende Teile des Landes aus den Klauen der islamistischen Banden zu befreien, in die nun sukzessive viele Vertriebene zurückkehren, wollen die USA und ihre Verbündeten den Krieg fortführen.<br />
<br />
Die direkten Angriffe von NATO-Staaten auf die syrische Armee wie auch die Israels auf syrische und angebliche oder tatsächliche iranische Stellungen verschärfen dabei massiv die Gefahr einer Ausweitung des Krieges.<br />
<br />
Solidarität mit Kurdinnen und Kurden hierzulande, in der Türkei und auch Syrien ist sicherlich richtig und nötig. Sie muss sich aber klar von konfliktverschärfenden Aktivitäten und Bündnissen kurdischer Organisationen abgrenzen. Unser Engagement muss darüber hinaus jedoch ganz Syrien gelten und sich nicht nur gegen die türkische Aggression sondern gegen die Aggression aller NATO-Mächte und ihren Verbündeten richten.<br />
<br />
Auch die kurdische Bewegung und ihre Unterstützer muss einsehen, dass ohne die fortgeschrittene Destruktion des syrischen Staates es auch einem Erdogan nie in den Sinn gekommen wäre, Afrin zu überfallen. Lutz Herden bemerkt hierzu treffend:<br />
<br />
„Erneut wird erkennbar, dass Schlüsselstaaten im Nahen Osten nicht ungestraft demontiert werden. … Die türkische Führung würde ihre Panzer wohl kaum in Marsch setzen, müsste sie mit der energischen Gegenwehr eines syrischen Staates rechnen, der sein verbrieftes Recht auf Selbstverteidigung mit aller Konsequenz wahrnehmen kann.<a href="#_edn20" name="_ednref20" title="">[20]</a>
<hr width="33%" size="1" align="left" />
<a href="#_ednref1" name="_edn1" title="">[1]</a> Leo Mayer, <a href="http://www.kommunisten.de/ueber-joomla/kommentare/7146-gestern-my-lai-heute-afrin-stoppt-das-massaker">Gestern My Lai. Heute Afrin. Stoppt das Massaker</a>, kommunisten.de, 16.03.2018<br />
<br />
<a href="#_ednref2" name="_edn2" title="">[2]</a> siehe dazu u.a. „<a href="https://deutsch.rt.com/der-nahe-osten/64003-kein-unerwarteter-angriff-karin-leukefeld/">Abrechnung mit NATO-Partner USA</a>“: Karin Leukefeld zur türkischen Offensive in Syrien, RT Deutsch, 22.01.2018 und Rainer Rupp, <a href="https://deutsch.rt.com/meinung/64034-turkische-invasion-in-afrin-nein/">Parteivorsitzende der Linken Kipping gibt Russland Hauptschuld an türkischer Invasion in Afrin</a>, RT Deutsch, 23.01.2018<br />
<br />
<a href="#_ednref3" name="_edn3" title="">[3]</a> Karin Leukefeld, <a href="https://de.rt.com/1ddv">„Abrechnung mit NATO-Partner USA“</a>, a.a.O<br />
<br />
<a href="#_ednref4" name="_edn4" title="">[4]</a> <a href="https://uk.reuters.com/article/uk-mideast-crisis-syria-turkey-afrin/kurdish-run-afrin-region-calls-on-syrian-state-to-defend-border-against-turkey-idUKKBN1FE2R0">Kurdish-run Afrin region calls on Syrian state to defend border against Turkey</a>, Reuters, 25.1.2018<br />
<br />
<a href="#_ednref5" name="_edn5" title="">[5]</a> Nick Brauns, <a href="https://www.jungewelt.de/artikel/326175.appell-an-damaskus.html">Appell an Damaskus – Kanton Afrin ruft syrische Regierung auf, Grenze gegen türkische Angriffe zu schützen</a>, junge Welt, 27.01.2018<br />
<br />
<a href="#_ednref6" name="_edn6" title="">[6]</a> „Frieden für Afrin“, <a href="https://friedenafrin.wordpress.com/">friedenafrin.wordpress.com</a><br />
<br />
<a href="#_ednref7" name="_edn7" title="">[7]</a> Michael E. O’Hanlon, <a href="https://www.brookings.edu/research/deconstructing-syria-a-confederal-approach/">Deconstructing Syria - A confederal approach</a>, Brookings Institute, 16.9.2016<br />
<br />
<a href="#_ednref8" name="_edn8" title="">[8]</a> Stiftung für Wissenschaft und Politik, <a href="https://www.swp-berlin.org/projekte/die-fragmentierung-syriens/das-projekt/">Projekt: Die Fragmentierung Syriens</a><br />
<br />
Karin Leukefeld, <a href="http://www.zlv.lu/spip/spip.php?article20193">Syrien: Zusammenspiel ziviler und militärischer Hilfe</a>, Pläne zum »Rückbau« des Landes fördern die Spaltung in eine »konföderale Struktur«, Lëtzebuerger Vollek/Luxemburg, 5.2.2018<br />
<br />
<a href="#_ednref9" name="_edn9" title="">[9]</a> Karin Leukefeld, <a href="http://www.zlv.lu/spip/spip.php?article20193">Syrien: Zusammenspiel ziviler und militärischer Hilfe</a> …, a.a.O.<br />
<br />
<a href="#_ednref10" name="_edn10" title="">[10]</a> Karin Leukefeld, <a href="https://www.jungewelt.de/artikel/326672.40-kilometer-pufferzone.html">40 Kilometer »Pufferzone«</a> ‒ Israel kontrolliert immer größere Gebiete in Syrien. junge Welt, 5.2.2018<br />
<br />
<a href="#_ednref11" name="_edn11" title="">[11]</a> <a href="https://www.theatlantic.com/international/archive/2018/01/nation-building-syria-rex-tillerson-speech/550796/">America Quietly Starts Nation-Building in Parts of Syria</a>, The Atlantic, 18.1.2018<br />
<br />
<a href="#_ednref12" name="_edn12" title="">[12]</a> <a href="http://www.state.gov/secretary/remarks/2018/01/277493.htm">Rex W. Tillerson, Remarks on the Way Forward for the United States Regarding Syria</a>, State Department, 7.1.2018<br />
<br />
<a href="#_ednref13" name="_edn13" title="">[13]</a> Patrick Cockburn, <a href="http://www.independent.co.uk/voices/syria-us-kurdish-state-turkey-war-us-is-creatign-trouble-in-the-middle-east-a8179941.html">By reversing its policy in Syria the US is fuelling more wars in the Middle East</a>, Independent, 26.1.2018<br />
<br />
<a href="#_ednref14" name="_edn14" title="">[14]</a> <a href="https://thedefensepost.com/2018/01/13/syria-border-security-force-sdf-coalition/">Coalition retraining 15,000 veteran SDF fighters to serve as Syrian border force30,000-strong force to maintain security along Iraq</a>, The Defense Post, 13.1.2018<br />
<br />
<a href="#_ednref15" name="_edn15" title="">[15]</a> <a href="http://comptroller.defense.gov/Portals/45/Documents/defbudget/fy2019/fy2019_CTEF_JBook_Final.pdf">Justification for FY 2019 Overseas Contingency Operations (OCO)</a>, Counter-ISIS Train and Equip Fund (CTEF), Department of Defense, 29.1.2018<br />
<br />
<a href="#_ednref16" name="_edn16" title="">[16]</a> <a href="https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2018/05/02/frankreich-stationiert-ueber-tausend-soldaten-syrien/">Frankreich stationiert über tausend Soldaten in Syrien</a>, Deutsche Wirtschafts-Nachrichten , 02.05.2018,<br />
<br />
Syria, France sends troops to Deir Ezzor, in an anti-Daesh key?, Difesa e Sicurezza, 24.4.2018<br />
<br />
<a href="#_ednref17" name="_edn17" title="">[17]</a> s. z.B. <a href="http://www.middleeasteye.net/news/us-backed-sdf-forces-say-they-regain-villages-seized-syrian-army-950692750">US-backed SDF forces say they regain villages seized by Syrian army</a>, Middle East Eye, 29.4.2018 und Peter Korzun,<a href="https://www.strategic-culture.org/news/2018/05/17/ignoring-astana-talks-us-increasing-its-military-presence-syria-deir-ez-zor-province.html">Ignoring the Astana Talks, the US Is Increasing Its Military Presence in Syria’s Deir ez-Zor Province</a>, Strategic-culture.org, 17.05.2018<br />
<br />
<a href="#_ednref18" name="_edn18" title="">[18]</a> s. u.a. Joost Hiltermann, Maria Fantappie, <a href="https://foreignpolicy.com/2018/01/16/twilight-of-the-kurds-iraq-syria-kurdistan/">Twilight of the Kurds</a> ‒ Kurdish officials once dreamed of forging their own state out of the ashes of the war against the Islamic State. Now they are fighting for their very survival, Foreign Policy 16.1.2018) und Robert Fisk, <a href="https://www.counterpunch.org/2018/01/19/the-next-kurdish-war-looms-on-the-horizon/">The Next Kurdish War Looms on the Horizon</a>, Independent/Counterpunch, 19.1.2018<br />
<br />
<a href="#_ednref19" name="_edn19" title="">[19]</a> Nick Brauns, <a href="https://www.jungewelt.de/artikel/314422.gerechter-krieg.html">Gerechter Krieg ‒ Der rein geopolitische Blick verkennt die Dynamik des Volkskrieges in Nordsyrien</a>, 14.07.2017<br />
<br />
<a href="#_ednref20" name="_edn20" title="">[20]</a> Lutz Herden, <a href="https://www.freitag.de/autoren/lutz-herden/erschuetterte-ordnung">Türkei: Erschütterte Ordnung</a> – Der Angriff auf die Kurden in Syrien führt uns ein globales Machtsystem vor, in dem Friedfertigkeit aus der Mode kommt, Freitag 04/2018
JGuilliard
Nahost
Copyright © 2018 JGuilliard
2018-12-23T17:14:00Z
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The war and the media — Double standards for Mosul, Iraq, and Aleppo, Syria
https://jghd.twoday.net/stories/the-war-and-the-media-double-standards-for-mosul-iraq-and-aleppo-syria/
Fake news is on everyone’s lips. This term usually refers only to fictitious or highly falsified messages that are politically motivated and specifically designed to deceive. In addition, they are only suspect if they appear on “social media” and on news portals of enemy states. According to the political and mainstream media, “fake news” means false reports that are not spread by the established media.<br />
<br />
There is no question that “social media” provides a particularly fertile ground for the easy and rapid dissemination of false reports. But looking back in history, we find that the false reports that did the worst damage came from mainstream politicians and media. A notorious example of this concerns the “incubator lies” invented by an advertising agency about Iraqi soldiers who allegedly tore babies from incubators in 1990 in Kuwait. This story was then widely circulated by most media and was instrumental in influencing public opinion in the U.S. in favor of the first U.S. war against Iraq.<br />
<br />
However, far more frequently than with mere false reports, unilateral or greatly exaggerated contributions attempt to create a desired mood. Even if it is not so valued by the mainstream, the omission of essential parts of a story — which are necessary for understanding and how the story is presented — ultimately also spreads disinformation.<br />
<br />
The extent to which such disinformation is used to enforce prevailing politics can be seen very well in the way politicians and the media deal with the battles over Mosul and Aleppo. These are not only drastic examples of the brutality of the wars in Iraq and Syria, but also of an extreme double standard of evaluation and reporting that is far more geared to promoting the strategic interests of the ruling circles in their own countries rather than to describing actual warfare.<br />
<br />
<b>A second Rwanda</b><br />
<br />
The initial situation was similar in the two major cities. Both East Aleppo and Mosul were under the control of Islamist forces. Both cities were besieged, bombed and eventually stormed by government forces with foreign support. However, the portrayal by politicians and the media could hardly have been more different. During the Battle of Mosul, 7,000 to 10,000 reactionary fighters in the Islamic State (IS) had placed themselves in among approximately 1.5 million inhabitants. According to Western intelligence estimates, this battle was consistently greeted favorably.<br />
<br />
On the other hand, the Syrian government’s offensive to liberate East Aleppo from the hands of some 8,000 reactionary Islamist militants was condemned as a cruel and criminal attack on the “opposition,” the “rebels” or even the population of the city. What the character of this “opposition” was — as well as its actual relationship to the population (at that time 150,000 to 200,000 people) — was blanked out. This gave the false impression that the “rebels” in East Aleppo were progressive forces and were in neighborhoods that the majority of residents considered “liberated.”<br />
<br />
Behind this distortion of the facts was the enormous strategic importance of the struggle for Aleppo. Had the reactionary militias actually succeeded in bringing the entire metropolis under their control, the regime-change alliance would have been well placed to intensify the war against the Assad government. Aleppo and the surrounding area as far as the Turkish border would have been a sufficiently large and important “liberated zone” to serve as the basis for a serious alternative government.<br />
<br />
On the other hand, the defeat of the local militias actually meant the end of this campaign — and with it a shattering defeat for the NATO countries and their allies. With the start of the government offensive in September 2016, the coverage in the West almost unanimously expressed only one opinion: Government troops and the Russian Air Force sent the city to hell.<br />
<br />
These were the headlines for the storming of Mosul: “The offensive is progressing rapidly” or “The liberation is imminent.” Another was, “In northern Iraq, people celebrate: the IS is pushed back.”<br />
<br />
For the Syrian offensive, one headline was: “Blood in gray dust of Aleppo” (Süddeutsche Zeitung, Sept. 26, 2016). Another was, “Foreign Minister Steinmeier: ‘The images of Aleppo are hard to beat for cruelty’” (Spiegel online, Aug. 9, 2016), and yet another was “Green leader Özdemir: Assad and Putin bomb Syria back to the Stone Age” (Spiegel online, Oct. 15, 2016).<br />
<br />
Samantha Power, then the United States ambassador to the United Nations, even compared the events in East Aleppo with Rwanda and Srebrenica, almost one-to-one with the propaganda of the reactionary group, Ahrar Al-Sham. Frequently, it was not even mentioned that the offensive was concentrated only on the eastern part of Syria’s second-largest city, where no more than 15 percent of the city’s population lived. This gave the false impression that all of Aleppo was about to collapse.<br />
<br />
Reactionary militias seen as ‘last hope’<br />
<br />
It was no secret that the defenders of East Aleppo, cast as heroes, were predominantly reactionary militias. Among them, the dominant forces were the Syrian al-Qaida offshoot, the Nusra Front, renamed Jabha Fatah Al-Shamm, and Ahrar Al-Sham. These groups are barely more acceptable to the population than the Islamic State in terms of reactionary ideology and brutality.<br />
<br />
Western media, however, did not shy away from publicly backing these forces, despite their well-known backgrounds. For example, in an Aug. 2, 2016 post, Spiegel online openly admitted that the most powerful militias “are fighting for a Syrian state in which their fundamentalist interpretation of Islamic law, the Shariah,” should apply, but still describes them as “Aleppo’s last hope.”<br />
<br />
In contrast to the German mainstream media, only a few inhabitants of Aleppo would say that the areas controlled by reactionaries had been liberated. The enclave had not come into being as a result of an uprising in the city itself. In Aleppo, there were no significant protests against the government in 2011. The metropolis was considered a stronghold of government supporters and was spared over a year of unrest. Its fate was determined by its proximity to Turkey. Reactionary militias were established in the border region, and from there conquered the eastern part of the city. The majority of the population fled, most of them to neighborhoods that the Syrian army held in the western part of the city.<br />
<br />
According to reports of those affected who do not sympathize with the reactionary Islamists, the militias established a terror regime, which required compulsory wearing of veils and Sharia courts. They used East Aleppo as a base from which to push into the other neighborhoods, using car bombs and suicide squads. So the majority of residents considered the expulsion of terrorists as liberation.<br />
<br />
The romanticized portrayal of these religious reactionaries as “Defenders of Freedom” led to sources from these circles gaining tremendous credibility in Western media and among human rights organizations, such as Amnesty International (AI) and Human Rights Watch (HRW). Both groups carried out extensive campaigns to delegitimize the Assad government, based almost entirely on information from the opposition groups.<br />
As a result, HRW repeatedly showed pictures of destroyed buildings and streets that allegedly demonstrated the effects of barrel bombing — but which actually had been recorded elsewhere — i.e., in the Kurdish Kobani or even in Gaza. Whether it was reports of alleged barrel bombings, attacks on hospitals or other similar allegations, the primary sources in most cases were exclusively opposition groups, such as the Aleppo Media Center, which were more or less closely tied to the militias. On the other hand, independent journalists could rarely enter the areas controlled by opponents of the Syrian government.<br />
<br />
Professional PR work<br />
<br />
However, it would be naïve to assume that the thoroughly professional and successful public relations work was solely the work of the militias and allied “civil society groups.” Arab and Western governments have been fairly open about playing a crucial role in funding and training anti-government media initiatives from the outset. Often, what appeared to be the spontaneous establishment of an independent media bureau by local activists was, in reality, a news source built by Syrian exile opposition groups and Western nongovernmental organizations in close cooperation with Western government agencies.<br />
<br />
For example, the radio project Syria Radio Network (Syrnet) was developed by the Berlin organization “Media in Cooperation and Transition” (MICT), supported by the Federal Foreign Office, and co-financed by the Federal Ministry for Economic Cooperation and Development, the Belgian and French Foreign Ministry and the Friedrich-Ebert-Foundation, affiliated with the German Social Democratic Party (SPD).<br />
<br />
In the case of Aleppo, the media aimed to create opinion mainly directed against the actions of the Syrian and Russian armed forces. This was done with extreme one-sidedness and omission of essential facts. The first step was the media giving large coverage to the offensive — in relation to other war events in the world. Then, the media compounded this by playing up the consequences of the offensive with incessant repetition of the reports, images and videos of opposition groups.<br />
<br />
The attacks by the “rebels” on the people of West Aleppo remained unmentioned, and often, also omitted was the presence of armed militias in general. This inevitably gave the impression that the attacks by government forces and their Russian allies were consistently directed at civilian targets. Almost all the casualties and war damage were blamed on Syria and Russia, as if they were the only ones using weapons.<br />
<br />
Many reports disseminated by the “opposition” could also be directly exposed as falsified or misleading. When looking over the media coverage of Aleppo, it becomes apparent that a significant part was published purely for its emotional impact, with particular emphasis on reports involving children. For example, in December 2016, a picture of a little girl lying among corpses in Aleppo’s ruins was circulated on “social media.” However, that “recent” photo was taken in 2014 in Lebanon and comes from a staged video clip by the Lebanese singer Hiba Tawadschi about the “Arab Spring.”<br />
<br />
A similarly instructive example is the story of the touching image of Omran, the “boy of Aleppo.” It became an icon of the battle for the city in August 2016. There was hardly a newspaper that did not publish the picture. According to the photographer, Omran was injured by a Syrian or Russian air raid and was rescued from the rubble by the “White Helmets.” The boy’s father, Mohammed Daknisch, immediately denied the story. He adamantly said his son had been only slightly injured and not during an air raid. He accused the “White Helmets” and the international media of misusing his son for propaganda purposes.<br />
<br />
Later, little was reported about an interesting aspect of this story: Photographer Mahmud Raslan had posted a “selfie” shortly before posting this photo. It showed him grinning with members of the infamous reactionary militia Harka Nur Al-Din Al-Senki. Raslan worked in the “Aleppo Media Center” (AMC), which was one of the most important sources of information for the Western media. In the West, it is treated as an “independent network” of so-called citizen journalists, but it is firmly in the camp of the regime’s opponents and is closely networked with the reactionary Islamists. It was founded with the help of the Syrian Expatriates Organization (SEO), which is headquartered in Washington and probably receives substantial sums from U.S. government agencies,<br />
<br />
<b>The ‘White Helmets’</b><br />
<br />
Even better equipped and much more prominent than the AMC is the already mentioned second organization, which contributed to staging Omran as a bomb victim, the “White Helmets.” This group diligently supplied the media with reports and footage from the war zones.<br />
<br />
Contrary to their self-portrayal, however, the “White Helmets” are not a home-grown Syrian organization. It was founded by a former British military officer and is headquartered in Britain. The funds came first from the Gulf States, and then mostly from Washington and London; each contributed more than $30 million. By the end of 2016, the Foreign Office of the Federal Republic of Germany had already transferred 12 million euros. While state support for established aid organizations declined in the past four years, this strange civil defense force has received more than 100 million euros in total.<br />
<br />
Of course, the “White Helmets” also claim to help wounded people. According to their own publicity, they have saved the lives of tens of thousands. By the end of 2017, its count reached 99,200, they said. This number, however, is unverifiable. But it is clear that they are only active in areas under the control of anti-government militias, and even there, obviously do not feel responsible for the entire population.<br />
<br />
Bassam Hajak is a doctor in the Aleppo Medical Association, who was responsible for the care of refugees who had reached the city’s western part via the Syrian army’s humanitarian corridors. He says that neither his family members who remained in East Aleppo nor anyone else he spoke with got any help from the “White Helmets.” Jan Oberg, a Swedish conflict researcher, found no trace of them on the ground immediately after the liberation. They did not provide care for those who urgently needed help after the fighting ended. Instead, they made sure they were evacuated along with the anti-government fighters.<br />
<br />
On the other hand, these ethereal civilian activists are very familiar with the local reactionary groups, with whom they are closely intertwined. In numerous pictures and videos, they are seen with Al-Nusra flags, as they celebrate success with Islamist fighters or are posing over Syrian soldiers who had been fatally shot.<br />
In addition, some of their activists can be seen in videos wearing their white uniforms, and in other photos they can be recognized as armed fighters. However, all of this did little to detract from their reputation in the West. The “White Helmets” received the Alternative Nobel Prize, and a short documentary about them received an Oscar. In December 2016, then German Foreign Minister Frank-Walter Steinmeier (SPD) presented their head, Raed Al-Saleh, with the “Franco-German Prize for Human Rights and the Rule of Law.”<br />
<br />
Considering the verified knowledge about the war in Aleppo, the offensive with air raids on the eastern part of the city, artillery shelling and street fighting for the remaining population, it was a horror, which caused widespread devastation and killed thousands. But this also applies to the “rebels’” nonstop rocket and mortar attacks on the western part of the city. According to UNESCO, after the four-year fighting ended, 60 percent of the Old Town, through which the front ran, was badly damaged and up to 30 percent completely destroyed.<br />
However, it is deliberately misleading to exclusively blame the Syrian and Russian forces for the destruction. In many pictures of the destruction used to charge them, it was completely concealed that a significant portion of the damage had been caused in the summer of 2012 by the reactionary Islamist militias’ invasion. Parts of the old city were already devastated by fire, and the reactionaries had plundered and pillaged the famous souk, the world’s largest covered market district.<br />
<br />
According to Oberg’s observations, most of the recent damage occurred during the street fighting. Contrary to the impression conveyed by the media, he estimates that, at most, 10 percent of the destruction can be attributed to air raids.<br />
<br />
The Iraqi city of Mosul was even more severely destroyed. Up to 80 percent was destroyed in the storming of the city. The United Nations Organization says that the extent of the damage overshadows all previous war damage in Iraq. Of the 54 residential districts of West Mosul, 15 were completely razed to the ground, destroying nearly 32,000 houses. In the 23 partially destroyed districts and 16 slightly damaged districts, another 16,000 buildings were totally destroyed. It is likely that the homes of over half a million people were demolished.<br />
<br />
<b>No compassion shown after U.S./NATO bombings</b><br />
<br />
Most of the destruction in Mosul is reportedly due to the Iraqi forces’ artillery bombardment. The rest here — as in Aleppo — is the responsibility of the reactionaries. However, as the photos show, aerial bombardment destroyed a significant part of the affected buildings. In the final weeks, the U.S.-led alliance of NATO countries and Australia, Jordan and Morocco literally bombed the ground troops, clearing the way meter by meter, with no regard for the hundreds of thousands of inhabitants trapped there.<br />
<br />
In total, more than a million people fled the city over the nearly nine-month attack. The number of victims is difficult to estimate. Iraqi Kurdish intelligence agencies estimate at least 40,000 civilians died. A U.N. Human Rights Commission investigation reports that at least one in four civilians who died in the fighting was killed by the U.S.-led coalition’s airstrikes.<br />
<br />
Reports of the Mosul bombing show a complete lack of compassion for the trapped people, with estimates given of low numbers of casualties. There were almost no photos of Mosul, including of dead or wounded children, and no reports of the devastation caused by the bombing or stories of the suffering of those affected. The Western media mainly showed celebrating soldiers and Shiite or Kurdish militiamen. Hardly any mention was made of conflicts with the Sunni population. It was only because of their background and the resulting dislike of the Shiites and Kurds that it was possible for the reactionary Islamists to establish themselves in the big city and other areas.<br />
<br />
The media were absolutely uncritical, portraying the battle for Mosul as the struggle of a democratically elected government against the Islamic State. There was no controversy in media or political reports about the fact that sectarian Shiite forces led this struggle, that they dominated the Iraqi government, provided the bulk of the troops, or that the battle was largely carried out as one against the insubordinate Sunnis. Also largely ignored were the expulsions of Sunnis from ethnically and religiously mixed areas carried out in the wake of the reconquest.<br />
<br />
<b>Reality turned on its head</b><br />
<br />
If one compares the struggles of Aleppo and Mosul, one finds that in the different characterizations of the warfare, the actual conditions were reversed. While the Syrian and Russian forces were certainly not particularly cautious — and it’s noted that not all allegations of the destruction of civilian facilities are propaganda — they have been, as the extent of the devastation shows, much less extensive than those of the U.S.-led alliance and its Iraqi ground forces.<br />
<br />
In reconquering Syrian cities, the Russians and Syrian troops tried to avoid waging decisive battles in urban centers. Fighters who willingly gave up their weapons were offered impunity. Those who did not were offered safe escort out of the area. In Aleppo, too, the Damascus government allowed thousands of reactionary militia fighters with their light weapons and their families to leave the contested neighborhoods unmolested. In Iraq, on the other hand, there was no effort to use negotiations to avoid devastating battles to the end.<br />
In Aleppo, the takeover of control did not lead to major government retaliation. Members of two militias, not the army, murdered 85 government opponents. These incidents were prosecuted in the courts. In Iraq, on the other hand, the recapture of each city was followed by revenge actions on the remaining population. The infamous Shiite militias were the perpetrators there. However, accusations by locals and human rights organizations are also directed against regular Iraqi military units and Kurdish fighters. In many denominationally mixed areas, the deportations and executions of Sunnis often took on the character of ethnic cleansing — with total impunity.<br />
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<b>Related</b><br />
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<a href="https://www.workers.org/2017/04/04/mosul-iraq-u-s-guilty-of-war-crimes/">Mosul, Iraq: U.S. guilty of war crimes</a>, April 4, 2017<br />
<br />
<a href="https://www.workers.org/2016/01/21/syria-and-isis-some-anti-imperialist-observations-and-analysis/">Syria and ISIS: Some anti-imperialist observations and analysis</a>, January 21, 2016<br />
<br />
<a href="https://www.workers.org/2016/12/19/speaking-tour-exposes-u-s-lies-about-syria/">Speaking tour exposes U.S. lies about Syria</a>, December 19, 2016
JGuilliard
Nahost
Copyright © 2018 JGuilliard
2018-02-19T18:51:00Z
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Syrien: Weitere Eskalation durch Angriffe der USA und Israels
https://jghd.twoday.net/stories/syrien-weitere-eskalation-durch-angriffe-der-usa-und-israels/
Zynischer Weise bezeichnete Washington die Angriffe als einen Akt seines "nicht verhandelbaren Rechts zur Selbstverteidigung" und als "defensive" Luftangriffe zur Vergeltung für einen "unprovozierten" Angriff auf die SDF und "ausländische Militärberater", d.h. Spezialeinheiten der USA (und evtl. Frankreichs u. Großbritanniens). Dabei besteht kein Zweifel, dass die US- und NATO-Truppen absolut völkerrechtswidrig im Land operieren, und nicht weniger Aggressoren und illegale Besatzungsmächte sind, wie die Türkei im Nordwesten Syriens.<br />
<br />
<b>Kampf um Ressourcen</b><br />
<br />
Der Ort des Geschehen liegt wenige Kilometer südöstlich der Provinzhauptstadt Deir ez-Zor. Hier kontrolliert die syrische Armee <a href="https://syriancivilwarmap.com/">ein kleines Gebiet östlich des Euphrats</a>. Laut Central-Command wurden "als Berater, Helfer oder Begleiter agierende Mitglieder der Koalition zusammen mit ihren SDF-Partnern acht Kilometer östlich einer verabredeten, ausgemachten De-Eskalationslinie am Euphrat angegriffen." Nach syrischen und russischen Angaben gibt es keine Verabredungen über eine solche De-Eskalationslinie.<br />
<br />
Wahrscheinlich galt der Vorstoß nicht einem SDF-Hauptquartier, wie vom US-Militär behauptet wird, sondern den in unmittelbarer Nähe befindlichen Ölfeldern und Gasanlagen, die bis August 2017 unter Kontrolle des IS gestanden sind. Die kurdischen Milizen hatten im Sommer das Wettrennen um die meisten Anlagen gegen die Regierungstruppen knapp gewonnen und weigern sich seither, sie der Zentralregierung zu übergeben. Vermutlich sollen sie einen wichtigen Teil der wirtschaftlichen Basis der Unabhängigkeit bilden. (Thomas Pany, <a href="https://www.heise.de/tp/features/Luftangriffe-in-Syrien-USA-dokumentieren-ihren-Willen-sich-festzusetzen-3963643.html">Luftangriffe in Syrien: USA dokumentieren ihren Willen, sich festzusetzen</a>, Telepolis, 8.2.2018 und <a href="https://de.sputniknews.com/zeitungen/20180209319461192-usa-truppen-oel-gas-vorkommen-sdf-russland-pentagon-ziele-is/">US-Vorgehen in Syrien: Bombenangriffe für lukrative Geschäfte</a>, Sputnik, 09.02.2018)<br />
<br />
Es ist daher völlig plausibel, wenn der russische Außenministers Sergej Lawrow <a href="https://de.sputniknews.com/politik/20180207319431959-lawrow-usa-aufteilung-syrien-plaene/">überzeugt ist</a>, dass die USA konkrete Pläne zur Aufteilung Syriens verfolgen. Zumindest wollen sie, so der US-amerikanische <a href="https://www.reddit.com/r/syriancivilwar/comments/7w2ks3/syria_the_us_wants_to_keep_syria_weak_divided_and/">Nahosexperte Prof. Joshua Landis</a>, "Syrien schwach und arm halten" indem sie dem Hauptteil der Landes und seiner Bevölkerung den Zugang zu den bedeutendsten Öl- und Gasquellen und zum besten Ackerland verwehren.<br />
<br />
Aus welchen Einheiten die angegriffenen, regierungsloyalen Kämpfer kommen, ist nach wie vor unklar. Es spricht einiges dafür, dass es sich zum Teil um lokale Milizen arabischer Stämme handelte, die den kurdischen dominierten SDF die Kontrolle über das wirtschaftlich wichtige Gebiet, in dem sie ansässig sind, entreißen wollten.<br />
<br />
<a href="http://www.moonofalabama.org/2018/02/syria-us-may-have-arranged-self-defense-attack-on-syrian-government-forces.html">Anderen Berichten </a>zufolge, bestehen die SDF-Einheiten, die die Förderanlagen, darunter das bedeutende Conoco Gasfeld, kontrollieren, hauptsächlich aus Kämpfern lokaler arabischen Stämme, die zuvor mit dem "Islamischen Staat" (IS oder arab. despektierlich Daesch) zusammen gearbeitet hatten. Diese hätten mit der syrischen Regierung die Übergabe der Anlagen ausgehandelt. Möglicherweise wollten sie die regierungsloyalen Truppen nur übernehmen und liefen dabei in eine bewusst gestellte Falle oder auf den Widerstand von kurdischen Einheiten und den US-Streitkräften gegen die Eigenmächtigkeit der Stämme. Anderseits könnten regierungsloyalen Einheiten die ehemaligen Daesch-Verbündeten auch weiterhin als Daesch-Mitglieder bekämpfen. Das würde Meldungen von russischer Seite erklären, denen zufolge der Vorstoß gen Osten dem Daesch gegolten haben soll.<br />
<br />
Es war nicht der erste Vorfall dieser Art. So <a href="https://mobile.almasdarnews.com/article/us-releases-statement-accusing-syrian-jet-attacking-kurdish-forces/">schoss die US-Luftwaffe </a>im Juni letzten Jahres unter dem dem Vorwand "kollektiver Selbstverteidigung" einen syrischen Kampfjet vom Typ Su-22 ab, der angeblich in der Ortschaft Ja’yadeen (westl. von Raqqa) SDF-Einheiten angegriffen haben soll. Allerdings stand der Ort zu dem Zeitpunkt schon unter syrischer Kontrolle.<br />
<br />
Am <a href="https://www.wsws.org/de/articles/2016/09/20/syri-s20.html">17. September 2016 hatte die US-geführte Luftkriegs-Allianz</a> schon einmal bei Deir ez-Zor, nur wenige Kilometer vom aktuellen Geschehen entfernt, syrische Truppen attackiert, die dort gegen den IS kämpften. Das Pentagon sprach von einem Irrtum. Da die <a href="https://www.almasdarnews.com/article/us-coalition-knew-bombing-syrian-army-deir-ezzor/">syrischen Stellungen bekannt </a>waren, war dies wenig glaubhaft. Tatsächlich flogen die Kampflugzeuge dabei über eine halbe Stunden lang regelrechte Angriffswellen, durch die <a href="http://edition.cnn.com/2016/09/17/middleeast/syria-claims-coalition-airstrike-hit-regime-forces/index.html">mindests 62 syrische Soldaten getötet</a> und über 100 verwundet wurden. Nur eine Stunde danach <a href="https://www.almasdarnews.com/article/battle-deir-ezzor-takes-turn-worse-isis-captures-jabal-thardeh/">begann der IS mit dem Sturm </a>der von den bombardierten syrischen Truppen gehaltenen, strategisch wichtigen Höhen beim Flughafen von Deir ez-Zor. Die Versorgung der Bevölkerung der Stadt wurde so einige Wochen lang unterbrochen.<br />
<br />
<b>Weitere Eskalation durch Israel</b><br />
<br />
Fast gleichzeitig zu den Angriffen an dieser Front im Südosten, flog die israelische Luftwaffe die massivsten Angriffswellen seit 2011 auf Ziele mitten in Syrien. Als Rechtfertigung für die erste Attacke diente der israelischen Führung das Eindringen einer angeblich iranischen Aufklärungsdrohne, die in den israelischen Luftraum eingedrungen sei.<br />
Der Vorwand steht allerdings auf wackligen Beinen. Angaben der syrischen Armee zufolge, handelte es sich um eine eigene Drohne, die sich auf einem routinemäßigen Aufklärungsflug gegen den "Islamischen Staat" befand. Dies würde zu Meldungen der <a href="http://www.jpost.com/Arab-Israeli-Conflict/Israeli-Air-Force-strikes-Iranian-targets-in-Syria-542191">Jerusalem Post</a> und <a href="http://www.aljazeera.com/news/2018/02/israel-shot-iranian-drone-syria-180210053946323.html">Al Jazeera </a>passen, denen zufolge die Drohne unweit der Grenze, entlang den von Israel illegal besetzten Golan-Höhen, abgeschossen wurde. (Da sie nach israelischen Angaben 90 Sekunden nach dem Eindringen abgeschossen wurde, könnte sie höchstens ein paar Kilometer über die Grenze geraten sein.) Auch israelische Experten zweifeln an einem absichtlichen Eindringen in den israelischen Luftraum. "Ich sehe keine Logik dahinter, dass die Iraner eine Drohne nach Israel schicken", meinte z.B. Ehud Yaari, ein häufig im israelischen Fernsehen auftretender Wissenschaftler des Washington Institute for Near East Policy. “Sie haben im Moment ganz andere Prioritäten in Syrien”. Es war nicht die erste Drohne, die die israelischen Streitkräfte abschossen. Es war allerdings das erste Mal, dass sie dies zum Anlass für einen umfassenden "Vergeltungsschlag" nahmen.<br />
<br />
Auf den Angriff der acht Kampfflugzeugen auf Ziele nahe Palmyra im Zentrum Syriens, reagierten die syrischen Streitkräfte ‒ für die israelische Luftwaffe offenbar völlig überraschend ‒ mit massiven Luftabwehrangriffen. Es gelang ihnen einen Kampfjet abzuschießen, der auf israelischen Boden zerschellte. Der, nach <a href="https://www.washingtonpost.com/world/israel-carries-out-large-scale-attack-in-syria-after-israeli-jet-crashes-under-anti-aircraft-fire/2018/02/10/89e0ca2c-0e33-11e8-95a5-c396801049ef_story.html">Angaben der Washington Post</a>, erste Abschuss einer eigenen Maschine seit 1982 versetzte dem Nimbus der israelischen Luftwaffe, problemlos und unverwundbar überall in der Region zuschlagen zu können, einen herben Schlag. Entsprechend aggressiv war die Reaktion. Die israelische Regierung, die seit 2011 schon über 100 Angriffe auf Stellungen in Syrien fliegen ließ, zederte über die Eskalation durch Syrien und Iran und ließ als "Akt der Selbstverteidigung" erneut zwölf syrische und iranische Ziele in Syrien angreifen ‒ laut Haaretz zum ersten Mal dabei gezielt auch "bemannte".<br />
<br />
Nicht nur Washington stellte sich ‒ wie zu erwarten ‒ hinter die absurde Rechtfertigung dieser Aggression als "Selbstverteidigung", auch die deutsche Regierung <a href="http://www.faz.net/aktuell/politik/bundesregierung-kritisiert-irans-aggressive-haltung-15444862.html">sprach</a> vom Recht Israels, sich gegen Angriffe zu verteidigen und klagte Teheran an, zu einer „gefährlichen Eskalation des syrischen Bürgerkriegs“ beizutragen. Das libanesische Außenministerium hingegen <a href="https://www.jungewelt.de/artikel/327070.neue-stufe-der-eskalation.html">wandte sich </a>an den UN-Sicherheitsrat, um das Recht Syriens zu bekräftigen, sich gegen die Aggressionen aus Israel zu verteidigen.<br />
<br />
Israel unterstützt seid Beginn des Krieges in Syrien, wie auch die FAZ <a href="http://blogs.faz.net/bagdadbriefing/2014/12/08/mit-al-qaida-gegen-die-hizbullah-41/">feststellte</a>, den Al Qaida-Ableger Al Nusra Front und andere islamistische Milizen, die nördlich der Golan-Höhen operieren. Dem Applaus von dieser Seite konnte sich die israelische Führung auch für die neue Angriffe sicher sein. Saleh Al-Hamwi, 2012 Mitgründer der sich heute Tahrir al-Sham nennenden Nusra-Front, <a href="https://deutsch.rt.com/der-nahe-osten/65060-nach-angriff-auf-syrien-ehemaliger-al-kaida-fuehrer-lobt-israel-luftwaffe/">schrieb</a>: "Wir begrüßen jeden israelischen Luft- oder Seeangriff auf das Regime und den Iran in Syrien und fordern die Israelis nachdrücklich auf, dies auch weiterhin zu tun."<br />
<br />
Bisher hat Russland weder etwas gegen israelische noch gegen US-amerikanische Angriffe unternommen ‒ die russische Führung bleibt strikt bei ihrer Linie, ausschließlich dschihadistische Milizen zu bekämpfen und jeden militärischen Konflikt mit anderen Staaten zu vermeiden. Während sie auch von Friedensbewegten, die das russische Eingreifen in Syrien bisher verurteilten, angeklagt wird, den Luftraum über Afrin nicht mit ihren Kampfjets für die türkische Luft gesperrt zu haben, wurde Putin aus der Zurückhaltung gegen Israel seltsamer Weise noch nie ein Vorwurf gemacht.<br />
<br />
Neben den dschihadistischen Banden im Innern, ist Syrien damit mit Angriffen von ausländischen Mächten an drei Fronten konfrontiert. Im Nordwesten durch die Türkei, im Osten durch die USA und ihre kurdischen Verbünden und im Süden durch Israel. Israel arbeitet dabei <a href="https://www.jungewelt.de/artikel/326672.40-kilometer-pufferzone.html">ebenfalls an der Aufspaltung Syriens</a>, die im übrigen u.a. auch von Deutschland aktiv gefördert wird (Siehe dazu u.a. Karin Leukefeld, <a href="http://www.zlv.lu/spip/spip.php?article20193">Syrien: Zusammenspiel ziviler und militärischer Hilfe</a>, Lëtzebuerger Vollek/Luxemburg, 5.2.2018)<br />
<br />
In so einer Situation kann die Linke und die Friedensbewegung nicht einfach nur gegen die türkische Aggression in Afrin protestieren und unkritisch Solidarität mit den PKK-nahen syrisch-kurdischen Organisationen üben.<br />
<br />
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Siehe dazu u.a.<br />
<br />
<a href="http://www.moonofalabama.org/2018/02/syria-us-may-have-arranged-self-defense-attack-on-syrian-government-forces.html">Syria - U.S. May Have Arranged "Self Defense" Attack On Syrian Government Forces,</a> Moon of Alabama, 8.2.2018 <br />
<br />
Karin Leukefeld, <a href="https://www.jungewelt.de/artikel/327070.neue-stufe-der-eskalation.html">Neue Stufe der Eskalation</a>, Israel bombardiert erneut Ziele in Syrien. junge Welt, 12.02.2018, <br />
<br />
Karin Leukefeld, <a href="http://www.zlv.lu/spip/spip.php?article20193">Syrien: Zusammenspiel ziviler und militärischer Hilfe</a> - Pläne zum »Rückbau« des Landes fördern die Spaltung in eine »konföderale Struktur«, Lëtzebuerger Vollek/Luxemburg, 5.2.2018 <br />
<br />
Rainer Rupp, <a href="https://deutsch.rt.com/meinung/65046-droht-im-nahen-osten-ein-neuer-grosser-krieg/">Droht im Nahen Osten ein neuer, großer Krieg?</a> RT, 13.02.2018 <br />
<br />
<a href="https://www.washingtonpost.com/world/israel-carries-out-large-scale-attack-in-syria-after-israeli-jet-crashes-under-anti-aircraft-fire/2018/02/10/89e0ca2c-0e33-11e8-95a5-c396801049ef_story.html">Israel carries out ‘large-scale attack’ in Syria after Israeli jet crashes under antiaircraft fire</a>, Washington Post, 10.2.2018 <br />
<br />
Wiebke Diehl, <a href="https://www.jungewelt.de/artikel/327413.eskalation-%C3%BCber-dem-golan.html">Eskalation über dem Golan</a>, Syrische Luftabwehr schießt israelischen Kampfjet ab. Angriffe des Nachbarn werden nicht mehr hingenommen, junge Welt, 10.02.2018
JGuilliard
Nahost
Copyright © 2018 JGuilliard
2018-02-13T22:43:00Z
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Kurden im Zwielicht: Die türkische Aggression gegen Afrin und die Problematik der...
https://jghd.twoday.net/stories/kurden-im-zwielicht-tuerkische-aggression-afrin-problematik-der-solida/
Problematisch ist auch die Idealisierung der syrisch-kurdischen Organisationen. So wird oft behauptet, dass ihre Milizen die effektivsten und aufopferungsvollsten im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ seien. Auch wenn man ihre Verdienste dabei anerkennt, sollte man nicht übersehen, dass es die syrische Armee ist, die von Anfang an die Hauptlast des Krieges gegen all die dschihadistischen Milizen, von Ahrar al Sham über die Al Nusra Front bis zum IS trug. Und der Kampf gegen den IS im Osten wäre effektiver gewesen, hätte die YPG nicht gemeinsam mit der US-Luftwaffe die syrische Armee daran gehindert, in Raqqa und Umgebung gegen den IS vorzugehen, statt die eigenen Kräfte mit ihr zu vereinen.<br />
<br />
Die türkische Aggression hätte vermutlich verhindert werden können, wenn die PKK-nahen syrisch-kurdischen Organisationen auf die Vermittlungsvorschläge von russischer Seite eingegangen wären, die sich intensiv um eine politische Lösung bemüht hatte. Diese beinhalteten die Übernahme der Sicherung der Grenze von Afrin zur Türkei durch syrische und russische Truppen. Die türkische Regierung hätte sich wohl damit zufrieden gegeben. (siehe dazu u.a. die Ausführungen von <a
href="https://deutsch.rt.com/der-nahe-osten/64003-kein-unerwarteter-angriff-karin-leukefeld/">Karin Leukefeld</a> und <a
href="https://deutsch.rt.com/meinung/64034-turkische-invasion-in-afrin-nein/">Rainer Rupp</a> zur türkischen Offensive in Syrien) <br />
<br />
Die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG/YPJ) hätten durchaus weiter den Rest der Provinz kontrollieren dürfen (die Kurden somit weiterhin mit Zustimmung der syrischen Regierung eine Teil-Autonomie behalten können). Allerdings sollten sie die besetzten Ölquellen in Ostsyrien räumen und sich nicht an den von den USA geplanten "Grenzschutztruppen" beteiligen, die nicht nur von der Türkei als Hauptgrund für ihr Vorgehen genannt werden, sondern auch von der syrischen und russischen Regierung als Plan zur Teilung des Landes angesehen werden.<br />
<br />
Die YPG-Führung hat aber, wie schon im Sommer 2017 das Angebot einer Unterstützung durch die syrische Armee abgelehnt und getönt: „Wir haben das nicht akzeptiert, und wir werden unsere Territorien nicht aufgeben. Wir werden alle unsere Gebiete verteidigen.“ (Karin Leukefeld, "<a href="https://de.rt.com/1ddv">Abrechnung mit NATO-Partner USA</a>", RT, 22.01.2018)<br />
Entgegen ihrer bisherigen Verlautbarungen, sich nicht abtrennen zu wollen, strebt sie nun offensichtlich doch mit US-Hilfe die Unabhängigkeit an. <br />
<br />
Es ist daher unlauter, wenn nun der russischen Regierung vorgeworfen wird, sie hätten die Kurden im Stich gelassen. Es kann doch niemand erwarten, dass sich russische Streitkräfte unter diesen Umständen den türkischen Truppen entgegenstellen und damit faktisch in einen Krieg mit einem NATO-Staat eintreten.<br />
<br />
Unter Führung von US-Militärs haben die im wesentlich aus kurdischen Kampfverbänden bestehenden „syrischen demokratischen Kräfte“ (SDF) nicht nur die IS-Hochburg Raqqa erobert, sondern sind anschließend weiter bis an die südöstliche Grenze zum Irak vorgestoßen und trieben so einen Keil zwischen die syrische Armee und die noch vom IS besetzten Gebiete. Nahezu der gesamte Osten Syriens wird nun von der YPG und den US-Streitkräften mit ihrer Luftstreitmacht und mindestens 2.0000 Mann starke Spezialeinheiten am Boden kontrolliert. Die USA, die in Syrien zusammen mit ihren NATO-Partnern unter eklatanter Verletzung des Völkerrechts agieren, haben auf diesem Territorium bereits mindestens zwölf Militärstützpunkte eingerichtet und bauen eifrig weitere auf. Hier befinden sich nicht nur die Kornkammer und die bedeutendsten Ölressourcen des Landes, von hier aus wird auch die Wasserversorgung Nordostsyriens kontrolliert. 14 Dämme entlang des Euphrat und seiner Nebenflüsse stehen nun unter kurdischer bzw. US-amerikanischer Kontrolle.<br />
<br />
Zur Absicherung dieses Gebiets will Washington eine 30.000 Mann starke „Syrische Grenzschutztruppe“ ( Syrian Border Security Force, BSF) unter SDK-Führung aufbauen, die sowohl an den Grenzen zur Türkei und dem Irak stationiert werden soll, als auch entlang des Euphrats, zwischen dem von den USA und der YPG kontrollierten (überwiegend nicht kurdischem) Gebiete im Osten und dem von der syrischen Regierung kontrollierten Gebiet westlich des Euphrats. (siehe <a
href="https://thedefensepost.com/2018/01/13/syria-border-security-force-sdf-coalition/">Coalition retraining 15,000 veteran SDF fighters to serve as Syrian border force</a> - 30,000-strong force to maintain security along Iraq, Turkey and internal borders, The Defense Post, 13.1.2018 und <a href="http://www.bbc.com/news/world-middle-east-42687958">Syria war: Turkey denounces US 'terror army' plan for border security force</a>, BBC, 15 1.2018)<br />
<br />
Gleichzeitig machte US-Außenminister Rex Tillerson in einer Rede in der Stanford University klar, dass die USA mit ihren Truppen auf unbestimmte Zeit präsent bleiben, mit anderen Worten, weite Teile Syriens militärisch besetzen, wollen. <p>"Faktisch garantieren die USA damit die Existenz eines permanenten kurdischen Kleinstaates unter US-Schutz", <a href="http://www.independent.co.uk/news/world/middle-east/kurdish-forces-syria-turkey-kurdistan-counter-attack-battle-militia-erdogan-olive-branch-latest-a8172851.html"> so der renommierte Nahost-Korrespondent des Independent, Patrick Cockburn</a>.</p>
Seine Regierung wolle damit nicht nur den Sieg über den Islamischen Staat sichern, so Tillerson, sondern verhindern, dass "Assad" wieder die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium erringen könne. Sie würden nun dort, wo sie präsent sind, für den Aufbau einer "legitimer lokalen Zivilverwaltung" sorgen, die eine verantwortungsvolle Regierungsgewalt über die befreiten Gebiete" ausüben. (<a href="http://www.state.gov/secretary/remarks/2018/01/277493.htm">Tillerson: Remarks on the Way Forward for the United States Regarding Syria</a>, US State Department, 17.1.2018) <br />
<table border="0" align="right" cellpadding="8"> <tr> <td> <img
src="https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/wp-content/uploads/2018/01/DTq6AdEU0AY1aia.jpg-large-600x516.jpg" alt="" hspace="12" height="387" width="450" />
<br />Die militärische Lage in Syrien im Januar 2018. <br />
(Grafik: Stratfor, Quelle: <a href="https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2018/01/18/putin-zeigt-erdogan-in-syrien-seine-grenzen-auf/">Deutsche Wirtschafts Nachrichten, 18.01.2018</a>)
</td> </tr></table><br />
Die "kurdischen Volksver-teidigungseinheiten" haben sich somit nicht nur zu Bodentruppen der USA machen lassen, sondern unterstützten faktisch die Besatzung des Nordosten Syriens durch eine ausländische Macht und stellen sich damit gegen den Rest der syrischen Bevölkerung.<br />
<br />
Da Ankara stets betonte, keine YPG-Einheiten westlich des Euphrats dulden zu wollen und Washington auf die Partnerschaft mit der Türkei nicht verzichten kann, war es töricht von ihnen, auf eine Verteidigung ihrer Unabhängigkeit in Afrin durch die USA als Gegenleistung zu hoffen. Unterstützung werden sie auch weiterhin nur dort und so lange erhalten, wie es Washington nützlich erscheint. Und die US-Regierung balanciert in ihrer Bündnispolitik zwischen Ankara und den YPG auf einem dünnen Draht.<br />
<br />
Es ist in diesem Zusammenhang auch falsch, wenn oft von "den syrischen Kurden" gesprochen wird. Wie selbst der langjährige Unterstützer des kurdischen Unabhängigkeitsbestrebens, Joost Hilterman von der International Crisis Group schreibt, ist auch ein erheblicher Teil der syrischen Kurden nicht damit einverstanden, einer ziemlich rigiden Herrschaft von PKK-nahen Kadern unterworfen zu sein, die ihre Politik mehr an PKK-Chef Öcalan ausrichten, als an den örtlichen Befindlichkeiten und sie durch das Bündnis mit den USA in eine gefährliche Lage gebracht haben. Er empfiehlt der YPG-Führung, die Zusammenarbeit mit den USA zurückzufahren und die Kontrolle über nicht-kurdischen Gebiete aufzugeben, sowie sich auf den Aufbau einer lebensfähigen Autonomie -- in Zusammenarbeit mit lokalen Parteien und im Rahmen des syrischen Staates -- zu konzentrieren. (Joost Hiltermann, Maria Fantappie, <a
href="https://foreignpolicy.com/2018/01/16/twilight-of-the-kurds-iraq-syria-kurdistan/">Twilight<br />
of the Kurds</a> - Kurdish officials once dreamed of forging their own state out of the ashes of the war against the Islamic State. Now they are fighting for their very survival, Foreign Policy 16.1.2018)<br />
<br />
Vielleicht bringt der türkische Angriff auf Afrin ein Umdenken. Medienberichten zufolge könnten die YPG nun doch der syrischen Regierung die Verantwortung für die Verteidigung der Enklave überlassen und die syrische Armee zur türkischen Grenze - zwischen die eigenen und türkischen Truppen - vorstoßen lassen. (<a href="http://www.xinhuanet.com/english/2018-01/22/c_136915197.htm">Possible understanding between Syrian gov't, Kurdish forces can help end Turkish attack on Afrin</a>, Xinhua, 22.1.2018)<br />
<br />
Siehe auch:<br />
Robert Fisk, <a
href="https://www.counterpunch.org/2018/01/19/the-next-kurdish-war-looms-on-the-horizon/">The Next Kurdish War Looms on the Horizon</a>, Independent/Counterpunch, 19.1.2018<br />
<br />
Patrick Cockburn, <a href="http://www.independent.co.uk/voices/syria-us-kurdish-state-turkey-war-us-is-creatign-trouble-in-the-middle-east-a8179941.html">By reversing its policy in Syria the US is fuelling more wars in the Middle East</a>, Independent, 26.1.2018<br />
<br />
Mike Whitney, <a
href="https://www.counterpunch.org/2018/01/19/trumps-plan-b-for-syria-occupation-and-intimidation/">Trump’s Plan B for Syria: Occupation and Intimidation</a>, Counterpunch, 19.1.2018<br />
<br />
Anton Mardasov, <a
href="http://www.al-monitor.com/pulse/originals/2018/01/russia-role-turkey-incursion-syria-afrin.html">Russia’s role in Turkish incursion into Syria is tricky</a>, Al Monitor, 24.1.2018<br />
<br />
Karin Leukefeld, <a
href="https://www.jungewelt.de/artikel/326128.neue-runde-im-gro%C3%9Fen-spiel.html">Neue Runde im »großen Spiel«</a>, junge Welt, 26.01.2018
JGuilliard
Nahost
Copyright © 2018 JGuilliard
2018-01-26T22:07:00Z
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Doppelmoral und Propaganda - Der Krieg und die Medien
https://jghd.twoday.net/stories/doppelmoral-und-propaganda-der-krieg-und-die-medien/
Fake News sind in aller Munde. Dabei werden unter diesem Begriff meist nur frei erfundene oder stark verfälschte Nachrichten verstanden, die politisch motiviert und gezielt auf Täuschung angelegt sind. Zudem werden sie nur in »sozialen Medien« und auf Nachrichtenportalen gegnerischer Staaten vermutet. Geht es nach dem politischen und medialen Mainstream, so könnte man »Fake News« als diejenigen Falschmeldungen definieren, die nicht von den etablierten Medien selbst verbreitet werden.<br />
<br />
Nun steht natürlich außer Frage, dass die »sozialen Medien« einen besonders guten Nährboden für die leichte und schnelle Verbreitung von Falschmeldungen bilden. Wenn wir aber in der Geschichte zurückblicken, müssen wir feststellen, dass die Falschmeldungen, die die schlimmsten Schäden anrichteten, aus der Politik und den etablierten Medien selbst kamen. Ein berüchtigtes Beispiel dafür ist die von einer Werbeagentur erfundene »Brutkastenlüge« über irakische Soldaten, die 1990 in Kuwait Babys aus Brutkästen gerissen hätten. Sie wurde damals von den meisten Medien weiterverbreitet und trug maßgeblich dazu bei, die öffentliche Meinung in den USA zugunsten des ersten US-Krieges gegen den Irak zu beeinflussen. Weit häufiger als mit reinen Falschmeldungen wird jedoch mit einseitigen oder stark übertriebenen Beiträgen versucht, die gewünschte Stimmung zu schaffen. Auch wenn es vom Mainstream nicht so gewertet wird, ist das Weglassen essentieller Teile einer Geschichte, die zum Verständnis und zu ihrer Einordnung nötig sind, letztlich ebenfalls eine Desinformation.<br />
<br />
Wie stark solche Desinformationen zur Durchsetzung herrschender Politik eingesetzt werden, lässt sich sehr gut am Umgang von Politik und Medien mit den Kämpfen um Mossul und Aleppo zeigen. Diese sind nicht nur drastische Beispiele für die Brutalität der Kriege im Irak und in Syrien, sondern auch für eine extreme Doppelmoral in der Bewertung und Berichterstattung, die weit mehr an den strategischen Interessen der herrschenden Kreise im eigenen Land als am tatsächlichen Kriegsgeschehen ausgerichtet sind.<br />
<br />
<b>Ein zweites Ruanda</b><br />
<br />
Die Ausgangslage war in den beiden großen Metropolen ähnlich. Sowohl Ostaleppo als auch Mossul standen unter Kontrolle islamistischer Kräfte. Beide Städte wurden von Regierungstruppen mit ausländischer Unterstützung belagert, bombardiert und schließlich gestürmt. Die Darstellung von Politik und Medien hätte jedoch unterschiedlicher kaum sein können. Die Schlacht um Mossul, wo sich nach Schätzung westlicher Geheimdienste 7.000 bis 10.000 Dschihadisten des »Islamischen Staates« (IS) unter rund eineinhalb Millionen Einwohnern verschanzt hatten, wurde durchgehend begrüßt. Die Offensive zur Befreiung Ostaleppos aus den Händen von rund 8.000 islamistischen Kämpfern wurde hingegen als grausamer und verbrecherischer Angriff auf die »Opposition«, die »Rebellen« oder gar die Bevölkerung der Stadt verurteilt. Den Charakter dieser »Opposition« wie auch ihr tatsächliches Verhältnis zur zu diesem Zeitpunkt noch 150.000 bis 200.000 Menschen umfassenden Bevölkerung blendete man dabei völlig aus. Man ließ so den Eindruck entstehen, es handele sich um fortschrittliche Kräfte und um Stadtviertel, die von der Mehrheit der Einwohner als »befreit« angesehen würden.<br />
<br />
Der Hintergrund für die Verdrehung der Fakten war die enorme strategische Bedeutung, die der Kampf um Aleppo hatte. Wäre es den Islamisten tatsächlich gelungen, die gesamte Metropole unter ihre Kontrolle zu bringen, hätte die Regime-Change-Allianz gute Voraussetzungen gehabt, den Krieg gegen die Assad-Regierung zu intensivieren. Aleppo und das umgebende Gebiet bis zur türkischen Grenze wären auch eine ausreichend große und wichtige »befreite Zone« gewesen, um als Basis für eine ernstzunehmende Gegenregierung zu fungieren. Die Niederlage der dortigen Milizen hingegen bedeutete faktisch das Ende dieses Projektes und damit auch eine empfindliche Niederlage der NATO-Staaten und ihrer Verbündeten. Mit Beginn der Offensive im September 2016 hatte die Berichterstattung im Westen nahezu einhellig nur noch den einen Tenor: Regierungstruppen und russische Luftwaffe lassen die Stadt in einem Inferno untergehen.<br />
<br />
Lauteten die Schlagzeilen zum Sturm auf Mossul etwa: »Die Offensive kommt schnell voran«, »Die Befreiung steht bevor« oder »Im Nordirak feiern die Menschen: Der IS wird zurückgedrängt«, so titelte man über die syrische Offensive beispielsweise »Blut im grauen Staub Aleppos« (Süddeutsche Zeitung, 26. September 2016), »Außenminister Steinmeier: ›Die Bilder aus Aleppo sind an Grausamkeit kaum zu überbieten‹« (Spiegel online, 9. August 2016) oder »Grünen-Chef Özdemir: ›Assad und Putin bomben Syrien zurück in die Steinzeit‹« (Spiegel online, 15. Oktober 2016). Die damalige US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Samantha Power, verglich das Geschehen in Ostaleppo gar mit Ruanda und Srebrenica und übernahm dabei fast eins zu eins die Propaganda der Dschihadistentruppe Ahrar Al-Scham.¹ Oft wurde nicht einmal erwähnt, dass sich die Offensive nur auf den Ostteil der zweitgrößten Stadt Syriens konzentrierte, in dem höchstens noch 15 Prozent der Einwohner lebten. So wurde der Eindruck erweckt, ganz Aleppo stehe vor dem Untergang.<br />
<br />
<b>Islamisten als »letzte Hoffnung«</b><br />
<br />
Dabei war es kein Geheimnis, dass die heroisierten Verteidiger überwiegend aus islamistischen und dschihadistischen Milizen bestanden, unter denen der syrische Al-Qaida-Ableger, die in Dschabha Fatah Al-Scham umbenannte Nusra-Front, und Ahrar Al-Scham die dominierenden Kräfte waren. Gruppen also, die dem IS in bezug auf reaktionäre islamistische Ideologie und Brutalität nicht viel nachstehen. Westliche Medien scheuten sich jedoch nicht, sich ungeachtet dieses allgemein bekannten Hintergrunds offen hinter diese Kräfte zu stellen. So gab Spiegel online am 2. August 2016 in einem Beitrag durchaus offen zu, dass die schlagkräftigsten Milizen »für einen syrischen Staat kämpfen, in dem ihre fundamentalistische Auslegung des islamischen Rechts, der Scharia«, gelten solle, bezeichnete sie aber dennoch als »Aleppos letzte Hoffnung«.<br />
Im Unterschied zu hiesigen Medien sahen wohl nur wenige Bewohner Aleppos die von Islamisten und Dschihadisten beherrschten Viertel als befreit an. Die Enklave war auch keineswegs infolge eines Aufstands in der Stadt selbst entstanden. In Aleppo hatte es 2011 keine nennenswerten Proteste gegen die Regierung gegeben. Die Metropole galt als Hochburg der Regierungsanhänger und blieb über ein Jahr lang von Unruhen verschont. Zum Verhängnis wurde ihr die Nähe zur Türkei. In der Grenzregion formierten sich die islamistischen Milizen und eroberten von dort aus den Osten der Stadt. Der Großteil der Bevölkerung flüchtete, die Mehrheit davon in die von der syrischen Armee gehaltenen Viertel im Westteil.<br />
<br />
Allen Berichten von Betroffenen zufolge, die nicht mit den Islamisten sympathisieren, errichteten die Milizen ein islamistisches Terrorregime inklusive Schleierzwang und Scharia-Gerichten. Sie nutzten Ostaleppo als Basis, um auch unter Einsatz von Autobomben und Selbstmordkommandos in die benachbarten Viertel vorzustoßen. Die Mehrheit der Bewohner betrachtete daher die Vertreibung der Terroristen durchaus als Befreiung.<br />
Die romantisierende Darstellung der Dschihadisten als »Verteidiger der Freiheit« führte dazu, dass Quellen aus ihrem Umkreis im Westen eine enorme Glaubwürdigkeit erhielten. Dies nicht nur bei den Medien, sondern auch bei Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International (AI) und Human Rights Watch (HRW). Beide führten umfangreiche Kampagnen zur Delegitimierung der Assad-Regierung durch, die fast vollständig auf den Informationen oppositioneller Gruppen beruhten. Dies führte etwa dazu, dass HRW mehrfach Bilder zerstörter Gebäude und Straßenzüge zeigte, die die Auswirkungen von Fassbombenabwürfen demonstrieren sollten, die jedoch an anderen Orten, etwa im kurdischen Kobani oder gar in Gaza, aufgenommen worden waren (siehe jW-Thema vom 26.1.2016). Egal, ob es sich um Berichte über angebliche Fassbombenabwürfe, Angriffe auf Krankenhäuser oder ähnliche Vorwürfe handelte, primäre Quellen waren in den meisten Fällen ausschließlich oppositionelle Gruppen wie das »Aleppo Media Center«, die mehr oder weniger eng mit den Milizen verbandelt waren. Unabhängige Journalisten hingegen konnten kaum in die von Regierungsgegnern kontrollierten Gebiete vordringen.<br />
<br />
<b>Professionelle PR-Arbeit</b><br />
<br />
Es wäre allerdings blauäugig anzunehmen, dass die durchaus professionelle und erfolgreiche PR-Arbeit allein das Werk der Milizen und verbündeter »zivilgesellschaftlicher Gruppen« war. Arabische und westliche Regierungen haben von Beginn an ziemlich offen eine entscheidende Rolle bei der Finanzierung und Ausbildung regierungsfeindlicher Medieninitiativen gespielt. Häufig war, was als spontane Gründung eines unabhängigen Medienbüros durch lokale Aktivisten wirkte, von syrischen Exiloppositionsgruppen und westlichen Nichtregierungsorganisationen in enger Zusammenarbeit mit westlichen Regierungsstellen aufgebaut worden. So wurde etwa das Radioprojekt Syria Radio Network (Syrnet) von der Berliner Organisation »Media in Cooperation and Transition« (MICT) mit Unterstützung des Auswärtigen Amtes entwickelt – kofinanziert unter anderem vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, dem belgischen und französischen Außenministerium und der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung.²<br />
<br />
Im Fall Aleppos wurde hauptsächlich durch extreme Einseitigkeit und Weglassen wesentlicher Aspekte Stimmung gegen das Vorgehen der syrischen und russischen Streitkräfte gemacht. Dies begann schon mit dem großen Raum, der der Offensive – im Verhältnis zu sonstigen Kriegsereignissen in der Welt – von den Medien eingeräumt wurde. Dies wurde noch dadurch verstärkt, dass die Folgen mit Hilfe der Berichte, Bilder und Videos oppositioneller Gruppen massiv aufgebauscht wurden. Die Angriffe der »Rebellen« auf den Westen Aleppos blieben unerwähnt, oft sogar die Präsenz bewaffneter Milizen generell. Auf diese Weise entstand zwangsläufig der Eindruck, die Angriffe der Regierungstruppen und ihrer russischen Verbündeten würden sich durchweg auf zivile Ziele richten. Nahezu alle Opfer und Kriegsschäden wurden Syrien und Russland angelastet, so als würden diese allein Waffen einsetzen.<br />
<br />
Viele von der »Opposition« verbreitete Berichte konnten aber auch direkt als Fälschung oder Irreführung entlarvt werden. Wenn man die mediale Berichterstattung zu Aleppo überfliegt, so wird offenbar, dass ein wesentlicher Teil rein auf Emotionalisierung zielte. Als besonders geeignet hierfür erwiesen sich Geschichten mit Kindern. So machte im Dezember 2016 das Bild eines kleines Mädchens in den »sozialen Medien« die Runde, das in den Ruinen von Aleppo zwischen Leichen herumirrte. Das scheinbar aktuelle Foto war jedoch bereits 2014 im Libanon entstanden und stammt aus einem inszenierten Videoclip der libanesischen Sängerin Hiba Tawadschi über den »arabischen Frühling«.<br />
<br />
Ein ähnlich lehrreiches Beispiel ist die Geschichte um das rührende Bild von Omran, dem »Jungen von Aleppo«. Es wurde im August 2016 geradezu zur Ikone der Schlacht um die Stadt. Es gab kaum eine Zeitung, die das Bild nicht veröffentlichte. Omran sei, so der Fotograf, durch einen syrischen oder russischen Luftangriff verletzt und von den »Weißhelmen« aus den Trümmern geborgen worden. Der Vater des Jungen, Mohammed Daknisch, bestritt die Geschichte allerdings umgehend: Sein Sohn sei nur leichtverletzt gewesen und dies keineswegs durch einen Luftangriff. Er beschuldigte die »Weißhelme« und die internationalen Medien, seinen Sohn für Propagandazwecke missbraucht zu haben. Über einen interessanten Aspekt dieser Geschichte wurde auch später kaum berichtet: Der Fotograf Mahmud Raslan hatte kurz vor diesem Foto ein »Selfie« gepostet, das ihn grinsend mit Angehörigen der berüchtigten Dschihadistenmiliz Harka Nur Al-Din Al-Senki zeigte. Raslan arbeitete im »Aleppo Media Center« (AMC), das zu den wichtigstes Informationsquellen der westlichen Medien zählte. Im Westen gilt es als »unabhängiges Netzwerk« sogenannter Bürgerjournalisten – es steht jedoch fest im Lager der Regimegegner und ist eng vernetzt mit den Dschihadisten. Gegründet wurde es mit Hilfe der »Syrian Expatriates Organisation« (SEO), die ihren Sitz in Washington hat und wohl auch erhebliche Summen von US-amerikanischen Regierungsstellen erhält.³<br />
<br />
<b>Die »Weißhelme«</b><br />
<br />
Noch besser ausgestattet und wesentlich prominenter als das AMC ist die bereits genannte zweite Organisation, die bei der Inszenierung von Omran als Bombenopfer mitwirkte: die »Weißhelme«. Auch sie versorgten die Medien fleißig mit Berichten und Bildmaterial aus den Kampfgebieten. Entgegen ihrer Selbstdarstellung handelt es sich bei den »Weißhelmen« jedoch nicht um eine originär syrische Organisation. Sie wurde von einem ehemaligen britischen Offizier gegründet und hat ihren Hauptsitz in Großbritannien. Die Finanzmittel kamen zunächst aus den Golfstaaten, anschließend überwiegend aus Washington und London – jeweils mehr als 30 Millionen US-Dollar.⁴ Auch das Auswärtige Amt der BRD hatte Ende 2016 schon zwölf Millionen Euro überwiesen.⁵ Während etablierte Hilfsorganisationen mit sinkender staatlicher Unterstützung zu kämpfen haben, hat diese seltsame Zivilschutztruppe in den letzten vier Jahren insgesamt schon weit über 100 Millionen Euro erhalten.<br />
<br />
Die »Weißhelme« helfen natürlich auch Verletzten. Nach eigenen Angaben haben sie bereits Zehntausenden das Leben gerettet. Bis Ende 2017 sollen es nach eigenen Angaben 99.200 gewesen sein. Überprüfbar ist diese Zahl nicht. Klar ist aber, dass sie nur in Gebieten aktiv sind, die unter Kontrolle regierungsfeindlicher Milizen stehen. Auch dort fühlen sie sich aber offenbar nicht für die gesamte Bevölkerung zuständig. Bassam Hajak, der Arzt, der im Ärzteverband von Aleppo für die Versorgung der Flüchtlinge verantwortlich war, die über die humanitären Korridore der syrischen Armee in den Westteil gelangten, berichtete, dass weder seine in Ostaleppo verbliebene Familie noch sonst jemand, mit dem er gesprochen habe, etwas von den »Weißhelmen« mitbekommen habe.⁶ Der schwedische Konfliktforscher Jan Oberg fand unmittelbar nach der Befreiung vor Ort ebenfalls keine Spur von ihnen. Sie kümmerten sich nicht um die Versorgung derer, die auch nach Ende der Kämpfe dringend auf Hilfe angewiesen waren. Statt dessen hatten sie sich zusammen mit den regierungsfeindlichen Kämpfern evakuieren lassen.⁷<br />
<br />
Gut vertraut sind die geisterhaften Zivilschützer hingegen mit den dschihadistischen Gruppen vor Ort, mit denen sie auch personell eng verflochten sind. Auf zahlreichen Bildern und Videos sind sie mit Al-Nusra-Fahnen zu sehen, wie sie zusammen mit islamistischen Kämpfern Erfolge feiern oder über erschossenen Soldaten posieren.⁸ Zudem kann man einige ihrer Aktivisten, die in Videos beim Einsatz in ihren weißen Uniformen zu sehen sind, auf anderen Fotos auch als bewaffnete Kämpfer erkennen.⁹ All dies schadete jedoch ihrem Ansehen im Westen bisher wenig. So erhielten sie trotz allem den Alternativen Nobelpreis, und eine Kurzdoku über sie wurde mit einem Oscar ausgezeichnet. Im Dezember 2016 überreichte der damalige deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) ihrem Chef Raed Al-Saleh den »Deutsch-französischen Preis für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit«.<br />
<br />
Wenn man die gesicherten Erkenntnisse über das Kriegsgeschehen in Aleppo betrachtet, so war die Offensive auf den Ostteil der Stadt mit Luftangriffen, Artilleriebeschuss und Straßenkämpfen für die verbliebene Bevölkerung selbstverständlich ein Horror, bei dem große Verwüstungen angerichtet und Tausende getötet wurden. Das trifft aber auch auf die pausenlosen Raketen- und Mörserangriffe der »Rebellen« auf den Westteil der Stadt zu. Nach Einschätzung der UNESCO waren nach Ende der vier Jahre andauernden Kämpfe 60 Prozent der Altstadt, durch die die Front verlief, schwer beschädigt und bis zu 30 Prozent völlig zerstört.¹⁰ Es ist jedoch bewusste Irreführung, wenn dafür ausschließlich die syrischen und russischen Streitkräfte verantwortlich gemacht werden. So wurde bei den vielen anklagenden Bildern über die Zerstörungen völlig verschwiegen, dass ein erheblicher Teil der Schäden bereits im Sommer 2012 beim Eindringen der islamistischen Milizen verursacht worden war. Teile der Altstadt waren damals bereits durch Feuer verwüstet und der berühmte Souk, das weltgrößte überdachte Marktviertel, von den Islamisten geplündert und gebrandschatzt worden.¹¹<br />
<br />
Die meisten neueren Schäden waren den Beobachtungen Jan Obergs zufolge während der Straßenkämpfe entstanden. Er schätzt, dass – entgegen dem durch die Medien vermittelten Eindruck – höchstens zehn Prozent der Zerstörungen auf das Konto von Luftangriffen gingen.<br />
Noch stärker zerstört wurde das irakische Mossul. Hier wurden beim Sturm der Stadt bis zu 80 Prozent zerstört.¹² Nach Einschätzung der UNO stellt das Ausmaß der Schäden jedenfalls alle bisherigen Kriegsschäden im Irak in den Schatten. Von den 54 Wohndistrikten Westmossuls wurden 15 völlig dem Erdboden gleichgemacht und dabei fast 32.000 Häuser komplett zerstört. In den 23 mittelschwer und 16 leicht beschädigten Distrikten kommen weitere 16.000 vollständig zerstörte Gebäude hinzu. Insgesamt wurden dadurch vermutlich Wohnungen für weit mehr als eine halbe Million Menschen zertrümmert.¹³<br />
<br />
<b>Kein Mitgefühl</b><br />
<br />
Der größte Teil der Zerstörungen dürfte Berichten zufolge auf den Artilleriebeschuss durch die irakischen Truppen zurückzuführen sein. Ein weiterer geht auch hier – wie in Aleppo – auf das Konto der Dschihadisten. Ein erheblicher Teil der betroffenen Gebäude war aber, wie Aufnahmen zeigen, eindeutig durch Luftbombardements zerstört worden. Die US-geführte Allianz aus NATO-Staaten, Australien, Jordanien und Marokko hatte den Bodentruppen in den letzten Wochen den Weg Meter für Meter regelrecht freigebombt – ohne Rücksicht auf Hunderttausende Bewohner, die dort eingeschlossen waren. Insgesamt floh im Laufe des fast neun Monate dauernden Angriffs mehr als eine Million Menschen aus der Stadt. Die Zahl der Opfer ist nur schwer zu schätzen. Irakisch-kurdische Geheimdienste gehen von mindestens 40.000 toten Zivilisten aus. Einer Untersuchung der UN-Menschenrechtskommission zufolge wurde mindestens jeder vierte Zivilist, der bei den Kämpfen starb, durch Luftangriffe der US-geführten Koalition getötet.¹⁴<br />
<br />
Betrachtet man die Berichterstattung zu Mossul, so fällt hier das völlige Fehlen von Mitgefühl für die Eingeschlossenen auf, deren Zahl meist recht niedrig angesetzt wurde. Aus Mossul kamen so gut wie keine Aufnahmen und Berichte über die Verwüstungen durch die Bombardierung, keine Leidensgeschichte Betroffener und keine Bilder von toten oder verwundeten Kindern. Die westlichen Medien zeigten hauptsächlich feiernde Soldaten und schiitische oder kurdische Milizionäre. Kaum Erwähnung fanden die Konflikte mit der sunnitischen Bevölkerung. Erst vor ihrem Hintergrund und der aus ihnen resultierenden Abneigung gegen die Schiiten und Kurden war es den Islamisten überhaupt möglich, sich in der Großstadt und anderen Gebieten festzusetzen. Absolut unkritisch wurde die Schlacht um Mossul als Kampf einer demokratisch gewählten Regierung gegen den IS dargestellt. Es war keine Rede davon, dass dieser Kampf von schiitischen Kräften, die die irakische Regierung dominieren und das Gros der Truppen stellten, durchaus als einer gegen die unbotmäßigen Sunniten geführt wurde. Weitgehend ignoriert wurden auch die im Windschatten der Rückeroberung durchgeführten Vertreibungen von Sunniten aus ethnisch und konfessionell gemischten Gebieten.<br />
<br />
<b>Realität auf den Kopf gestellt</b><br />
<br />
Vergleicht man die Kämpfe um Aleppo und Mossul, so stellt man fest, dass bei der unterschiedlichen Beurteilung der Kriegführung die tatsächlichen Verhältnisse geradezu auf den Kopf gestellt wurden. Auch wenn die syrischen und russischen Streitkräfte sicherlich nicht besonders zurückhaltend waren und selbstverständlich nicht alle Vorwürfe über Zerstörungen ziviler Einrichtungen Propaganda sind, gingen sie, wie das Ausmaß der Verwüstungen zeigt, im Vergleich zur US-geführten Allianz und ihren irakischen Bodentruppen deutlich rücksichtsvoller vor. Bei der Rückeroberung syrischer Städte bemühten sie sich, Entscheidungsschlachten in urbanen Zentren zu vermeiden. Kämpfern, die bereit waren, ihre Waffen abzugeben, boten sie Straffreiheit an. Denjenigen, die es nicht waren, wurde freies Geleit offeriert. Auch in Aleppo erlaubte Damaskus Tausenden Dschihadisten, unbehelligt mit ihren leichten Waffen und ihren Familien aus den umkämpften Stadtvierteln abzuziehen. Im Irak hingegen gab es keinerlei Anstrengungen, die verheerenden Endkämpfe durch Verhandlungen zu vermeiden.<br />
<br />
In Aleppo kam es bei der Übernahme der Kontrolle zu keinen größeren Racheaktionen von seiten der Regierungskräfte. Insgesamt wurden 85 Regierungsgegner ermordet – jedoch nicht von der Armee, sondern von Angehörigen zweier Milizen. Die Vorfälle wurden gerichtlich verfolgt. Im Irak hingegen folgten der Rückeroberung jeder Stadt Racheaktionen an der verbliebenen Bevölkerung. Die Täter waren dort in erster Linie die berüchtigten schiitischen Milizen. Vorwürfe von Einheimischen und Menschenrechtsorganisationen richten sich jedoch auch gegen reguläre irakische Einheiten und kurdische Kämpfer. In vielen konfessionell gemischten Gebieten nahmen Verschleppungen und Exekutionen von Sunniten oft den Charakter ethnischer Säuberungen an – und dies bei vollständiger Straflosigkeit.<br />
<br />
<b>Anmerkungen:</b><br />
1 Thomas Pany: Aleppo: Das neue »Srebrenica«? Telepolis, 15.12.2016, kurzlink.de/Pany_Aleppo<br />
2 Vgl. www.mict-international.org; Radio für Syrien – der Kasten, der in den Krieg sendet, Süddeutsche Zeitung, 21.10.2015<br />
3 Tim Anderson: The Omran Deception, Telesur, 31.8.2016, kurzlink.de/Anderson_Omran<br />
4 USAID: Supporting Syrians Who Are Struggling for a Future Syria Based on Democratic Governance and Respect for Human Rights, 12.6.2017, kurzlink.de/US-Aid_Syrien<br />
5 Auswärtiges Amt: Factsheet – Hilfe für Syrien (Stand 2016), kurzlink.de/AA-Factsheet-Syrien<br />
6 Vanessa Beeley: The Real Syria Civil Defence Exposes Fake »White Helmets« as Terrorist-Linked Imposters, 21st Century Wire, 23.9.2016, kurzlink.de/Beeley_Weisshelme<br />
7 Jan Oberg: The Destruction of Eastern Aleppo, Syria, 25.12.2016, kurzlink.de/Oberg_Aleppo<br />
8 Vgl. Marcello Ferrada de Noli: Should UN Consider White Helmets a Politically Neutral Organization, and Its Allegations as Credible Sources by UN Investigative Panels on Syria? The Indicter, 30.11.2017, kurzlink.de/Noli_Weisshelme; Vanessa Beeley: White Helmets: Hand in Hand with Al Qaeda and Extremist Child Beheaders in Aleppo, 21st Century Wire, 12.3.2017, kurzlink.de/Beeley_Weisshelme_2<br />
9 Double Life of White Helmets: Volunteers by Day, Terrorists by Night (Photos), South Front, 29.09.2016, kurzlink.de/Doppelleben<br />
10 UNESCO: 30 Percent of Aleppo's Ancient City Destroyed, AP, 20.1.2017<br />
11 Souk Burns as Aleppo Fight Rages, The Irish Times, 29.9.2012; Historische Stadt in Gefahr, Süddeutsche Zeitung, 1.10.2012<br />
12 Samuel Oakford: Mosul’s Capture Sees ISIS Vanquished – But at a Terrible Cost, Airwars, 1.7.2017, kurzlink.de/Oakford_Mossul<br />
13 Iraq Faces Vast Challenges in Securing, Rebuilding Mosul, AFP, 3.8.2017<br />
14 Vgl. hierzu auch Joachim Guilliard: Befreiung um jeden Preis – der Irak nach der verheerenden Schlacht um Mossul, Ossietzky 15/2017; ders.: Mossul in Ruinen – Konflikte verschärft, Ossietzky 18/2017
JGuilliard
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2018-01-22T19:50:00Z
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Real War and Fake News: Die Kämpfe um Mossul und Aleppo
https://jghd.twoday.net/stories/real-war-and-fake-news-die-kaempfe-um-mossul-und-aleppo/
<b>1.1 Kriegslügen ‒ die verhängnisvollsten Fake News</b><br />
<br />
Nun steht natürlich außer Frage, dass die „Sozialen Medien“ einen besonders guten Nährboden für „Fake News“ bilden, wo sie sich leicht säen und sehr schnell verbreiten lassen, bei Bedarf durch Computerprogramme, den sog. „Social Bots“ auch automatisiert. <br />
<br />
Wenn wir aber in der Geschichte zurückblicken, müssen wir feststellen, dass die Falschmeldungen, die die schlimmsten Schäden anrichteten, aus der Politik und etablierten Medien selbst kamen bzw. von ihnen verbreitet wurden. Ein berühmt-berüchtigtes Beispiel dafür ist die sogenannte „Brutkasten-Lüge“, die von einer Werbeagentur kreierte Story über Babys, die irakische Soldaten 1990 in Kuwait aus Brutkästen gerissen hätten. Sie wurde damals von den meisten Medien weiter verbreitet und auch von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International. Sie trug damals maßgeblich dazu bei, die öffentliche Meinung in den USA zugunsten des ersten US-Krieges gegen den Irak zu drehen. Weitere berühmte Beispiele sind die angeblichen Belege über irakische Massenvernichtungswaffen, die 2003 der damalige Außenminister Colin Powell dem UN-Sicherheitsrat vorlegte, oder die angeblichen Massaker im Kosovo und der „Hufeisenplan“, den Rudolf Scharping der jugoslawischen Regierung angedichtet hatte, um den NATO-Krieg gegen Jugoslawien zu rechtfertigen. Noch gut in Erinnerung sind sicherlich auch die Propagandameldungen über afrikanische Söldner und angeordnete Massenvergewaltigungen in Libyen, mit der Stimmung für den Libyenkrieg gemacht wurde.<br />
<br />
Weit häufiger als mit eindeutigen Falschmeldungen, wird jedoch mit sehr einseitigen oder stark übertreibenden Beiträgen versucht, die gewünschte Stimmung für ein politisches Anliegen zu schaffen. Auch wenn es nicht so gewertet wird und auch leicht abzustreiten ist, ist das Weglassen essentieller Teile einer Geschichte, die zum Verständnis und zu ihrer Einordnung nötig sind, letztlich ebenfalls Fake, d.h. eindeutige, klare Desinformation. Im Folgenden wird es daher um alle Formen von Desinformation gehen.<br />
<br />
<b>1.2 Aleppo und Mossul: Beispiele für Doppelmoral und Propaganda</b><br />
<br />
Wie stark solche Desinformationen zur Durchsetzung herrschender Politik hierzulande eingesetzt werden, lässt sich sehr gut am Umgang von Politik und Medien mit den Kämpfen um Mossul und Aleppo zeigen. Beide zählen zu den schlimmsten Schlachten in jüngster Zeit. Sie stehen aber nicht nur als drastische Beispiele für die Brutalität der Kriege in Syrien und dem Irak, sondern auch für eine extreme Doppelmoral in ihrer Bewertung und für eine Berichterstattung, die weit mehr an den strategischen Interessen der herrschenden Kreise im eigenen Land, als am tatsächlichen Kriegsgeschehen ausgerichtet sind. <br />
<br />
„Die Berichterstattung über den Syrienkrieg wird als eine der schändlichsten Episoden in der Geschichte der US-amerikanischen Presse eingehen“ schrieb der renommierte Journalist und Autor, Stephen Kinzer in der US-Zeitung Boston Globe. Die Reportagen über Aleppo seien die jüngsten Beispiele dafür, so der einstige langjährige Auslandskorrespondent der New York Times.(<a href="https://www.bostonglobe.com/opinion/2016/02/18/the-media-are-misleading-public-syria/8YB75otYirPzUCnlwaVtcK/story.html">The media are misleading the public on Syria</a>, Boston Globe, 18.2.2016) Wer Berichte über Mossul und Ost-Aleppo vergleiche, könne sehr viel über die Propaganda lernen, die wir konsumieren, meint auch der erfahrene Nahost-Korrespondent des britischen Independent, Patrick Cockburn. (Patrick Cockburn, <a href="http://www.independent.co.uk/voices/iraq-syria-aleppo-mosul-patrick-cockburn-propaganda-we-consume-a7373951.html">Compare the coverage of Mosul and East Aleppo and it tells <br />
you a lot about the propaganda we consume</a>, Independent, 21.10.2016) <br />
<br />
Ein Vergleich der beiden Militäroffensiven zeigt zudem auch große Unterschiede im Vorgehen der syrischen Armee und ihrer Verbündeten und dem der US-geführten Allianz in Syrien und im Irak.<br />
<br />
Die Ausgangslage war in den beiden großen Metropolen ähnlich. Sowohl Ost-Aleppo als auch Mossul standen unter Kontrolle radikaler islamistischer Kräfte. Beide wurden von Regierungstruppen mit ausländischer Unterstützung belagert, bombardiert und schließlich gestürmt. Die Darstellung von Politik und Medien hätte jedoch unterschiedlicher kaum sein können.<br />
<br />
... weiter zum <a target="_blank" href="https://static.twoday.net/jghd/files/real-war-and-fake-news-mit-bildern.pdf">gesamten Text (PDF)</a>
JGuilliard
Nahost
Copyright © 2017 JGuilliard
2017-12-30T17:41:00Z
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Fake News in Propagandaschlacht um Ost-Aleppo und Mossul
https://jghd.twoday.net/stories/fake-news-in-propagandaschlacht-um-ost-aleppo-und-mossul/
<i>Bei der Befreiung von Ost-Aleppo und Mossul hat der westliche Medien-Mainstream gezielt Fake News eingesetzt. Das stellt der Friedensaktivist Joachim Guilliard klar. Im Sputnik-Interview macht er auf die Interessen hinter der westlichen Medienpropaganda aufmerksam, die in Ost-Aleppo die Opfer benutzt und sie in Mossul ausgeblendet hat.</i><br />
<br />
Die Berichte der deutschen Medien zeigten, dass diese sich mehr an den Interessen der herrschenden Kreise hierzulande orientieren als an dem tatsächlichen Geschehen, stellte Joachim Guilliard im Interview mit Sputnik klar. Beide Fälle haben nach seinen Worten gemeinsam: Ost-Aleppo in Syrien und Mossul im Irak waren in Händen dschihadistischer Kräfte, die sich in Brutalität und rückständiger Weltanschauung kaum unterschieden. Bei beiden habe die westliche Berichterstattung Fakten weggelassen und Fake News verbreitet.<br />
(<a href="https://de.sputniknews.com/politik/20171126318445411-fake-news-propagandaschlacht/">... weiter</a>)
JGuilliard
Nahost
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2017-11-29T19:39:00Z
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Syrien: Crowdfunding für den Regime Change
https://jghd.twoday.net/stories/syrien-crowdfunding-fuer-den-regime-change/
<b>Internationale Strafverfolgungsinitiative über die UNO</b> <br />
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Anlass ist die von der UN-Vollversammlung beschlossene Aufnahme von Ermittlungen über schwere Kriegsverbrechen in Syrien. Die im Dezember letzten Jahres verabschiedete Resolution A/71/248 sieht dazu die Einführung eines „internationalen, unparteiischen und unabhängigen Mechanismus zur Untersuchung und Verfolgung der schwersten Verbrechen gemäß internationalem Recht“ vor (abgekürzt IIIM für „International, Impartial and Independent Mechanism“). <br />
<br />
Das neue Gremium hat die Arbeit noch nicht aufgenommen, unter anderem weil von den als Jahresbudget für 2017 veranschlagten 13 Millionen US-Dollar bisher nur 9 Millionen zugesagt wurden. Um den „Mechanismus“ endlich in Gang zu bringen, will die Crowdfunding-Initiative innerhalb von 10 Wochen die Hälfte des Fehlbetrags aufbringen. Den Initiatoren gehe es dabei nicht nur um das nötige Geld, so Elias Perabo, der Geschäftsführer von AaR, sondern auch um ein wichtiges Zeichen „an die syrische Zivilgesellschaft, die sowohl vom syrischen Regime als auch von den unterschiedlichen islamistischen Gruppierungen bekämpft“ würde. <br />
<br />
Indem die Organisatoren sowohl von Verbrechen des „Regimes“ als auch von „islamistischen Gruppierungen“ reden, geben sie sich einen neutralen Anstrich. Ihre bisherigen Kampagnen legen jedoch nahe, dass auch diese Initiative vor allem gegen die syrische Regierung und ihre Verbündeten Russland und Iran gerichtet ist. Das von Grünen-Politikern unterstützte und eng mit der Heinrich Böll-Stiftung zusammenarbeitenden Paten-Bündnis AaR engagierte sich von Beginn an für einen Regime Change in Syrien und trommelt unter anderem auch für die Einrichtung von Flugverbotszonen wie 2011 in Libyen, d.h. für ein direktes militärisches Eingreifen von NATO-Staaten (3). Unter seinen Aktivisten sind führende Mitglieder der syrischen Exil-Opposition, die schon 2012 mehr Waffen für die „Rebellen“ forderten (4). <br />
<br />
Auch der syrische Unterstützer des Crowdfundings, SMC, wirbt für eine direkte militärische Intervention. Ihr Gründer und Chef Mazen Darwish feierte die US-amerikanischen Raketenangriffe auf einen syrischen Militärflughafen im April als „überfälligen ersten Schritt“ und bekämpft gleichzeitig die von Russland mit dem Iran und der Türkei vereinbarten Deeskalationszonen (5). <br />
<br />
Bezeichnend ist auch die Fokussierung auf „Regime“ und „islamistische Gruppierungen“, zu denen offensichtlich nur Hardliner, wie der Islamische Staat und die Al Nusra Front gezählt werden. Mit der Behauptung die „Zivilgesellschaft“ werde von beiden Seiten bekämpft, nähren AaR und seine Partner weiter den Mythos eines zivilen Aufstands, der von der Mehrheit der Syrer unterstützt und von der Regierung militärisch bekämpft würde. Tatsächlich steht die Bevölkerung, wie alle Wahlen und Umfragen seit 2011 zeigen, mehrheitlich hinter der Regierung. So suchte der überwiegende Teil der syrischen Binnenflüchtlinge in den von der Regierung kontrollierten Landesteile Schutz und keineswegs in den von den islamistischen Milizen besetzten Gebieten. <br />
<br />
Völlig ausgeblendet bleibt in der Crowdfunding-Initiative die äußere Einmischung durch NATO-Staaten und Golfmonarchen, obwohl diese zweifelsohne maßgeblich verantwortlich für den Krieg und damit auch für alle in dessen Rahmen verübte Gewalt und Verbrechen sind. <br />
<br />
Trotz der einseitigen Absichten deutscher Unterstützer spricht, so werden viele meinen, nichts gegen unabhängige Untersuchungen von schweren Kriegsverbrechen in Syrien. Könnten sie doch eventuell Klarheit über einige umstrittene Vorwürfe schaffen. Die geplanten Ermittlungen sind jedoch weder entsprechend konzipiert noch gibt es ein Umfeld, das wirklich unparteiische und unabhängige Ermittlungen und Strafverfolgungen zulassen würden. <br />
<br />
<b>Gegen Souveränität und politische Lösungen</b> <br />
<br />
Die Staaten, die die Resolution in die UN-Vollversammlung einbrachten, verfolgen mit ihr offensichtlich dieselben Interessen wie ihre deutschen Unterstützer. So ist das Ausblenden der Verantwortung ausländischer Mächte für den Krieg bereits in der Resolution angelegt. Sie wurde offiziell von Liechtenstein, Kanada und Katar initiiert und unter anderem von den USA, Frankreich, Großbritannien, der Türkei und Saudi-Arabien mit eingebracht ‒ überwiegend von Staaten also, die man kaum als Vorkämpfer für Menschenrechte betrachten kann und die durch Aufbau und Ausrüstung islamistischer Milizen den Krieg bis heute anheizen. <br />
<br />
Durch den Gang vor die Vollversammlung umgingen sie den UN-Sicherheitsrat, in der sie ihre Vorstellung von internationalen Ermittlungen nicht durchsetzen konnten. Hier konnten die Drahtzieher hinter der Resolution damit rechnen, dass angesichts der Gräuelberichte aus Syrien und des von den dominierenden westlichen Medien verbreiteten Bild des Konfliktes, es viele Regierungen nicht wagen werden, sich gegen die Resolution auszusprechen. 107 Staaten stimmten schließlich dafür, 86, vorwiegend aus Afrika und Lateinamerika, stimmten dagegen, enthielten sich oder blieben der Abstimmung fern. <br />
<br />
Endlich hätte damit die Blockade Russlands und China überwunden werden können, so der Tenor in den westlichen Medien. Ignoriert wurde dabei, dass die beiden Veto-Mächte nie gegen unabhängige Untersuchungen der vielfältigen Vorfälle waren. Sie wandten sich nur aus gutem Grund gegen die konkrete Form von parteiischen Ermittlungen, die die NATO-Mächte und ihre Verbündete durchsetzen wollten. <br />
<br />
Was Menschenrechtsaktivisten als historischen Erfolg feierten, wurde zu Recht von vielen Staaten als unzulässige und gegen politische Lösungen gerichtete Einmischung in den Konflikt zurückgewiesen. Enthielt sogar die Libyen-Resolution 1973 des UN-Sicherheitsrats vom 17.3.2011, mit der sich Paris, London und Washington eine Legitimation für den Krieg gegen Libyen verschafften, noch die Formel vom „ nachdrücklichen Bekenntnis zur Souveränität, Unabhängigkeit, territorialen Unversehrtheit und nationalen Einheit der Libysch-Arabischen Dschamahirija“, so findet man in der Syrien-Resolution der Vollversammlung noch nicht einmal ein solches formales Lippenbekenntnis. <br />
<br />
Ecuador, das die Strafverfolgung von Kriegsverbrechern für durchaus wichtig erklärte, „inklusive derer, die Terroristen finanziell und militärisch unterstützen“ kritisierte daher, die Resolution würde die souveräne Gerichtsbarkeit von Staaten untergraben. Indem der Mechanismus durch freiwillige Beiträge finanziert werden soll, untergrabe er seinen unparteiischen Anspruch. Die Resolution würde zudem nicht die komplexe Natur des Konfliktes berücksichtigen, sondern einen Regime Change durchzusetzen versuchen (6). <br />
<br />
Südafrika betonte, dass es zwar den Schutz der Menschenrechte aller von Konflikten Betroffenen unterstützen würde. Wenn es um das Leben von Menschen gehe, sei aber „extensiver Dialog und Verhandlungen“ wichtiger. <br />
<br />
Einseitige Resolutionen in der Vollversammlung würden nicht helfen, den Konflikt zu lösen. Ähnliche Kritik kam auch aus China. Die internationale Gemeinschaft solle mehr Gewicht auf den Schutz der Souveränität und territorialen Unversehrtheit Syriens legen und nicht die Probleme noch verkomplizieren. <br />
<br />
Auch Mexiko drängte darauf eine Lösung mit diplomatischen Mitteln zu erreichen und forderte die Wiederaufnahme von Friedensgesprächen. Für Indonesien bieten die bereits verabschiedeten Resolutionen eine völlig ausreichende Basis, um eine Einstellung der Kämpfe zu erreichen, humanitäre Hilfe bereitzustellen und eine politische Lösung finden zu können. Statt einen neuen Mechanismus mit einem unklaren Mandat einzuführen, sollte man sich, angesichts der akuten Notlage, lieber auf die Bedürfnisse der Bevölkerung vor Ort konzentrieren. <br />
<br />
Venezuela verurteilte die fortgesetzte Eskalation der Gewalt durch einen „Krieg von über 60 terroristischen Gruppen“ gegen die legitime Regierung des Landes. Die gleichen Regierungen, die für das Leid dieses Krieges verantwortlich sind, würden sich nun besorgt darüber zeigen und von Gerechtigkeit reden. Es sei klar, dass die Initiative einseitig auf den Sturz der Regierung ziele. Zudem stelle sich die Frage, wieso nicht analog auch die Kriegsverbrechen in Palästina, Libyen und Jemen untersucht werden sollten? <br />
<br />
Scharfe Kritik gab es auch an der konspirativen Art, wie die die Resolution von einer kleinen Gruppe von Staaten ausgearbeitet wurde. Der Entwurf sei wie ein „Militärgeheimnis“ behandelt worden, monierte selbst der ägyptische Vertreter. Einige Staaten würden nach Strafverfolgung schreien, während sie selbst Terrorismus unterstützen. <br />
<br />
<b>Parteiische Untersuchungen</b> <br />
<br />
Im Rahmen des beschlossenen Mechanismus sind kaum eigene Recherchen geplant. Man will stattdessen der Einfachheit halber und aus Sparsamkeit auf Daten zurückgreifen, die syrische und internationale NGOs bereits gesammelt haben. Diese sollen von Sonderermittler-Teams zu gerichtsfesten Beweisen aufgearbeitet und soweit möglich Tätern zugeordnet werden. Die so entstehenden Akten sollen Strafverfahren vor nationalen, regionalen oder internationalen Strafgerichtshöfen, die sich jetzt oder in der Zukunft dazu befugt sehen, erleichtern. <br />
<br />
Im Unterschied zur schon bestehenden Syrien-Ermittlungskommission des UN-Menschenrechtsrats, soll der IIIM damit eine quasi staatsanwaltliche Funktion übernehmen. Die treibenden Kräfte hinter der Resolution wären sicherlich gerne weitergegangen. Die Vollversammlung hat aber nicht die Autorität, internationale Ad-Hoc-Tribunale, wie das Jugoslawien-Tribunal in Den Haag, ins Leben zu rufen oder den Internationalen Strafgerichtshof mit der Strafverfolgung zu beauftragen. Dazu ist nur der Sicherheitsrat befugt. Die Resolution setzt daher auf die Unterstützung von willigen Staaten und NGOs und ermuntert Einzelstaaten, in Syrien begangene Kriegsverbrechen vor eigenen Gerichten zu verfolgen. <br />
<br />
Finanziert soll der IIIM nicht über ein eigenes UN-Budget werden, sondern durch freiwillige Spenden von unterstützenden Staaten. Die größten Summen mit je einer guten Million US Dollar stellten bisher Katar, Deutschland und die Niederlande in Aussicht (7). Für Kritiker, wie den russischen Botschafter bei der UNO, Witaly Tschurkin, liegt es auf der Hand, dass die, die Geld geben, auch die von ihnen gewünschten Resultate erwarten. Es sei offensichtlich, dass es „anti-Damaskus und anti-Assad-Untersuchungen“ sein werden (8). <br />
<br />
Der Verdacht wird dadurch genährt, dass es sich bei den syrischen NGOs, die als wichtige Quellen für relevantes Material über Verbrechen in Syrien aufgeführt werden, ausschließlich um oppositionelle Gruppen oder diesen nahestehende Organisationen handelt. Nirgends ist dagegen die Rede davon, dass man auch auf Material syrischer Behörden oder russischer Stellen zurückgreifen wolle.<br />
<br />
<b>Zuarbeit durch private „Gerechtigkeitskommission“</b> <br />
<br />
Als für die Zuarbeit besonders geeignete Organisation wird häufig der Verein „Commission for International Justice and Accountability“ (CIJA) genannt (9). Indem diese „Kommission“ seit Beginn 2012 in Syrien Belege für Verbrechen und ihre Zuordnung zu Tätern mit dem Ziel gesammelt habe, „Anklage bereite Akten“ (case ready files) zusammenzustellen, meint beispielsweise der Menschrechtsaktivist Mark Kersten in der Washington Post, sei sie bisher die einzige auf dem „‘Marktplatz‘ internationaler Gerechtigkeitsorganisationen“, die Beweise auf eine Weise zusammengetragen habe, dass sie für die Verurteilung von Kriegsverbrechern verwendet werden können. Die Staaten, die den IIIM ins Leben riefen, könnten zudem eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen diesem und CIJA garantieren, da sie deren Hauptsponsoren seien (10). <br />
<br />
Die CIJA ist ein typisches Beispiel für die Menschenrechts-Organisationen, die sich in Syrien tummeln und nun die Basis für die Ermittlungen im Rahmen des IIIM bilden sollen. Sie entstand aus einer Initiative der britischen Regierung, die 2012 begann, syrische Oppositionelle zu Menschenrechtsaktivisten auszubilden. Sie heuerte dafür den ehemaligen kanadischen Infanterie-Offizier Bill Wiley an, der während seiner Militärzeit in humanitärem Völkerrecht promoviert und anschließend u.a. drei Jahre beim Haager Jugoslawientribunal als Ermittler und Rechtsexperte gearbeitet hatte. <br />
<br />
Mit Unterstützung von Stephen Rapp, Sonderbotschafter der US-Regierung für Kriegsverbrechen, gründete er wenig später für die Aufarbeitung der von den neuen Aktivisten gesammelten Daten einen gemeinnützigen Verein mit Sitz in Den Haag, der 2013 in CIJA umbenannt wurde. Dieser stand finanziell sofort auf äußerst soliden Beinen. Dem Startgeld der Briten in Höhe von über zwei Millionen Dollar folgten wenig später gut zwei Millionen der EU und eine aus Washington. Auch Deutschland und andere NATO-Staaten beteiligen sich an der großzügig fortgesetzten Finanzierung in Höhe von rund 8 Millionen US-Dollar im Jahr. <br />
<br />
Berühmt wurde die CIJA Anfang 2014 durch die Präsentation von Tausenden Dokumenten, die angeblich von „Rebellen“ aus Regierungsarchiven in Raqqa und Deir ez-Zor erbeutet und von Aktivisten der Gruppe außer Landes geschmuggelt worden waren. Nachdem eigenen Angaben zufolge die Zahl der gesammelten Papiere bis April 2016 auf 600.000 Seiten angewachsen war, kulminierte die Arbeit der CIJA schließlich in einer 400-seitigen Anklageschrift, die belegen soll, dass systematische Folterungen und Exekutionen von zehntausenden Syrern direkt von Präsident Baschar al-Assad angeordnet und, koordiniert von „seinen Geheimdiensten“, durch Angehörige der Sicherheitskräfte durchgeführt worden seien. <br />
<br />
Die sogenannten „Assad Files“ gelten als Ergebnis der ersten internationalen Ermittlungen über Kriegsverbrechen, die von einer privaten Organisation durchgeführt wurden, zwar finanziert von Regierungen, aber ohne das Mandat eines Gerichts. Rapp, der vor seiner Anstellung bei US-Regierung Anklage-Teams (prosecution teams) bei den internationalen Kriegsverbrechertribunalen zu Ruanda und Sierra Leone geleitet hatte, zeigte sich Medien gegenüber überzeugt, dass die Gruppe genau das Material zusammengetragen habe, das bei den bisherigen Verfahren gegen führende Repräsentanten vor internationalen ad-hoc Tribunalen für eine überzeugende Anklage gefehlt hatten (11). <br />
<br />
Die Quellen und die Art der Beschaffung der Dokumente lassen ihre Authentizität jedoch sehr zweifelhaft erscheinen. So wurden die Dokumente aus Raqqa und Deir ez-Zor mit Hilfe der islamistischen Milizen erbeutet, die die beiden ostsyrischen Großstädte im März bzw. Dezember 2013 erobert hatten (12). Die dominierenden Gruppen waren hier der Al Qaida-Ableger Al Nusra Front und die kaum weniger radikale Ahrar al Scham, die umgehend die Scharia eingeführt und in Raqqa ein Scharia-Gericht im Stadion eingerichtet hatten (13). Die Zusammenarbeit mit den Milizen wurde in der Folge immer enger. In manchen Fällen rückten CIJA-Mitglieder direkt mit ihren Kämpfern in eroberte Gebiete ein (14). <br />
<br />
Eine weitere wichtige Quelle war der junge Syrer Abdelmadschid Barakat, der als Regierungsangestellter Berge von Dokumenten aus dem innersten syrischen Machtzirkel herausgeschmuggelt haben soll. Barakat sei als 24jähriger unmittelbar nach Abschluss seines Studiums im „zentralen Krisenmanagement-Ausschuss“, der zu Beginn der Unruhen gegründet worden sei, angestellt worden, obwohl er, wie er berichtet, einer der ersten „Revolutionsgruppen“ angehört habe und als Student vom Militärgeheimdienst wegen des Verdachts regierungsfeindlicher Aktivitäten verhört worden sei. <br />
<br />
Als Mitarbeiter des Krisenstabs, in dem alle Infos der Armee und der Geheimdienste zusammengeflossen seien, habe er Zugang zu den geheimen Berichten, Sitzungsprotokollen und Beschlüssen gehabt und bald begonnen diese zu fotografieren und an oppositionelle Gruppen weiterzugeben. Schließlich habe er sich mit Tausend Dokumenten ins Ausland abgesetzt (15). <br />
<br />
Auch die Authentizität dieser Angaben und Dokumente lässt sich schwer überprüfen. Sehr glaubhaft klingt die Geschichte von einem jungen Oppositionellen nicht, der trotz Verdacht auf regierungsfeindliche Einstellungen von der Uni direkt in den absolut geheimen obersten Krisenstab des Landes wechseln konnte, dessen Aufgabe angeblich die gewaltsame Niederschlagung der Aufstände war. <br />
<br />
<b>Codename „Cäsar“ ‒ Beispiel für fragwürdige Anklagen</b> <br />
<br />
Die Geschichte Barakats ist eng gekoppelt mit der eines anderen Überläufers, der unter dem Pseudonym „Caesar“ berühmt wurde. Dieser soll bei der Militärpolizei für forensische Fotos zuständig gewesen sein und Ende 2013 rund 55.000 Fotos aus Syrien herausgeschmuggelt haben, die zu Tode gequälte Häftlinge zeigen sollen. Mit ihnen wollte er belegen, dass seit März 2011 mindestens 11.000 Menschen in syrischen Gefängnissen zu Tode gefoltert worden waren. Die vom Golfemirat Katar mit der Prüfung und Aufarbeitung des Materials beauftragte Londoner Anwaltskanzlei Carter-Ruck lies daraus einen Bericht erstellen, den sie im Januar 2014, kurz vor der zweiten internationalen Syrienkonferenz in Genf den Teilnehmern und Medien präsentierte. <br />
<br />
Nicht nur der Auftraggeber, auch die Kanzlei und die Zusammenstellung des mit der Erstellung des Berichts beauftragten Teams, legen nahe, dass mit der zeitnahen Veröffentlichung der schockierenden Bilder eventuelle Übereinkünfte mit der Assad-Regierung zur Überwindung der Konflikte torpediert werden sollten. <br />
<br />
So zählen mit dem Emir von Katar und dem türkischen Präsidenten Tayyip zwei Staatschefs zu den wichtigsten Mandanten der Kanzlei Carter-Ruck, die aktiv den Sturz der syrischen Regierung betreiben (16). Mit Professor David M. Crane war zudem ein Experte bei der Verfassung des Berichts beteiligt, der seit Jahrzehnten für das US-Verteidigungsministerium und dessen Geheimdienst „Defense Intelligence Agency“ (DIA) arbeitet. Involviert war außerdem die neokonservative Denkfabrik Washington Institute for Near East Policy (WINEP) (17). <br />
<br />
Die Toten auf den Fotos sind real, doch wo und wie sie starben ist so ungewiss wie die wahre Indentität „Cäsars“. Dass es sich um Folteropfer handelt, ist aber unwahrscheinlich. Warum sollten die syrischen Sicherheitskräfte die Toten akribisch fotografieren, wenn sie tatsächlich von ihnen zu Tode gefoltert oder ermordet worden waren. Naheliegender ist es, wen man die Aufnahmen betrachtet, dass sie im Rahmen des normalen Vorgehens in Kranken- und Leichenschauhäuser entstanden sind. <br />
<br />
Wie selbst Human Rights Watch einräumen musste, die dem Bildmaterial ansonsten großes Gewicht in ihren Anklagen gegen die Assad-Regierung beimisst (18), sind die Toten auf fast der Hälfte aller Bilder Armeesoldaten, Mitglieder der Sicherheitsdienste oder Opfer von Bränden, Explosionen etc. – also Opfer der sogenannten „Rebellen“ und nicht des „Regimes“. Auf einem beträchtlichen Teil der restlichen Fotos sind frische Einschuss- oder Splitterwunden zu sehen, was darauf hindeutet, dass die Opfer eher im Gefecht als in einem Gefängnis starben. Wundverbände weisen bei vielen anderen auf einen Tod nach einer Wundversorgung hin. <br />
<br />
Ein großer Teil der Fotos wurde zudem manipuliert. So waren abgebildete Karteikarten und Etiketten mit Identifikationsinformationen geschwärzt worden, wodurch eine Überprüfung der tatsächlichen Todesumstände der Toten verhindert wurde (19). Trotz ihrer mittlerweile stark angezweifelten Authentizität werden die „Cäsar-Fotos“ nach wie vor von westlichen Politikern und Medien als Belege dafür angeführt, dass man mit Assad keinen Frieden schließen kann. Auch ein Anklage vor dem obersten spanischem Gerichtshof gegen neun Angehörige der syrischen Regierung wegen willkürlicher Inhaftierung, Folter und Exekutionen stützt sich im Wesentlichen auf „Cäsars“ Fotos und Aussagen (20). <br />
<br />
<b>„Fassbomben“ und Giftgas ‒ Stimmungsmache für eine Fortsetzung des Krieges</b> <br />
<br />
Kaum weniger parteiisch und inhaltlich zweifelhaft, wie syrische Menschenrechtgruppen, sind in Bezug auf Syrien auch die renommierten internationalen Organisationen Amnesty International und Human Rights Watch. Ob es um den Einsatz der berüchtigten „Fassbomben“ geht oder um Folter und Exekutionen von Gefangenen. Stets basieren ihre Anklagen überwiegend auf der völlig unkritischen Übernahme der Darstellungen von Regierungsgegnern (21). <br />
<br />
Einen weiteren Vorgeschmack für die Ermittlungen, die vom IIIM zu erwarten sind, gibt der Umgang mit den Giftgasanschlägen. Obwohl es nach den Recherchen des renommierten, investigativen US-Journalisten Seymour Hersh und türkischer Parlamentarier und Staatsanwälte sowie Untersuchungen von Waffenkontrollexperten der US-Elite-Universität MIT, es als sicher gelten kann, dass der Angriff in Ghuta im August 2013 nicht von der syrischen Armee ausgeführt wurde, halten westlichen Regierungen, Medien und Menschenrechtsorganisationen die Vorwürfe gegen die syrische Regierung unvermindert aufrecht (22). Dasselbe gilt auch für den jüngsten Anschlag mit Sarin vom 4. April in Khan Scheikhun, obwohl hier erneut alles auf dschihadistische Milizen als Täter hindeutet (23). <br />
<br />
Bei der Kritik an dem zumindest einseitigen und mit starken Vorurteilen behafteten Vorgehen der Menschenrechtsgruppen geht es selbstverständlich nicht darum, schwere Menschenrechtsverletzungen durch die syrische Armee, Geheimdienste etc. generell auszuschließen. Natürlich wären unabhängige Untersuchen entsprechender Vorwürfe durchaus wünschenswert. Unter den gegebenen Umständen kann eine Initiative, wie der IIIM, aber nur – wie von seinen Kritikern befürchtet – ein Mittel zur Diskreditierung und Delegitimierung der syrischen Regierung sein. Adopt a Revolution & Co. fungieren dabei als willige Helfer. Er ist nicht zuletzt auch dazu bestimmt, neue Argumente gegen Verhandlungslösungen mit der Assad-Regierung zu produzieren. <br />
<br />
Wie der in Berlin lebende syrische Anwalt Anwar al-Bunni, der die Crowdfunding-Initiative mitorganisiert, jüngst betonte, sind diplomatische Bemühungen, wie die Verhandlungen in Genf für sie nur „Zeitverschwendung auf Kosten des Blutes des syrischen Volkes“ (24). Er und seine Mitstreiter kämpfen ‒ ungeachtet der fürchterlichen Folgen des Krieges ‒ weiter für den Sturz der Regierung. Ihr Mittel soll dabei eine internationale Justiz sein, die von außen in den Konflikt eingreift und schon dadurch die Position der Regierung untergräbt. <br />
<br />
Peter Nowak fordert Gegner der westlichen Intervention in Syrien in einem Telepolis-Artikel,, auf, den IIIM zu unterstützen. Eine juristische Untersuchung könne doch zur Klärung beitragen, für welche Verbrechen das Regime tatsächlich verantwortlich sei und für welche nicht. Ungeachtet dessen, dass das Verfahren dafür nicht angelegt ist, ist es für deutsche Linke und Kriegsgegner wesentlich sinnvoller, auf eine Untersuchung der Verantwortung der eigenen Regierung und ihrer Verbündeten für die Verbrechen in Syrien zu drängen. Auch im Fall von Syrien muss die Rechtsprechung des Nürnberger Gerichtshofes sinngemäß gelten, wonach eine Aggression gegen ein anderes Land, als das größte internationale Verbrechen gewertet werden muss, weil sie „alle Schrecken in sich vereinigt“ (25).
<hr style="margin: 1px 0px; padding-top: 1px; border-width: 6px 0px; border-style: solid none; border-color: white; background-color: rgb(153, 153, 153);" /> Quellen: <br />
<br />
(1) <a href="http://www.crowd4justice.org/">http://www.crowd4justice.org/</a> <br />
<br />
(2) Crowdfunding gegen Kriegsverbrecher, Medico International, 19.6.2017 <br />
<br />
(3) Siehe u.a. den Appell „Beendet das Bomben in Syrien!“, <a href="http://www.adoptrevolution.org/planet-syrien/" >www.adoptrevolution.org/planet-syrien/</a> <br />
<br />
(4) Christoph Marischka /Jürgen Wagner, <a href="http://www.imi-online.de/2012/04/05/burgerkriegspatenschaft/%20%20%29">Bürgerkriegspatenschaft? - Adopt a Revolution muss zur Gewaltfrage Farbe bekennen</a>, IMI-Standpunkt, 5. April 2012 <br />
<br />
(5) <a href="https://scm.bz/en/statements/%d8%b3%d9%88%d8%b1%d9%8a%d8%a7-%d8%b9%d9%84%d9%89-%d8%a7%d9%84%d9%85%d8%ac%d8%aa%d9%85%d8%b9-%d8%a7%d9%84%d8%af%d9%88%d9%84%d9%8a-%d8%a3%d9%86-%d9%8a%d8%aa%d8%ad%d8%b1%d9%83-%d9%84%d8%a5%d9%8a.html">Syria: The International Community Must Act to Stop the Massacre in Daraa</a>, SCM, 15.6.2017 <br />
<br />
(6) <a href="http://www.un.org/press/en/2016/ga11880.doc.htm">Resolution Establishing International Mechanism Concerning Syria Passed in Direct Plenary Action</a>, UN General Assembly, 21.12.2016 <br />
<br />
(7) <a href="http://www.un.org/News/dh/infocus/Syria/Voluntary_contributions_to_Syria_IIIM_1-June-17.pdff">Voluntary contributions to the Syria IIIM</a> , Stand 1.6.2017, <a href="https://www.mofa.gov.qa/en/all-mofa-news/details/2017/04/05/qatar-announces-contribution-of-$-100-million-in-support-of-syrian-people">Qatar Announces Contribution Of $ 100 Million In Support Of Syrian People</a>, Qatars Ministry of Foreign Affairs , 5.4.2017 <br />
<br />
(8) <a href="https://www.rt.com/news/371792-independent-un-team-syria-crimes/">‘Voluntarily-funded independent probe’ into Syria war crimes will serve sponsors</a> – Churkin, RT, 26.12.2016 <br />
<br />
(9) <a href="https://www.voanews.com/a/long-road-ahead-for-justice-and-accountability-in-syria/3734779.html">Long Road Ahead for Justice and Accountability in Syria</a>, Associated Press, 22.2.2017 <br />
<br />
(10) Mark Kersten, <a href="https://justiceinconflict.org/2016/12/30/united-we-stand-divided-we-fall-the-un-general-assemblys-chance-to-bring-justice-to-syria/">United We Stand, Divided We Fall — The UN General Assembly’s Chance to Bring Justice to Syria</a>, Washington Post’s Monkey Cage blog, 30.12.2016 <br />
<br />
(11) Ben Taub, <a href="http://www.newyorker.com/magazine/2016/04/18/bashar-al-assads-war-crimes-exposed">Exposing Assad’s War Crimes -- The Assad Files</a> - Capturing the top-secret documents that tie the Syrian regime to mass torture and killings, The New Yorker, 18.4.2016 (<a href="https://zeitschrift-ip.dgap.org/de/article/getFullPDF/28411">dt. Übersetzung: Die Akte Assad – Auf der Suche nach Beweisen für die Verbrechen des syrischen Regimes</a>, Internationale Politik 5, September/Oktober 2016, 26.08.2016) <br />
<br />
(12) Julian Borger, <a href="https://www.theguardian.com/world/2015/may/12/syria-truth-smugglers-bashar-al-assad-war-crimes">Syria’s truth smugglers</a>, Guardian,12.5.2015 <br />
<br />
(13) "<a href="http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/middleeast/syria/10051207/Under-the-black-flag-of-al-Qaeda-the-Syrian-city-ruled-by-gangs-of-extremists.html">Under the black flag of al-Qaeda, the Syrian city ruled by gangs of extremists"</a>, Karen Leigh, <a href="https://www.newsdeeply.com/syria/articles/2014/02/17/eye-on-the-battle-in-deir-ezzor-nusra-maintains-upper-hand-over-isis">Eye on the Battle: In Deir Ezzor, Nusra Maintains Upper Hand over ISIS</a>, News Deeply, 17.2.2014, <a href="https://www.newsdeeply.com/syria/articles/2014/02/17/eye-on-the-battle-in-deir-ezzor-nusra-maintains-upper-hand-over-isis">In DeirEzzor, Sharia Law Interrupts a Woman’s Wedding</a>, News Deeply, 17.2.2014<br />
<br />
(14) Ben Taub, <a href="http://www.newyorker.com/magazine/2016/04/18/bashar-al-assads-war-crimes-exposed">Exposing Assad’s War Crimes</a> a.a.O. <br />
<br />
(15) Ebd. <br />
<br />
(16) <a href="https://nsnbc.me/2014/01/25/erdogan-client-law-firm-produced-syria-torture-photos/">Erdogan client of the law firm that produced “Syria Torture Photos”</a>, nsnbc, 25.1.2014 <br />
<br />
(17) Rick Sterling, <a href="https://www.counterpunch.org/2016/03/04/the-caesar-photo-fraud-that-undermined-syrian-negotiations/">The Caesar Photo Fraud that Undermined Syrian Negotiations</a>, Countepunch, 4.3.2016, ausführlicher in <a href="http://www.syriasolidaritymovement.org/wp-content/uploads/2016/03/CaesarPhotoFraudReport_v6.compressed.pdf">12 Problems with the Story of Mass Torture and Execution in Syria</a>, Syria Solidarity Movement, März 2016 <br />
<br />
(18) <a href="https://www.hrw.org/report/2015/12/16/if-dead-could-speak/mass-deaths-and-torture-syrias-detention-facilities">If the Dead Could Speak - Mass Deaths and Torture in Syria’s Detention Facilities</a>, HRW, 16.12.2015 <br />
<br />
(19) Rick Sterling, <a href="https://www.counterpunch.org/2016/03/04/the-caesar-photo-fraud-that-undermined-syrian-negotiations/">The Caesar Photo Fraud </a>…, a.a.O, siehe auch Jürgen Cain Külbel, <a href="https://www.jungewelt.de/artikel/282353.pr-coup-gegen-syrien.html">PR-Coup gegen Syrien, Der Spiegel präsentiert Fotos vermeintlicher »Opfer des Assad-Regimes«</a>, junge Welt, 08.03.2016 <br />
<br />
(20) <a href="https://www.voanews.com/a/long-road-ahead-for-justice-and-accountability-in-syria/3734779.html">Long Road Ahead for Justice and Accountability in Syria</a>, Associated Press, 22.2.2017 <br />
<br />
(21) siehe J. Guilliard, <a href="http://jghd.twoday.net/stories/fassbomben-syrien-stimmungsmache-fuer-fortsetzung-krieg/">Mittel der Kriegführung ‒ zu den Vorwürfen bzgl. des Einsatzes von Fassbomben gegen die Zivilbevölkerung</a>, junge Welt, 26.01.2016 und <a href="http://jghd.twoday.net/stories/syrien-stimmungsmache-vor-friedensverhandlungen-massenexekution-vorwue/">Greuelgeschichten über Syrien</a> in junge Welt, 23.02.2017 <br />
<br />
(22) Seymour Hersh, <a href="http://www.lrb.co.uk/2013/12/08/seymour-m-hersh/whose-sarin">Whose Sarin?</a>, London Review of Books, Vol. 35 No. 24 und <a href="http://www.lrb.co.uk/v36/n08/seymour-m-hersh/the-red-line-and-the-rat-line">The Red Line and the Rat Line, </a>London Review of Books, Vol. 36 No. 8 · 17.4.2014 Norman Paech, <a href="http://norman-paech.de/app/download/5803871272/Sarin+in+Syrien+11-2015.pdf">Sarin in Syrien</a>, Ossietzky Heft 1 und Heft 2-2016 <br />
<br />
(23) Günter Meyer, <a href="https://www.rubikon.news/artikel/giftgasmassaker-war-false-flag-operation">Giftgasmassaker war Inszenierung der USA</a>, Rubikon, 26.7.2017 <br />
<br />
(24) <a href="https://www.voanews.com/a/long-road-ahead-for-justice-and-accountability-in-syria/3734779.html">Long Road Ahead for Justice and Accountability in Syria</a>, a.a.O. <br />
<br />
(25) Michael Mandel, „Pax Pentagon - wie die USA der Welt den Krieg als Frieden verkaufen“, Zweitausendeins, 2005 <p> <i><b>JoachimGuilliard</b></i><i><b>, </b>geboren 1958, hat Physik studiert, arbeitet hauptberuflich als IT-Berater und ist in der Friedensbewegung aktiv. Er befasst sich seit langem mit dem Nahen und Mittleren Osten, schwerpunktmäßig mit dem Irak und ist Verfasser zahlreicher Fachartikel sowie Mitherausgeber bzw. -autor mehrerer Bücher über die von Kriegen betroffenen Länder der Region. Seit 2009 betreibt er den Blog „</i><i>Nachgetragen</i><i>“.</i> <br />
<br />
Dieses Werk ist lizenziert unter einer <a href="https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/deed.de" >Creative Commons Namensnennung - Nicht kommerziell - Keine Bearbeitungen 4.0 International Lizenz</a>. <br />
<br />
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<br />
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JGuilliard
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2017-08-13T20:39:00Z
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US-Angriff auf syrischen Luftwaffenstützpunkt - ein erneuter Schlag gegen das Völkerrecht...
https://jghd.twoday.net/stories/us-angriff-auf-syrischen-erneuter-schlag-gegen-voelkerrecht/
Dennoch hat sich die Bundesregierung, gemeinsam mit den Regierungen Saudi-Arabiens, der Türkei, Großbritanniens und anderen NATO -Staaten hinter den Angriff gestellt. Ohne eine Untersuchung des Giftgasanschlags vom Dienstag zuvor abzuwarten, mit dem US-Präsident Donald Trump die Aggression rechtfertigt, verkündeten Kanzlerin Merkel und ihr französische Kollege Hollande, Syriens Präsident Assad trage »die alleinige Verantwortung für diese Entwicklung«, seine »Verbrechen gegen die eigene Bevölkerung verlangten eine Sanktionierung«.<br />
<br />
Der Raketenangriff auf den Flughafen Al-Schairat folgte US-Luft-Angriffen auf Mossul und in der Provinz Raqqa, die nachweislich Hunderte Tote forderten. Für das Bombardement am 21. März auf die als Flüchtlingsunterkunft dienende Badiya-Schule in Mansoura bei Raqqa, dem bis zu 420 Menschen zum Opfer fielen, hatte die deutsche Luftwaffe die Zielkoordinaten geliefert.<br />
Dass die syrischen Streitkräften tatsächlich für den Giftgasangriff in Khan Scheikhun verantwortlich sind, ist hingegen äußerst unwahrscheinlich (s. <a href="http://jghd.twoday.net/stories/giftgasangriff-in-syrien-erneut-vorschnelle-urteile">Giftgasangriff in Syrien: Erneut vorschnelle Urteile</a>). Es wäre geradezu idiotisch von der syrischen Führung, ihren Gegnern, die seit Jahren auf ein direkte Intervention drängen, solche Steilvorlagen zu liefern, zu einem Zeitpunkt, wo die syrischen Truppen auf dem Vormarsch sind und wenige Tage nach dem die Trump-Regierung verkündet hatte, der Sturz Assad stünde nicht mehr auf der Agenda Washingtons.<br />
<br />
Wesentlich näher liegt es, dass es den Gegner des syrischen Regimes nach Dutzenden Versuchen gelungen ist, durch eine False Flag Operation die USA zu einem Militärschlag zu bewegen. Auch wenn Trump es damit bewenden lässt, mit diesem Angriff gezeigt zu haben, dass er im Unterschied zu seinem Vorgänger "Eier in den Hosen" hat, ist der Schaden für das Verhältnis zu Russland und die Bemühungen um eine politische Lösung groß.<br />
<br />
Russland setze konsequenter Weise das "Memorandum mit den USA über die Vermeidung von Zwischenfällen bei Flügen während Militäreinsätzen in Syrien" aus. Der kurze Draht zwischen russischen und US-Militärs in Syrien ist damit vorerst gekappt und damit die Wahrscheinlichkeit direkter Zusammenstöße russischer und NATO-Kampfjet drastisch erhöht, wie auch eine Eskalation durch Abschuss US-amerikanischer Raketen und Flugzeugen durch russische Luftabwehrsysteme. <br />
<br />
Die islamistischen Kampfverbände waren durch die zahlreichen Niederlagen der letzten Monate mittlerweile schon derart demoralisiert, dass sie sich -- u.a. aufgrund unterschiedlicher Haltungen zu Friedensverhandlungen -- gegenseitig an den Kragen gingen (s. z.B. <a href="https://www.stratfor.com/analysis/syrias-rebels-turn-each-other?id=be1ddd5371&uuid=f2ffc7b7-f5d7-4e16-9727-d4e6fea2ff80">Syria's Rebels Turn on Each Other</a>, Stratfor, 27.1.2017 u. <a href="http://www.moonofalabama.org/2017/01/syria-rebel-infighting-and-turkish-losses-help-the-government-and-its-allies.html">Syria - Rebel" Infighting And Turkish Losses Help the Government And Its Allies</a>, Moon of Alabama, 24.1.2017)<br />
Man braucht wenig Phantasie, um sich vorzustellen, wie stark die US-Angriffe ihre Moral wieder gestärkt und den Durchhaltewillen aller, die an ein Aufgeben dachten, neu entfacht hat. Damit steigt natürlich auch die Gefahr weiterer Anschläge mit Giftgas oder anderer Massaker, die der syrischen Führung in die Schuhe geschoben werden kann.<br />
<br />
<b>US Air Force als Luftwaffe der Dschihadisten</b><br />
<br />
Es war allerdings nicht das erste Mal, dass die US-Luftwaffe selbst unmittelbar syrische Streitkräfte angegriffen hat. Am 17. September 2016, kurz nach der Vereinbarung einer siebentägigen Waffenruhe, flog die US-geführte Allianz schon einmal Angriffe gegen Stellungen der syrischen Armee bei Deir ez-Zor. Bis zu 90 syrische Soldaten wurden bei dem Bombardement getötet und über 100 verwundet. (<a href="http://www.military.com/daily-news/2016/09/19/us-led-strike-syrian-army-british-danish-australian-jets.html">US-Led Strike on Syrian Army Included British, Danish, Australian Jets</a>, Military.com, 19.9.2016, <a href="http://foreignpolicy.com/2016/09/20/russia-had-to-call-u-s-twice-to-stop-syria-airstrike/">Russia Had to Call U.S. Twice to Stop Syria Airstrike</a>, Foreign Policy, 20.9.2016) <br />
Auch wenn es angesichts der Dauer und Intensität der Angriffe auf die Truppen, die vom Islamischen Staat (Daesch oder IS) eingekreiste Stadt verteidigten, wenig glaubhaft klang, behauptete die US-Armee damals noch, dies sei irrtümlich geschehen.(Leith Fadel, <a href="https://www.almasdarnews.com/article/us-coalition-knew-bombing-syrian-army-deir-ezzor/">US Coalition knew they were bombing the Syrian Army in Deir Ezzor</a>, Al-Masdar Al-'Arabi, 27.9.2016, <a href="https://independentaustralia.net/politics/politics-display/was-syrian-air-strike-a-mistake-and-why-does-australia-loyally-plead-guilty,9501">Was Syrian air strike a 'mistake'? And why does Australia loyally plead guilty</a>?, Independent Australia, 22.9.2016 )<br />
Nur eine Stunde nach den Angriffen vom 17. September begannen Daesch-Kämpfer mit dem Sturm der zuvor von den bombardierten syrischen Truppen gehaltenen, strategisch wichtigen Höhen der Tharda-Berge (Jabal Tharda), beim Flughafen von Deir ez-Zor. Da die Rollbahnen nun in Schussweite der Dschihadisten lagen, wurde damit die Versorgung der Bevölkerung der Stadt unterbrochen.<br />
<br />
Der neue Angriff vom Freitag wird gleichfalls für die in Bedrängnis geratenen Milizen-Verbänden in der Provinz Idlib, die von dschihadistischen Gruppen, wie Nusra Front und Ahrar al Sham dominiert werden, für Entlastung sorgen. <br />
Die Air Base Al-Schairat südöstlich der zentralsyrischen Stadt Homs war ein wichtiger Stützpunkt im Kampf gegen die islamistischen Kampfverbände, zuletzt gegen den Angriff von nahezu 10.000 Gotteskrieger auf Hama. Auch die Rückeroberung der vom IS besetzten Ruinenstadt Palmyra ging Anfang des Jahres von Al-Schairat aus. Die USA haben sich nun faktisch zur Luftwaffe der dschihadistischen Milizen, gemacht.<br />
<br />
-------------------------<br />
Siehe auch:<br />
<br />
Karin Leukefeld, <a href="https://www.jungewelt.de/artikel/308658.sprengk%C3%B6pfe-gegen-das-v%C3%B6lkerrecht.html">Sprengköpfe gegen das Völkerrecht - US-Präsident Donald Trump lässt Syrien bombardieren – westliche und arabische Herrscher jubeln, </a>jW, 08.04.2017, Seite 1 / Titel<br />
<a href="http://weltnetz.us4.list-manage.com/track/click?u=084299dd19f70cdbc93271584&id=76748bdd63&e=f54c3ed14a">Giftgas und US-Luftschlag</a>, Karin Leukefeld aktuell aus Damaskus , Weltnetz.tv, <br />
Über Hintergründe und Auswirkungen der Eskalation sowie die aktuelle militärische Lage an verschiedenen Fronten in Syrien sprach Sabine Kebir für Weltnetz.tv mit Karin Leukefeld in Damaskus.<br />
<br />
<a href="http://www.dw.com/de/assads-giftgas/a-38326578">Syrien: Assads Giftgas?</a>, Deutsche Welle, 6.4.2017<br />
War der Giftgasangriff in Nordsyrien tatsächlich ein Kriegsverbrechen des Assad-Regimes? Experten halten auch einen Angriff unter "falscher Flagge" dschihadistischer Rebellen für möglich. Dies wäre nicht das erste Mal.<br />
<br />
David Swanson , <a href="http://davidswanson.org/node/5508">Top 10 Lies, Damn Lies, and Lies About Syria</a>, davidswanson's blog, 7.4.2017<br />
<br />
<a href="https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2017/04/08/usa-trump-uebergibt-die-macht-die-generaele/?nlid=9bb15244e7">USA: Trump übergibt die Macht an die Generäle</a>, Deutsche Wirtschafts Nachrichten, 8.4.2017<br />
Die Deutsche Wirtschafts-Nachrichten verfolgen die These, Trumps Befehl zum Angriff sei auch ein Schachzug gegen die US-Geheimdienste:<br />
<br />
<a href="http://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5197118/Moskau-verurteilt-USLuftangriff-in-Syrien-als-gedankenlos">Moskau verurteilt US-Luftangriff in Syrien als "gedankenlos"</a>, Die Presse, 7.04.2017<br />
Nach dem mutmaßlichen Giftgasangriff auf Khan Sheikoun attackierten die USA erstmals Syriens Regime. Russland beendet eine Vereinbarung über die Vermeidung von Zusammenstößen im syrischen Luftraum. Es seien neun Zivilisten, darunter vier Kinder, getötet worden, berichtet Damaskus.<br />
<br />
Vijay Prashad, <a href="http://www.alternet.org/world/trump-going-commit-next-great-american-catastrophe-syria">Is Trump Going to Commit the Next Great American Catastrophe in Syria?</a>, Alternet, 6.4.2017<br />
<br />
<a href="https://www.washingtonpost.com/news/powerpost/paloma/daily-202/2017/04/07/daily-202-13-questions-raised-by-trump-s-missile-strikes-on-syria/58e71532e9b69b3a72331e5c/">13 questions raised by Trump’s missile strikes on Syria</a>, Washington Post, 7.4.2017
JGuilliard
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2017-04-09T13:16:00Z
-
Giftgasangriff in Syrien: Erneut vorschnelle Urteile
https://jghd.twoday.net/stories/giftgasangriff-in-syrien-erneut-vorschnelle-urteile/
Niemand scheint sich die einfache Frage zu stellen, warum die syrische Führung so idiotisch sein sollte, ihren Gegnern, die seit Jahren auf ein direkte Intervention drängen, solche Steilvorlagen zu liefern, zu einem Zeitpunkt, wo die syrischen Truppen auf dem Vormarsch sind und erneut vor einem wichtigen internationalen Treffen? Um zu testen, ob US Präsident Trump tatsächlich impulsiver ist als sein Vorgänger, Obama?<br />
<br />
Die Argumentation läuft nach dem selben Muster wie nach dem Giftgasanschlag in Ghuta im August 2013, der ebenfalls noch ganz salopp „Assad“ zugeschrieben wird, obwohl nach späteren Untersuchungen, u.a. des britischen Geheimdienst und Waffenkontrollexperten der US-Elite-Uni MIT, es als sicher gelten kann, dass er nicht von der syrischen Armee ausgeführt wurde - wahrscheinlich der Hauptgrund, warum Obama die US-Luftwaffe damals zurückpfiff.<br />
<br />
Wie u.a. Recherchen<a href="http://norman-paech.de/app/download/5803871272/Sarin+in+Syrien+11-2015.pdf"> türkischer Parlamentarier und Staatsanwälte</a> sowie des berühmten Investigativ-Journalisten <a href="https://www.evernote.com/shard/s646/nl/114484110/d4b60507-6fc8-4e7b-ab3f-a6580ee72468">Seymour Hersh</a> ergaben, verfügt zumindest die Al Nusra Front sehr wohl über Sarin und steckte wahrscheinlich auch hinter dem Anschlag in Ghuta. Und die Al Nusra Front ist die dominierende Miliz in der Provinz Idlib, in der der neue Anschlag stattfand.<br />
<hr />
<br />
<br />
<u>Update: </u>Mit Erkenntnissen über frühere Giftgasanschläge begründet Zweifel in der Deutschen Welle:
<blockquote>
<a href="http://www.dw.com/de/assads-giftgas/a-38326578">Syrien: Assads Giftgas?</a> War der Giftgasangriff in Nordsyrien tatsächlich ein Kriegsverbrechen des Assad-Regimes? Experten halten auch einen Angriff unter "falscher Flagge" dschihadistischer Rebellen für möglich. Dies wäre nicht das erste Mal.<br />
Deutsche Welle, 6.4.2017
</blockquote>
Hintergrundinfos zum Giftgasanschlag in Ghuta im August 2013,
<blockquote>
Prof. Norman Paech, <b>Sarin in Syrien</b>, Ossietzky <a href="http://www.sopos.org/aufsaetze/56865875406f5/1.phtml">Heft 1</a> und <a href="http://www.sopos.org/aufsaetze/56a0d55d9d8ac/1.phtml">Heft 2-2016</a> (oder <a >als PDF auf seiner Homepage</a>)<br />
<br />
Fabian Köhler<a href="http://www.heise.de/tp/artikel/46/46414/1.html">Wer steckt hinter dem syrischen Giftgas-Angriff?</a>CHP-Politiker machen aufgrund von Gerichtsakten den türkischen Geheimdienst und islamistische Milizen verantwortlich, Telepolis, 30.10.2015<br />
<br />
Seymour M. Hersh, <a href="http://www.lrb.co.uk/2013/12/08/seymour-m-hersh/whose-sarin">Whose sarin?</a>, London Review of Books, Vol. 35 No. 24 · 19.12.2013 » online 08. Dec 2013<br />
<a href="http://www.lrb.co.uk/v36/n08/seymour-m-hersh/the-red-line-and-the-rat-line">The Red Line and the Rat Line - Seymour M. Hersh on Obama, Erdoğan and the Syrian rebels</a>London Review of Books, Vol. 36 No. 8 · 17.4.2014<br />
<br />
<a href="http://rt.com/news/study-challenges-syria-chemical-attack-681/">MIT Study of Ghouta Chemical Attack Challenges US Intelligence</a>RT, 16.1.2014<br />
A new MIT report is challenging the US claim that Assad forces u<br />
Richard Lloyd, Theodore A. Postol, <a href="https://s3.amazonaws.com/s3.documentcloud.org/documents/1006045/possible-implications-of-bad-intelligence.pdf">“Possible Implications of Faulty US Technical Intelligence,”</a> MIT, 14.1.2014<br />
<br />
<a href="http://www.mintpressnews.com/the-failed-pretext-for-war-seymour-hersh-eliot-higgins-mit-professors-on-sarin-gas-attack/188597/">The Failed Pretext For War: Seymour Hersh, Eliot Higgins, MIT Rocket Scientists On Sarin Gas Attack</a>, MintPress News, April 15, 2014<br />
MintPress News interviews a Pulitzer Prize-winning journalist, MIT professors and rocket scientists, and a blogger on who perpetrated a sarin gas attack that almost dragged the U.S. into Syria’s civil war.
</blockquote>
Gute deutschsprachige Erklärungen zum aktuellen Anschlag dazu gab es u.a.
<ul>
<li>von <a href="https://www.zdf.de/gesellschaft/markus-lanz/markus-lanz-vom-5-april-2017-100.html">Michael Lüders bei Markus Lanz im ZDF</a>. (siehe auch <a href="http://www.nachdenkseiten.de/?p=37725">Nachdenkseiten </a>"Giftgaseinsatz zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung im Umfeld von Konferenzen zu Syrien? Zynischer geht es nicht. – Siehe Lüders bei Lanz." )</li>
<li>von Jürgen Todenhöfer in einem <a href="https://www.youtube.com/watch?v=xENU1dK4yc8">TV-Interview</a> (4 min.) </li>
<li>von <a href="https://deutsch.rt.com/der-nahe-osten/48768-karin-leukefeld-zu-vermeintlichen-giftgasattacke/">Karin Leukefeld aus Damaskus</a>: </li>
<li>und von <a href="https://deutsch.rt.com/international/48747-rainer-rupp-zu-giftgas-in-idlib/">Rainer Rupp</a> </li>
</ul>
Wie brisant das werden kann, beschreibt ein heutiger Artikel der Deutsche Wirtschafts Nachrichten:
<blockquote>
<a href="https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2017/04/06/trump-unter-druck-kriegsgefahr-zwischen-usa-und-russland-steigt/?nlid=9bb15244e7"><b>Trump unter Druck: Kriegsgefahr zwischen USA und Russland steigt</b></a><br />
US-Präsident Trump ist unter Druck und kündigt eine härtere Gangart gegen Syriens Präsident Assad an. Außenminister Tillerson schickt eine Warnung an Russland. Die USA wollen offenbar noch einen Versuch starten, Russland in Syrien in die Defensive zu drängen<br />
Deutsche Wirtschafts Nachrichten, 06.04.2017<br />
<br />
(siehe dazu auch: <a >Is Trump Going to Commit the Next Great American Catastrophe in Syria?<br />
It would be foolhardy to take military action before we know the details of the recent horrific gas attack.</a><br />
By Vijay Prashad, Alternet, 6.4.2017)<br />
<br />
Die Anzeichen verdichten sich, dass es in Syrien zu einer militärischen Konfrontation zwischen den USA und Russland kommen könnte. Äußerer Anlass könnten Berichte über einen Giftgasangriff in Syrien sein. Zwar hat bisher weder eine Untersuchung der Ereignisse durch die Organisation zur Vernichtung von Chemiewaffen (OPCW) oder die UN stattgefunden. Doch US-Präsident Trump, <a href="https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2017/04/05/us-regierung-haben-keine-chance-mehr-assad-syrien-zu-stuerzen/">dessen Sprecher noch am Dienstag gesagt habe, es sei zu spät, um Syriens Präsident Assad zu stürzen</a>, vollzog in einer Pressekonferenz mit dem König von Jordanien im Weißen Haus eine spektakuläre Wende. Ohne auch nur ansatzweise auf Belege einzugehen, sagte Trump, dass Assad an den Giftgasangriff schuld sei: Trump bezeichnete die Attacke als „Affront gegen die Menschlichkeit“, der nicht hingenommen werden dürfe. Mit dem Angriff seien „eine Menge Linien überschritten“ worden, sagte Trump. Auf die Frage, ob er einen Kurswechsel in seiner Syrien-Politik erwäge, entgegnete er: „Das werden wir sehen.“ Seine Einschätzung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad habe sich aber „sehr geändert“ (Video drei).<br />
<br />
Die UN-Botschafterin der USA, Nikki Haley, drohte im Sicherheitsrat einseitige Aktionen ihres Landes an: „Wenn die Vereinten Nationen fortlaufend ihre Pflicht zum kollektiven Handeln verletzen, dann sind wir gezwungen, unsere eigenen Maßnahmen zu ergreifen.“ Sie ließ offen, wie solche Maßnahmen aussehen könnten.<br />
[...]<br />
Robert Parry von <a href="https://consortiumnews.com/2017/04/05/another-dangerous-rush-to-judgment-in-syria/">Consortiumsnews </a>analysiert, es erschließe sich aus der militärtaktischen Lage nicht, warum Syriens Präsident Baschar al-Assad ausgerechnet jetzt Giftgas gegen seine eigene Bevölkerung einsetzen sollte. Die syrische Armee ist fast überall auf dem Vormarsch und hat die islamistischen und internationalen Söldner in allen Frontabschnitten zurückgedrängt. Amerikaner und Russen haben vergleichsweise vernünftig gegen den IS gekämpft.<br />
[...]<br />
In einem Interview mit dem arabischen Teil des staatlichen Senders Deutsche Welle sagte der Gründer von Wikileaks, dass es das oberste Ziel der CIA sei, Assad zu stürzen (zweites Video). Die CIA hätte einen erheblichen Teil ihres Budgets in den „regime change“ in Syrien investiert. In diesem Zusammenhang ist die <a href="https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2017/04/05/trump-entlaesst-steve-bannon-aus-nationalem-sicherheitsrat/">Entfernung von Trumps Chefstrategen aus dem Nationalen Sicherheitsrat des Präsidenten am Mittwoch interessant</a>: Steven Bannon ist eher ein Gegner von militärischen Interventionen und vor allem gegen die große Macht, die die Geheimdienste in der US-Politik angesammelt haben. Die CIA und der britische Auslandsgeheimdienst MI6 arbeiten in Syrien eng zusammen.<br />
[...]<br />
Der Druck auf US-Präsident Trump ist enorm. Die Lage in Nahost ist unübersichtlich. Erst vor wenigen Tagen war der US-Armee vorgeworfen worden, am Tod von Zivilisten schuld zu sein. Zuordnen kann man keine dieser Angaben – im Grunde kann jeder alles behaupten. Trump selbst war attackiert worden, weil bei einem Einsatz im Jemen ein US-Soldat getötet worden war.<br />
<br />
Auch der politische Druck ist erheblich: Die Senatoren Graham und McCain fordern Krieg gegen Russland. Trump hat in den vergangenen Wochen Treffen mit den Führern von Saudi-Arabien, Ägypten, Jordanien und Israel abgehalten. Bei all diesen Treffen ist es um eine militärische Allianz für einen Krieg gegen den Iran gegangen. Trump hat innenpolitisch nach dem Scheitern der Gesundheitsreform und der sich abzeichnenden Verspätung bei der Steuerreform nichts vorzuweisen. Eine militärische Mission könnte ihm helfen, seine Gegner ruhigzustellen. Einen Krieg gegen Russland und/oder den Iran begrüßen faktisch alle wichtigen Player in Washington. Ein Feldzug gegen Russland würde auch die Unterstützung durch die Medien finden, die Trump bisher komplett abgelehnt haben.<br />
[...]<br />
Es ist denkbar, dass jene Kräfte, die jetzt die verschiedenen Söldner in Syrien unterstützen, noch einen letzte Versuch starten könnten, den Präsidenten zu einer Intervention in Syrien zu drängen. Diese aber würde wegen der militärischen Realität in Syrien zu einer direkten Konfrontation zwischen den USA und Russland führen. <br />
[...]
</blockquote>
JGuilliard
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