Nachgetragen : Rubrik:Irak
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2018-12-24T18:51:39Z
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2000-01-01T00:00:00Z
Nachgetragen
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Mossul ein Jahr nach der Befreiung ‒ 90.000 Tote durch US-Allianz
http://jghd.twoday.net/stories/mossul-ein-jahr-nach-der-befreiung-90000-tote-durch-us-allianz/
Die US-geführte Allianz aus NATO-Staaten, Australien, Jordanien und Marokko, die mit massiven Luftangriffen den irakischen Bodentruppen den Weg freibombte, übernahm bisher nur die Verantwortung für 326 Tote während der gesamten militärischen Offensive, einer Offensive, die US-Kommandeure andererseits als eine der tödlichsten urbanen Schlachten seit dem Zweiten Weltkrieg bezeichnen (<a href="https://www.usatoday.com/story/news/world/2017/03/29/united-states-mosul-isis-deadly-combat-world-war-ii/99787764/" >Iraqi forces in Mosul see deadliest urban combat since World War II</a>, USA Today, 29.3.2017).<br />
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Weder die USA, deren Bomber den Großteil der Angriffe flogen, noch andere beteiligte Länder sandten jemanden in die Stadt, um die Folgen des fast neunmonatigen Bombardements zu untersuchen. Sie hätten nicht die Ressourcen, um ein Team nach Mossul zu senden, erklärte Washington lapidar, während das US-Kommando im Irak vermeldete, keine ausreichende Informationen zu Vorwürfen über zivile Opfer zu haben, um sie bewerten zu können, die meisten jedoch für »nicht glaubwürdig« halte.<br />
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Eine dreiste Behauptung angesichts von rund 29.000 Bomben und Raketen, die die Allianz nach eigenen Angaben auf die dicht besiedelten Stadtviertel abgefeuert haben, in denen noch Hunderttausende Menschen eingeschlossen waren (siehe Ossietzky, 15 u. 18/2017, sowie <a href="http://www1.wdr.de/daserste/monitor/videos/video-die-schlacht-um-mossul-der-mythos-vom-sauberen-krieg-102.html" >Die Schlacht um Mossul: Der Mythos vom sauberen Krieg</a>, Monitor, 06.07.2017 und <a href="https://www.amnesty.org/en/documents/mde14/6610/2017/en/" >At any cost: The civilian catastrophe in West Mosul, Iraq</a>, Amnesty International, 11.7.2017).<br />
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Die britische Initiative Airwars, die täglich Berichte über Luftangriffe in Syrien und im Irak auswertet und Informationen über zivile Opfer auf ihrem Portal <a href="http://airwars.org/" >airwars.org</a> veröffentlicht, zählte 5805 Zivilisten, die mit großer Wahrscheinlichkeit während der Offensive auf West-Mossul vom 19. Februar bis 19. Juni 2017 Angriffen der US-Allianz zum Opfer fielen(<a href="https://airwars.org/news/mosuls-capture-sees-isil-vanquished-but-at-a-terrible-cost/" >Mosuls capture sees ISIS vanquished but at a terrible cost</a>, Airwars, 1.7.2017).<br />
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Der führende kurdische Politiker Hoshyar Zebari, bis 2016 irakischer Außen- und Finanzminister, geht auf Basis irakisch-kurdischer Geheimdienstquellen von 40.000 Toten aus. (<a href="http://www.independent.co.uk/news/world/middle-east/mosul-massacre-battle-isis-iraq-city-civilian-casualties-killed-deaths-fighting-forces-islamic-state-a7848781.html" >The massacre of Mosul: 40,000 feared dead in battle to take back city from Isis as scale of civilian casualties revealed</a>, Independent, 19.7.2017) )<br />
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Auch der Historiker Omar Mohammed, der während der Daesch-Herrschaft auf seinem vielbeachteten Blog Mosul Eye aus Mossul berichtet hatte, schätzt die Zahl der Toten auf mehrere Zehntausend. Jeden Tag habe er Berichte über Familien erhalten, die Opfer von Luft- oder Artillerieangriffen geworden waren. Meist seien dabei zwischen 20 und 25 Menschen pro Haus getötet worden, manchmal aber auch mehr als 40 (Samuel Oakford, <a href="https://www.theatlantic.com/international/archive/2018/04/counting-the-dead-in-mosul/556466/" >Counting the Dead in Mosul</a>, The Atlantic, 5.4.2018).<br />
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Wie schon nach der US-geführten Invasion 2003 und den verheerenden Kämpfen unter der Besatzung bemühten sich einige US-amerikanische und irakische Wissenschaftler in Eigeninitiative, vor Ort genauere Informationen über die Zahl der Opfer zu erlangen. Riyadh Lafta von der Al-Mustansiriya-Universität in Bagdad und Gilbert Burnham von der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health in Baltimore, die bereits führend an den sogenannten Lancet-Studien über die Opfer von Krieg und Besatzung beteiligt waren, führten zusammen mit Maha A. Al-Nuaimi vom Nationalen Zentrum für die Erforschung und Behandlung von Bluterkrankungen in Bagdad repräsentative Umfragen in der Stadt durch. Sobald die irakische Armee den Zugang Ende März 2017 in den Ostteil und Mitte Juli in den Westteil Mossuls freigaben, erkundigten sie sich bei 1202 Haushalten in 40 zufällig ausgewählten Stadtvierteln (25 im Osten und 15 im Westen) nach Angehörigen, die seit dem Einmarsch des Islamischen Staates gestorben, getötet, entführt oder verwundet worden waren. Die Ergebnisse der Umfrage erschienen am 15. Mai in der renommierten Fachzeitschrift PLOS Medicine (Riyadh Lafta, Maha A. Al-Nuaimi, Gilbert Burnham, <a href="https://doi.org/10.1371/journal.pmed.1002567" >Injury and death during the ISIS occupation of Mosul and its liberation: Results from a 40-cluster household survey</a>, PLOS,15.5.2018).<br />
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Insgesamt berichteten die Befragten von 628 Todesfällen im fraglichen Zeitraum vom Juni 2014 bis Juni 2017. Durch »gezielte Gewalt« starben 505 Angehörige, davon sieben durch Enthauptungen des Daesch und acht im Zuge von Entführungen durch die Miliz. Sieben Personen werden noch vermisst. Die meisten Todesfälle, insgesamt 497, ereigneten sich nach Beginn der Offensive ab Oktober 2016. Unter der männlichen Bevölkerung stieg ab diesem Zeitpunkt die Sterblichkeit von durchschnittlich 0,7 Todesfällen pro 1000 Personen im Monat auf 13,4 während der Angriffe, die der weiblichen von 0,5 auf 8,3 pro 1000 Personen. Summiert über die Dauer von achteinhalb Monaten sind das 108 beziehungsweise 66 mehr Tote pro 1000 Personen als im gleichen Zeitraum davor. Damit kamen ungefähr jeder neunte männliche Bewohner und jede fünfzehnte weibliche Bewohnerin infolge des Feldzugs ums Leben.<br />
Da keine zuverlässigen Angaben über die Bevölkerungszahl in Mossul zur Zeit der Offensive vorliegen, werden in der Studie keine Hochrechnungen zur Abschätzung der Gesamtzahl der Opfer gemacht. Auf Basis der Entwicklung der Flüchtlingszahlen kann man aber davon ausgehen, dass sich während der Offensive im Schnitt mindesten eine Million Menschen in der Stadt aufhielten. Zu Beginn muss die Einwohnerzahl noch bei gut 1,5 Millionen gelegen haben. Vor dem Sturm auf den Westteil ging die UNO von 750.000 dort Eingeschlossen aus (siehe Florian Rötzer, <a href="https://www.heise.de/tp/features/Baath-Milizen-wollen-in-Mosul-gegen-den-Iran-die-USA-und-den-Islamischen-Staat-kaempfen-3606314.html" >Baath-Milizen wollen in Mosul gegen den Iran, die USA und den Islamischen Staat kämpfen</a>, Telepolis, 24.1.2017 sowie <a href="https://www.unicef.org/media/media_94438.html" >Humanitarians fear for the 750,000 civilians in western Mosul</a>, UNICEF, 24.1.2017) .<br />
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Das UN-Flüchtlingshilfswerk <a href="http://reporting.unhcr.org/sites/default/files/UNHCR%20Mosul%20Response%20Dashboard%20-%2025SEPT17.pdf" >UNHCR</a> <a href="http://reporting.unhcr.org/sites/default/files/UNHCR%20Mosul%20Response%20Dashboard%20-%2025SEPT17.pdf" >registrierte insgesamt 1,1 Millionen Menschen</a>, die nach Beginn der Offensive bis September 2017 aus der Stadt geflohen sind, 700.000 davon erst in den letzten Monaten der Kämpfe aus dem Westen.<br />
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Rechnen wir den Anstieg der monatlichen Sterblichkeitsraten unter der Annahme von einer Million Einwohnern hoch, so müssen wir davon ausgehen, dass ungefähr 33.000 weibliche und 54.000 männlichen Bewohner Opfer der militärischen Offensive wurden. Da die Studie aufgrund der flächendeckenden Zerstörungen und der Vertreibung eines Großteils der Bevölkerung nach Einschätzung ihrer Autoren vermutlich viele Tote nicht erfassen konnte, dürften die tatsächlichen Zahlen höher liegen. Sie enthalten alle Getöteten, Zivilisten wie bewaffnete Dschihadisten oder andere Kämpfer. Bei den weiblichen Toten handelt es sich jedoch sicherlich überwiegend um zivile Opfer, und es ist anzunehmen, dass unter den männlichen mindestens ähnlich viele keine Kombattanten waren.<br />
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Die meisten Opfer, rund 40 Prozent, wurden nach Angaben der Befragten durch Luftangriffe getötet, das heißt durch Angriffe der US-Allianz, weitere 34 Prozent durch »Explosionen«, worunter alle Arten von Artilleriegeschossen, Minen und Bodenraketen zusammengefasst wurden. Da diese sowohl von Kämpfern des Islamischen Staates eingesetzt wurden als auch von den angreifenden Bodentruppen, sind sie im Unterschied zu den Luftangriffen nicht eindeutig einer Partei zuzuordnen. Berichten von <a href="http://airwars.org/" >Airwars.org</a>, Amnesty International und Human Rights Watch zufolge, setzen die irakischen Streitkräften aber in hohem Maße auf ihre Artillerie und führten eine enorme Zahl von Artillerieangriffen auf die dichtbesiedelten Viertel Mossuls aus. Auch amerikanische und französische Einheiten beteiligten sich und feuerten allein im Juni 2017 über 4000 Salven ab. Man kann daher davon ausgehen, dass auch die meisten Opfer von »Explosionen« auf das Konto der Angreifer gehen. Durch Schüsse starben weitere 17 Prozent, durch Autobomben knapp vier und durch Enthauptungen des Daesch 1,4 Prozent.<br />
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Falls Journalisten westlicher Medien überhaupt auf zivile Opfer der Rückeroberung Mossuls eingehen, so verweisen sie ? im Unterschied zum Beispiel zur Berichterstattung über die Befreiung Aleppos aus der Herrschaft islamistischer Milizen ? gern darauf, dass der Daesch die Bevölkerung als menschliches Schutzschild missbraucht habe. In der Tat hat er sie mit Gewalt an der Flucht zu hindern versucht. Gleichzeitig hat aber auch die irakische Armee Flugblätter über der Stadt abwerfen lassen, die die Bewohner aufforderten, in den Häusern zu bleiben.<br />
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Aus welchen Gründen sie geblieben sind, ist jedoch nicht entscheidend. So oder so hätte die Rücksicht auf ihr Leben absolut Priorität haben müssen. Stattdessen ließen die Angreifer schwere Bomben und zigtausende Artilleriegeschosse auf dichtbebaute Stadtviertel niederregnen, in denen bekanntermaßen noch Hunderttausende Menschen ausharren mussten. Über die Hälfte aller Gebäude in West-Mossul wurde dabei, wie sicherlich auf den Aufnahmen der Luftaufklärung der NATO gut zu erkennen war, völlig zerstört, viele Stadtviertel dem Erdboden völlig gleichgemacht.<br />
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Allen Beteiligten, inklusive den Verantwortlichen in der Bundeswehr und der deutschen Regierung, musste von vorneherein klar gewesen sein, dass dabei Zigtausende unter den Trümmern begraben werden. Dennoch hatte die US-geführte Allianz, im Unterschied zur syrischen und russischen Armeeführung in Aleppo und anderen syrischen Städten, zu keinem Zeitpunkt Anstrengungen unternommen, einen solchen apokalyptischen Endkampf zu vermeiden. Es handelt sich somit zweifelsohne, wie auch Amnesty International in ihrem Bericht »<a href="https://www.amnesty.org/en/documents/mde14/6610/2017/en/" >At any cost: The civilian catastrophe in West Mosul, Iraq</a>« vom 11.7.2017, feststellte, um ein schweres Kriegsverbrechen, um einen fürchterlichen Massenmord.<br />
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Es ist ein Verbrechen, unter dessen Folgen die Überlebenden auch noch lange leiden werden. Einem Großteil der Bevölkerung der Millionenstadt wurden die Wohnung und die Existenzgrundlage genommen. Es wird Jahre dauern bis Infrastruktur, Gesundheitsversorgung etc. halbwegs wieder hergestellt sind. Hunderttausende werden noch lange in Flüchtlingslagern ausharren müssen. Fast alle Kinder zeigen Anzeichen von toxischem Stress, fast 90 Prozent sind schwer traumatisiert. (<a href="https://www.savethechildren.org.uk/news/media-centre/press-releases/mosuls-children-mentally-scarred-by-brutal-conflict" >Mosul's Children Mentally Scarred by Brutal Conflict</a>, Save the Children UK, 5.7.2017)<br />
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Es ist, wie der renommierte britische Nahostkorrespondent Patrick Cockburn zu Recht beklagte, ein beschämender Skandal, dass die westliche Öffentlichkeit einfach über ein derartiges Menschheitsverbrechen hinweggehen konnte. Auch die oben erwähnte PLOS-Studie wurde mit Ausnahme des britischen Telegraph in keinem der Mainstream-Medien mit einer Silbe erwähnt. Für die Friedensbewegung war die im Zuge des Krieges gegen Daesch begangene Zerstörung ganzer Städte bisher ebenfalls kaum ein Thema.<br />
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Nachdem der an sich zu erwartende Aufschrei der Empörung wie schon im Fall der Verwüstung von Falludscha und Ramadi ausblieb, wiederholte sich bald darauf das Verbrechen in ähnlicher Form im syrischen Raqqa. Amnesty International spricht im Zusammenhang mit dessen Rückeroberung von einem »Vernichtungskrieg« (<a href="https://www.amnesty.org/en/documents/mde24/8367/2018/en/" >War of annihilation: Devastating Toll on Civilians, Raqqa Syria - Report</a>, Amnesty International, 5.6. 2018).
JGuilliard
Irak
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2018-12-23T17:07:00Z
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"Krieg gegen den Terror" eine Bilanz - Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
http://jghd.twoday.net/stories/krieg-gegen-den-terror-eine-bilanz-fraktion-die-linke-im-bundestag/
Eine Große Anfrage unserer Fraktion hatte die Erfahrungen aus 15 Jahren #Krieg gegen den #Terror und hierbei insbesondere eine Bilanz der Länder Irak, #Afghanistan und Pakistan zum Thema. <br />
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Die Ergebnisse stellten Heike Hänsel und Inge Höger in einer Pressekonferenz vor. Mit dabei waren auch Christoph Krämer von der Organisation IPPNW (International Physicians for the Prevention of Nuclear War) und der Autor und Irak-Experte Joachim Guilliard. <br />
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Am Donnerstag Abend diskutierte der Bundestag nach 15 Jahren Krieg gegen den Terror die Verlängerung der Beteiligung der Bundeswehr am Resolute Support-Einsatz Dabei ist die Bilanz des Krieges erschütternd. Der internationale Terrorismus ist so stark wie nie zuvor. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR weist mit 60 Millionen Menschen die höchste Zahl an Geflüchteten seit dem zweiten Weltkrieg aus. Im Jahr 2015 stellten 31.382 Afghanen erstmalig einen Asylantrag in Deutschland. Das sind fünfmal so viele Menschen wie im Jahr 2001. <br />
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In den Jahren 2013 bis 2015 starben an den direkten Kriegsfolgen 10.000 Zivilistinnen und Zivilisten und 19.000 afghanische Armeeangehörige. Dennoch spricht die Bundesregierung von einem sicheren Herkunftsland, in das immer mehr Menschen abgeschoben werden. Es fehlt seitens der Bundesregierung eine ehrliche und ernsthafte Auseinandersetzung mit den Opferzahlen und den Folgen der Kriegseinsätze. DIE LINKE bleibt beim Nein und fordert: #Bundeswehr raus aus Afghanistan!<br />
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Hier das <a href="https://www.youtube.com/watch?v=giaEq-QaQGY">Video</a>.
JGuilliard
Irak
Copyright © 2017 JGuilliard
2017-12-13T21:01:00Z
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Mossul in Ruinen ‒ Konflikte verschärft
http://jghd.twoday.net/stories/mossul-in-ruinen-konflikte-verschaerft/
Das Ausmaß der Verwüstung in der einstigen Metropole, die auf eine Jahrtausende lange Geschichte zurückblickt, ist erschütternd. Video-Aufnahmen und Fotos des Fotografen Felipe Dana, die das Magazin National Geographic online unter dem Überschrift <a href="http://www.nationalgeographic.com/photography/proof/2017/07/mosul-iraq-ISIS-photographs/">Among the Ruins of Mosul</a> veröffentlichte, zeigen westlich des Tigris eine einzige Trümmerlandschaft. Aus diesen Trümmern kletterten, wie <a href="https://www.alaraby.co.uk/english/comment/2017/8/4/after-mosul-iran-backed-militias-will-ensure-sectarian-violence-endures">auf Fotos anderer Fotografen zu sehen ist</a>, halbbekleidete, ausgemergelte und verängstigte Menschen. Tausende liegen <a href="https://www.swr.de/swraktuell/uno-mossul-ist-ein-schlachtfeld/-/id=396/did=19993078/nid=396/1q5nyev/index.html">nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM)</a> unter ihnen begraben. <br />
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Er habe noch nie Zerstörungen wie diese geschehen, schreibt der irakische Fotojournalist Ahmad Al-Rubaye, der seit 2003 für AFP von vielen Schlachtfeldern berichtete, in seiner <a href="https://correspondent.afp.com/savage-battle">Chronik des Feldzugs gegen Iraks zweitgrößte und schönste Stadt,</a> den er neun Monate ‒ eingebettet in die irakischen Streitkräfte ‒ hautnah verfolgt hatte. <br />
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Auch nach Einschätzung der UNO stellt das Ausmaß der Zerstörungen alles Bisherige im Land in den Schatten. Mossul sei die größte Stabilisierungs-Herausforderung, der sich die UNO je gegenüber sah sowohl bezüglich seiner Größenordnung als auch seiner Komplexität und Bandbreite, <a href="http://www.arabnews.com/node/1139091/middle-east">so die Humanitäre Koordinatorin der UNO im Irak</a>, Lise Grande. <br />
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Der Sieg in Mossul markiere das Ende einer Schlacht aber nicht des Krieges, ist auch Felipe Dana, nach dem was er sah, überzeugt: Auch wenn es für heute beendet ist, glaube ich nicht, dass die Leute einfach zurückgehen und ihr Leben wieder aufnehmen werden.<br />
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Ein Teil der Zerstörungen geht auf das Konto der Dschihadisten. Hauptverantwortlich sind jedoch, wie Aufnahmen der zerstörten Gebäude zeigen, die Luft- und Artillerieangriffe der US-geführten Allianz, mit denen diese den Bodentruppen den Weg Meter für Meter regelrecht freigebombt haben ‒ ohne Rücksicht auf die Hunderttausende Bewohner, die in den dichten Stadtvierteln eingeschlossen waren. Zehntausende wurden dabei getötet, über eine Million Menschen aus der Stadt getrieben. (s. Ossietzky 15/ 2017) <br />
<br />
Während rund 200.000 Flüchtlinge aus dem bereits im Januar zurückeroberten und nicht so stark zerstörten Ostteil der Stadt mittlerweile zurückkehren konnten, sitzen über 830,000 Mossulaner nur notdürftig versorgt, in Mitten der irakischen Sommerhitze in Zeltlagern fest ‒ und das auf unbestimmte Zeit. (<a href="https://www.iom.int/news/un-migration-agency-identifies-additional-displaced-population-west-mosul">UN Migration Agency Identifies Additional Displaced Population from West Mosul</a>, International Organization for Migration, 14.7.2017, <a href="http://germany.iom.int/aggregator/categories/3">UN Migration Agency: Over 830,000 Remain Displaced Outside Mosul</a>, IOM, 28.7.2017) <br />
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Die flächendeckende Zerstörung von Wohnungen, Geschäfte, Krankenhäuser, Schulen etc., so IOM, macht eine baldige Rückkehr unmöglich. Allein die Wiederherstellung der lebensnotwendigen Infrastruktur Mossuls wird über eine Milliarde US-Dollar kosten und Monate dauern. Die Kosten des gesamten Wiederaufbaus der Stadt werden auf zig Milliarden Dollar geschätzt. (s. <a href="http://www.aljazeera.com/news/2017/07/humanitarian-situation-dire-liberated-mosul-170710070230074.html">Humanitarian situation dire in 'liberated' Mosul</a>, Level of destruction in Mosul's Old City is almost total, Al Jazeera, 10.7.2017, <a href="https://www.swr.de/swraktuell/uno-mossul-ist-ein-schlachtfeld/-/id=396/did=19993078/nid=396/1q5nyev/index.html">UNO: Mossul ist ein Schlachtfeld</a>, SWR, 28.7.2017, <a href="http://www.middleeasteye.net/news/execution-site-discovered-iraqi-forces-abuse-accusations-mosul-mount-1874679615">Mosul execution site found as ,Iraqi forces accused of abuse</a>, Middle East Eye, 19.7.2017) <br />
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Für dessen Inangriffnahme fehlt im Irak jedoch nicht nur das Geld, sondern ‒ angesichts einer völlig unfähigen und korrupten Regierung und Verwaltung ‒ auch die politischen Voraussetzungen. Die Staaten der Anti-IS-Allianz wiederum zeigen keine Neigung, sich bei der Beseitigung der von ihnen mitverursachten Schäden zu beteiligen. In den bereits im Februar und Juni 2016 zurückeroberten und ebenfalls stark zerstörten Großstädte Ramadi und Falludscha ist jedenfalls bisher kaum etwas geschehen. Die Wasser- und Elektrizitätsversorgung wurde zwar notdürftig mit UN-Mitteln geflickt, 80 Prozent der Häuser sind aber immer noch unbewohnbar. (s. u.a. Jonathan Steele, <a href="http://www.middleeasteye.net/news/after-islamic-state-residents-face-unexploded-mortars-ceiling-ramadi-and-fallujah-713933366">Fallujah and Ramadi: Where liberation from IS comes at a price</a>, Middle East Eye, 23.3.2017 und <a href="https://www.msf.org.au/article/statements-opinion/reconstruction-key-post-war-iraq">Reconstruction is key in post-war Iraq</a>, Médecins Sans Frontières, 3.4.2017) ]<br />
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Die Familien aus Mossul flohen nicht nur vor den Kämpfen, sondern auch vor den Racheaktionen der siegreichen Truppen. In dem Maße, wie sie vorrückten, mehrten sich wie bei den früheren Rückeroberungen die Meldungen von willkürlichen Verhaftungen, Folter und Exekutionen. Ein steter Strom von Leichen treibe den Tigris hinunter, <a href="http://www.theguardian.com/world/2017/jul/15/stream-of-floating-bodies-near-mosul-raises-fears-of-reprisals-by-iraqi-militias">meldete der Guardian</a>, die meisten noch in Fesseln und mit verbundenen Augen. Videos im Internet zeigen die Misshandlung und Ermordung gefangener, der Kollaboration mit dem Daesch beschuldigter Männer. Dutzende Frauen und Kinder von verdächtigen Männern wurden, wie <a href="https://www.hrw.org/news/2017/07/19/iraq-execution-site-near-mosuls-old-city">Human Rights Watch (HRW) berichtete</a>, bereits in Gefangenenlager verschleppt, Hunderte Familien unter Todesdrohungen zum Verlassen der Stadt gezwungen. Für die Gräueltaten werden vor allem die mächtigen, vom Iran ausgerüsteten, schiitische Milizen verantwortlich gemacht, die im Rahmen ihres Kampfes zur Ausweitung der schiitischen Vorherrschaft, alle Sunniten als Daesch-Unterstützer behandeln. Doch auch die von den USA ausgebildeten und angeleiteten irakischen Elite-Einheiten begehen, wie u.A. Human Rights Watch berichtet, systematisch Kriegsverbrechen. (<a href="https://www.hrw.org/news/2017/07/27/iraq-us-trained-forces-linked-mosul-war-crimes">Iraq: US-Trained Forces Linked to Mosul War Crimes</a>, HRW, 27.7.2017) <br />
<br />
Diese fürchterlichen Verbrechen werden das Land teuer zu stehen kommen, warnt der britische Guardian, indem sie den Boden für die nächste Generation von extremistischen Kämpfern bereiten. (<a href="https://www.theguardian.com/commentisfree/2017/jul/20/the-guardian-view-on-mosul-the-price-of-revenge"><span >Editorial: The Guardian view on Mosul: the price of revenge</span></a>, Guardian, 20.7.2017] Sein Staatsbildungsprojekt ist mit dem Verlust von Mossul zwar faktisch am Ende, besiegt ist der Daesch jedoch noch lange nicht. Er kontrolliert immer noch weite Gebiete in Syrien und im Irak und weitet in den Gegenden aus denen er vertrieben wurde, seine Anschläge auf Infrastruktur, Sicherheitskräfte, politische Führer etc. aus. Da keine der Ursachen, die die Ausbreitung des Daesch ermöglicht hatten, beseitigt wurden, sind die Bedingungen für seine Untergrundaktivitäten weiterhin günstig. (s. <a href="http://www.niqash.org/en/articles/security/5644">IS Far From Gone: For Iraq, One Down, Three More Battles To Go</a>, The Islamic State group still hold three significant towns in Iraq. Niqash, 27.07.2017, <a href="http://www.niqash.org/en/articles/security/5642">Neighbourhood Watch: Extremist Sleeper Cells Re-Appear At The Gates Of Baghdad</a>, Niqash, 27.07.2017) <br />
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Mossul war seit langem ein gefährlicher Ort, schreibt, der renommierte britische Nahostkorrespondent Patrick Cockburn in seinem ausführlichen Artikel <a href="https://www.lrb.co.uk/v39/n16/patrick-cockburn/endtimes-in-mosul">Endtimes in Mossul in der Zeitschrift London Review of Books</a>. Schon Wochen nach der Eroberung durch kurdische Peschmerga im Rahmen der US-geführten Invasion im Frühjahr entwickelte sich die Stadt zu einer Hochburg des Widerstands und es gelang in den folgenden 11 Jahren weder der US-amerikanischen Besatzungsmacht noch dem von ihr etablierten, schiitisch dominierten Regime die volle Kontrolle über sie zu erringen. Die Metropole war, wie der <a href="http://www.smh.com.au/interactive/2017/mosul/liberation/">Sydney Morning Herald rückblickend erinnert</a>, der Willkür korrupter schiitischer Armee- und Polizeieinheiten ausgesetzt und von einem dichten Netz von Checkpoints durchzogen. Eine Fahrt von einem Stadtteil zum anderen konnte Stunden dauern und mehrfach Wegegeld kosten. Die meisten Sunniten der Stadt hatten daher die Vertreibung der als Besatzungstruppen empfundenen Regierungskräfte im Sommer 2014 durch den Daesch und lokale Aufständische durchaus begrüßt und betrachten daher den Sieg der überwiegend schiitischen und kurdischen Truppen und Milizen ‒ ungeachtet ihrer üblen Erfahrung mit der Herrschaft der Dschihadisten ‒ keineswegs als Befreiung. (s. z.B. <a href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/islamischer-staat-mossul-im-irak-will-nicht-befreit-werden-a-1086665.html">Mossul will nicht befreit werden</a>, Brisante Umfrage - Warum die Iraker ihre Befreier fürchten, Spiegel Online, 13.04.2016) <br />
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Keine der Forderungen der Sunniten zur Überwindung ihrer systematischen Benachteiligung, nach mehr politischer Mitsprache und mehr Autonomie, für die viele 2013 und 2014 auf die Barrikaden gegangen waren, sind seither erfüllt worden. Die rücksichtlose Rückeroberung der vom Daesch okkupierten Gebiete, in dem neben Mossul zahlreiche weitere Städte und Dörfer zerstört wurden, hat sie nun noch weiter verbittert. Die zerbombten Städte, die Folter- und Vernichtungslager des Regimes, das Flüchtlingselend und die Hoffnungslosigkeit tragen dazu bei, dass extremen Islamistengruppen nicht so schnell die Rekruten ausgehen werden, <a href="http://www.deutschlandfunk.de/rueckeroberung-von-mossul-kein-finaler-sieg-gegen-den-is.720.de.html">warnt zu Recht Kurt Pelda im Deutschlandfunk</a>. Die systematische Vertreibung sunnitischer Familien aus zurückeroberten Gebieten durch schiitische Milizen, die in konfessionell gemischten Gegenden das Ausmaß ethnischer Säuberungen annehmen, verschärft den konfessionellen Hass noch weiter. <br />
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Auch zwischen Kurden und anderen Bevölkerungsgruppen können die Auseinandersetzungen jederzeit eskalieren. Die im Nordirak dominierenden Kurdenparteien, KDP und PUK, haben im Zuge der Kämpfe gegen den Daesch das Territorium, das sie jenseits der drei Provinzen kontrollieren, die die Kurdische autonome Region (KAR) bilden, weiter ausgeweitet. Es umfasst nun schon über 40 Prozent der Fläche der KAR. Insbesondere brachten sie Kirkuk und Umgebung unter ihre Herrschaft und damit auch die größten Ölfelder im Norden Iraks. Obwohl es sich keineswegs um mehrheitlich kurdische Gebiete handelt und sich die dort lebenden Araber, Turkmenen und Jesiden massiv dagegen wehren, sind sie fest entschlossen, sie dauerhaft der KAR anzuschließen. <br />
Auch die Zentralregierung und die schiitischen Milizen, die selbst zahlreiche Ortschaften in den umstrittenen Distrikten besetzt halten, sind nicht bereit, ihre Annexion zu akzeptieren. Solange der Daesch große Teil des Landes beherrschte, zwang der gemeinsame Gegner die rivalisierenden Kräfte zur Zusammenarbeit. Dieser Zwang schwindet und mit dem am 25. September vorgesehenen Referendum über die formelle Unabhängigkeit der bereits weitgehend selbständigen KAR inklusive der umstrittenen Gebiete, ist eine Eskalation geradezu vorprogrammiert. <br />
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Die verheerenden Folgen eines derart rücksichtslosen und brutalen Krieges gegen den Islamischen Staat waren abzusehen. Experten hatten zudem von Beginn an gewarnt, dass die Terrortruppe durch ein rein militärisches Vorgehen nicht besiegt werden kann, sondern das Land weiter spalten und destabilisieren werde. Dennoch wurden zu keinem Zeitpunkt Alternativen zu einem Vernichtungsfeldzug erörtert, der von Seiten der Regierung und den schiitischen Milizen zum guten Teil als Krieg gegen ihre sunnitischen Gegner generell geführt wurde. Vorschläge gab es genug. Sie basierten vor allem auf zwei Elementen: Erstens rigoroses Abschneiden des Nachschubs, insbesondere durch effektive Schließung der Grenzen zur Türkei für seine Kämpfer, Geld und Waffen und zweitens lokale Isolation der Dschihadisten, indem Bagdad zur Verständigung mit den Sunniten und zum Eingehen auf ihre berechtigten Forderungen gedrängt wird. Politische Unterstützung hätte man dafür in der mehrheitlich schiitischen Protestbewegung gegen das sektiererische und korrupte Regime gefunden, die immer wieder zu Hunderttausenden auf die Straßen strömt und letztes Jahr durch die gewaltfreie Besetzung des Parlaments inmitten der streng bewachten Grüne Zone auf sich aufmerksam machte. <br />
<br />
Wenn die USA, Deutschland und die übrigen EU-Staaten ungeachtet dessen an einem Feldzug festhalten, der alle Städte im Zuge ihrer Befreiung zerstört, so kann es dabei nicht allein um die Zerschlagung des Daesch gehen. Ein weiteres, von US-Präsident Trump auch offen propagiertes Ziel, ist es, die Rückkehr ausländischen Dschihadisten zu verhindern, indem man so viele wie möglich noch vor Ort tötet. Indem die westlichen Staaten sich weiterhin einseitig um die Stabilisierung des schiitischen Regimes bemühen und parallel die kurdischen Parteien stärken, setzen sie aber auch Washingtons Politik des Teile und Herrsche der Besatzungszeit fort. Offensichtlich bleibt ein primäres Ziel, das Wiedererstehen eines starken, souveränen Iraks dauerhaft zu verhindern. Daher hat das Niederhalten arabisch-nationalistischer Kräfte, die seit 2003 besonders stark unter Sunniten vertreten sind, und die Verhinderung einer Vereinigung der oppositionellen sunnitischen und schiitischen Kräfte, Vorrang vor der Stabilisierung des Landes. Hierin besteht die sillschweigende Übereinkunft zwischen Washington und Teheran. <br />
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Dass das Land auf diese Weise zerrissen bleibt und ohne funktionierenden Staat, kommt den Interessen der westlichen Mächte keineswegs ungelegen. Garantiert doch ein unfähiger und korrupter Staat den im Land operierenden Konzernen große Freiheiten, nicht zuletzt in der Ölindustrie. Auch wenn deren Privatisierung durch einen breiten Widerstand der Iraker blockiert wurde, haben die Öl-Multis mittlerweile weitgehend freie Hand und erheblichen Einfluss auf die irakische Politik. Und die kurdische Regionalregierung, die mit westlicher Unterstützung nahezu souverän agieren kann, bietet exakt die Geschäftsbedingungen, die sich westliche Konzerne wünschen. Auch die deutsche Regierung sieht in ihr den idealen Partner. Indem deren Kämpfer an Bagdad vorbei mit deutschen Waffen ausgerüstet und von der Bundeswehr trainiert werden, fördert sie ihre separatistischen Bestrebungen und unterstützt einseitig eine Konfliktpartei im Land direkt militärisch ‒ in einer Situation, die jederzeit zu einem neuen Bürgerkrieg eskalieren kann. <br />
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<i>Mehr dazu in meiner Studie für die Informationsstelle Militarisierung (IMI) </i><a href="http://www.imi-online.de/2017/08/09/die-schlacht-um-mossul-2/">Die Schlacht um Mossul</a>
JGuilliard
Irak
Copyright © 2017 JGuilliard
2017-09-30T10:03:00Z
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Befreiung um jeden Preis - Der Irak nach der verheerenden Schlacht um Mossul
http://jghd.twoday.net/stories/befreiung-um-jeden-preis-der-irak-nach-der-verheerenden-schlacht-um-mo/
Neun Monate nach Beginn der Offensive auf Mossul, erklärte der irakische Premier Haider al-Abadi die Stadt vom Islamischen Staat (IS oder arab. Daesch) befreit. Auch das Auswärtige Amt feierte dies in seiner Erklärung vom 11. Juli als großer Erfolg für die irakische Armee, unterstützt durch die globale Anti-IS-Koalition, an der auch Deutschland beteiligt ist. Jetzt komme es darauf an, die Region schnellstmöglich zu stabilisieren, um den Menschen wieder eine Lebensgrundlage vor Ort bieten zu können. Deutschland stehe dabei fest an der Seite der irakischen Bevölkerung. Die eineinhalb Millionen Menschen aus Mossul sind davon jedoch offensichtlich ausgeschlossen. Im Unterschied zu den siegreichen Truppen haben die Einwohner der einstigen Metropole keinen Grund zu feiern. <br />
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Die Stadt liegt wie Luftaufnahmen zeigen in Trümmern. (<a href="http://www.dailymail.co.uk/news/article-4706440/Mosul-completely-destroyed-war-against-ISIS.html">Mosul's Old City reduced to rubble: Satellite images show how the district has been almost completely destroyed during the battle to oust ISIS</a>, Daily Mail, 20.7.2017) Bis zu 80 Prozent des Westens von Mossul <a href="https://airwars.org/news/mosuls-capture-sees-isil-vanquished-but-at-a-terrible-cost">sind zerstört</a>. Und von einer Stabilisierung ist das Land nach drei Jahren eines rücksichtlosen und verheerenden Krieges gegen den Daesch weiter entfernt als zuvor.<br />
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Der große Erfolg der irakischen Armee und der globalen Anti-IS-Koalition zeichnet sich UN-Berichten zufolge dadurch aus, dass von den 54 Wohndistrikten Westmossuls 15 dem Erdboden gleichgemacht und dabei fast 32.000 Häuser vollständig zerstört wurden. In den 23 mittelschwer und 16 leicht beschädigen Distrikten kommen weitere 16.000 zerstörte Häuser hinzu. In der Altstadt der Metropole, die auf eine Jahrtausende lange Gesichte blickt, wurden alleine über 5.500 Gebäude in Trümmern gelegt. Aussagen irakischer Offizieller zufolge sind die Verwüstungen nicht nur Kollateralschäden. Die Leute hier haben seit jeher eine rebellische Natur, so ein Major der Bundespolizei. Ich hoffe diese Zerstörungen sind ihnen eine Lektion.<br />
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Journalisten berichten von Hunderten von Leichen, die unter den Trümmern der Altstadt begraben liegen, von denen oft nur die Füße zu sehen waren. Schnell habe sich Verwesungsgeruch ausgebreitet. Unter den Leichen waren, so das Online Portal <i>Middle East Eye</i>, auch Kinder. Nicht alle Toten sind durch Gewalt ums Leben gekommen, manche sind offenbar auch verhungert oder verdurstet. (<a href="http://www.middleeasteye.net/news/mosuls-final-bloodbath-we-killed-everyone-men-women-children-1721780413">Mosul's bloodbath: 'We killed everyone - IS, men, women, children'</a>, Middle East Eye, 26.7.2017)<br />
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Wie schon in früheren Kriegen kümmert sich im Westen auch diesmal kaum jemand um die horrende Zahl von Opfern der Angriffe der eigenen Streitkräfte. Eine beschämende Stille konstatiert diesbezüglich Patrick Cockburn, der renommierte Nahostkorrespondent der britischen Tageszeitung <i>The Independent</i> und fragt mit Blick auf die Schlagzeilen über Aleppo wo der internationale Aufschrei über das Massaker an Zivilisten bleibt. (<a href="https://www.counterpunch.org/2017/07/24/a-shameful-silence-where-is-the-outrage-over-the-slaughter-of-civilians-in-mosul/">A Shameful Silence: Where is the Outrage Over the Slaughter of Civilians in Mosul?</a>, Counterpunch, 24.7.2017<br />
<br />
Glaubt man den Verlautbarungen der US-geführten Allianz aus NATO-Staaten, Australien, Jordanien und Marokko sollen trotz der der schweren Bombardierungen nur 484 tote Zivilisten auf ihr Konto gehen. Eine dreiste Behauptung angesichts von 28.631 Raketen und Bomben, die sie nach eigenen Angaben im Zuge von 1525 Angriffen vom Boden und aus der Luft auf dichtbebaute Stadtviele abgefeuert haben, in denen noch Hunderttausende Menschen eingeschlossen waren. (<a href="http://www1.wdr.de/daserste/monitor/videos/video-die-schlacht-um-mossul-der-mythos-vom-sauberen-krieg-102.html">Die Schlacht um Mossul: Der Mythos vom sauberen Krieg</a>, Monitor, 06.07.2017) <br />
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Die britische Initiative Airwars, die täglich Berichte über die Angriffe der Koalition auswertet, zählte allein während der Offensive auf West-Mossul zwischen dem 19. Februar und 19 Juni 2017 5.805 Zivilisten, die sehr wahrscheinlich den <a href="https://www.amnesty.org/en/documents/mde14/6610/2017/en/">Luft- und Artillerie-Angriffen der US-Allianz zum Opfer fielen</a>. <a href="https://airwars.org/news/airwars-assessment-june-2017/">Sprecher der Initiative vermuten</a>, dass die tatsächliche Zahl wesentlich höher ist, da noch Tausende Tote unter den Trümmern begraben seien. Nach Angaben des irakisch-kurdischen Geheimdienstes, die Cockburn von Hoshyar Zebari, einem führenden kurdischen Politiker, erhalten hat, wurden mindestens 40.000 Zivilisten während des Sturms auf Mossul getötet.(<a href="http://www.independent.co.uk/news/world/middle-east/mosul-massacre-battle-isis-iraq-city-civilian-casualties-killed-deaths-fighting-forces-islamic-state-a7848781.html">The massacre of Mosul: 40,000 feared dead in battle to take back city from Isis as scale of civilian casualties revealed</a>, Independent, 19.7.2017) <br />
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[Zebari, der selbst aus der Stadt stammt, und schon früh ihre völligen Zerstörung bei Fortsetzung der Offensive vorhergesagt hatte, beschuldigt die irakische Regierung, der er selbst bis letztes Jahr als Finanzminister und Außenminister angehörte, keine Rücksicht auf die Bevölkerung genommen zu haben und völlig gleichgültig ihrem Leiden gegenüber zu sein.]<br />
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Angesichts der vollständigen Zerstörung aller 32.000 Gebäude in den am schwersten betroffenen Distrikten in denen zu dieser Zeit mehrere Hunderttausend Menschen eingeschlossen waren, ist auch dies vermutlich noch eine Unterschätzung. Wie überlebende Bewohner Amnesty International berichteten, wurde das vom Daesch kontrollierte Territorium umso dichter bevölkert, je mehr es schrumpfte. In den noch intakten Häusern drängten sich schließlich Gruppen von 15-100 Menschen. Deren Keller boten aber gegen die mit immer schwereren Bomben durchgeführten Luftangriffe kaum Schutz. (<a href="https://www.amnesty.org/en/documents/mde14/6610/2017/en/">At any cost: The civilian catastrophe in West Mosul, Iraq</a>, AI, 11.7.2017)<br />
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Welchen Anteil die verschiedenen Kriegsparteien an den Zerstörungen haben, lässt sich nicht genau abschätzen. Der größte Teil, dürfte Berichten zufolge, auf den Artillerie-Beschuss mit Mörser und Raketen durch die irakischen Truppen zurückzuführen sein, ein weiterer auf den Daesch, der viele Häuser vermint hat. Ein großer Teil der betroffenen Gebäude war aber, wie Aufnahmen der betroffenen Viertel zeigen, eindeutig durch Bombardierungen aus der Luft zerstört worden.(s. u.a. Patrick Cockburn, <a href="http://www.independent.co.uk/news/world/middle-east/mosul-massacre-battle-isis-iraq-city-civilian-casualties-killed-deaths-fighting-forces-islamic-state-a7848781.html">The massacre of Mosul:
</a>, a.a.O., AI, <a href="https://www.amnesty.org/en/documents/mde14/6610/2017/en/">At any cost ... </a>) <br />
<br />
Dies war auch zu erwarten. Wie Untersuchungen von Amnesty International, Human Rights Watch (HRW) und der britischen Initiative Airwars belegen, hat die US-geführten Allianz aus NATO-Staaten, Australien, Jordanien und Marokko sowohl die Häufigkeit der Luftangriffe als auch die Schwere der eingesetzten Waffen in den letzten Monaten massiv gesteigert. (s. <a href="http://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/die-schlacht-um-mossul-100.html">Die Schlacht um Mossul: a.a.O</a>., WDR, 6.7.2017, sowie <a href="http://www.nbcnews.com/storyline/isis-terror/battle-against-isis-syria-iraq-civilians-suffer-most-n779656">In Battle Against ISIS in Syria and Iraq, Civilians Suffer Most</a>, NBCNews, 10.7.2017) <br />
Zu Beginn der Offensive, bei der Rückeroberung der östlich des Tigris liegenden Stadtteile, setzten die Angreifer noch überwiegend auf Bodentruppen. Diese erlitten dabei jedoch unerwartet schwere Verluste, vor allem die als Speerspitze dienenden irakischen Eliteeinheiten der Goldenen Division. US-Berichten und Informationen von AI zufolge wurden zwischen 50 und 75 Prozent der ein Jahr lang speziell dafür trainierten Soldaten getötet oder schwer verwundet. <br />
<br />
Die verbündeten Streitkräfte <a href="mailto:http://www.independent.co.uk/news/world/middle-east/isis-mosul-battle-iraq-militants-east-west-baghdad-islamic-state-a7581956.html">setzten daher immer mehr auf Artillerie und Luftangriffe</a>. Beim Sturm auf den wesentlich dichter bebauten Westteil der Stadt, in dem rund 800.000 Menschen eingeschlossen waren, wurde den vorrückenden Einheiten schließlich der Weg regelrecht freigebombt. Nur mit Hilfe des Dauerfeuers der US-geführten Allianz sei es Bodentruppen, wie AP berichtete, möglich geworden, auf die engen Altstadtviertel vorzustoßen. Oft sei schon <a href="http://www.handelsblatt.com/politik/international/luftangriffe-auf-altstadt-von-mossul-reporter-beobachten-hunderte-teils-schwer-verletzte-zivilisten/20009962.html">, wie AP berichtete, </a>, Luftunterstützung beauftragt worden, um Gruppen von nur zwei bis drei Kämpfern mit leichten Waffen auszuschalten. Eingeschlossen unter Dauerfeuer, abgeschnitten von der Lebensversorgung und immer knapper werdendem Wasser wurde, wie <a href="http://www.middleeasteye.net/columns/mosul-liberated-what-my-family-has-witnessed-309939841">Überlebende berichten</a>, das Leben zu lebenden Hölle. <br />
<br />
[Der Publizist Jürgen Todenhöfer, der Ende März Mossul besichtigt hatte, bezeichnet die Strategie der Angreifer jeden Abschnitt, den sie erobern wollen, kurz und klein zu bomben für absurd, pervers und auch für kriminell <a href="http://www.deutschlandfunk.de/kampf-um-mossul-90-prozent-der-toten-werden-zivilisten-sein.694.de.html?dram:article_id=382424">Kampf um Mossul: "90 Prozent der Toten werden Zivilisten sein"</a>, Deutschlandfunk, 28.03.2017]<br />
<br />
Das was wir jetzt machen ist eine Minimumlösung, wo wir unsere Technik ausspielen und unsere eigenen Opfer gegen Null halten, kommentierte Ulrich Scholz, Oberstleutnant a.D und <a href="http://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/die-schlacht-um-mossul-100.html">ehem. Luftkriegsplaner der NATO, im WDR-Magazin Monitor</a> den angeblich so sauber und präzise geführten Krieg Aber dafür bluten halt jeden Tag immer mehr syrische oder irakische Zivilisten. <a href="https://www.amnesty.org/en/documents/mde14/6610/2017/en/">Auch Amnesty International wirft der US-geführten Allianz vor</a>, durch die Rückeroberung der Stadt um jeden Preis unter Einsatz schwerster Waffen auf dicht bewohnte Stadtviertel gegen internationales Recht verstoßen, mit anderen Worten Kriegsverbrechen begangen zu haben.<br />
<br />
Nachdem die Trump-Regierung Mitte Mai das Einkreisen und Auslöschen des Daesch als neue Taktik anordnete, eskalierte die rücksichtslose Kriegsführung weiter. Laut Pentagon-Chef Jim Mattis soll durch die Auslöschungskampagne, die Rückkehr ausländischer Kämpfer der Terrortruppe, die die NATO-Staaten mittlerweile als das größte Risiko betrachten, durch rechtzeitige Tötung zu verhindert werden. (<a href="http://www.dw.com/en/us-plan-to-annihilate-is-raises-questions-over-civilian-toll-larger-strategy/a-38919113">US plan to 'annihilate IS' raises questions over civilian toll, larger strategy</a>, Deutsche Welle, 21.05.2017)<br />
<br />
Britische Spezialeinheiten, die an der Offensive beteiligt waren, erhielten daher eine Liste mit den Namen von 200 britischen Dschihadisten, die vor Ort zu eliminieren sind. (<a href="http://www.independent.co.uk/news/world/middle-east/sas-special-forces-hit-list-iraq-syria-isis-terrorist-attacks-drones-a7400756.html">SAS in Iraq given 'kill list' of 200 British jihadis to take out</a>, Independent, 6.11.2016) Die Franzosen überlassen dies ihren irakischen Verbündeten, denen sie Dossiers über französische Daesch- Mitglieder zukommen ließen. (<a href="https://www.wsj.com/articles/frances-special-forces-hunt-french-militants-fighting-for-islamic-state-1496090116">Frances Special Forces Hunt French Militants Fighting for Islamic State</a>, Wall Street Journal, 29.3.2017 und <a href="http://www.independent.co.uk/news/world/middle-east/france-hunting-isis-fighters-citizens-without-trial-iraq-special-forces-sas-syria-terrorists-a7763111.html">France is hunting down its citizens who joined Isis without trial in Iraq</a>, Independent, 30.5.2017)<br />
<br />
Indem zur Minderung des Risikos von Anschlägen in Europa oder Nordamerika jegliche Rücksicht auf die im Kampfgebiet festsitzende Bevölkerung aufgegeben wurde, die vom Daesch, bekanntermaßen, als Deckung genutzt und an der Flucht gehindert wurde, demonstrierten sie ein weiteres Mal die Geringschätzung arabischen gegenüber nordamerikanischen und europäischen Lebens.<br />
<br />
Jürgen Todenhöfer schrieb bereits im November 2016, wenige Wochen nach Beginn der Offensive, einen <a href="https://www.facebook.com/JuergenTodenhoefer/photos/a.10150173554135838.304529.12084075837/10154174455790838/?type=3&theater">wütenden Brief an die Bundeskanzlerin</a>, in dem er sie aufforderte, sich endlich mit den Verbrechen zu befassen, die beim Sturm auf Mosul begangen werden. Laut Amnesty International und Human Rights Watch begehen unsere Verbündeten im Irak schwerste Kriegsverbrechen. Sie foltern, sie ermorden Zivilisten und sie verstümmeln Leichen. Im Internet ist zu sehen, wie ein gefangener 13-jähriger Junge vor einen Panzer gelegt, erschossen und überrollt wird. All das im Namen der 60-Mächte-Koalition, der auch wir angehören. Außerdem töten die Bomben der US-geführten Koalition täglich Zivilisten.
. Wir sind durch Luftaufklärung, militärische Berater und deutsche Waffen am Angriff auf Mosul beteiligt. Das ist auch unser Krieg. Juristisch sind wir Mittäter.
JGuilliard
Irak
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2017-09-07T18:26:00Z
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Um jeden Preis: Das Massaker von Mossul
http://jghd.twoday.net/stories/um-jeden-preis-das-massaker-von-mossul/
Ein großer Teil der betroffenen Gebäude war, wie Bilder zeigen, durch Bombardierungen aus der Luft verwüstet worden. Sowohl deren Häufigkeit wie auch die Schwere der eingesetzten Waffen hatten in den letzten Monaten laut Untersuchungen von Amnesty International (AI), Human Rights Watch (HRW) und der britischen Initiative Airwars enorm zugenommen.<a href="#_edn6" name="_ednref6" title="">[6]</a> <br />
Zu Beginn der Offensive, bei der Rückeroberung der östlich des Tigris liegenden Stadtteile, setzten die Angreifer noch überwiegend auf Bodentruppen, voran, als Speerspitze, die ein Jahr lang speziell dafür trainierten irakischen Spezialeinheiten der Goldenen Division. Diese erlitten dabei jedoch so schwere Verluste US-Berichten und Informationen von Amnesty International zufolge zwischen 50 und 75 Prozent ihrer Truppen , dass die verbündeten Streitkräfte immer mehr auf Artillerie und Luftangriffe setzten. <a href="#_edn7" name="_ednref7" title="">[7]</a> Beim Sturm auf den wesentlich dichter bebauten Westteil der Stadt, in dem rund 800.000 Menschen eingeschlossen waren, wurde den Angreifern der Weg regelrecht freigebombt. Nur mit Hilfe des Dauerfeuers der US-geführten Allianz sei es Bodentruppen, wie <i>AP</i> berichtete, möglich geworden, auf die engen Altstadtviertel vorzustoßen. Oft sei schon Luftunterstützung angefordert worden, um Gruppen von nur zwei bis drei Kämpfern mit leichten Waffen auszuschalten.<a href="#_edn8" name="_ednref8" title="">[8]</a> <br />
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<b>Um jeden Preis</b><br />
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Waren bereits unter US-Präsident Obama die Einsatzregeln für Luftangriffe entsprechend gelockert worden, <a href="#_edn9" name="_ednref9" title="">[9]</a> gab die Trump-Regierung dem Militär nahezu völlig freie Hand. Indem sie Mitte Mai zudem das Einkreisen und Auslöschen des Daesch als neue Taktik anordnete, steigerte sie die Rücksichtslosigkeit der Kriegführung weiter. <br />
War zuvor ein Rückzug des Großteils der Dschihadisten nach Syrien als wünschenswerte Stärkung der Front gegen die Assad-Regierung angesehen worden, zielt die Auslöschungskampagne laut Pentagon-Chef James Mattis darauf, die Rückkehr ausländischer Kämpfer der Terrortruppe in ihre Herkunftsländer durch Tötung vor Ort zu verhindern.<a href="#_edn10" name="_ednref10" title="">[10]</a> Diese werden von den NATO-Staaten mittlerweile als das größte Risiko für die NATO-Länder angesehen.<br />
Britische Spezialeinheiten, die an der Offensive beteiligt waren, erhielten daher eine Liste mit den Namen von 200 britischen Dschihadisten, die vor Ort zu eliminieren sind.<a href="#_edn11" name="_ednref11" title="">[11]</a> Die Franzosen überlassen dies ihren irakischen Verbündeten, denen sie Dossiers über französische Daesch- Mitglieder zukommen ließen.<a href="#_edn12" name="_ednref12" title="">[12]</a><br />
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Indem zur Minderung des Risikos von Anschlägen in Europa oder Nordamerika jegliche Rücksicht auf die im Kampfgebiet festsitzende Bevölkerung aufgegeben wurde, die vom Daesch, bekannter Maßen, als Deckung genutzt und an der Flucht gehindert wurde, demonstrierten sie ein weiteres Mal die Geringschätzung des Lebens von Arabern gegenüber dem von Nordamerikanern und Europäern. <br />
Durch die Rückeroberung der Stadt um jeden Preis, wie es AI in einem Bericht bezeichnete, mit Hilfe des rücksichtslosen Einsatz schwerer Waffen auf dicht bewohnte Stadtviertel, hat die US-geführte Allianz auch nach Ansicht der Menschenrechtsorganisation gegen internationales Recht verstoßen, mit anderen Worten: Kriegsverbrechen begangen.<a href="#_edn13" name="_ednref13" title="">[13]</a> Patrick Cockburn, der renommierte Nahostkorrespondent der britischen Tageszeitung <i>The Independent</i>, geht auf Basis der Angaben des irakisch-kurdischen Geheimdienstes von mindestens 40.000 zivilen Opfern des Sturms auf Mossul aus und spricht von einem Massaker.<a href="#_edn14" name="_ednref14" title="">[14]</a> <br />
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Während rund 200.000 Flüchtlinge aus dem bereits im Januar zurückeroberten und nicht so stark zerstörten Ostteil der Stadt zurückkehren konnten, hat der Sturm auf den Westen zusätzlich 750.000 Menschen vertrieben. Über 830.000 Einwohner Mossuls sitzen nun, nur notdürftig versorgt, während der irakischen Sommerhitze in Zeltlagern fest.<a href="#_edn15" name="_ednref15" title="">[15]</a> Die meisten von ihnen haben angesichts der immensen Zerstörungen kaum Chancen, in naher Zukunft zurückkehren zu können. <a href="#_edn16" name="_ednref16" title="">[16]</a> Allein die Wiederherstellung der lebensnotwendigen städtischen Infrastruktur wird über eine Milliarde US-Dollar kosten und Monate dauern, der auf zig Milliarden Dollar veranschlagte gesamte Wiederaufbau viele Jahre. <a href="#_edn17" name="_ednref17" title="">[17]</a> <br />
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Die Familien aus Mossul flohen nicht nur vor den Kämpfen, sondern auch vor den Racheaktionen der siegreichen Truppen. In dem Maße, wie sie vorrückten, mehrten sich die Meldungen von willkürlichen Verhaftungen, Folter und Exekutionen. Ein steter Strom von Leichen treibe den Tigris hinunter, meldete der Guardian, die meisten noch in Fesseln und mit verbundenen Augen.<a href="#_edn18" name="_ednref18" title="">[18]</a> Videos im Internet zeigen die Misshandlung und Ermordung gefangener, der Kollaboration mit dem Daesch beschuldigter Männer. Dutzende Frauen und Kinder von verdächtigen Männern wurden bereits in Gefangenenlager verschleppt, Hunderte Familien unter Todesdrohungen zum Verlassen der Stadt gezwungen. <a href="#_edn19" name="_ednref19" title="">[19]</a> <br />
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Der Verlust von Mossul ist zweifellos ein schwerer Schlag für den Daesch. Besiegt ist er jedoch noch lange nicht. Ein großer Teil der Dschihadisten konnte sich auch diesmal rechtzeitig absetzen irakischen Berichten zufolge zum Teil durch Bestechung von Armeeangehörigen oder untertauchen.<a href="#_edn20" name="_ednref20" title="">[20]</a> Nach wie vor stehen noch weite Gebiete im Irak unter seiner Kontrolle.<a href="#_edn21" name="_ednref21" title="">[21]</a> Eine anhaltende Serie massiver Guerilla-artigen Angriffen, u.a. auf Öl-Infrastruktur-Anlagen quer über den Norden Iraks, zeigen zudem deutlich, über welche Schlagkraft die Terrortruppe nach wie vor verfügt.<a href="#_edn22" name="_ednref22" title="">[22]</a><br />
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Auf der anderen Seite wurde keine der Ursachen, die die Ausbreitung des Daesch erst ermöglicht hatten, beseitigt. Die Mehrheit der sunnitischen Bevölkerung, die 2014 die Vertreibung der als Besatzungstruppen empfundenen Armee durch den Daesch und durch lokale Aufständische begrüßt hatte, betrachtet den Sieg der überwiegend schiitischen und kurdischen Truppen und Milizen keineswegs als Befreiung. [Einer Umfrage vom April 2016 zufolge lehnen zwar 95 Prozent der Sunniten in Mossul die Terrormiliz ab, 75 Prozent wollten jedoch auf keinen Fall von der irakischen Armee befreit werden und 100 Prozent wandten sich strikt gegen das Eindringen schiitischer und kurdischer Milizen. <a href="#_edn23" name="_ednref23" title="">[23]</a> ] Der rücksichtlose Krieg, in dem neben Mossul zahlreiche weitere Städte und Dörfer zerstört wurden, hat viele Sunniten, die bereits 2014 gegen ihre systematische Benachteiligung auf die Barrikaden gegangen waren, noch weiter verbittert und die Basis für ein erneutes Erstarken extremistischer Gruppen gelegt.<br />
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<b>Neues Konfliktpotential</b><br />
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Racheaktionen, Massaker und Vertreibungen durch vom Iran ausgerüstete schiitische Milizen, die in konfessionell gemischten Gebieten das Ausmaß ethnischer Säuberungen annehmen, schaffen zusätzliches Konfliktpotential. Gewaltsame Auseinandersetzungen drohen zudem auch zwischen Kurden und anderen Bevölkerungsgruppen. <br />
Die dominierenden Kurdenparteien KDP und PUK hatten, als die irakische Armee 2014 vor dem anrückenden Daesch das Weite suchte, die Gunst der Stunde genutzt, um das Territorium, das sie jenseits der vier Gouvernements kontrollieren, die die offizielle autonome Region Kurdistan (ARG) bilden, deutlich auszuweiten. Insbesondere brachten sie Kirkuk und Umgebung unter ihre Herrschaft und damit auch die größten Ölfelder im Norden Iraks. <br />
Im Zuge des Kampfes gegen den Daesch brachten sie weitere Gebiete unter ihre Kontrolle, so dass sie ihr Herrschaftsgebiet mittlerweile um 40 Prozent der Fläche der Autonomieregion ausgeweitet haben. Vertreter der KDP lassen keinen Zweifel, dass sie diese Territorien, die keineswegs mehrheitlich von Kurden bewohnt sind, dauerhaft der ARG anschließen wollen. Auch hier kam es zu Vertreibungen von Sunniten, die pauschal als Daesch-Anhänger behandelt werden. <br />
Immer wieder gibt es Kämpfe mit konkurrierenden schiitischen Milizen sowie auch mit jesidischen Selbstverteidigungskräften, die eine eigene Autonomie für ihre Region anstreben. Bisher zwang der gemeinsame Gegner Daesch die rivalisierenden Kräfte zur Zusammenarbeit. Mit dem im September vorgesehenen Referendum über die formelle Unabhängigkeit der bereits weitgehend selbständigen ARG ist eine Eskalation jedoch programmiert.<br />
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Obwohl die verheerenden Folgen abzusehen waren und Experten von Beginn an vor der weiteren Destabilisierung des Landes durch ein rein militärisches Vorgehen gegen den Daesch gewarnt hatten, wurden zu keinem Zeitpunkt Alternativen zu einem Vernichtungsfeldzug erörtert, der von der schiitisch dominierten Regierung in Bagdad und den schiitischen Milizen zum guten Teil als Krieg gegen ihre sunnitischen Gegner generell geführt wurde. <br />
Statt nach den Großstädten Ramadi und Falludscha auch noch die Millionenmetropole Mossul zu zerstören, um sie von 4.500 bis 7.500 Dschihadisten zu befreien, hätten die USA und ihre Verbündeten den Daesch durch lokale Isolation und Abschneiden vom Nachschub bekämpfen können. Dazu wäre eine effektive Schließung der Grenzen für seine Kämpfer, Geld, Waffen und Material sowie die Aufgabe der sektiererischen Politik in Bagdad und ein Ausgleich der schiitisch dominierten Regierung mit den Sunniten nötig gewesen. Die Ablehnung von deren berechtigten Forderungen führte 2014 zu dem Aufstand, der dem Daesch erst seine Offensive ermöglichte. Ohne eine Verständigung mit der sunnitischen Bevölkerung, das erklärte bereits im November 2016 auf dem Nachrichtenportal <i>ekurd.net</i> auch Lahur Talabani, Chef des Geheimdiensts der irakisch-kurdischen Partei PUK und Neffe ihres Parteichefs Dschalal Talabani, wird der Krieg im Irak nicht zu Ende gehen. <a href="#_edn24" name="_ednref24" title="">>[24]</a><br />
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<b>Der Mythos vom sauberen Krieg</b><br />
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Glaubt man den Verlautbarungen der US-geführten Internationalen Allianz gegen den Islamischen Staat aus NATO-Mitgliedsländern, Australien, Jordanien und Marokko, dann war die Offensive auf Mossul ein sauberer Krieg. Trotz der schweren Bombardierungen sollen nur 484 getötete Zivilisten auf ihr Konto gehen. Eine dreiste Behauptung angesichts von 28.631 Raketen und Bomben, die die Allianz nach eigenen Angaben im Zuge von 1.525 Angriffen vom Boden und aus der Luft auf dichtbebaute Stadtviertel abgefeuert hat, in denen Hunderttausende Menschen eingeschlossen waren.<a href="#_edn25" name="_ednref25" title="">[25]</a> Auch die angeführte große Präzision ihrer Waffen ist Augenwischerei, wenn die Angreifer keine Kenntnis erlangen konnten, wer sich in den bombardierten Gebäuden aufhielt, und wenn die Sprengkraft der eingesetzten 500-Pfund-Bomben einen letalen Radius von über 200 Metern haben. <br />
<br />
Initiativen, die täglich Berichte über die Angriffe der Koalition auswerten, kommen auf wesentliche höhere Opferzahlen. So schätzt Airwars.org, dass allein während der Offensive auf Westmossul zwischen dem 19. Februar und 19. Juni 2017 bis zu 5.805 Zivilisten den Luft- und Artillerieangriffen der US-Allianz zum Opfer fielen. Selbst das erscheint angesichts des Bombenhagels als eine niedrige Zahl. Sprecher der Initiative bezeichnen ihre Angaben denn auch als sehr konservativ, da noch Tausende Tote unter den Trümmern begraben seien. Tatsächlich kann man in Kriegsgebieten, wie die IPPNW-Studie Studie Body Count ‒ Opferzahlen nach zehn Jahren Krieg gegen den Terror zeigt, durch Sammlung der gemeldeten Fälle stets nur einen Bruchteil der Opfer erfassen. Im Irak-Krieg war, wie repräsentative Studien ergaben, die tatsächliche Zahl mindestens sechsmal, wahrscheinlich sogar zwölfmal höher als jene. <br />
<br />
Auch die von Patrick Cockburn im <i>Independent</i> wiedergegebene Schätzung des irakisch-kurdischen Geheimdienstes in Höhe von 40.000 zivilen Opfern dürfte daher noch zu niedrig liegen.<a href="#_edn26" name="_ednref26" title="">[26]</a> Allein in den 15 am schwersten betroffenen Distrikten Westmossuls wurden nach Angaben der UNO 32.000 Gebäude vollständig zerstört, in den übrigen Vierteln mindestens noch einmal so viele.<a href="#_edn27" name="_ednref27" title="">[27]</a> Wie überlebende Bewohner Amnesty International berichteten, wurde das vom Daesch kontrollierte Territorium umso dichter bevölkert, je mehr es schrumpfte. In den noch intakten Häusern drängten sich schließlich Gruppen von 15 bis 100 Menschen. Die Keller boten aber gegen Luftangriffe keinen Schutz. <br />
<br />
Solange niemand die Aufgabe übernimmt, durch repäsentative Umfrage vor Ort und in den Flüchtlingslager die Zahl der Opfer abzuschätzen, werden wir nie erfahren wie viele Menschen tatsächlich während der Offensive in Mossul oder in den vorhergehenden Feldzügen gegen Tikrit, Ramadi, Falludscha etc. starben. Vermutlich werden es weit mehr als Hunderttausend sein, die zu den ca. 1,5 Millionen bereits zuvor durch Krieg und Besatzung getöteten hinzukommen. Und der Krieg geht weiter.
JGuilliard
Irak
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2017-09-03T15:05:00Z
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Studie: Die Schlacht um Mossul - Der Irak zerrissen durch den Krieg gegen den Islamischen...
http://jghd.twoday.net/stories/die-schlacht-um-mossul-imi-studie/
Dazu zählen: <br />
<br />
die Konflikte zwischen dem von schiitisch-islamistischen Kräften dominierten Regime und diversen Bevölkerungsgruppen, insbesondere den Sunniten; <br />
das brutale Wirken schiitischer Milizen, die, vom Iran ausgerüstet und angeleitet, mittlerweile einen sehr starken Machtfaktor darstellen; <br />
das Streben der Kurdenparteien, zusätzliche Gebiete unter Kontrolle zu bringen; <br />
die militärische Intervention der USA und anderer NATO-Staaten, insbesondere auch der Türkei; <br />
und natürlich die Präsenz und das Wirken der Dschihadisten-Miliz Islamischer Staat, dem IS, oder arabisch despektierlich Daesch. <br />
<br />
Viele der gravierendsten Probleme, unter denen die Iraker leiden, sind noch Folgen der von den USA angeführten Invasion von 2003 und der darauf folgenden Besatzung. Der Krieg ging aufgrund des von den Eroberern eingeführten politischen Systems, das mehr einer Strategie des Teile und Herrsche als einer von Ausgleich und Stabilisierung folgte, und der dadurch geschaffenen oder angeheizten innerirakischen Konflikte auch nach dem Abzug der regulären US-Truppen Ende 2010 nie völlig zu Ende. Diverse Kräfte ‒ einheimische wie ausländische ‒ versuchen nun die Offensiven gegen den Daesch zu nutzen, um die Karten neu zu mischen. Die Präsenz der dschihadistischen Miliz die zur Inkarnation des Bösen schlechthin avanciert ist dient dabei der bequemen Rechtfertigung aller Aktivitäten zur Umsetzung der jeweiligen Ziele. Die Konflikte im Lande werden so weiter verschärft. Wenn die grundlegenden Probleme nicht endlich gelöst werden, wird vielleicht der Daesch zurückgeschlagen, der Krieg jedoch weitergehen. Indem die deutsche Regierung zu allem Überfluss auch noch die Gelegenheit nutzt, sich durch eine direkte militärische Beteiligung am Krieg im Irak an eine größere militärische Weltmachtrolle heranzupirschen, macht sie sich mitverantwortlich an den dramatischen Zuständen im Land. <br />
<br />
<strong>Inhaltsverzeichnis</strong> <strong>Einleitung 1</strong> <br />
<strong> 1. Sturm auf Mossul 2</strong> <br />
1.1 Eroberung durch den Daesch 2 <br />
1.2 Duldung durch Sunniten 3 <br />
1.3 Gräuel schiitischer Milizen 4 <br />
1.4 Vertreibungen im Zuge kurdischer Expansion 5 <br />
1.5 Türkische Intervention 6 <br />
1.6 Offensive trotz absehbarer humanitärer Folgen 6 <br />
1.7 Befreiung durch Zerstörung 6 <br />
1.8 Das Schlimmste zum Schluss 7 <br />
1.9 Wespennester mit Knüppeln 8 <br />
<strong> <br />
2.Jenseits der Front: Irak sechs Jahre nach der Besatzung 8</strong> <br />
2.1 Humanitäre Krise bleibt eine der größten und brisantesten der Welt 8 <br />
2.2 Gescheiterte Reformansätze 9 <br />
2.3 Protestbewegungen 10 <br />
<strong > <br />
3. Verschärfende Intervention der US-geführten Allianz 10</strong> <br />
3.1 Westliche Interessen 10 <br />
3.2 Auswege aus dem Desaster 12 <br />
3.3 Deutschlands Verantwortung 13<br />
<br />
<br />
<a href="http://www.imi-online.de/download/IMI-Studie2017-11b-Irak-web.pdf">Hier die ganze Studie zum Download (PDF)</a>
JGuilliard
Irak
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2017-08-13T22:56:00Z
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Mossul ‒ einer Millionenstadt droht die vollständige Zerstörung
http://jghd.twoday.net/stories/mossul-einer-millionenstadt-droht-die-vollstaendige-zerstoerung/
Im Unterschied zu Aleppo wird der Vorstoß der Angreifer trotz der großen Zerstörungen bei vorangegangenen Rückeroberungen von den meisten westlichen Medien als Befreiung begrüßt. Kenner der Verhältnisse hingegen sind angesichts der Dimensionen der zu erwartenden Opfer und Verwüstungen entsetzt. Schließlich befinden sich noch immer rund eine Million Menschen in den Vierteln, die unter Beschuss stehen. Seit Monaten wiederholt unter anderen der renommierte Nahostkorrespondenten des britischen Independent, Patrick Cockburn, seine Warnungen vor einer Befreiung mittels Zerstörung. <br />
<br />
Er wird darin auch von einem hochrangigen irakisch-kurdischen Politiker unterstützt: Die irakischen Streitkräfte werden wahrscheinlich auch den Westen Mossuls zurückerobern, die Stadt selbst werde jedoch in den Kämpfen zerstört, so Hoshyar Zebari, der bis zum vergangenen Jahr Finanzminister in Bagdad und davor zehn Jahre Außenminister war, im Interview mit Cockburn. Der aus Mossul kommende Kurdenführer ist überzeugt, dass der Daesch in den engen dicht bewohnten Vierteln der Altstadt, die er noch hält, noch monatelang bis zum letzten Mann kämpfen werde.(Patrick Cockburn, <a href="http://www.independent.co.uk/news/world/middle-east/isis-mosul-battle-iraq-militants-east-west-baghdad-islamic-state-a7581956.html">, Mosul Set to be Completely 'Destroyed' in Battle to Free It from Isis</a>, The Independent, 15.2.2017)<br />
Noch mehr Gemetzel in Mosul sieht auch der australische Journalist Jonathan Spyer voraus, nachdem er Stadtteile im Osten besichtigt hatte, die ihm wie von der Apokalypse heimgesucht erschienen. (<a href="http://www.theaustralian.com.au/news/inquirer/reporting-from-the-front-line-in-the-battle-for-mosul/news-story/c08ae0459e5ee9959b42cf8527880ba4">, More carnage ahead in Mosul ‒ Reporting from the front line in the battle for Mosul</a>, The Australian, 11.2.2017) <br />
<br />
Vier Monate dauerten die Kämpfe um den auf der Ostseite des Tigris liegenden Teils der Stadt, in dem die Kämpfer des Daesch, evtl. unterstützt von lokalen Gruppen, nur hinhaltenden Widerstand geleistet haben. Die angreifenden Truppen, insbesondere die Eliteeinheiten der Goldenen Division, die die Offensive anführten, erlitten dabei schwere Verluste, manche Einheiten verloren US-Berichten zufolge bis zu fünfzig Prozent ihrer Mannschaft (s. <a href="mailto:http://www.independent.co.uk/news/world/middle-east/isis-mosul-battle-iraq-militants-east-west-baghdad-islamic-state-a7581956.html">Cockburn, a.a.O.</a>). <br />
<br />
Die von Washington geführte Allianz aus NATO-Staaten, Australien, Jordanien und Marokko eskalierte daraufhin offenbar ihre verfehlte Politik, intensivierte die Luftangriffe und bombte den überwiegend schiitischen und kurdischen Kräften den Weg frei ‒ mit verheerenden Folgen für die Bevölkerung.(s Samuel Oakford, <a href="https://airwars.org/news/mosulraqqa-update/"> Missing in action: Hundreds of civilian deaths pass unremarked in Obamas final days</a>, Airwars.org, 20.1.2017) Die Infrastruktur wurde verwüstet und die Zahl ziviler Opfer wuchs drastisch. Stark getroffen wurde u.a. die Universität, einst eine der renommiertesten der arabischen Welt, eine große Zahl von Wissenschaftler, Angestellten und Studenten wurden dabei getötet. <br />
<br />
Am 18. Januar meldete die aus Mossul stammende Umweltwissenschaftlerin Souad Al-Azzawi erschüttert den Tod ihres im ganzen Land geachteten Professors und Mentors Dr. Al-Layla, der mitsamt seiner Familie unter den Trümmern seines von US-Bomben zerstörten Hauses begraben wurde. Zwei Tage später wurden zwei Ärzte, Mitglieder der medizinischen Fakultät, und Familienangehörige zu weiteren Opfern der Luftangriffe der US-geführten Koalition. Auf der Webseite der britischen Initiative Airwars.org, die unter <a href="https://airwars.org/civilian-casualty-claims/">https://airwars.org/civilian-casualty-claims/</a> die ihr bekannt gewordenen Opfer des Luftkrieges der US-Koalition in Syrien und Irak auflistet, findet man viele weitere Fälle. Dem britischen Projekt Iraq Body Count (IBC) zufolge, das seit 2003 die zivilen Opfer des Krieges im Irak zu dokumentieren sucht wurden seit Juni 2014 ca. 4450 Zivilisten im Irak durch die Bomben der von der Bundeswehr unterstützten Luftkriegs-Allianz getötet. Wie die IPPNW-Studie Studie <a href="http://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Frieden/BodyCount_internationale_Auflage_deutsch_2015.pdf">Body Count ‒ Opferzahlen nach 10 Jahren "Krieg gegen den Terror"</a> zeigt, kann IBC nur einen Bruchteil der Opfer erfassen und ist die Einteilung in Zivilisten und Kämpfer aus der Ferne generell fragwürdig. Wir müssen daher von einem Mehrfachen der vom IBC geschätzten Zahl ausgehen [mehr dazu in meinem Ossietzky-Artikel: <a href="http://jghd.twoday.net/stories/fortgesetzte-vertuschung-zivile-opfer-im-luftkrieg-der-us-allianz-in-s/">Fortgesetzte Vertuschung zivile Opfer im Luftkrieg der US-Allianz in Syrien und Irak</a>]. <br />
<br />
Dr. Al-Azzawi schätzt auf Basis ihrer Recherche in arabischsprachigen Portalen die Gesamtzahl der Getöteten in der Provinz Ninive, deren Hauptstadt Mossul ist, vom Sommer 2014 bis Oktober 2016 auf ca. 45.000, darunter sowohl zivile Opfer von Luftangriffen als auch vom Daesch, sowie gefallene irakische Sicherheitskräfte und Daesch-Kämpfer.<br />
<br />
Der Sturm Mossuls wird nicht nur die Zahl der Opfer drastisch erhöhen, die Stadt weitgehend unbewohnbar machen und die Zahl der Flüchtlinge um Hunderttausende vermehren, er wird auch die Konflikte zwischen den Bevölkerungsgruppen weiter anheizen. Die Mehrheit der Bevölkerung, die 2014 die Vertreibung der als Besatzungstruppen empfunden Armee begrüßt hatte, betrachtet das Eindringen der überwiegend schiitischen und kurdischen Truppen und Milizen keineswegs als Befreiung. Zu Recht werden Racheaktionen vor allem von Seiten schiitischer Milizen aber auch regulärer Armee- und Polizeieinheiten befürchtet. Der Rückeroberung folgten vielerorts Plünderungen, Brandschatzung, Verschleppungen und Massaker ‒ auch während der Offensive auf Mossul. So berichtete Human Rights Watch am 16. Februar erneut von Plünderungen und Hauszerstörungen in fünf nahe Mossul liegenden Ortschaften. <br />
Indem die Milizen der kurdischen Regionalregierung im Zuge des Zurückdrängens weitere Gebiete jenseits der Kurdischen Autonomen Region okkupiert sind auch hier spätere Auseinandersetzungen vorprogrammiert.<br />
<br />
Statt eine weitere Stadt zu zerstören, um sie zu "befreien", wie zuvor Ramadi und Falludscha, sollten die USA und ihre Verbündeten den Daesch bekämpfen, indem sie ihn lokal zu isolieren und vom Nachschub abzuschneiden suchen. Nötig wäre, eine effektive Schließung der Grenzen für seine Kämpfer durchzusetzen und den Zufluss von Geld, Waffen, Material an ihn zu unterbinden. Gleichzeitig müsste sie auch auf das Ende der sektiererischen Politik in Bagdad und einen Ausgleich der schiitisch dominierten Regierung mit den Sunniten drängen, die in ihm mehrheitlich noch das kleinere Übel sehen. Ihre berechtigten Forderungen, deren Ablehnung zu dem Aufstand führte, der dem Daesch erst seine Offensive ermöglichte, müssen endlich ernstgenommen werden. Ohne eine Verständigung mit der sunnitischen Bevölkerung, so vor wenigen Tagen auch Lahur Talabani, Chef des Geheimdiensts der irakisch-kurdischen Partei PUK und Neffe ihres Parteichefs Dschalal Talabani, wird der Krieg im Irak nicht zu Ende gehen.<br />
<hr align="left" width="33%" />
Mehr dazu:<br />
<br />
Jürgen Todenhöfer, <a href="https://www.facebook.com/JuergenTodenhoefer/posts/10154522395440838:0">Wie dumm darf Politik sein? Krieg züchtet Terror. Wann versteht Ihr das endlich?</a>26.3.2017<br />
Jürgen Todenhöfer berichtet auf seiner Facebook-Seite, von seinem jüngsten Besuch, gemeinsam mit seinem Sohn Freddy, in Mossul <br />
<br />
<a href="http://www.deutschlandfunk.de/kampf-um-mossul-90-prozent-der-toten-werden-zivilisten-sein.694.de.html?dram:article_id=382424">Kampf um Mossul: "90 Prozent der Toten werden Zivilisten sein"</a><br />
Bei der Befreiung der irakischen Stadt Mossul von der islamistischen Terrormiliz IS würden schlimmere Zerstörungen angerichtet als in Aleppo, sagte der Publizist Jürgen Todenhöfer im DLF (Audio <a href="http://www.ardmediathek.de/radio/Informationen-am-Morgen-Deutschlandfun/Interview-J%C3%BCrgen-Todenh%C3%B6fer-Ex-CDU-MdB-/Deutschlandfunk/Audio-Podcast?bcastId=21601458&documentId=41845946">hier</a>). <br />
Jürgen Todenhöfer im Gespräch mit Tobias Armbrüster, Deutschlandfunk, 28.03.2017<br />
<br />
<a href="https://www.amnesty.org/en/latest/news/2017/03/iraq-civilians-killed-by-airstrikes-in-their-homes-after-they-were-told-not-to-flee-mosul/">Iraq: Civilians killed by airstrikes in their homes after they were told not to flee Mosul</a><br />
Evidence gathered on the ground in East Mosul points to an alarming pattern of US-led coalition airstrikes which have destroyed whole houses with entire families inside. "<br />
Amnesty International , 28.3.2017<br />
<br />
<a href="https://www.heise.de/tp/features/Mosul-Amnesty-kritisiert-US-Koalition-und-irakische-Regierung-scharf-3666596.html">Mosul: Amnesty kritisiert US-Koalition und irakische Regierung scharf</a>, <br />
Die Offensive habe zu Hunderten von getöteten Zivilisten geführt, der kürzliche Angriff auf ein Haus sei "eine flagrante Verletzung des internationalen humanitären Rechts"<br />
Florian Rötzer, Telepolis, 28.3.2017 <br />
<br />
<a href="http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/59571">Die Schlacht um Mossul (IV)</a>, Neue Berichte mehrerer Nichtregierungsorganisationen bestätigen die dramatische Zunahme ziviler Todesopfer durch Luftangriffe der Anti-IS-Koalition auf Mossul und Raqqa.<br />
german-foreign-policy.com, 29.03.2017
JGuilliard
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2017-03-21T22:31:00Z
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SOS aus Mossul
http://jghd.twoday.net/stories/sos-aus-mossul/
Die aus Mossul stammende Umweltwissenschaftlerin Souad Al-Azzawi meldete vor wenigen Tagen erschüttert den Tod ihres Professors und Mentors Dr. Al-Layla, der mitsamt seiner Familie unter den Trümmern seines von US-Bomben zerstörten Hauses begraben wurde. Sie schrieb:
<blockquote>
Wie Sie vielleicht gehört haben, bombardiert die US-amerikanische Koalition in Mosul die Zivilbevölkerung. In den vergangenen Tagen griff die Koalition drei Häuser namhafter Professoren und Forscher an der Mosul Universität an. Einer von ihnen war mein College-Professor und Mentor Prof. Dr. Mohamad Tybee Al-Layla. <br />
<br />
Dr. Al-Layla promovierte in Geotechnical Engineering an der University of Texas, USA. Seit den frühen siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts arbeitete er als Fakultätsmitglied in der Fakultät für Bauingenieurwesen an der Ingenieurschule der Universität Mosul. Er wurde zweimal zum Vorsitzenden des Bauingenieuramtes und zum Dekan des Kollegiums ernannt. Er betreute mehr als 30 Doktorarbeiten und Masterarbeiten in Geotechnik und Bauingenieurwesen. Er veröffentlichte 48 wissenschaftliche und technische Beiträge im Irak und im Ausland und wurde Redakteur von 3 wissenschaftlichen Fachzeitschriften und Magazinen. <br />
<br />
Er erhielt am 2. Juni 2014 den prestigeträchtigen Preis des "Irakischen Wissenschaftstages" . <br />
<br />
Er hatte 40 Jahre lang aufrichtig und hart gearbeitet, Tausende hocheffiziente und intelligente Ingenieure ausgebildet und ihnen zu ihrem Abschluss verholfen. Viele von ihnen wurden Minister, stellvertretende Minister, Wissenschaftler und hochrangige Geschäftsführer in Geo- und Bewässerungtechnik sowie anderen zivilen und politischen Posten im Irak und im Ausland. <br />
<br />
Als seinen Schülern bricht es uns das Herz, dass Dr. Al-Layla [Ziel eines Angriffs wurde], obwohl er eine so große irakische wissenschaftliche Persönlichkeit war, die die Gemeinschaft der Universität von Mosul wie auch die Stadt Mosul nie enttäuscht oder im Stich gelassen hat, auch nicht in den härtesten Zeiten. <br />
Das Verbrechen, dass der Angriff auf sein Haus durch die US-Koalition und sein schmerzlicher Tod gemeinsamer mit seiner unschuldigen Familie darstellt, die unter den Ruinen ihres Hauses begraben wurden, wird für uns eine unvergessliche Katastrophe bleiben, für die alle Parteien Verantwortung tragen und die uns alle daran erinnert, dass wir immer noch weiter in den Abgrund sinken, zu dem die kriminelle US-Besetzung des Irak führte. <br />
<br />
Möge seine Seele ruhen wie auch die Seelen der vielen Tausenden von Unschuldigen, die jeden Monat in Mosul verantwortlungslos und ohne Reue durch den ISIS und die Koalition getötet werden. "
</blockquote>
Zwei Tage später wurden zwei Ärzte, Mitglieder der medizinischen Fakultät, und Familienangehörige zu weiteren Opfern der Luftangriffe der US-geführen Koalition. In den Medien wurde die Universität erneut "postfaktisch" zum Hauptquartier des Daesch/IS erklärt. Sie war schon zuvor häufiges Ziel von US-Bomben, die viele Opfer unter Angestellten und Studenten forderten. Allein bei einem Bombardement im März letzten Jahres wurden mindestens 90 Menschen getötet (siehe <a href="http://www.jungewelt.de/2016/03-31/012.php">»Das ist ein Kriegsverbrechen«</a> - US-Flugzeuge bombardierten die Universität von Mossul, jW, 31.03.2016)<br />
<br />
Auf der Webseite der britischen Initiative Airwars.org, die unter <a href="https://airwars.org/civilian-casualty-claims/">https://airwars.org/civilian-casualty-claims/</a> die ihr bekannt gewordenen Opfer des Luftkrieges der US-Koalition in Syrien und Irak auflistet, findet man viele weitere Fälle. Eine Ahnung von der tödlichen Realiät vermittelt unten eine zehntägige Auswahl.<br />
<br />
Airwars.org erfasst dabei nur einen kleinen Teil der tatsächlichen Opfer. Das renommiertere Projekt Iraq Body Count (IBC), das seit 2003 die zivilen Opfer des Krieges im Irak zu dokumentieren sucht, hat wesentlich mehr registriert: demnach wurden seit Juni 2014 ca. 4450 Zivilisten durch die Bomben der von der Bundeswehr unterstützten Luftwaffen der USA und anderer NATO-Staaten getötet. Bekanntlich bekommt auch IBC viele Toten nicht mit und ist die Einteilung in Zivilisten und Kämpfer aus der Ferne fragwürdig. Wir müssen daher von einem Mehrfachen dieser Zahl ausgehen (mehr dazu in meinem Ossietzky-Artikel: <a href="http://jghd.twoday.net/stories/fortgesetzte-vertuschung-zivile-opfer-im-luftkrieg-der-us-allianz-in-s/">Fortgesetzte<br />
Vertuschung zivile Opfer im Luftkrieg der US-Allianz in Syrien und Irak</a>) <br />
<br />
Etwa 100.000 irakische Soldaten, Spezialkräfte, kurdische Peschmerga und Kämpfer der berüchtigten schiitischen Milizen haben die Stadt umschlossen und rücken seit 3 Monaten Richtung Zentrum vor unterstützt von massiven Luftangriffen der USA und ihren Verbündeten. Man geht allgemein davon us, dass es noch viele weitere Monate dauern wird, bis die Stadt zurückerobert sein wird.
Ihr und ihren Bewohner droht das gleiche Schicksal, wie Falludscha und Ramadi, die im Zuge ihrer "Befreiung" stark zerstört wurden. Im Unterschied zu Aleppo betrachtet die Mehrheit der Mossuler das Eindringen der überwiegend schiitischen und kurdischen Truppen und Milizen jedoch nicht als Befreiung. <br />
<br />
Statt eine weitere Stadt zu zerstören, um sie zu "befreien", wäre es nötig, sich durch eine Verständigung mit der sunnitischen Bevölkerung in Mossul und Umgebung deren Unterstützung im Kampf gegen den IS zu sichern (siehe dazu meinen jW-Beitrag <a href="http://jghd.twoday.net/stories/gute-islamisten-schlechte-islamisten-mossul-und-aleppo-ein-lehrstueck/">Mossul und Aleppo ein Lehrstück in Doppelmoral und Propaganda)</a>.<br />
<br />
Zu humanitären Situation in Mossul siehe weiter unten das Summary "SOS from Mosul" von Souad Al-Azzawi, deren Infos sehr zuverlässig sind, sowie das Interview mit ihr in der jungen Welt v. 26.01.2017 <a href="https://www.jungewelt.de/2017/01-26/index.php">»Es mangelt an allem«</a>.<br />
<br />
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<b><font size="+1">Civilian casualties from Airwars.org January 2nd - January 12th</font></b><br />
Mike Phipps, Iraq Occupation Focus, 16.1.2017<br />
(from: <a href="https://airwars.org/civilian-casualty-claims/">https://airwars.org/civilian-casualty-claims/</a>)<br />
<br />
Airwars reports (January 2nd): Mosul: Four women were killed and 8 injured by Coalition strikes, according to local reports. (January 3rd): As many as 22 civilians were reported killed, and 29 injured, in airstrikes by an unspecified party in eastern Mosul according to local media. Yaqein reported that one civilian was killed and 11 injured in the Noor neighborhood of eastern Mosul. It cited government and international strikes. <br />
<br />
(January 4th): Press and local sources said that 16 displaced civilians were killed or injured, mostly children and women, after Coalition warplanes targeted their houses in 17 July neighbourhood, at the right side of Mosul. A local sources said that a named civilian, Imad Ahmed, was killed in raids on Farms district, north of Mosul.<br />
<br />
(January 5th): Five members of the same family were killed when a Coalition airstrike hit a house, according to local sources. Multiple reports referenced dead and wounded Iraqi troops killed in a friendly fire incident by Coalition strikes. Local sources told Mosul Ateka that 26 civilians from 4 families were killed when their home was bombed by Coalition strikes. Fourteen people including women and children were killed, and 15 wounded by Coalition strikes in the Garage and Fatih areas, according to local reports. Local sources said two named civilians (a father and son) were killed after a missile targeted their house in the left side of Mosul.<br />
<br />
(January 6th): Local sources and relatives of victims said that more than 20 civilians from three families were killed, including children and women, after Coalition airstrikes targeted their houses in front of Saddam mosque at the entrance of Farms district, north of Mosul. Up to eighteen people were killed and 24 injured mostly women and children in government and Coalition airstrikes, in Qaem, Anbar province. Local sources said that a family of three children and their grandmother were killed after their house was hit by a missile during raids in the Agricultural residential neighborhood in central Mosul area, which is still under ISIL control. Local sources said civilians were killed and injured after Coalition Apache helicopters targeted a market in Sumer neighborhood, southeast of Mosul, with machine guns.<br />
<br />
(January 7th): Five civilians were reported killed, including 3 children and 2 women in raids in West Mosul. Local and medical sources said that 15-27 civilians were killed and many others injured and children displaced, in an alleged Coalition airstrike. Local and medical sources said that 12 civilians were killed and many others injured, mostly displaced women and children, in the locality of Ibn al-Haytham new area of Mosul (the valley of the eye) due to Coalition airstrikes southeast of Mosul.<br />
<br />
(January 8th): One civilian was reported killed in alleged Coalition airstrikes that targeted an ISIL member in a civilian vehicle, in Hadbah neihbourhood in the northeast of Mosul. Local reports say that the streets in eastern Mosul were covered by the bodies of dozens of civilians their deaths caused by Coalition airstrikes and heavy artillery. Local reports indicated that shelling struck civilian homes in Sukkar, Talla and Mufthana neighborhoods in eastern Mosul, resulting in the burying of dozens of civilians under the rubble, according to an account in a report by Iraqi Spring Media Center. Local sources said that the Imam of Ansar mosque, Sheikh Jawad, was killed by a mortar in Sukar neighbourhood, northeast of Mosul. Local sources said that civilians, including women and children, were killed or injured due to Coalition airstrikes on Rashad and Riad regions in Hawija, southwest of Kirkuk. <br />
<br />
(January 9th): Local sources said that civilians were killed or injured after alleged Coalition airstrikes targeted a medical center in the Officers neighborhood near the Fourth bridge. Local sources and relatives of victims said that Coalition airstrikes targeted a family house in Muthanna neighborhood northeast of Mosul. (January 10th): Local sources reported that the Coalition targeted Hadbah neighborhood, northeast of Mosul, with three raids. (January 11th): Local sources said Coalition airstrikes and artillery shelling targeted Hadbah neighborhood northeast of Mosul this evening, killing dozens of civilians. Local sources reported that Coalition airstrikes bombed a house with three missiles in Second Kaafat neighborhood, northeast of Mosul. Local sources reported that Coalition airstrikes bombed a house in Maliah neighborhood, at the left side of Mosul during an operation to retake it. Up to 17 civilians were killed and five others injured, mostly women and children from the same family who were inside the house at the time of the strike. <br />
<br />
(January 12th): Local sources reported that the international Coalition and/or US aircraft had carried out airstrikes in New Mosul neighborhood, at the right side of Mosul, leaving up to 30 civilians dead and 14 others wounded. Local sources said airstrikes targeted civilians houses in Qaim west of Anbar which killed 4 civilians and injured 7 others. <br />
<br />
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<br />
<font size="4">SOS from Mosul</font><br />
Souad Al-Azzawi, 6.12.2016<br />
<br />
We continuously receive messages from friends and relatives in Mosul updating us. The humanitarian situation is catastrophic. Nearly one million civilians are trapped in between areas being targeted by either the American led coalition, the Iraqi army and Hashed Al Shabby militias, and ISIS. The media is only showing the suffering of the displaced people and exaggerating the advances of the army. The suffering of residents stuck inside of Mosul is being ignored almost completely. The situation can be summarized as below:<br />
<br />
There is little to no clean water because the water supply network and stations have been bombed. River water is being used where available. Areas that are not close to the river are trying to access groundwater from nearby farms. Some households have neither option as family members cannot leave their houses due to heavy shelling.<br />
In liberated areas there is no electricity. These areas comprise less than 15% of Mosul City. Other areas are getting around two hours in the morning and two in the evening from private generators due to lack of fuel.<br />
<br />
Household food stocks are running low. Some families have no food due to a lack of money or a lack of access. Deaths from starvation are expected soon. Families who stored food left it behind during forced evacuations by ISIS or the army in areas of engagement. Those families could take nothing with them and have nowhere to go with their children and their elderly. Their cars are also being confiscated for use in car bombings.<br />
<br />
In the Qadisiyah area of Eastern Mosul (where heavy fighting has been taking place the last few days), people have started burying their deceased in the gardens of their homes as they have no route to leave the house with the corpse or arrange for burial. They are living with the constant fear of a missile destroying their home any minute.<br />
<br />
Airstrikes by the American coalition have targeted complete residential buildings just to take out a single sniper with access to their rooftop. Similarly, the army is destroying houses with the use of ground missiles, regardless of whether they are occupied by families who could not leave under the heavy shooting and shelling.<br />
<br />
There are no hospitals currently under the control of the army. Injured or sick people need to be taken to Erbil which is a two hour ride away in clear weather. Most hospitals in Erbil do not have the capacity to handle the thousands of cases coming in from Mosul. With no money or resources, people from Mosul are not admitted for treatment. There is a serious need for mobile emergency hospitals in liberated areas.<br />
<br />
Hospitals inside Mosul also lack medicine for the most basic of diseases, as well as blood for transfusions or operations and other vital supplies.<br />
As many of you know, American military experts estimated that this operation might take months to complete. With these dire conditions, a humanitarian crisis looms for the residents of Mosul.<br />
<br />
The Iraqi government and the sectarian militias involved in the fighting do not have the training or equipment to divert the catastrophes resulting from the fighting. They do not have the capacity to worry about an alarming rise in the civilian death rate. In fact, the increasing casualty rate in certain areas serves the sectarian demographic changes being pursued by the current government.<br />
<br />
The same could be said for the American Coalition which is fighting to push their own agenda and working out which areas to liberate and hand over to their allies the Kurdish Peshmerga, in order to secure Mosul oil reservoirs under their control.<br />
<br />
In summary, the situation started out quite bad with multiple parties fighting with shocking disregard for civilians.
JGuilliard
Irak
Copyright © 2017 JGuilliard
2017-01-22T17:40:00Z
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Mossul und Aleppo ein Lehrstück in Doppelmoral und Propaganda
http://jghd.twoday.net/stories/gute-islamisten-schlechte-islamisten-mossul-und-aleppo-ein-lehrstueck/
<table border="0" width="404" align="right"><tr><td><img src="https://www.jungewelt.de/img/700/88666.jpg" style="height:220px;width:375px" hspace="8" /><br /><i>Die Offensive auf Mossul richtet sich gegen den Inbegriff des Bösen. Dass unter den Befreiern nicht wenige sind, die an GrausamkeiGeneralstabs t dem »Islamischen Staat« in nichts nachstehen, wird dabei gerne unterschlagen (Zwei Männer mit dem Leichnam eines IS-Kämpfers am 11.11. bei Mossul) Foto: Goran Tomasevic/ Reuters</i>
</td></tr></table>Im Osten Aleppos, wo noch rund 250.000 Einwohner eingeschlossen bleiben, sind 8.000 Kämpfer islamistischer, teils Al-Qaida-naher Milizen unter Beschuss der syrischen Armee und der russischen Luftwaffe. Diese Angriffe werden im Westen heftig angeprangert und als verbrecherisch verurteilt. Gleichzeitig wurde der Beginn der Offensive gegen Mossul, wo sich nach Schätzung westlicher Geheimdienste 5.0007.000 Kämpfer des sogenannten Islamischen Staates (arab. despektierlich Daesch abgekürzt) unter einer bis eineinhalb Millionen Einwohner verschanzt haben, regelrecht gefeiert. Auch der Vorstoß der Anti-Daesch-Allianz aus Armee, schiitischen Milizen und kurdischen Peschmergas sowie iranischen und US-amerikanischen Spezialeinheiten, erfolgt unter Einsatz schwerer Waffen und unterstützt durch massive Luftangriffe einer US-geführten Koalition intervenierender Staaten. Schon in den zwei Wochen vor der Offensive flog die US-Luftwaffe mehr als 50 Angriffe auf die Metropole am Tigris. <a href="#_edn9" name="_ednref9" title="">[9]</a> Bei Angriffen auf Wohngebiete zu Beginn der Offensive wurden nach Angaben des russischen Generalstabs innerhalb dreier Tage mehr als 60 Zivilisten getötet und 200 verwundet.<br />
<br />
<b>Selektive Darstellung</b><br />
<br />
Aus Mossul finden jedoch keine Bilder der dabei zerstörten Häuser und getöteten Zivilisten den Weg in die Medien, so wenig wie zuvor aus Ramadi und Falludscha. Den Dschihadisten in Mossul wird vorgeworfen, die Bevölkerung den Bomben auszusetzen und sie als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen. In Ost-Aleppo ist davon keine Rede, obwohl nach UN-Angaben auch die Milizen, die sich dort verschanzt haben, die verbliebenen Bewohner gewaltsam am Verlassen der Viertel hindern. <a href="#_edn10" name="_ednref10" title="">[10]</a><br />
<br />
<table cellpadding="6" border="1" align="right" bgcolor="#E3EDF4">> <tr> <td width="369" valign="top" style="width:220pt;border:solid windowtext 1.0pt; padding:0cm 5.4pt 0cm 5.4pt">
<b>Mossul und Aleppo in den Medien:</b> <br />
<br />
<i>Die lange erwartete Militäroperation zur Befreiung der nordsyrischen Stadt Aleppo von Kämpfern der Al Nusra Front hat begonnen. Die US-Regierung bezeichnete den Beginn der Militäroffensive als einen entscheidenden Moment im Kampf gegen die Terrormiliz. Die Vereinigten Staaten und der Rest des internationalen Bündnisses stehen bereit, um die syrischen Sicherheitskräfte, kurdischen Kämpfer und das syrische Volk in dem schwierigen Kampf zu unterstützen</i> (ZDF Heute, 17.10.2016) <a href="#_edn1" name="_ednref1" title="">[1]</a> <br />
<br />
<i>Irak: Schwere Luftangriffe auf Mossul: Wieder flogen amerikanische Kampfjets über Mossul, wieder warfen sie Bomben.</i> Spiegel Online, 12.10.2016 <a href="#_edn2" name="_ednref2" title="">[2]</a> <br />
<br />
<i>USA im Irakkrieg: Kurze Feuerpause für Mossul angekündigt: Seit Wochen bombardieren amerikanische und irakische Streitkräfte Mossul ‒ trotz massiver Kritik.</i> (Spiegel Online, 17.10.2016) <a href="#_edn3" name="_ednref3" title="">[3]</a> <br />
<br />
<i>Krieg im Irak: Zivilisten bei Luftangriffen auf Mossul getötet.<br /> Mit US-Hilfe hat das irakische Regime erneut den Ostteil Mossuls bombardiert. Dabei starben mindestens zwölf Zivilisten, darunter mehrere Kinder. </i>(Spiegel Online, 17.10.2016) <a href="#_edn4" name="_ednref4" title="">[4]</a> <br />
<br />
<i>Anne Will zum Irakkrieg: Mossul, Chiffre für moralisches Totalversagen.</i> (Spiegel Online, 10.10.2016) <a href="#_edn5" name="_ednref5" title="">[5]</a> <br />
<br />
<i>Grünen-Chef Özdemir: al-Abadi und Obama bomben den Irak zurück in die Steinzeit. Der Grünen-Bundeschef Cem Özdemir fordert Russland zum Eingreifen im Irakkonflikt auf: Nichts tun ist die schlechteste Option. Obama will Mosul notfalls flachbombardieren</i> (Spiegel Online, 15.10.2016) <a href="#_edn6" name="_ednref6" title="">[6]</a> <br />
<br />
<i>Großbritanniens Außenminister Boris Johnson sprach in Luxemburg vom Abschlachten unschuldiger Menschen in Mossul. Die EU müsse darüber sprechen, wie der Druck auf das irakische Regime und seine amerikanischen Marionettenspieler aufrechterhalten wird</i> (Spiegel Online, 15.10.2016) <a href="#_edn7" name="_ednref7" title="">[7]</a> <br />
<br />
So könnten die Meldungen lauten. Die Zitate sind beinahe echt. Sie wurden nur durch Vertauschen von Mossul und Aleppo, Irak und Syrien, USA und Russland
stimmig gemacht.
</td></tr> </table>Die Zerstörungen in Aleppo durch russische Luftangriffe werden mit der Zerstörung Grosnys im vor 17 Jahren begonnenen Zweiten Tschetschenienkrieg verglichen. Auf den viel näher liegenden Vergleich mit der irakischen Großstadt Ramadi, die vor fast einem Jahr durch die Bomben der US-Allianz zu 80 Prozent zerstört wurde, kommt, so Cockburn, merkwürdigerweise keiner.<br />
<br />
Man könne die Fälle Mossul und Aleppo nicht vergleichen, werden viele sagen, verteidigen doch nach gängiger Lesart in Syrien Rebellen ein befreites Territorium gegen das Regime und geht im Irak eine vom Westen anerkannte Regierung mit Unterstützung von NATO-Staaten gegen den Islamischen Staat, die Inkarnation des Bösen schlechthin, vor. <br />
<br />
In der Tat existieren erhebliche Unterschiede, es sind jedoch ganz andere als die der gängigen Darstellung. So handelt es sich beim Osten Aleppos keineswegs um befreites Gebiet. In der Metropole hatte es 2011 keine nennenswerten Proteste gegen die Regierung gegeben, und die zweitgrößte Stadt Syriens, die als Assad-Hochburg galt, blieb über ein Jahr lang auch von Unruhen verschont. Zum Verhängnis wurde ihr schließlich die Nähe zur Türkei. Einzelne Stadtteile wurden von islamistischen Milizen, die bis heute über die nahe türkische Grenze gut versorgt werden, regelrecht erobert. Das Gros der betroffenen Bevölkerung flüchtete, die meisten Menschen in die von der Armee gehaltenen Stadtviertel. Die Mehrheit in Aleppo betrachtet daher, wie vor kurzem der maronitische Erzbischof von Aleppo noch einmal betonte, <a href="#_edn11" name="_ednref11" title="">[11]</a> die Vertreibung der Terroristen durchaus als Befreiung. <br />
<br />
Davon kann in Mossul nicht die Rede sein. Der Daesch konnte die Millionenstadt nur einnehmen, weil hier und in anderen sunnitischen Gebieten bereits ein regelrechter Aufstand gegen Bagdad im Gange war. Die Vertreibung der Regierungstruppen wurde von der Mehrheit der Bevölkerung, die diese Einheiten als Besatzer, geschickt von einer schiitisch dominierten, sektiererischen Regierung, wahrgenommen hatte, durchaus begrüßt. Die meisten hatten nichts für die Dschihadisten übrig, letztlich wurden sie aber als kleineres Übel angesehen. Daran hat sich, auch wenn die brutale Herrschaft der Terrorbande die Abneigung sicherlich massiv steigerte, nichts grundsätzlich geändert: Einer repräsentativen Umfrage vom April 2016 zufolge, lehnen zwar 95 Prozent der Sunniten die Terrormiliz ab, 75 Prozent von den 120 in Mossul Befragten wollen jedoch auf keinen Fall von der irakischen Armee befreit werden. 100 Prozent wandten sich strikt gegen das Eindringen schiitischer und kurdischer Milizen in sunnitische Gebiete.<br />
<br />
<b>Brandschatzung und Massaker</b><br />
<br />
Diese Haltung hat durchaus gute Gründe: Die bisherige Rückeroberung von Städten ging einher mit Brandschatzung, Plünderungen und Massakern an der verbliebenen sunnitischen Bevölkerung. Ob Amerli, Tikrit, Ramadi oder Falludscha ‒ alle Städte wurden im Zuge ihrer Befreiung verwüstet. Ramadi und Falludscha sind seither weitgehend unbewohnbar. <a href="#_edn12" name="_ednref12" title="">[12]</a><br />
<br />
Gefürchtet sind vor allem die vom Iran ausgerüsteten schiitischen Milizen, die den militärischen stärksten Teil der Allianz gegen den Daesch bilden. Wie Berichte von UN- und Menschenrechtsorganisationen regelmäßig belegen, stehen die schiitischen Gotteskrieger den sunnitischen an Brutalität kaum nach. Die größten Verbände, wie die Badr-Brigaden, waren mit ihren Greueltaten gegen Sunniten bereits in den Jahren 2006 bis 2008 neben dem Islamischen Staat im Irak, dem Vorläufer von Daesch maßgeblich für die damalige fürchterliche Eskalation sektiererischer Gewalt verantwortlich. Aber auch den kurdischen Peschmerga und Einheiten der Armee, insbesondere deren von schiitischen Milizionären durchsetzten »Antiterror-Einheiten der Armee, werden Racheaktionen an und Vertreibung der verbliebenen sunnitischen Bevölkerung aus zurückeroberten Gebieten vorgeworfen. <br />
<br />
<table cellpadding="6" border="1" align="right" bgcolor="#E3EDF4"> <tr><td style="width:220pt;border:solid windowtext 1.0pt; padding:0cm 5.4pt 0cm 5.4pt" width="369" valign="top"><b>Zweitmoral - die richtigen und falschen Toten in Mossul und Aleppo</b><br />
...<br />
<i>Wer heute Morgen die Zeitungen liest, traut seinen Augen nicht: Über die Bombardierung von Aleppo durch die Truppen von Assad und Putin wird mit Abscheu und Entsetzen berichtet. Der Vormarsch auf die nordirakische Stadt Mossul, ein Gemeinschaftswerk von Kurden, Irakern und westlichen Einheiten, kann dagegen nicht schnell genug erfolgen. Ungeduldig erwartet man die ersten Kampfeinsätze in der Innenstadt. Der moderne Mensch weiß offenbar, zwischen richtigen und falschen Toten zu unterscheiden. Wenn es Erst- und Zweitwagen gibt, warum soll es dann nicht auch eine Erst- und eine Zweit-Moral geben? - Letztere lässt sich vor allem sonntags gut tragen.</i><br />
(Gabor Steingart, <a href="http://morningbriefing.handelsblatt.com/cost-cutting-bei-hugo-boss"> MORNING BRIEFING, Handelsblatt, 26.10.2016</a>)<br />
</td></tr></table>Paramilitärische Milizen und Regierungskräfte haben schwere Menschenrechtsverletzungen bis hin zu Kriegsverbrechen begangen, indem sie Tausende Zivilisten die aus den vom Islamischen Staat kontrollierten Gebieten geflohen waren, willkürlich gefangennahmen, folterten und lynchten, fasst beispielsweise Amnesty International in einem vor kurzem veröffentlichten Bericht die Vorgänge während und nach der Rückeroberung Falludschas im Mai und Juni 2016 zusammen. <a href="#_edn13" name="_ednref13" title="">[13]</a><br />
<br />
Sowohl die schiitischen Milizen, wie auch die Peschmerga-Einheiten der irakisch-kurdischen Partei KDP, die u. a. von Deutschland ausgerüstet und front-nah trainiert werden, sollen offiziellen Plänen zufolge vor den Toren Mossuls bleiben. Bisher haben sie sich jedoch nie an solche Vorgaben gehalten. <a href="#_edn14" name="_ednref14" title="">[14]</a><br />
<br />
Die unter US-Führung eingeleitete Offensive, bei der am Boden, neben einer schiitisch dominierten Armee, schiitische Milizen und kurdische Peschmerga die Hauptstreitmacht bilden, kann von den Menschen der belagerten Stadt nur als existentielle Bedrohung gesehen werden und viele zum Schulterschluss mit den Dschihadisten bewegen. Dennoch begleiten westliche Medien die Offensive voller Wohlwollen und rücken eingebettete Journalisten mit den Angreifern vor. <br />
<br />
<b>Zerstörerische Luftangriffe</b><br />
<br />
In Syrien dagegen bemüht sich die Regierung mit russischer Unterstützung, eine Entscheidungsschlacht um den Osten Aleppos zu vermeiden, indem sie immer wieder allen Kämpfern, die ihre Waffen abgeben, Amnestie und den übrigen freien Abzug in ein von verbündeten Milizen kontrolliertes Gebiet anbietet. Obwohl die im Osten verschanzten Milizen den Westteil täglich mit Raketen und Granaten beschießen, werden ausschließlich die syrischen und russischen Streitkräfte von westlichen Politiker und Medien wegen ihrer Luftangriffe auf deren Stellungen angeprangert und vorwiegend gestützt auf nicht überprüfbare Meldungen syrischer Oppositionsgruppen wie der Weißhelme aller möglichen Kriegsverbrechen bezichtigt.<br />
<br />
Die Bombardierung Mossuls und anderer irakischer Städte hingegen wird, wenn überhaupt, nur beiläufig als Teil eines unterstützenswerten Kampfes gegen den Daesch erwähnt. Dabei unterscheiden sich die Besatzer Ost-Aleppos von dieser Terrorbande nur graduell. Die stärksten Milizen sind hier die in Fatah asch-Scham-Front umbenannte Al-Nusra Front und Ahrar al Scham, die dem Daesch sowohl hinsichtlich ihrer rückständigen Ideologie wie auch der Brutalität wenig nachstehen. [Letztlich bekämpfen die USA im Irak Islamisten, die ihnen in Syrien als Freiheitskämpfer dienen, fasste der Nahostexperte Michael Lüders das, auch von der deutschen Regierung und deutschen Medien unterstützte perverse Spiel, treffend zusammen.<a href="#_edn15" name="_ednref15" title="">[15]</a> ]<br />
<br />
Gleichzeitig schlagen sich die USA, die durch ihre jahrzehntelange Kriegs- und Besatzungspolitik die Bedingungen für die aktuelle katastrophale Situation schufen, und ihre NATO-Verbündeten in den internen Konflikten, einseitig auf die Seite schiitisch-sektiererischer und kurdisch separatistischer Kräfte.<a href="#_edn16" name="_ednref16" title="">[16]</a><br />
<br />
Mossul wird, wie auch andere irakische Städte, schon seit zwei Jahren von den Kampfflugzeugen der USA und anderer Länder, die sich der von Washington geführten Allianz angeschlossen haben, bombardiert. Aufgrund der mangelhaften Information über die Lage vor Ort, waren bei diesen Angriffen, wie die US-Zeitschrift <i>Foreign Policy</i> schon im Dezember 2014 warnte, Zerstörungen ziviler Infrastruktur und eine hohe Zahl ziviler Opfer vorprogrammiert.<a href="#_edn17" name="_ednref17" title="">[17]</a> <br />
<br />
Da kaum Informanten vor Ort sind, erfolgt die Auswahl der Ziele überwiegend auf Basis von luftgestützten Überwachungs- und Aufklärungssystemen. Mit Hilfe der Bilder von Satelliten, Drohnen und Aufklärungsflugzeugen sowie abgefangener Kommunikation und Fernmeldeaufklärung versuchen Analysten in ihrer Zentrale in Virginia Stellungen des Daesch auszumachen, Dschihadisten vom Rest der Bevölkerung, feindliche Fahrzeuge von zivilen zu unterscheiden etc.. Wie selbst Pentagon-Mitarbeiter einräumen, sind sie damit häufig überfordert. Solange ISIS nicht gerade eine Flagge mit ISIS darauf über sich wehen hat, ist es manchmal schwierig zu sagen, ob es sich um Kombattanten handelt oder nicht, gibt auch General Herbert Carlisle, der Chef der Einsatzzentrale (Air Combat Command), die die Angriffe befehligt, zu.<a href="#_edn18" name="_ednref18" title="">[18]</a> So gut wie keines der Mittel bzw. keine der Methoden, mit denen sonst Fehler minimiert werden können, seien bei diesen Angriffen verfügbar, so der frühere Sondereinsatzpilot und Veteran der Kriege in Afghanistan- und Irak, Nolan Peterson.<a href="#_edn19" name="_ednref19" title="">[19]</a> <br />
<br />
Bis Ende 2015 waren schon Hunderte zivile Opfer des Luftkriegs in Irak und Syrien registriert worden. Niemand konnte abschätzen, wie viele der 23.000 IS-Kämpfer, die nach Angaben der US-Armee dabei getötet wurden, <a href="#_edn20" name="_ednref20" title="">[20]</a> in Wirklichkeit unbeteiligte Zivilsten waren. Und dennoch lockerte die US-Luftwaffe ihre Einsatzregeln, so dass lokale Kommandeure nun Angriffe auch anordnen dürfen, wenn die Gefahr einer größeren Anzahl ziviler Opfer besteht.<a href="#_edn21" name="_ednref21" title="">[21]</a> <br />
<br />
In Mossul waren die Folgen bald zu spüren. Einer unvollständigen Liste zufolge, die die aus der Stadt stammende Umweltwissenschaftlerin Souad Al-Azzawi, aus den Berichten irakischer Medien und Blogs, wie <a href="https://www.facebook.com/Mosul-Eye-552514844870022/" target="_blank">Mosul Eye</a> und <a href="https://www.facebook.com/ShabktA3lamiwNinawa/?fref=nf" target="_blank">Nineveh Reporters Network</a>, zusammenstellte, hatten Luftangriffe bis Ende April mehrere hundert Zivilisten getötet und erhebliche Teile der zivilen Infrastruktur zerstört worden.<a href="#_edn22" name="_ednref22" title="">[22]</a> Wie gefährlich die vage Zielauswahl für die Menschen vor Ort ist, zeigte eine Serie von Bombardements am 19. und 20. März auf die Universität der Stadt. Statt eines Hauptquartiers des Daesch wurden die Ingenieurs- und die Landwirtschaftsfakultät sowie Wohngebäude von Uniangestellten getroffen und zerstört. <a href="#_edn23" name="_ednref23" title="">[23]</a> Dabei wurden mindestens 92 Studenten und Dozenten getötet und 135 verwundet.<a href="#_edn24" name="_ednref24" title="">[24]</a> Unter den Toten waren auch der Dekan der Computer-Wissenschaften und seine Frau. <br />
<br />
Niemand weiß, wie viele Zivilisten mittlerweile bereits durch Bomben der Allianz getötet wurden. Es will aber auch offenbar kaum jemand im Westen allzu genau wissen. Sieht man von <i>junge Welt</i> und <i>RT-deutsch</i> ab, wurden die in arabischen Medien gut dokumentierten Luftangriffe vom 19./20. März in deutschen Verlagshäusern nicht erwähnt.<br />
<br />
Al-Azzawi, die 2003 in München für ihre Studien über die Verseuchung von Boden, Wasser und Luft im südlichen Irak durch abgereichertes Uran mit dem Nuclear Free Future Award ausgezeichnet wurde, schätzt die Zahl der Toten in den Kämpfen um Falludscha auf Basis von Angaben des Zentralkrankenhauses und gut 100 Artikeln, Regierungsberichten etc. auf mehr als 11.500, darunter 5.000 getötete Zivilisten, 4.000 Tote auf Seiten der Regierungstruppen und der schiitischen Milizen und 2.500 Daesch-Kämpfer. In Mossul sind zur Zeit zehnmal so viele Menschen eingeschlossen wie zuletzt in Falludscha. Führte die Belagerung von und der spätere Sturm auf Falludscha schon zu einer humanitären Katastrophe, so droht in Mossul eine vielfach größere.<br />
<br />
<b>Notwendige politische Lösung</b><br />
<br />
Selbstverständlich wäre der Verlust von Mossul ein schwerer Schlag für den Daesch, würde die Terrortruppe entscheidend schwächen. Besiegt wäre er jedoch noch lange nicht. Das Gros der Dschihadisten würde sich auch diesmal rechtzeitig absetzen und in den weiterhin unter ihrer Kontrolle stehenden westirakischen Gebieten und im Osten Syriens weiterkämpfen oder aus dem Untergrund agieren.<i>Nur Volltrottel bekämpfen Wespennester mit Knüppeln, </i>schrieb daher der Publizist und Irakkenner Jürgen Todenhöfer im Mai in einer wütenden Kritik am erneuten US-Bombardement irakischer Städte.<a href="#_edn25" name="_ednref25" title="">[25]</a><br />
<br />
Auch <i>Foreign Policy</i>, eine der führenden US-Zeitschriften, warnte davor, dass unabhängig von militärischen Erfolgen diese Form des Krieges den Islamischen Staat längerfristig sogar stärken könne. Er würde zwar Territorium einbüßen, könne aber aufgrund der Übermacht des gegnerischen Bündnisses, das die USA und den Iran einschließt, weltweit an Attraktivität und Unterstützung gewinnen. Wenn die US-Regierung von großen Erfolgen gegen den Daesch spreche, dann unterschätze sie die politischen und sozialen Faktoren, die in erster Linie zu seinem Aufstieg beitrugen. <a href="#_edn26" name="_ednref26" title="">[26]</a> <br />
<br />
Da die dem Aufstand zugrunde liegenden Streitpunkte nicht ausgeräumt wurden, würde der Konflikt zwischen Sunniten und der Bagdader Zentralregierung in der Tat mit Sicherheit bald wieder aufflammen, verschärft durch die Wut über die angerichteten Verwüstungen und die Gewalttaten der Befreier, durch die Präsenz schiitischer Milizen und durch die Pläne der kurdischen Parteien, ihren Herrschaftsbereich um die beim Zurückschlagen des Daesch eroberten Gebiete zu erweitern. Solange die grundlegenden Streitfragen bestehen bleiben, wird die Terrormiliz, da sind sich Experten einig, nicht besiegt werden können. Das Klima für deren Wiedererstarken oder die Entstehung neuer, ähnlich extremistischer Gruppen bliebe günstig.<br />
<br />
<i>Ehrenwerte Rebellen? In Aleppo werden die Milizen, die sich vom IS ideologisch und in ihrer Praxis kaum unterscheiden, deutlich freundlicher bewertet (Milizionär am 16.10. vor dem IS-Symbol in Dabek am Rande Aleppos)Foto: Khalil Ashawi/Reuters</i><br />
<br />
Dennoch gibt es keinerlei Bemühungen, Alternativen zu einer Großoffensive zu finden, die absehbar weite Teile Mossuls verwüsten werden. Die UNO sieht zu und bereitet nur gemeinsam mit Hilfsorganisationen die Lager für die Aufnahme von bis zu einer Million Flüchtlingen vor.<br />
<br />
Dabei liegen die Vorschläge für eine politische Lösung seit langem auf dem Tisch.<a href="#_edn27" name="_ednref27" title="">[27]</a> Sie beruhen alle im Kern darauf, den Daesch zu isolieren und seine Vertreibung letztlich den Sunniten selbst zu überlassen, indem man zum einen die Grenzen der Nachbarländer für seine Kämpfer dichtmacht, den Zufluss von Geld, Waffen, Material an ihn unterbindet und zum anderen die örtliche Unterstützung oder Duldung der Dschihadisten untergräbt. Um ersteres zu erreichen, müssten die westlichen NATO-Mächte ihre türkischen und arabischen Partner von der weiteren direkten und indirekten Unterstützung der Terrortruppe abhalten. Letzteres würde eine Verständigung der Zentralregierung mit den sunnitischen Organisationen und Stämmen erfordern. Ohne Duldung von deren Seite könnte sich der Daesch nicht lange in Mossul halten, wo, wenn die Schätzungen stimmen 7.000 Kämpfern mehr als einer Million Einwohner gegenüberstehen, und auch nicht in den anderen Städten ‒ genauso wenig wie sein Vorgänger, Al Qaida im Irak, 10 Jahre zuvor. <a href="#_edn28" name="_ednref28" title="">[28]</a><br />
<br />
Dazu müsste u. a. eine neue, inklusive Übergangsregierung in Bagdad gebildet werden, in der auch die sunnitischen und säkularen Kräfte angemessen vertreten sind, die willkürlichen Gefangennahmen müssten beendet, lokale Sicherheitskräfte bestehend aus Einheimischen aufgebaut, mehr lokale Autonomie müsste gewährt, der Einfluss der schiitischen Milizen zurückgedrängt und Sunniten dürfte nicht länger mit einem diskriminierenden Gesetz der Entbaathisierung der Zugang zu staatlichen Jobs verwehrt werden. <a href="#_edn29" name="_ednref29" title="">[29]</a><br />
<br />
Aufgrund der Gräben die seit Beginn der Besatzung aufgerissen wurden, wird eine solche Verständigung nicht leicht sein. Das Vertrauen der meisten Sunniten in die führenden schiitischen Parteien ist gleich null. Viele Schiiten wiederum werfen der gesamten sunnitischen Bevölkerung vor, durch Duldung von Al-Qaida, Daesch und anderer sunnitischer Extremisten für die Terroranschläge auf Schiiten mitverantwortlich zu sein. Das größte Hindernis ist jedoch die massive Einmischung anderer Staaten.<br />
<br />
Wer das Land tatsächlich stabilisieren möchte, sollte, statt weiterhin einseitig die Regierung zu unterstützen, sich hinter die starke und breite oppositionelle Bewegung stellen, die sich nicht zuletzt gegen deren sektiererische Ausrichtung richtet. Dringend nötig wäre, da die Kriege im Irak und Syrien eng verwoben sind, auch eine politische Lösung des Krieges in und gegen Syrien. Die Linke in Europa sollte nicht erst dann Mitgefühl und Solidarität mit den Menschen aus dem Irak, Syrien, Jemen etc. entwickeln, wenn sie zu Flüchtlingen wurden, sondern schon während sie mit Krieg und Vertreibung konfrontiert sind. <br />
<div><br clear="all" />
<hr align="left" size="1" width="33%" />
<div id="edn1"><br />
<a href="#_ednref1" name="_edn1" title="">[1]</a> <a href="http://www.heute.de/irak-offensive-gegen-is-hochburg-mossul-45659496.html">Offensive zur Befreiung der IS-Hochburg Mossul</a>, ZDF Heute, 17.10.2016<br />
</div>
<div id="edn2"><br />
<a href="#_ednref2" name="_edn2" title="">[2]</a> <a href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/aleppo-russland-setzt-bunkerbrechende-bomben-ein-zwoelf-tote-a-1116191.html">Syrien Schwere Luftangriffe auf Aleppo</a>, Spiegel Online, 12.10.2016<br />
</div>
<div id="edn3"><br />
<a href="#_ednref3" name="_edn3" title="">[3]</a> <a href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/aleppo-russland-kuendigt-kurze-feuerpause-an-a-1117032.html">Russland im Syrienkrieg:</a> <a href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/aleppo-russland-kuendigt-kurze-feuerpause-an-a-1117032.html">Kurze Feuerpause für Aleppo angekündigt</a>, Spiegel Online, 17.10.2016<br />
</div>
<div id="edn4"><br />
<a href="#_ednref4" name="_edn4" title="">[4]</a> <a href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/syrien-mehrere-zivilisten-sterben-bei-luftangriffen-auf-aleppo-a-1116963.html">Krieg in Syrien:</a> <a href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/syrien-mehrere-zivilisten-sterben-bei-luftangriffen-auf-aleppo-a-1116963.html">Zivilisten bei Luftangriffen auf Aleppo getötet</a>, Spiegel Online, 17.10.2016<br />
</div>
<div id="edn5"><br />
<a href="#_ednref5" name="_edn5" title="">[5]</a> <a href="http://www.spiegel.de/kultur/tv/anne-will-zum-syrienkrieg-aleppo-chiffre-fuer-moralisches-totalversagen-a-1115855.html">"Anne Will" zum Syrienkrieg: Aleppo, Chiffre für moralisches Totalversagen</a>, Spiegel Online, 10.10.2016<br />
</div>
<div id="edn6"><br />
<a href="#_ednref6" name="_edn6" title="">[6]</a> <a href="http://www.spiegel.de/politik/deutschland/cem-oezdemir-assad-und-putin-bomben-syrien-zurueck-in-die-steinzeit-a-1116611.html">Grünen-Chef Özdemir:</a> <a href="http://www.spiegel.de/politik/deutschland/cem-oezdemir-assad-und-putin-bomben-syrien-zurueck-in-die-steinzeit-a-1116611.html">Assad und Putin bomben Syrien zurück in die Steinzeit</a>, Spiegel Online, 15.10.2016<br />
</div>
<div id="edn7"><br />
<a href="#_ednref7" name="_edn7" title="">[7]</a> <a href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/eu-erwaegt-keine-zusaetzlichen-sanktionen-gegen-moskau-a-1116924.html">Krieg in Syrien:</a> <a href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/eu-erwaegt-keine-zusaetzlichen-sanktionen-gegen-moskau-a-1116924.html">EU uneins über neue Sanktionen gegen Moskau</a>, Spiegel Online, 17.10.2016<br />
</div>
<div id="edn8"><br />
<a href="#_ednref8" name="_edn8" title="">[8]</a> Patrick Cockburn, <a href="http://www.independent.co.uk/voices/iraq-syria-aleppo-mosul-patrick-cockburn-propaganda-we-consume-a7373951.html">Compare the coverage of Mosul and East Aleppo and it tells you a lot about the propaganda we consume</a>, Independent, 21.10.2016<br />
</div>
<div id="edn9"><br />
<a href="#_ednref9" name="_edn9" title="">[9]</a> <a href="http://www.br.de/nachrichten/mossul-offensive-is-irak100.html">Mossul-Offensive gestartet Angst vor der Schlacht - und der Zeit danach</a>, BR, 18.10.2016<br />
</div>
<div id="edn10"><br />
<a href="#_ednref10" name="_edn10" title="">[10]</a> Cockburn, a.a.O, <a href="http://www.independent.co.uk/news/world/middle-east/aleppo-crisis-latest-rebel-assad-blame-un-lack-evacuations-a7374081.html">East Aleppo civilians shot at by rebels to prevent them leaving during truce</a>, Independent, 21.10.2016<br />
</div>
<div id="edn11"><br />
<a href="#_ednref11" name="_edn11" title="">[11]</a> <a href="http://www.nachdenkseiten.de/upload/pdf/161021-Bischof-Joseph-Tobiji-Die-fuenf-Dinge.pdf">Erzbischof Joseph Tobji von Aleppo: Die 5 Dinge, die der Westen sofort tun müsste, um den Krieg in Syrien zu beenden</a>, Antidiplomatico, 05.10.2016, dt. Nachdenkseiten, 11.10.2016<br />
</div>
<div id="edn12"><br />
<a href="#_ednref12" name="_edn12" title="">[12]</a> In die Großstadt Falludscha, die einst 300.000 Einwohner hatte, konnten erst einige hundert Familien zurückehren. Die Provinzhauptstadt Ramadi ist nachwievor weitgehend unbewohnbar (<a href="https://www.theguardian.com/world/2016/sep/19/iraq-families-return-falluja-isis-free">Iraqi families begin returning to Falluja after city declared free of Isis</a>), AP, 19.9.2016<br />
</div>
<div id="edn13"><br />
<a href="#_ednref13" name="_edn13" title="">[13]</a> <a href="https://www.amnesty.org/en/latest/news/2016/10/iraqis-fleeing-is-held-areas-face-torture-disappearance-and-death-in-revenge-attacks/">Iraqis fleeing IS-held areas face torture, disappearance and death in revenge attacks</a>, Amnesty International, 18.10.2016<br />
</div>
<div id="edn14"><br />
<a href="#_ednref14" name="_edn14" title="">[14]</a> <a href="http://www.independent.co.uk/voices/iraq-syria-aleppo-mosul-patrick-cockburn-propaganda-we-consume-a7373951.html">Compare the coverage of Mosul and East Aleppo and it tells you a lot about the propaganda we consume</a>, Patrick Cockburn, Independent, 21.10.2016<br />
</div>
<div id="edn15"><br />
<a href="#_ednref15" name="_edn15" title="">[15]</a> <a href="http://www.n-tv.de/mediathek/videos/politik/USA-bekaempfen-Islamisten-die-in-Syrien-als-Freiheitskaempfer-dienen-article18873611.html">Nahostexperte Lüders zur Lage im Irak: USA bekämpfen Islamisten, die in Syrien "als Freiheitskämpfer" dienen</a>, n-tv, 17.10.16 <br />
</div>
<div id="edn16"><br />
<a href="#_ednref16" name="_edn16" title="">[16]</a> <a href="http://mcgovern.house.gov/media-center/press-releases/statement-of-us-rep-jim-mcgovern-on-iraq-0">Rep. Jim McGovern (D-MA)</a>, 4.8.2014: <i>When we bomb ISIS, which is a horrible group, we have to realize that we are heading down the path of choosing sides in an ancient religious and sectarian war inside Iraq.<br /> </i><a href="http://www.chicagotribune.com/news/opinion/commentary/ct-u-s--intervention-crisis-obama-counterproductiv-20140818-story.html">Raed Jarrar, American Friends Service Committee</a>, 18.8.2014 <i>Washington</i><i> has continued its intervention in Iraq by selectively arming and training some sides of the civil conflict.</i><br />
</div>
<div id="edn17"><br />
<a href="#_ednref17" name="_edn17" title="">[17]</a> <a href="http://foreignpolicy.com/2014/12/03/pentagon-in-denial-about-civilian-casualties-of-u-s-airstrikes-in-iraq-and-syria/">Pentagon in Denial About Civilian Casualties of U.S. Airstrikes in Iraq and Syria</a>, Foreign Policy, 3.12.2014<br />
</div>
<div id="edn18"><br />
<a href="#_ednref18" name="_edn18" title="">[18]</a> <a href="http://www.latimes.com/nation/la-na-drone-video-20150105-story.html">Air Force analysts in heat of battle, half a world from the front</a>, Los Angeles Times, 5.1.2015<br />
</div>
<div id="edn19"><br />
<a href="#_ednref19" name="_edn19" title="">[19]</a> Nolan Peterson, <a href="http://dailysignal.com/2015/09/28/inside-the-us-air-war-against-isis/">Inside the US Air War Against ISIS</a>, The Daily Signal, 28.9.2015<br />
</div>
<div id="edn20"><br />
<a href="#_ednref20" name="_edn20" title="">[20]</a> <a href="http://www.usatoday.com/story/news/world/2015/11/29/islamic-state-defections-kurds-lloyd-austin-syria-isil/76503736/">Islamic State defections mount as death toll rises, U.S. official says</a>, USA Today, 30.11.2015<br />
</div>
<div id="edn21"><br />
<a href="#_ednref21" name="_edn21" title="">[21]</a> <a href="http://www.usatoday.com/story/news/politics/2016/04/19/new-rules-allow-more-civilian-casualties-air-war-against-isil/83190812/">New rules allow more civilian casualties in air war against ISIL</a>, The Pentagons fight against the Islamic State has grown increasingly aggressive since late fall and includes higher levels of probable civilian casualties in the bombing campaign to target militants. USA TODAY, 19.4.2016<br />
</div>
<div id="edn22"><br />
<a href="#_ednref22" name="_edn22" title="">[22]</a> Nicolas J S Davies, <a href="http://www.commondreams.org/views/2016/05/01/escalating-us-air-strikes-kill-hundreds-civilians-mosul-iraq">Escalating U.S. Air Strikes Kill Hundreds of Civilians in Mosul, Iraq</a>, Common Dreams, 1.5.2016<br />
</div>
<div id="edn23"><br />
<a href="#_ednref23" name="_edn23" title="">[23]</a> s.a. Avi Asher-Schapiro, <a href="https://news.vice.com/article/the-us-led-coalition-bombed-the-university-of-mosul-for-being-an-islamic-state-headquarters">The US-led Coalition Bombed the University of Mosul for Being an Islamic State Headquarters</a>, VICE News, 22.3.2016 und Charles Davis, <a href="http://www.telesurtv.net/english/analysis/Did-the-US-Just-Admit-to-Carrying-Out-War-Crimes-in-Iraq-20160322-0040.html">Did the US Just Admit to Carrying Out War Crimes in Iraq?</a>, teleSUR, 22.3.2016<br />
</div>
<div id="edn24"><br />
<a href="#_ednref24" name="_edn24" title="">[24]</a> s.a. Eintrag March 19th 2016: Mosul, Nineveh province, Iraq in <a href="http://airwars.org/civcas-2016/">Reported civilian and friendly fire deaths from Coalition airstrikes 2016</a>, Airwars.org<br />
</div>
<div id="edn25"><br />
<a href="#_ednref25" name="_edn25" title="">[25]</a> <a href="https://m.facebook.com/story.php?story_fbid=10153740315405838&substory_index=0&id=12084075837">Nicht schon wieder Falludscha!</a> Barack Obama hören Sie auf, den sunnitischen Irak platt zu bomben! Das sind Kriegsverbrechen!, Jürgen Todenhöfer, 29.5.2016<br />
</div>
<div id="edn26"><br />
<a href="#_ednref26" name="_edn26" title="">[26]</a> <a href="http://foreignpolicy.com/2016/06/16/washingtons-war-on-the-islamic-state-is-only-making-it-stronger-syria-iraq-libya">Washingtons War on the Islamic State Is Only Making It Stronger</a>, FP, 16.6.2016<br />
</div>
<div id="edn27"><br />
<a href="#_ednref27" name="_edn27" title="">[27]</a> <a href="http://winwithoutwar.org/validators-on-isis/">Stop Bombing Syria and Iraq!</a> Experts agree: U.S. airstrikes are not the solution to the crisis in Iraq, Compiled by Angela Miller, Jacob Marx and Deepika Choudhary, Win Without War, 20.10.2014<br />
</div>
<div id="edn28"><br />
<a href="#_ednref28" name="_edn28" title="">[28]</a> s. u.A. Nussaibah Younis, <a href="http://www.wsj.com/articles/nussaibah-younis-to-defeat-islamic-state-in-iraq-bridge-the-sunni-shiite-divide-1423785432">To Defeat Islamic State in Iraq, Bridge the Sunni-Shiite Divide</a>, The Wall Street Journal, 12.2.2015<br />
</div>
<div id="edn29"><br />
<a href="#_ednref29" name="_edn29" title="">[29]</a> s. u.A. Renad Mansour, <a href="http://carnegie-mec.org/2016/03/03/sunni-predicament-in-iraq-pub-62924">The Sunni Predicament in Iraq</a>, Carnegie Middle East Center, 3.4.2016<br />
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</div>
JGuilliard
Irak
Copyright © 2016 JGuilliard
2016-11-22T22:41:00Z
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Falludscha: Befreiung durch Zerstörung und Vertreibung
http://jghd.twoday.net/stories/falludscha-befreiung-durch-zerstoerung-und-vertreibung/
Schon seit Monaten war die vom Islamischen Staat (IS, oder arabisch despektierlich Daesch) kontrol-lierte, nur 50 Kilometer westlich von Bagdad am Euphrat liegende Großstadt von den Regie-rungstruppen hermetisch abgeriegelt und ununterbrochen bombardiert worden. Die Lage der in der Stadt verbliebenen über 100.000 Bewohner war verzweifelt. Sie saßen fest, und es gab keine sichere Route, um zu entkommen.<br />
Dennoch begrüßten sie die Angreifer nicht als Befreier. Als diese am 17. Juni überraschend ohne Gegenwehr ins Zentrum vorstoßen konnten, ergriffen die meisten Familien die Flucht. Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) gelang es rund 70.000 Menschen, die Öffnung von Verteidigungsstellungen nutzend, die Stadt zu verlassen, 60.000 weitere werden noch erwartet. Insgesamt seien bald 150.000 Bürger Falludschas dringend auf Hilfe angewiesen. (<a href="http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/20160617%20Iraq%20Flash%20Update.pdf">Iraq: Weekly Flash Update on recent Events</a>, UNHCR, 17.6.2016) <br />
<br />
Auch eine Woche danach halten die Kämpfe in der Stadt an. Der Schlacht folgt Verwüstung melden eingebettete Reporter der Nachrichtenagentur Associated Press, aus den von Regierungstruppen eingenommen Vierteln. (<a href="http://www.usatoday.com/videos/news/nation/2016/06/22/86259286/">Inside Fallujah, Devastation Follows Battle</a>, AP, 22.6.2016) Nazal, einer der umkämpfsten Distrikte wurde von Amerikanern zerstört, so General Abdul Wahab al-Saadi, Kommandeur der von den USA aufgestellten und von US-Beratern instruierten Antiterror-Spezialeinheiten. Die Stadt droht, wie die zuvor befreiten Städte Tikrit und Ramadi, zur Geisterstadt, zu werden.<br />
<br />
Falludscha ist vermutlich die irakische Stadt, die am stärksten von Krieg und Besatzung in Mitleidenschaft gezogen wurde. Nach dem zweiten Großangriff US-amerikanischer Truppen 2004 waren siebzig Prozent aller Gebäude verwüstet. Die Stadt wurde zum Guernica der arabischen Welt. [Durch den massiven Einsatz von Uranmunition und anderer giftiger Waffen, wie weißem Phosphor, leidet sie seither unter einem horrenden Anstieg von Fehlgeburten und Missbildungen sowie einer Vervielfachung diverser Krebserkrankungen.]<br />
2013 war sie eine Hochburg der starken Protestbewegung, die sich im Laufe des Jahres in den mehrheitlich sunnitischen Provinzen ausgebreitet hatte und sich vor allem gegen die wirtschaftliche Benachteiligung und politische Marginalisierung der sunnitischen Bevölkerung durch das von schiitisch-islamistischen Parteien dominierte Regime richtete, das im Zuge der US-Besatzung etabliert wurde.<br />
<br />
Nachdem Regierungstruppen bei der Auflösung eines großen Protestcamps im Zentrum Falludschas erneut ein Blutbad angerichtet hatten, ging die Bevölkerung auf die Barrikaden und jagte sie aus der Stadt. Die Kontrolle übernahm ein aus Stammesführern, ehemaligen Armee-Offizieren, Geistlichen und andere führenden Persönlichkeiten gebildeter Militärischer Rat. Die Einheiten des Daesch, die die Situation auszunutzen suchten, wurden zunächst an den Stadtrand verbannt. Die Regierung unter Nuri al-Maliki verweigerte jegliche Verhandlungen mit den Repräsentanten der Stadt, in der damals mehr als 300.000 Menschen lebten, und ließ sie unter Beschuss nehmen. Die Bürger Falludschas hatten nichts für den Daesch übrig, so die transatlantische Denkfabrik International Crisis Group (ICG) in ihrem Report über die Ereignisse; aber die fortwährenden Angriffe steigerten Woche für Woche den Hass auf Zentralregierung und Armee, während die sunnitischen Dschihadisten halfen, deren Angriffe immer wieder zurückzuschlagen. Dies wiederum konnte die Regierung zur Rechtfertigung weiterer Angriffe nutzen ein Teufelskreis, so die ICG, aus dem die Stadt nicht herauskam. Mit dem Erstarken von Daesch und der Ausweitung seiner Kontrolle über große Teile Westiraks wurde er auch in Falludscha die dominierende Kraft.<br />
<br />
Berichte über Zusammenstöße zwischen Dschihadisten und anderen Kämpfern zeigen, dass er nicht unangefochten herrschte. Doch wie stark auch die Differenzen waren, die Feinde vor den Toren, wurden von der Mehrheit der Bewohner als wesentlich schlimmer angesehen. [Man kann daher davon ausgehen, dass sich Stammeseinheiten und Bürgerwehren an der Verteidigung der Stadt beteiligten. Der plötzliche Rückzug und die folgende Massenflucht könnte darauf zurückzuführen sein, dass ihre politische und militärische Führung sich zur Kapitulation entschlossen hat, um die Stadt vor der völligen Zerstörung zu bewahren. Wie <a href="http://iswresearch.blogspot.de/2016/06/fallujah-control-of-terrain-map-june-17.html">das Washingtoner Institute for the Study of War (ISW) berichtet</a>, hatte der Chef der Badr-Organisation, Hadi al-Amiri, den Bewohnern Falludschas eine 10-Tagesfrist gesetzt hat, um die Stadt zu verlassen. Diese war am Tag zuvor abeglaufen.]<br />
<br />
Die Bürger Falludschas hatten gute Gründe, die Befreier zu fürchten. In vielen sunnitischen Städten und Dörfern folgten der Eroberung durch Armee und Milizen Plünderung, Brandschatzung und Massaker an der verbliebenen Bevölkerung, die durchweg als Daesch-Anhänger behandelt wurden, so zum Beispiel im August 2014 in Amerli und im April 2015 in Tikrit. Das Vorgehen nahm in vielen Gebieten den Charakter einer konfessioneller Säuberung an. (siehe <a href="http://jghd.twoday.net/stories/falludscha-erneut-unter-belagerung/">Unter Belagerung ‒ Die irakische Stadt Falludscha wird ausgehungert und bombardiert</a>, junge Welt, 01.06.2016)<br />
<br />
Auch beim Vorrücken auf Falludscha kam es sofort zu brutalen Gewalttaten der schiitischen Milizen und der Nationalpolizei an der Zivilbevölkerung. Allein in Amiriyat Falludscha, einer Ortschaft im Süden Falludschas wurden Human Rights Watch (HRW) zufolge mindestens 1700 Männer gefangengenommen, zum großen Teil misshandelt und gefoltert. Viele wurden getötet oder sind seither verschwunden. Im Nachbarort Saqlawiyah waren kurz zuvor mindestens 49 Männer sofort exekutiert und über 640 Zivilisten verschleppt worden. Auf Videos aus der Gegend sind schiitische Gotteskrieger vor einem Stapel geköpfter Leichen zu sehen und Pickup-Laster, die Männer hinter sich herziehen.<br />
<br />
Ungeachtet der aus Sorge vor erneuten Plünderungen und Massakern ergangenen Anweisung der Regierung an die Milizen, vor den Toren zu bleiben, folgten die berüchtigten, vom Iran ausgerüsteten Badr Brigaden der ins Zentrum vordringenden Armee auf dem Fuße.(<a href="http://iswresearch.blogspot.de/2016/06/fallujah-control-of-terrain-map-june-17.html">Fallujah Control of Terrain Map: June 17, 2016</a>, Institute for the Study of War (ISW) , 17.6.2016) <br />
[Niemand sollte Zweifel daran haben, was geschehen wird, wenn Falludscha befreit wird, warnt der Wissenschaftler Tallha Abdulrazaq vom Strategy & Security Institute der University of Exeter. Konfessionelle Säuberung ist ein etabliertes Programm im Irak. Für den Iraker mit gemischter, arabischer, kurdischer und turkmenischer Abstammung, zeigt sich im Schweigen der internationalen Gemeinschaft angesichts der Gräueltaten schiitischer Milizen, erneut: Irakisches Blut ist noch billiger, als das von Syrern und Palästinensern. (<a href="http://www.middleeasteye.net/columns/annihilation-iraqs-fallujah-not-about-defeating-414005817">The annihilation of Iraq's Fallujah is not only about defeating IS</a>, Middle East Eye, 1.6.2016)]<br />
<br />
Der IS geht, neue Unterdrücker kommen, titelte Spiegel online am 9. Juni und warnte wie viele Experten, dass die Eroberung Falludschas den Islamischen Staat nicht entscheidend schwächen, den Konflikt zwischen Sunniten und den das Land dominierenden schiitischen Kräfte aber weiter anheizen wird. [Jürgen Todenhöfer fordert daher in einem offenen Brief an Obama : Nicht schon wieder Falludscha! ‒ Barack Obama hören Sie auf, den sunnitischen Irak platt zu bomben! Das sind Kriegsverbrechen!
Da Ihre Bomben zu 90% Zivilisten töten, züchten Sie täglich neuen Terrorismus. Nur Volltrottel bekämpfen Wespennester mit Knüppeln
Wenn Sie alle sunnitischen Städte in Ruinenlandschaften verwandelt haben, geht der IS im Irak eben in den Untergrund. Das war schon immer sein Plan B. Er wird dann zur gefährlichsten Terror-Untergrundbewegung aller Zeiten.]<br />
<br />
Auch Foreign Policy, eine der führenden US-Zeitschriften, warnt davor, dass unabhängig von militärischen Erfolgen, wie in Falludscha, diese Form des Krieges den Islamischen Staat nur stärker mache, der zwar Territorium einbüße aber aufgrund der Übermacht eines Bündnisses, das die USA und den Iran einschließt, weltweit an Attraktivität und Unterstützung gewinne. Wenn die US-Regierung von großen Erfolgen gegen den Daesch spreche, dann unterschätze sie die politischen und sozialen Faktoren, die in erster Linie zu seinem Aufstieg beitrugen. (<a href="http://foreignpolicy.com/2016/06/16/washingtons-war-on-the-islamic-state-is-only-making-it-stronger-syria-iraq-libya">Washingtons War on the Islamic State Is Only Making It Stronger</a>, FP, 16.6.2016) <br />
<br />
Dennoch unterstützt der Westen weiterhin deren Krieg, statt sich hinter die starke oppositionelle Bewegung zu stellen, die sich nicht zuletzt gegen dessen sektiererische Ausrichtung richtet, und sich für einen Ausgleich mit der sunnitischen Bevölkerung durch Anerkennung ihrer berechtigten Forderungen einzusetzen. Nur mit ihrer mehrheitlichen Unterstützung, da sind sich die meisten Experten einig, wird der Daesh tatsächlich, wie sein Vorgänger zwischen 2006 und 2008, entscheidend zurückgedrängt werden können. Entsprechende Angebote von sunnitischer Seite liegen seit langem vor. Die Fortsetzung des aktuellen Feldzugs in Richtung der Millionenstadt Mosul hingegen wird die verheerenden Folgen der bisherigen Befreiungs-Offensiven noch einmal potenzieren.
JGuilliard
Irak
Copyright © 2016 JGuilliard
2016-08-06T15:14:00Z
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Die Auslöschung Falludschas zielt nicht allein auf den IS - irakischer Politologe
http://jghd.twoday.net/stories/die-ausloeschung-falludschas-zielt-nicht-allein-auf-den-is-irakischer/
Als Regierungstruppen und schiitische Milizen mit ihrer Offensive zur Befreiung Falludschas begannen, erklärte der irakische Premier Haidar al-Abadi, die irakischen Sicherheitskräfte würden binnen zweier Tage in die Stadt eindringen.<br />
<br />
Vermutlich werden die 20.00030.000 Angreifer, trotz der notorischen Inkompetenz der Armee und der mangelnden Koordination, der unter sich zerstrittenen schiitische Milizen, am Ende tatsächlich Falludscha einnehmen, schätzt Tallha Abdulrazaq, Forscher am Strategy & Security Institute der University of Exeter. Aus den für Tikrit angekündigten drei Tage wurden allerdings zwei Monate und auch in Falludscha gründen ihre Erfolgsaussichten in erster Linie auf der Unterstützung durch Luftangriffe der US Air Force, denen der Islamische Staat (IS oder arab. Daesch) und die lokalen Verteidiger, die sich durch den sektiererischen Charakter der angreifenden Kräfte an seine Seite gezwungenen sehen, nichts entgegensetzen können. (Tallha Abdulrazaq, <a href="http://www.middleeasteye.net/columns/annihilation-iraqs-fallujah-not-about-defeating-414005817">The annihilation of Iraq's Fallujah is not only about defeating IS</a>, Middle East Eye, 1.6.2016)<br />
<br />
Doch die Schlacht um Falludscha geht um mehr als nur um den Sieg über den IS, so der irakische Wissenschaftler, mit gemischter, arabischer, turkmenischer und kurdischer Abstammung, weiter, und kann auch nicht als Befreiung im eigentlichen Sinn des Wortes gesehen werden. Schon ein kurzer Blick auf die jüngere Geschichte genüge um zu verstehen, was nun schon seit Längerem in den sunnitischen Gebieten geschehe, ohne dass zu einem internationalen Aufschrei kommt, und was nun vermutlich auch in Falludscha geschehen werde.<br />
<br />
Schaut man was bisher nach der Befreiung geschah, so sieht man, dass ISF [Sicherheitskräfte) und PMF (Popular Mobilization Forces, schiitische Milizen] dem sektiererischen Abschlachten sunnitischer Araber anführten und an einer Stelle sogar filmten, wie eine verbrannte, an den Füßen aufgehängte Leiche mit einem Schwert in Scheiben geschnitten wurde, <a href="http://www.middleeasteye.net/news/video-iraq-shia-militiaman-cuts-burnt-corpse-shawarma-814719537">wie Schawarma</a> [ähnlich wie Döner Kebap]. (Wir werden euch zerschneiden wie Schawarma!", <a href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/islamischer-staat-im-irak-der-is-geht-neue-unterdruecker-kommen-a-1096533.html">drohte der als Rambo des Irak gefürchtete schiitische Milizionär Abu Azrael </a>in einem Video, das die Tat zeigte.)<br />
<br />
Noch wurde Falludscha nicht eingenommen, doch PMF massakrieren bereits Zivilisten durch Exekution auf freiem Feld, die zweifellos Kriegsverbrechen darstellen. Nach der Eroberung der Kleinstadt Karma, nördlich von Falludscha exekutierten die PMF 17 Männer und Jungen, nachdem sie sie beschuldigt hatten, IS-Aktivisten zu sein.<br />
<br />
Sunnitische Stammesführer befürchten dass Dutzende weitere Personen, die von PMF in Karma entführt wurden, bald das gleiche Schicksal erleiden werden und riefen die internationale Gemeinschaft und irakische Politiker auf, etwas zu tun, um die fürchterlichen Verbrechen zu stoppen. <br />
<br />
Hat irgendjemand diese Appelle gehört? Natürlich nicht, da irakische Blut noch billiger ist als das von Syrern und Palästinensern.<br />
<br />
<b>Unter Belagerung</b><br />
<br />
Falludscha hat einen nahezu legendären Ruf unter sunnitischen Arabern als Stadt, die seit 2003 standhaft Widerstand gegen die Besatzung leistete, so Abdulrazaq weiter. Sie war im Januar durch eine Koalition von revolutionären Kämpfern, darunter Organisationen, wie der Allgemeine Militärrat für die irakische Revolution, der Regierungskontrolle entrissen worden, nachdem auf Anordnung des bösartig sektiererischen früheren Premierminister Nouri al-Maliki das ganze Jahr 2013 hindurch friedliche sunnitische Demonstranten abgeschlachtet worden waren. Falludscha sei anschließend keineswegs, wie die Medien es darstellen, vom IS allein kontrolliert worden, als die US-Streitkräfte im Sommer 2014 in den Konflikt eingriffen.<br />
<br />
Seit Anfang 2014 stehe Falludscha unter fast vollständiger Belagerung, im Zuge derer auch <a href="http://www.bbc.co.uk/news/world-middle-east-29198489">regelmäßig medizinische Einrichtungen von Regierungstruppen beschossen werden</a>. Schon vor der aktuellen Offensive habe Bagdad mit der Belagerung eine <a href="https://www.hrw.org/news/2016/04/07/iraq-fallujah-siege-starving-population">Politik des Aushungerns</a> der Bürger der Stadt betrieben, während nach Berichten des UNHCR der IS begann Männer der Stadt, die nicht kämpfen wollen, zu exekutieren. Die Bevölkerung werde zerschmettert zwischen dem Hammer der vom Iran unterstützten sektiererischen schiitischen Milizen und dem Amboss des brutalen IS.<br />
<br />
<b>Sektiererische Säuberung</b><br />
<br />
Es gebe nicht den geringsten Zweifel an dem was geschehen werde, sobald Falludscha befreit ist: sektiererische Säuberung ist ein gängiges Programm im Irak. Tatsächlich werden, so Abdulrazaq, gestützt auf einen Aljazeera-Bericht, aktuell aktiv Gebiete um Samarra von Sunniten gesäubert, um einen Korridor vom Iran zu den heiligen schiitischen Stätten im mehrheitlich sunnitischen Samarra zu schaffen, der frei von Sunniten ist.<br />
<br />
Die ganze Welt schweigt währenddessen und statt sich für Menschenrechte und bürgerliche Freiheiten einzusetzen, über die ständig geredet wird, schließt man die Augen vor den Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die in sunnitischen Gebieten verübt werden und vor der Fortsetzung des irakischen Holocaust, bei dessen Initiierung und Aufrechterhaltung der Westen, neben dem Iran und Iraks anderen Nachbarn, seien es Türken oder Araber, eine enorme Rolle spielt. <br />
<br />
Das Geschehen in Falludscha sei auch ein Hinweis, auf das was bei einem Angriff auf Mosul geschehen wird. Auch dort haben die Sunniten nicht das geringste Vertrauen in die Regierung in Bagdad. Ein interessanter Vorschlag sei, dass UN-mandatierte Friedenstruppen, die Kräfte aus den benachbarten arabischen Länder und der Türkei einschlössen, die Sicherheit der Sunniten garantieren sollen. Er bezweifelt aber, dass die internationale Gemeinschaft es riskieren würde, Bodentruppen zur Friedenssicherung in Mosul einzusetzen. Auch wenn die westlichen Staaten die Welt von der Gewalt des IS befreien wollen, kümmern sie sich offensichtlich nicht um die Gewalt gegen die sunnitische Bevölkerung. Sie lassen lieber die irakischen Regierungstruppen und PMF bei ihren Kriegsverbrechen gewähren, da wohl die Ziele die Mittel heiligen.<br />
<br />
Die Beseitigung des IS wird jedoch nicht den Extremismus zerstören, so wie die Schwächung von al-Qaida nicht dazu beitrug, den Terrorismus zu verringern. Tatsächlich blühte er auf und verbreitete sich. Der IS wird entweder zum traditionellen asymmetrischen Terrorismus zurückkehren, der sowohl regional als internationaler Natur sein wird oder der Horror, mit dem die sunnitische Bevölkerung konfrontiert wird, wird sogar eine noch entsetzlichere Gruppe ausbrüten.
JGuilliard
Irak
Copyright © 2016 JGuilliard
2016-06-12T16:34:00Z
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Falludscha erneut unter Belagerung - Die Stadt wird ausgehungert und bombardiert
http://jghd.twoday.net/stories/falludscha-erneut-unter-belagerung/
Dies sei die bisher härteste Situation, so Um Hussein, eine 59jährige Bürgerin der Stadt, die alle Angriffe auf die Stadt seit 2003 miterlebt hat, am 30. März gegenüber Al Jazeera, Die Leute sitzen in der Stadt fest und es gibt keine sichere Route um zu entkommen. Der islamische Staat kontrolliere die Stadt von innen, die Regierungstruppen und Milizen von außen. Niemand darf sie verlassen. Man habe jedes Mitleid mit den Menschen in Falludscha verloren und überlasse sie einem langsamen Tod. Die Kinder in der Stadt heulen vor Hunger. Was sollen wir ihnen sagen? <a href="#_edn1" name="_ednref1" title="">[1]</a> <br />
<br />
<b>Das arabische Guernica</b><br />
<br />
Falludscha ist vermutlich die irakische Stadt, die am stärksten von Krieg und Besatzung in Mitleidenschaft gezogen wurde. Beim zweiten Großangriff der US-Truppen im November 2004 wurden siebzig Prozent aller Gebäude verwüstet. Die Stadt wurde zum Guernica der arabischen Welt.<a href="#_edn2" name="_ednref2" title="">[2]</a> Gemäß der Bestandsaufnahme, der von der Regierung eingesetzten Entschädigungskommission für die Bürger Falludscha, zerstörten die Angreifer 36.000 Wohnhäuser, 8.400 Geschäfte, 60 Schulen und 65 Moscheen, sowie zwei Kraftwerke, drei Abwasseranlagen und das gesamte Wasser- und Telefonsystem der Stadt.<a href="#_edn3" name="_ednref3" title="">[3]</a> Die US-Armee setzte dabei auch in hohem Maß Uranmunition und chemische Waffen wie die geächtete Phosphorbomben ein. Das Studienzentrum für Menschenrechte und Demokratie in Falludscha (SCHRD) schätzt die Zahl der Opfer auf 4.000 bis 6.000.<a href="#_edn4" name="_ednref4" title="">[4]</a> Die Stadt wurde zum Guernica der arabischen Welt.<a href="#_edn5" name="_ednref5" title="">[5]</a> (Mehr dazu auf der Seite des Justice for Fallujah Project, <a href="http://thefallujahproject.org">http://thefallujahproject.org</a> )<br />
<br />
<b>Erfolgreicher Aufstand und Islamischer Staat</b><br />
<br />
Seit Januar 2014 ist die Stadt erneut unter Beschuss. In dem Maße wie die breite zivile Protestbewegung der sunnitischen Bevölkerung gegen ihre systematische Ausgrenzung und Unterdrückung durch das von den USA geschaffene Regime unter Nuri al-Maliki im Laufe des Jahres 2013 blutig niedergeschlagen wurde, waren die Proteste in den sunnitischen Provinzen vielerorts in einen bewaffneten Aufstand übergegangen. Als im Dezember 2013 Regierungstruppen ein großes Protestcamp im Zentrum Falludschas stürmten und ein weiteres Mal ein Blutbad unter friedlichen Demonstranten anrichteten, ging die dortige Stadtbevölkerung auf die Barrikaden und trieb Armee und Nationalpolizei aus der Stadt. Ein aus Stammesführern, ehemaligen Armee-Offizieren, Geistlichen und andere führenden Persönlichkeiten gebildeter Militärischer Rat übernahm die Kontrolle (siehe <i>jW-</i>Thema vom 16. und 17.12.2014 <a href="#_edn6" name="_ednref6" title="">[6]</a>). Einheiten des Islamischen Staates im Irak und der Levante (ISIL, arab. Daesch <a href="#_edn7" name="_ednref7" title="">[7]</a>), die die Situation auszunutzen suchten, wurden an den Stadtrand verbannt. Auch in den folgenden Monaten konnten die Dschihadisten, wie u.a. das Nahostteam der transatlantischen Denkfabrik International Crisis Group (ICG) und die New Yorker Organisation Human Rights Watch (HRW) Ende April bzw. Ende Mai berichteten, nur vom Rand der Stadt aus operieren. <a href="#_edn8" name="_ednref8" title="">[8]</a> Dennoch schrieben die Medien, Falludscha sei in der Hand der Dschihadistenmiliz, und Bagdad erhielt internationale Unterstützung für das militärische Vorgehen gegen die angebliche Terroristen-Hochburg. <br />
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Das irakische Regime unter Nuri al Maliki verweigerte jegliche Verhandlungen mit den Repräsentanten der Stadt, in der damals mehr als 300.000 Menschen wohnten, und ließ sie unter Beschuss nehmen. Die USA lieferten dafür Waffen und auch die UN-Mission im Irak stellte sich hinter Maliki, ohne ein einziges Mal mit Vertretern der Stadt zu sprechen. Sie billigte die Angriffe auf Falludscha, obwohl bereits in den ersten vier Wochen mindestens 109 Zivilisten durch Artilleriebeschuss getötet und 632 verwundet worden waren. <br />
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Die Bürger Falludschas hatten nichts für den Islamischen Staat übrig, so die ICG in ihrem Report über die Ereignisse, aber die fortwährende Angriffe steigerten Woche für Woche den Hass auf Zentralregierung und Armee, während die Dschihadisten halfen, deren Angriffe immer wieder zurückzuschlagen. Dies wiederum konnte die Regierung zur Rechtfertigung weiterer Angriffe nutzen ein Teufelskreis, so die ICG, aus dem die Stadt in der Folge nicht mehr heraus kam. Mit dem Erstarken von Daesch und der Ausweitung seiner Kontrolle über große Teile Westiraks wurde er auch in Falludscha die dominierende Kraft. <br />
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Berichte über Zusammenstöße zwischen den Dschihadisten und anderen Kämpfern zeigen, dass er nicht unangefochten herrscht. Doch wie stark auch die Differenzen sein mögen, die Feinde vor den Toren der Stadt, werden von der Mehrheit der Bewohner nach wie vor als wesentlich schlimmer angesehen.<br />
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<b>Falludscha ist am Verhungern</b><br />
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Nach der Eroberung Ramadis im Dezember 2015 schlossen Regierungstruppen und schiitische Milizen mit Unterstützung der US-Armee die letzten Versorgungswege der Stadt. Rasch gingen die restlichen Vorräte an Nahrungsmitteln, Medikamenten und anderen lebensnotwendigen Güter zu Ende. Gleichzeitig lässt Daesch Berichten zufolge niemanden mehr aus der Stadt und blockieren nach UNHCR-Angaben auch die Belagerer mögliche Fluchtwege.<a href="#_edn9" name="_ednref9" title="">[9]</a> Darüber, wie viele Menschen sich noch darin aufhalten, gehen die Angaben auseinander. Bis zu 50.000 Bewohner sehen sich Hunger und Tod gegenüber, teilte Lise Grande, Chefin der UN Mission für den Irak, in ihrer Alarmmeldung Anfang April mit. <a href="#_edn10" name="_ednref10" title="">[10]</a> Das World Food Programme (WFP) der UNO geht von 30.000 bis 60.000 verbliebenen Bewohner aus, ein irakischer Brigadegeneral sprach von 100.000<a href="#_edn11" name="_ednref11" title="">[11]</a>, <i>Al Jazeera</i> von 80.000 bis 100.000 <a href="#_edn12" name="_ednref12" title="">[12]</a><br />
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Einig sind sich alle, dass sich die humanitäre Situation in den letzten drei Monaten drastisch verschlechtert hat und die Stadt vor einer Katastrophe steht. HRW hatte Anfang April die Namen von 140 Menschen erhalten, hauptsächlich alte Menschen und Kinder, die schon aufgrund des Mangels an Nahrung und Medizin gestorben sind dies dürfte nur die Spitze des Eisbergs sein. <br />
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Im Bericht des WFP zur Lage im März heißt es, dass Geschäfte und Märkte seit Januar keinen Nachschub an Nahrungsmittel mehr bekommen hätten, keinen Weizen, keinen Reis, kein Gemüse, keine Linsen. Es gebe kein Gas zum Kochen und nur wenige Stunden am Tag Strom. Die wenigen Lebensmittel, die es noch gibt, würden zu exorbitanten Preisen verkauft. Für ein Kilogramm Mehl, das in Bagdad 30 US-Cent kostet, muss man hier 15 Dollar hinlegen. Viele seien gezwungen, Suppen aus Gras zu essen, so HRW. Auch arabische Medien berichten, dass die Menschen in ihrer Not Gras und Blätter von Bäumen essen würden. <a href="#_edn13" name="_ednref13" title="">[13]</a><br />
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Kinder, die Blätter essen und horrende Schwarzmarktpreise, dies war Anfang des Jahres auch der Aufmacher vieler Berichte über die dramatische Lage in der syrischen Hungerstadt Madaja. <a href="#_edn14" name="_ednref14" title="">[14]</a> Im Unterschied zu Falludscha war ihr breite Anteilnahme im Westen sicher, weil sie von der syrischen Armee, also dem gemeinsamen Gegner, eingekreist worden war. Die Situation dort ließ sich rasch entspannen. Nach internationaler Vermittlung zwischen den regierungsfeindlichen Milizen, die die Stadt kontrollierten und der Armee konnten nach wenigen Tagen wieder Hilfslieferungen nach Madaja gebracht werden. Für Falludscha ist keine Hilfe in Sicht. <br />
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Während die Welt zuschaue, sind gewöhnliche Menschen mit akuter Unterernährung und Hunger konfrontiert, so die in London lebende, irakisch-turkmenische Schriftstellerin Nazli Tarzi. Dabei sollte es, wenn es um Hilfe für notleidende Menschen geht, doch keine Rolle spielen, dass sie in einer vom Daesh eroberten Stadt wohnen. <a href="#_edn15" name="_ednref15" title="">[15]</a> Mittels einer Online-Kampagne unter dem Titel Falludscha verhungert (Fallujah Is Being Killed by Starvation,) versucht der irakische Journalist Mohammad Arab die internationale Gemeinschaft zu bewegen, sich für das Ende der Belagerung einzusetzen. Auch aus der EU kommt ein entsprechender Appell. Struan Stevenson, Präsident der European Iraqi Freedom Association (EIFA) ruft im Namen seiner Organisation dazu auf, die menschenverachtende Blockade der Stadt umgehend zu beenden.<a href="#_edn16" name="_ednref16" title="">[16]</a> Stevenson war von 1999 bis 2014 Abgeordneter der schottischen Konservativen im Europäischen Parlament und von 2009 bis 2014 Präsident der Delegation des Europäischen Parlaments für die Beziehungen zum Irak. <br />
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HRW fordert ebenfalls, die Abriegelung der Stadt umgehend aufzuheben und verlangt allgemein eine größere internationale Aufmerksamkeit für die Lage in den belagerten Städten der Region. Das Kriegsrecht untersage nicht die Belagerung feindlicher Truppen, so HRW, sie verbiete aber das Aushungern der zivilen Bevölkerung. Dies sei ein Kriegsverbrechen. Alle Appelle blieben bisher jedoch ohne Resonanz. <br />
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<b>Tod aus der Luft</b><br />
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Akuter noch als vom Hunger ist das Leben der Menschen in Falludscha von dem seit über zwei Jahren anhaltenden flächendeckenden Bombardement der Regierungstruppen und Milizen bedroht, das zum großen Teil auch auf zivile Ziele niedergeht. So wurde beispielsweise am 3. März 2015 eine Grundschule und das Krankenhaus im Jamhouriya-Viertel, drei Tage später das Garma-Krankenhaus und am 13. August 2015 das Kinderkrankenhaus der Stadt von Flugzeugbomben getroffen. Die US-Luftwaffe beteiligt sich an den Angriffen auf Stellungen in der Stadt und ihrer Umgebung und ist, wie das Airwars-Projekt, das Buch über den internationalen Luftkrieg gegen den Daesch und andere Milizen in Syrien und Irak führt, auf seiner Seite dokumentiert, ebenfalls für zahlreiche zivile Tote verantwortlich.<a href="#_edn17" name="_ednref17" title="">[17]</a> <br />
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Den Bürgern drohe der Tod durch Daesh, wenn sie fliehen, und durch Luftangriffe, wenn sie bleiben, fasste Nazli Tarzi deren Ausweglosigkeit zusammen. Mediziner aus Falludscha teilten HRW mit, dass zwischen Januar 2014 und März 2016 insgesamt 3.455 Zivilisten und Kombattanten durch Luft- und Artillerieangriffe getötet und 5.769 verwundet wurden rund ein Viertel davon Frauen und Kinder.<a href="#_edn18" name="_ednref18" title="">[18]</a>. Nach Angaben des Chefs des Zentralkrankenhauses von Falludscha vom Juli 2015 waren bereits bis dahin 8.488 tote oder schwer verwundete Zivilisten registriert worden, die Opfer militärischer Angriffe und willkürlichem Bombardement geworden seien. Die tatsächliche Zahl liegt auch hier vermutlich um ein mehrfaches darüber. <a href="#_edn19" name="_ednref19" title="">[19]</a> <br />
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<b>Jenseits von Daesch Massaker, Brandschatzung und Vertreibung durch regierungstreue Milizen</b><br />
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Während es der irakischen Armee in anderen Städten der zeitweilig fast vollständig vom Daesch besetzten Provinz Anbar gelang, die Unterstützung einiger sunnitischer Stämme im Kampf gegen die Dschihadisten zu gewinnen, verweigern in Falludscha alle lokalen Stämme jeglichen Kontakt. Dasselbe gilt auch für bewaffnete Organisationen, wie die Brigaden der 1920er Revolution oder die Mudschaheddin Armee, die sich bisher der Unterordnung unter oder Zusammenarbeit mit Daesh widersetzten. Auch sie sehen weiterhin in dem von schiitischen Parteien dominierten Regime in Bagdad den größeren Feind.<a href="#_edn20" name="_ednref20" title="">[20]</a> <br />
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Am meisten gefürchtet werden dabei die schiitischen Milizen, die den stärksten Teil der militärischen Kräfte in der Allianz gegen den Daesch stellen. Und das nicht ohne Grund ‒ stehen doch die schiitischen Gotteskrieger den sunnitischen an Brutalität kaum nach. Sie waren mit ihren Gräueltaten gegen Sunniten bereits in den Jahren 2006 bis 2008 neben dem Islamischen Staat im Irak, dem Vorläufer von Daesch maßgeblich für die damalige fürchterliche Eskalation sektiererischer Gewalt verantwortlich. <br />
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Ab 2013 traten sie im Zuge der Niederschlagung der Protestbewegung in den mehrheitlich sunnitischen Gebieten wieder stärker in Erscheinung, indem sie auf eigene Faust gegen sunnitische Oppositionelle vorgingen.<a href="#_edn21" name="_ednref21" title="">[21]</a> Als Daesch im Sommer 2014 in Richtung Bagdad vorstieß, weiteten auch sie ihre Angriffe gegen Hochburgen der sunnitischen Opposition aus. <br />
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Nach dem Aufruf des geistlichen Oberhaupt der Schiiten, Ayatollah Ali al-Sistani, das Land gegen die extremistische Miliz zu verteidigen, entstanden unter dem Dach der sogenannten Volksmobilisierungseinheiten (arabisch Hashd al-Shaabi) zahlreiche neue schiitische Milizen. Am stärksten profitierten von der nun folgenden Mobilisierung die alt-bekannten, aufgrund ihrer Gräueltaten während des Bürgerkriegs berüchtigten Organisationen mit ihren engen Verbindungen zum Iran: die Badr-Brigaden, die Liga der Gerechten und die irakische Hisbollah. Durch einen enormen Nachschub an modernen Waffen und militärische Unterstützung aus dem Iran wurden sie bald schlagkräftiger als die Armee. <br />
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Sie trugen am meisten dazu bei, den Vormarsch des ISIL zu stoppen und an vielen Stellen zurückzuschlagen. Ihre Siege waren jedoch begleitet von Racheaktionen gegen die verbliebene Bevölkerung. Es häuften sich rasch die Berichte von Menschenrechtsgruppen und UN-Organisationen über Massaker und die systematische Zerstörung sunnitischer Dörfer in zurückeroberten Gebieten.<a href="#_edn22" name="_ednref22" title="">[22]</a> <br />
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<b>Rachefeldzüge und Vertreibungen</b><br />
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Nachdem Regierungstruppen, schiitische Milizen und kurdische Peschmerga Ende August 2014 mit Hilfe von Luftangriffen der US-Air Force die dreimonatige Belagerung der schiitisch-turkmenischen Stadt Amarli durch den Daesch brechen und die Dschihadisten gen Westen zurücktreiben konnten, begannen die schiitische Milizen wie auch einige Armeeeinheiten sunnitische Ortschaften rund um die 150 Kilometer nördlich von Bagdad gelegenen Stadt zu überfallen. Durch viele von ihnen war Daesch auf seinem Vormarsch durchgezogen. Große Teile ihrer Bewohner waren vor ihm geflohen, die Verbliebenen waren aber bis dahin weitgehend unbehelligt geblieben. Nun wurden viele als angebliche Sympathisanten getötet oder verschleppt, ein Großteil der Häuser geplündert und niedergebrannt. <br />
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Von HRW ausgewertete Satellitenaufnahme zeigen, dass 30 von 35 Dörfern in einem Gebiet von 500 Quadratkilometer der Provinz Salah ad-Din weitgehend zerstört wurden. Vertriebene Bewohner und Augenzeugen, darunter kurdische Peschmerga-Kommandeure, die an der Militäroperation beteiligt waren, berichten von mindestens 47 vorwiegend sunnitischen Ortschaften, die methodisch verwüstet wurden ‒ getrieben, so HRW, von Rache und dem Bestreben, die demographische Zusammensetzung der traditionell gemischten Provinz zu ändern. <a href="#_edn23" name="_ednref23" title="">[23]</a><br />
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<table><tr> <td width="482" valign="top" style="width:288.9pt;padding:0cm 5.4pt 0cm 5.4pt; height:381.3pt"> <p><i>Von Milizen nach dem Sieg in Amerli und Umgebung zerstörte Gebäude</i>< </p><p><img alt="" src="http://features.hrw.org/features/HRW_2015_reports/Iraq_Amerli/img/amerli_destruction_overview_map.jpg" style="cursor: default;" height="750" width="600" /><br />
<i>HRW, After Liberation Came Destruction </i></p></td> </tr> </table> <br />
Auch in der gleichfalls ethnisch und konfessionell gemischten Provinz Diyala, aus der Daesch wieder weitgehend vertrieben wurde, sind viele Gebiete von dem betroffen, das man nach , nach Auffassung von Raad al-Dahlaki, einem sunnitischen Parlamentsabgeordneter, der dem Ausschuss für Immigration und Vertreibung vorsteht, als ethnische Säuberung bezeichnen muss. Die Regierung unternehme nichts, um dem Treiben schiitischer und kurdischer Milizen Einhalt zu gebieten, die alles tun, die Geflohenen daran zu hindern, in ihre Häuser zurückzukehren.<a href="#_edn24" name="_ednref24" title="">[24]</a> <br />
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Dutzende prominente örtliche Persönlichkeiten und Scheichs wurden bereits in diesen Gebieten von den Milizen getötet und die Zerstörung zahlreicher sunnitischer Moscheen nötigte die UNO zu einer förmlichen Verurteilung..<a href="#_edn25" name="_ednref25" title="">[25]</a> Auf einer Tour durch kurz zuvor vom Daesch zurückeroberten Gebieten, sahen Reporter der <i>Washington Post</i> Ortschaften, in denen jedes Haus niedergebrannt worden war. Im Dorf Barwana wurden die Leichen von 70 sunnitischen Männern gefunden, die nach dem Rückzug von Daesch exekutiert worden waren. Sie waren Zivilisten, die Zuflucht in Barwana vor den Kämpfen gesucht hatten.<a href="#_edn26" name="_ednref26" title="">[26]</a>< <br />
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Die Führer der Milizen machen wenig Hehl aus ihren Zielen. So drohte Hadi al-Ameri, der Chef der Badr Brigaden und Transportminister unter der letzten Regierung, am 29. Dezember 2015 den Bewohner der Stadt Muqdadiyah und ihrer Umgebung, der Tag der Abrechnung sei gekommen. Wir werden die Gegend angreifen, bis nichts mehr übrig ist.<a href="#_edn27" name="_ednref27" title="">[27]</a>< <br />
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Die sunnitischen Stämme und Organisationen, die die irakische Regierung, wie auch US-Kommandeure vor Ort, für ein Bündnis gegen Daesch gewinnen wollen, werden auch ihre Schlüsse aus dem Geschehen in Tikrit vor einem Jahr gezogen haben. Die im Juni 2014 von den Dschihadisten besetzte Hauptstadt der Provinz Salah ad-Din war in einer Großoffensive, in der am Ende auch US-amerikanische Kampflugzeuge eingegriffen hatten, im Laufe des März 2015 zurückerobert worden. Schiitischen Milizen stellten dabei gut zwei Drittel der Bodentruppen. Diese begannen auch hier unmittelbar nach Abzug der letzten Einheiten des Daesh mit umfassenden Racheaktionen gegen die Bevölkerung, die sie pauschal als Anhänger der Dschihadistenmiliz betrachten. Sie führten Massenhinrichtungen durch, plünderten und brandschatzten. <a href="#_edn28" name="_ednref28" title="">[28]</a> In Tikrit herrscht das Chaos, die Lage ist außer Kontrolle so Ahmed Al Krayam, der Vorsitzende des Provinzrates von Salah ad-Din, gegenüber Reportern. Polizei und Behörden können die Milizen nicht aufhalten. <a href="#_edn29" name="_ednref29" title="">[29]</a> Nach Recherchen von HRW wurden dabei mindestens 950 Wohnhäuser und 95 Geschäfte vorsätzlich und ohne ersichtlichen militärischen Grund in die Luft gejagt oder niedergebrannt. Von den mehr als 200 verschleppten Bürgern, die die Organisation registrierte, darunter auch Kinder, fehlt seither jede Spur. <a href="#_edn30" name="_ednref30" title="">[30]</a> <br />
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Auch in den folgenden Monaten verbesserte sich die Situation nicht. Tikrit ist seither eine stark zerstörte Geisterstadt. Den meisten der 200.000 Bewohner, die vor Daesh oder den Kämpfen geflohen waren, erschien eine Rückkehr bisher zu gefährlich. Neben den Milizen ziehen auch kriminelle Banden ungehindert durch die Straßen und die Reste von Verwaltung und Polizei sind nicht in der Lage, für Ordnung zu sorgen. Wasser- und Stromversorgung ist kaum mehr vorhanden, von Wiederaufbau keine Spur. <a href="#_edn31" name="_ednref31" title="">[31]</a> <br />
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<b>Wenn so ein Sieg aussieht
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Die Rückeroberung von Ramadi, der Provinz-Hauptstadt von Anbar mit dreihundert bis vierhunderttausend Einwohnern wird auch keinen sunnitischen Stammesführer, Politiker oder Aufständischen oder Politiker ermuntert haben, sich mit den Regierungskräften zu verbünden. Bei der von der US-Luftwaffe mit 600 Angriffen unterstützten Großoffensive wurden rund 80 Prozent der Stadt zerstört.<a href="#_edn32" name="_ednref32" title="">[32]</a> Als ein Reporter der <i>NYT</i> angesichts von gewaltigen Trümmerhaufen, die nicht mehr erkennen ließen, wo einst die Gebäude standen, den ihn begleitenden irakischen General fragte, in welche Wohnungen denn geflohenen Einwohner zurückkehren könnten, antwortete dieser Wohnungen? Es gibt keine Wohnungen mehr. <a href="#_edn33" name="_ednref33" title="">[33]</a> Sabah Karhout, der Vorsitzende des Provinzrates von Anbar schätzt das für den Wiederaufbau der Stadt 12 Milliarden Dollar nötig sein werden. Ramadi sei nun eine Geisterstadt, ohne internationale Hilfe wird sie nicht wieder aufgebaut. <br />
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Schätzungen irakischer Stellen zufolge wurden in den vom Krieg gegen Daesch betroffenen Provinzen vermutlich 80 Prozent der Infrastruktur von Straßen und Brücken über Stromversorgung, Trink- und Abwassersysteme bis zu medizinischen Versorgung beschädigt oder zerstört. <a href="#_edn34" name="_ednref34" title="">[34]</a><br />
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Wenn der US-Verteidigungsminister im Zusammenhang mit den Plänen zur Vertreibung des Daesch aus Mosul, einer Stadt mit 1,5 Millionen Einwohnern, Raqqa mit 200.000 Einwohnern, Falludscha und zahlreichen anderen Städten von »Vernichtungsoperationen« spricht, so bekommt dieser Begriff angesichts der Resultate bisheriger Offensiven eine gefährliche Bedeutung, so Tom Engelhard in seinem Artikel Wenn Ramadi so ist, wie ein Sieg gegen ISIS aussieht, dann sind wir in Schwierigkeiten. Würden sie doch zweifelsohne die buchstäbliche Vernichtung der urbanen Infrastruktur bedeutender Teile der Region mit sich bringen.<a href="#_edn35" name="_ednref35" title="">[35]</a><br />
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Die Belagerer von Falludscha haben am 23. Mai begonnen den Kreis um die Stadt noch enger zuziehen.<a href="#_edn36" name="_ednref36" title="">[36]</a> Über 20.000 Soldaten, Spezialeinheiten und schiitische Milizionäre, unterstützt von iranischen Beratern, stehen nun unmittelbar vor den Toren. Eingebettet in die irakischen Elitetruppen sind US-Berater, die die Luftangriffe steuern. Mit Hilfe dieser US-Luftangriffe können sie Falludscha vermutlich einnehmen, so der kurdische Gouverneur der Provinz Kirkuk, Najmaldin Karim, gegenüber dem britischen Independent. Die Stadt werde jedoch dabei zerstört werden. <a href="#_edn37" name="_ednref37" title="">[37]</a>Während die höchste schiitische Autorität im Land, Groß-Ayatollah Ali al-Sistani, am 25. Mai die Angreifer aufforderte, Rücksicht auf die Zivilbevölkerung zu nehmen, riefen Führer schiitischer Milizen offen dazu auf, an den sunnitischen Bewohnern, die alle Unterstützer des Daesch seien, Rache zu üben und die Gelegenheit zu nutzen, das »Krebsgeschwür Falludscha auszumerzen.« <a href="#_edn38" name="_ednref38" title="">[38]</a> <br /> Gleichzeitig zerstören die immer intensiveren Luftangriffe der US-geführten Anti-IS-Allianz auf Mosul in immer größerem Maße dessen zivile Infrastruktur und forderten bereits hunderte Opfer unter der Zivilbevölkerung. Die Propagandaabteilung des Daesch greift diese Hilfe dankbar auf.<a href="#_edn39" name="_ednref39" title="">[39]</a> <br />
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Das auch von der Bundesregierung unterstützte Vorgehen Bagdads, Washingtons und Teherans gegen die Terrormiliz wird diese nicht zur Strecke bringen, den Konflikt der sunnitischen Bevölkerung mit den das Land dominierenden schiitischen Kräften aber weiter verschärfen. <br />
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Während sich in der irakischen Hauptstadt eine starke oppositionelle Bewegung gegen das unter US-Besatzung entwickelte Regime entwickelt, die sich nicht zuletzt gegen dessen sektiererische Ausrichtung und die Spaltung des Landes entlang ethnischer und konfessioneller Linien richtet,<a href="#_edn40" name="_ednref40" title="">[40]</a> beteiligt sich der Westen weiterhin an einem Krieg, der sich keineswegs nur gegen den Islamischen Staat richtet, sondern gegen weite Teile der sunnitischen Bevölkerung. Die internationale Anti-IS-Allianz bemüht sich beim Kampf gegen den Daesch genauso wenig wie Bagdad um eine klare Trennung zwischen den Dschihadisten und den aufständischen sunnitischen Kräften, eine Trennung, wie sie von Experten, wie dem Nahostteam der International Crisis Group, von Beginn an gefordert wurde. <br />
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Ungeachtet einzelner Erfolge gegen Daesch, kann dieser nur ‒ wie sein Vorgänger zwischen 2006 und 2008 ‒ mit Unterstützung einer Mehrheit der Sunniten vollständig ausgeschaltet werden. Wer in tatsächlich besiegen will, muss daher dafür sorgen, dass die legitimen politische Anliegen der Sunniten erfüllt und deren Interessen in Bagdad adäquat vertreten werden. Er muss für die Bildung einer Regierung eintreten, die tatsächlich alle relevante Kräfte vertritt, den Provinzen mehr Autonomie gewährt und eine gerechtere Verteilung der Ressourcen sicherstellt.< <hr align="left" size="1" width="33%" /> <div id="edn1"> <br />
<a href="#_ednref1" name="_edn1" title="">[1]</a> <a href="http://www.aljazeera.com/news/2016/03/fallujah-crisis-left-slow-death-160329063221697.html">Fallujah crisis: 'We are being left to slow death'</a>, Al Jazeera, 30.3.2016< </div> <div id="edn2"> <br />
<a href="#_ednref2" name="_edn2" title="">[2]</a> Jonathan Steele and Dahr Jamail, <a href="http://www.globalresearch.ca/fallujah-this-is-our-guernica/171">Fallujah: This is our Guernica</a>, The Guardian 16.6.2005, Saul Landau, <a href="http://www.counterpunch.org/landau11272004.html">Where's the New Picasso? Fallujah, the 21st Century Guernica</a>, Counterpunch, 27.11.2004< </div> <div id="edn3"> <br />
<a href="#_ednref3" name="_edn3" title="">[3]</a> <a href="http://reliefweb.int/report/iraq/iraq-compensation-fallujah-residents-slow-locals">Iraq: Compensation for Fallujah residents slow locals</a>, IRIN (UN-Informationsdienst), 4.4.2005< </div> <div id="edn4"> <p style="text-align:justify"><a href="#_ednref4" name="_edn4" title="">[4]</a> Dahr Jamail, <a href="http://dahrjamail.net/life-goes-on-in-fallujahs-rubble">Life Goes On in Fallujahs Rubble</a>, IPS, 25.11.2005 </p></div> <div id="edn5"> <br />
<a href="#_ednref5" name="_edn5" title="">[5]</a> <a href="http://thefallujahproject.org/home/sites/default/files/Testimonies%20of%20Crimes%20against%20Humanity%20in%20Fallujah.pdf">Testimonies of Crimes Against Humanity in Fallujah -- Towards a Fair International Criminal Trial</a>, 15<sup>th</sup> Session of the UN Human Rights Council, Geneva, 13.9.- 1.10.2010 vorgelegt von Conservation Centre of Environmental & Reserves in Fallujah (CCERF) und Monitoring Net of Human Rights in Iraq (MHRI)< </div> <div id="edn6"> <br />
<a href="#_ednref6" name="_edn6" title="">[6]</a> J. Guilliard, <a href="https://www.jungewelt.de/2014/12-16/067.php">Der endlose Krieg</a>, jW 16.12. und 17.12.2014< </div> <div id="edn7"> <br />
<a href="#_ednref7" name="_edn7" title="">[7]</a> Daesch (genauer <a href="https://de.wiktionary.org/wiki/Daesch">dāʿi</a>) ist zwar eine korrekte Abkürzung des arabischen Namens der Truppe, Al-Daula al-Islamija fil-Irak wal-Scham (bzw. ad-daula al-islāmiyya fī l-ʿIrāq wa--ām), wird aber von ihr selbst abgelehnt und, da sie ausgesprochen Begriffen wie Fanatiker, jemand der Zwietracht säht
ähnelt, rein abwertend verwendet ‒ als Name, um nicht die Selbstdarstellung der Dschihadisten als Staat und islamisch zu stützen.< </div> <div id="edn8"> <br />
<a href="#_ednref8" name="_edn8" title="">[8]</a> <a href="http://www.crisisgroup.org/en/regions/middle-east-north-africa/iraq-iran-gulf/iraq/150-iraq-falluja-s-faustian-bargain.aspx">Iraq: Falluja's Faustian Bargain</a>, International Crisis Group, Middle East Report N°150, 28.4.2014, <br /> Dahr Jamail, <a href="http://truth-out.org/news/item/22138-iraqi-government-killing-civilians-in-fallujah">Iraqi Government Killing Civilians in Fallujah</a>, Truthout, 3.3.2014, <a href="http://www.hrw.org/news/2014/05/27/iraq-government-attacking-fallujah-hospital">Iraq: Government Attacking Fallujah Hospital: Barrel Bombs Hit Residential Areas</a>, Human Rights Watch, 27.5.2014<i>.</i>< </div> <div id="edn9"> <br />
<a href="#_ednref9" name="_edn9" title="">[9]</a> <a href="http://www.aljazeera.com/news/2016/05/final-assault-isil-held-fallujah-imminent-army-160529044123846.html">Final assault on ISIL-held Fallujah imminent: army</a>, Al Jazeera, 29.5.2016< </div> <div id="edn10"> <br />
<a href="#_ednref10" name="_edn10" title="">[10]</a> <a href="http://www.aljazeera.com/news/2016/04/50000-iraqis-besieged-fallujah-face-starvation-160407131355399.html">50,000 Iraqis in besieged Fallujah face starvation</a>, Al Jazeera, 7.4. 2016< </div> <div id="edn11"> <br />
<a href="#_ednref11" name="_edn11" title="">[11]</a> Thomas Pany, <a href="http://www.heise.de/tp/artikel/47/47820/2.html">Die Belagerung von Falludscha</a> Hungersnot und humanitäre Katastrophe: Zigtausende Bewohner werden vom IS drangsaliert und von der irakischen Armee belagert, die Hilfskorridore sind geschlossen, Telepolis, 30.03.2016< </div> <div id="edn12"> <br />
<a href="#_ednref12" name="_edn12" title="">[12]</a> <a href="http://www.aljazeera.com/news/2016/03/fallujah-crisis-left-slow-death-160329063221697.html">Fallujah crisis: 'We are being left to slow death'</a>, Al Jazeera, 30.3.2016< </div> <div id="edn13"> <br />
<a href="#_ednref13" name="_edn13" title="">[13]</a> Thomas Pany, a.a.O.< </div> <div id="edn14"> <br />
<a href="#_ednref14" name="_edn14" title="">[14]</a> <a href="http://www.hafenradar.de/de/news/link/kriegselend-in-syrien-hilfskonvoi-erreicht-hungerstadt-madaja">Kriegselend in Syrien: Hilfskonvoi erreicht Hungerstadt Madaja</a>, Spiegel Online, 11.01.2016< </div> <div id="edn15"> <br />
<a href="#_ednref15" name="_edn15" title="">[15]</a> <a href="http://www.the-diagonal.com/2016/04/a-world-inured-to-starvation-in-fallujah/">A world inured to starvation in Fallujah</a>, The Diagonal, 11.4.2016< </div> <div id="edn16"> <br />
<a href="#_ednref16" name="_edn16" title="">[16]</a> <a href="http://www.struanstevenson.com/news-and-views/news-releases/fallujah-humanitarian-crisis">Humanitarian catastrophe in Fallujah</a> Call for urgent action to end callous food and medicine blockade of Fallujah, Struanstevenson.com, 4.4.2016< </div> <div id="edn17"> <br />
<a href="#_ednref17" name="_edn17" title="">[17]</a> <a href="https://airwars.org/civcas-2015/">https://airwars.org/civcas-2015/</a> </div> <div id="edn18"> <br />
<a href="#_ednref18" name="_edn18" title="">[18]</a> <a href="https://www.hrw.org/news/2016/04/07/iraq-fallujah-siege-starving-population">Iraq: Fallujah Siege Starving Population</a> ‒ Government Forces Block Aid; ISIS Bars Civilian Flight, HRW, 7.4.2016< </div> <div id="edn19"> <br />
<a href="#_ednref19" name="_edn19" title="">[19]</a> <a href="http://rudaw.net/english/middleeast/iraq/280720151">Fallujah doctor: 8,488 war deaths in city since start of 2014</a>, Rudaw 28.7.2015< </div> <div id="edn20"> <br />
<a href="#_ednref20" name="_edn20" title="">[20]</a> Mustafa Habib, <a href="http://www.niqash.org/en/articles/security/5210/Why-Can%E2%80%99t-The-Iraqi-Army-Win-In-Anbar%E2%80%99s-Extremist-Capital.htm">The Fight For Fallujah: Why Cant The Iraqi Army Win In Anbars Extremist Capital?</a>, Niqash, 8.3.2016< </div> <div id="edn21"> <br />
<a href="#_ednref21" name="_edn21" title="">[21]</a> <a href="http://english.alarabiya.net/articles/2013/02/27/268685.html">Iraqs Hezbollah forms new militia to frighten protesters: Sunni leader</a>, Al Arabiya, 27.2. 2013< </div> <div id="edn22"> <br />
<a href="#_ednref22" name="_edn22" title="">[22]</a> Der aktuellste ist <a href="http://www.hrw.org/node/281164">Ruinous Aftermath - Militias Abuses Following Iraqs Recapture of Tikrit</a>, HRW, 20.9.2015< </div> <div id="edn23"> <br />
<a href="#_ednref23" name="_edn23" title="">[23]</a> <a href="http://features.hrw.org/features/HRW_2015_reports/Iraq_Amerli/index.html#top">After Liberation Came Destruction - Iraqi Militias and the Aftermath of Amerli</a>, Human Rights Watch HRW, 18.3.2015, </div> <div id="edn24"> <br />
<a href="#_ednref24" name="_edn24" title="">[24]</a> Aida al-Khatib, <a href="http://www.niqash.org/en/articles/security/5202">Post-Islamic State Problems: Diyala Province Undergoing Violent Ethnic and Sectarian Cleansing</a>, Niqash, 28.01.2016< </div> <div id="edn25"> <br />
<a href="#_ednref25" name="_edn25" title="">[25]</a> <a href="http://www.alaraby.co.uk/english/news/2016/1/16/genocide-in-diyala-iraqi-officials-warn-of-sectarian-cleansing">Genocide in Diyala: Iraqi officials warn of sectarian cleansing</a>, The New Arab, 16.1.2016< </div> <div id="edn26"> <br />
<a href="#_ednref26" name="_edn26" title="">[26]</a> <a href="https://www.washingtonpost.com/world/middle_east/iraqs-pro-iranian-shiite-militias-lead-the-war-against-the-islamic-state/2015/02/15/5bbb1cf0-ac94-11e4-8876-460b1144cbc1_story.html">Pro-Iran militias success in Iraq could undermine U.S.</a>, Washinton Post, 15.02.2015< </div> <div id="edn27"> <br />
<a href="#_ednref27" name="_edn27" title="">[27]</a> <a href="http://www.hrw.org/news/2015/02/15/iraq-militias-escalate-abuses-possibly-war-crimes">Iraq: Militias Escalate Abuses, Possibly War Crimes</a> ‒ Killings, Kidnappings, Forced Evictions, HRW, 15.2.2015, siehe auch <a href="http://www.ohchr.org/EN/HRBodies/HRC/RegularSessions/Session28/Documents/A_HRC_28_18_AUV.doc">UNHCR Report human rights situation in Iraq in the light of abuses committed by ISIL and other forces</a>, UN HRC, 13.3.2015, A_HRC_28_18_AUV< </div> <div id="edn28"> <br />
<a href="#_ednref28" name="_edn28" title="">[28]</a> <a href="http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/irak-milizen-pluendern-tikrit-nach-sieg-gegen-is-13521664.html">Milizen plündern Tikrit nach Sieg gegen IS</a>, FAZ, 04.04.2015< </div> <div id="edn29"> <br />
<a href="#_ednref29" name="_edn29" title="">[29]</a> Patrick Martin, <a href="https://www.wsws.org/de/articles/2015/04/07/iraq-a07.html">Massenmorde und Plünderungen bei Rückeroberung von Tikrit</a>, WSWS, 7.4.2015< </div> <div id="edn30"> <br />
<a href="#_ednref30" name="_edn30" title="">[30]</a> <a href="http://musingsoniraq.blogspot.nl/2015/09/human-rights-watch-finds-iraq.html">Human Rights Watch Finds Iraq Government Forces Destroyed Tikrit Area After Its Recapture</a>, Musings On Iraq, September 21, 2015< </div> <div id="edn31"> <br />
<a href="#_ednref31" name="_edn31" title="">[31]</a> <a href="http://www.nybooks.com/daily/2015/05/04/tikrit-after-isis/">Tikrit: Iraqs Abandoned City</a>, New York Review of Books, 4.5.2015, <a href="http://www.srf.ch/news/international/tikrit-ist-eine-geisterstadt">«Tikrit ist eine Geisterstadt»</a>, SRF, 7..5.2015< </div> <div id="edn32"> <br />
<a href="#_ednref32" name="_edn32" title="">[32]</a> <a href="https://www.middleeastmonitor.com/20151230-iraqi-defence-minister-says-80-of-ramadi-destroyed/">Iraqi Defence Minister says 80% of Ramadi destroyed, Middle East Monitor</a>, 30.12.2015< </div> <div id="edn33"> <br />
<a href="#_ednref33" name="_edn33" title="">[33]</a> <a href="http://www.nytimes.com/2016/01/08/world/middleeast/isis-ramadi-iraq-retaking.html">Ramadi, Reclaimed by Iraq, Is in Ruins After ISIS Fight</a>, New York Times, 7.1.2016< </div> <div id="edn34"> <br />
<a href="#_ednref34" name="_edn34" title="">[34]</a> Florian Rötzer, <a href="http://www.heise.de/tp/artikel/47/47092/1.html">Der Krieg gegen den IS hinterlässt zerstörte Geisterstädte</a>, Telepolis,12.01.2016< </div> <div id="edn35"> <br />
<a href="#_ednref35" name="_edn35" title="">[35]</a> Tom Engelhardt, <a href="http://www.tomdispatch.com/post/176094/tomgram%3A_engelhardt%2C_tomorrow's_news_today/">If Ramadi Is What Victory Against ISIS Looks Like, Were in Trouble</a>, TomDispatch, 24.1.2016< </div> <div id="edn36"> <br />
<a href="#_ednref36" name="_edn36" title="">[36]</a> <a href="http://post.understandingwar.org/backgrounder/campaign-fallujah-may-26-2016">The Campaign for Fallujah: May 26, 2016</a>, Institute for the Study of War (ISW), 27.5.2016< </div> <div id="edn37"> <br />
<a href="#_ednref37" name="_edn37" title="">[37]</a> Patrick Cockburn, <a href="http://www.independent.co.uk/voices/air-strikes-isis-iraq-and-syria-city-ruins-ground-troops-alternative-a7052481.html">Air strikes on Isis in Iraq and Syria are reducing their cities to ruins</a>, in Irbil, Independent, 27.5,2016< </div> <div id="edn38"> <br />
<a href="#_ednref38" name="_edn38" title="">[38]</a> <a href="http://www.houstonchronicle.com/news/nation-world/world/article/Iran-led-push-to-retake-Fallujah-from-ISIS-7951600.php">Iran-led push to retake Fallujah from ISIS worries U.S.</a>, New York Times, 28.5.2016< </div> <div id="edn39"> <br />
<a href="#_ednref39" name="_edn39" title="">[39]<</a> Nicolas J S Davies, <a href="http://www.commondreams.org/views/2016/05/01/escalating-us-air-strikes-kill-hundreds-civilians-mosul-iraq">Escalating U.S. Air Strikes Kill Hundreds of Civilians in Mosul, Iraq</a>, Common Dreams, 1.5.2016, Felicity Arbuthnot, <a href="http://www.globalresearch.ca/death-and-destruction-in-iraq-extensive-us-war-crimes-apocalypse-in-mosul-in-the-guise-of-bombing-isis/5522167">Death and Destruction in Iraq, Extensive US War Crimes: Apocalypse in Mosul in the Guise of Bombing ISIS</a>, Global Research, 27.4.2016, <a href="http://www.niqash.org/en/articles/security/5228">Misfires And Mistakes - Mosul's Civilian Deaths By Air Strike Play Into Extremists' Hands</a>, Niqash, 24.03.2016<< </div> <div id="edn40"> <br />
<a href="#_ednref40" name="_edn40" title="">[40]<</a> <a href="https://deutsch.rt.com/der-nahe-osten/38289-kampf-gegen-korruption--revolution/">Professor Sabah Alnasseri zum Aufstand gegen Korruption: "Eine Revolution für den Irak"</a>, RT Deutsch, 13.05.2016<< <br />
</div>
JGuilliard
Irak
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2016-06-03T17:26:00Z
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Irak ‒ ein dringender Appell für die Menschen in Falludscha
http://jghd.twoday.net/stories/irak-ein-dringender-appell-fuer-die-menschen-in-falludscha/
<blockquote>
<b>Irak: humanitäre Katastrophe in Falludscha<br />
<i>Aufruf für sofortige Maßnahmen, die menschenverachtende Blockade von Nahrung und Medizin zu beenden</i></b><br />
<a href="http://www.struanstevenson.com/news-and-views/news-releases/fallujah-humanitarian-crisis">http://www.struanstevenson.com/news-and-views/news-releases/fallujah-humanitarian-crisis</a><br />
<br />
Die Europäische Vereinigung zur Freiheit im Irak (EIFA) verurteilt entschieden die grausame und verbrecherische Belagerung von Falludscha, die im Verein mit der Vorenthaltung von Medikamenten den Hunger und den Tod einer großen Zahl unschuldiger Bürger verursacht hat. Zu der wachsenden Tragödie gehört u.a. der schreckliche Tod einer jungen Mutter, die sich und ihren Kindern Steine umband und in den Euphrat sprang.<br />
<br />
Die Bewohner von Falludscha sind einerseits Opfer der Verbrechen, die vom Islamischen Staat (IS, ISIL oder arab. Daesh) begangen wurden, der die Stadt kontrolliert und andererseits der Bombardierungen von Wohngebieten durch die irakische Armee und durch die sektiererischen schiitischen Milizen, die mit dem iranischen Regime verbündet sind.<br />
Die EIFA fordert die Regierung von Dr. Haider al-Abadi auf unverzüglich, analog zu ihren bemerkenswerten Reformen, Maßnahmen zu ergreifen, um der Bevölkerung von Falludscha Lebensmittel, Medikamente und weitere Basisgüter zukommen zu lassen und die humanitäre Krise zu lösen. Sie fordert den irakischen Premierminister auch auf, jegliche Einmischung der mit dem iranischen Regime verbündeten Milizen zu unterbinden, die kein anderes Ziel haben, als Sunniten abzuschlachten, um ihre Taktik der verbrannten Erde voranzutreiben. Die irakische Armee sollte sichere Korridore schaffen, die es den Bewohnern ermöglichen, aus Falludscha zu fliehen.<br />
<br />
Die EIFA fordert zudem die UNO, die USA, die EU und ihre Mitgliedsstaaten, insbesondere die Mitglieder der internationalen Koalition [die US-geführte Allianz gegen den IS, J.G.], auf, dringend Schritte zu unternehmen, die Bevölkerung mit Lebensmitteln und Medikamenten zu versorgen, auch auf dem Luftwege. Die EIFA fordert gleichermaßen die religiösen Führer des Irak ‒ besonders die schiitischen ‒ auf, zu dieser verbrecherischen Belagerung nicht zu schweigen und ihre umfangreichen Hilfsmöglichkeiten zur Rettung der Bevölkerung von Falludscha einzusetzen.<br />
<br />
Die Bürger dieser Stadt einer Belagerung auszusetzen, bringt nicht nur keine Hilfe im Kampf gegen Daesh, sondern gießt im Gegenteil durch die verbrecherischen Handlungen, der mit der iranischen Quds-Truppe verbundenen Milizen, in politischer und sozialer Hinsicht Öl in die Flammen des Konflikts und verlängert dadurch die Existenz von Daesh.
</blockquote>
JGuilliard
Irak
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2016-04-18T11:57:00Z
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Der Bunker von Al-Amiriya - 25. Jahrestag eines US-Kriegsverbrechen
http://jghd.twoday.net/stories/der-bunker-von-al-amiriya-25-jahrestag-eines-us-kriegsverbrechen/
Der Bunker war an sich so konzipiert, dass er auch einen Angriff mit Atomwaffen überstehen konnte. Sein einziger Schwachpunkt war der Lüftungsschacht. Genau in diesen drang die erste Bombe lasergesteuert ein. Den Bauplane in dem sie seine Lage identifizieren konnten hatten sie von der finnischen Spezialfirma, die den Bomber baute - sie war ausgewählt worden, weil man Finnland für neutral hielt.<br />
<br />
Die US-Armee behauptete zuerst der Angriff hätte einem Kommandozentrum der irakischen Armee gegolten, das ihre Aufklärung dort aufgespürt hätte. Als die horrende Zahl ziviler Opfer nicht mehr abstreitbar war, hieß es, ein Stab Saddam Husseins hätte sich dort hinter Zivilisten verschanzt. Doch auch diese Version ließ nicht halten. Es wurden später keinerlei Hinweise gefunden, dass die irakische Armee "menschliche Schutzschilde" für Kommandostäbe oder militärische Stellungen missbraucht hätte. Heute gilt das Massaker als "tragischer Fehler" aufgrund fehlerhafter Geheimdiensterkenntnisse.<br />
<br />
Das ist durchaus möglich. In zahlreichen Angriffen versuchte die US-Luftwaffe 1991 gestützt auf Geheimdienstinformationen hochrangige Iraker auszuschalten. Bei keinem der 50 bestätigten Angriffe wurde einer der anvisierten Führer getroffen, jedoch Hunderte Zivilisten zerfetzt. Da die Sicherheit, mit der aus der Ferne, gestützt allein auf diverse Regimegegner an, militärisch relevante Ziele erkannt werden können, heute kein bisschen besser ist, wirft dies auch ein bezeichnendes Licht auf die aktuellen Luftangriffe der US-geführten Allianz in Syrien und im Irak.<br />
<br />
Viele, die den Vorfall untersucht haben, bezweifeln allerdings dass die Nutzung des Luftschutzbunkers damals so fehlgedeutet werden konnte. Er war deutlich als solcher gekennzeichnet. Abend für Abend stauten sich die Hunderte von Menschen die hier Schutz suchten. Keiner der später befragten Anwohner hatte je irgendwelche militärischen Aktivitäten im und und um den Bunker beobachtet.<br />
Der Verdacht liegt nahe, dass mit dem Angriff vor allem Angst und Schrecken in der Bevölkerung noch weiter gesteigert werden sollte, in dem er ihre völlige Schutzlosigkeit vor den höllischen Angriffen demonstrierte, denen sie bereits seit 27 Tagen ausgesetzt waren. <br />
<br />
Obwohl der Krieg offiziell den Rückzug irakischer Truppen aus Kuwait zum Ziel hatte, wurde überwiegend der Irak selbst flächendeckend bombardiert. Ein großer Teil der Angriffe richtete sich gegen zivile Ziele. Insgesamt wurden 22.000 zivile Einrichtungen jeglicher Art bombardiert, von Brücken über Wasser- und Elektrizitätswerke bis hin zu Museen und Schulen. Diese Kriegsführung, bei der am Ende zwischen dem 17. Januar und 28. Februar 110.000 Angriffe geflogen wurden (einer alle 34 Sekunden) und zweimal soviel Sprengkraft wie im gesamten Vietnamkrieg eingesetzt wurde, hatte zum einen das Ziel, den zur Regionalmacht aufgestiegenen Irak um Jahrzehnte in der Entwicklung zurückzuwerfen, zum anderen hoffte man, durch die Verwüstungen und die vielen zivilen Toten die Bevölkerung zum Aufstand gegen die Baath-Regierung zu treiben.<br />
Nach dem Massaker im Al-Amiriya Bunker drängte Spanien die USA öffentlich seine Angriffe nicht länger auf den Irak sondern auf die irakischen Truppen in Kuwait zu konzentrieren. [Hiro, Dilip (2003). Desert Shield to Desert Storm: The Second Gulf War., S. 361]<br />
<br />
Doch auch wenn es ein Irrtum war: da der Bunker eindeutig als Schutzbunker erkennbar war und zweifelsfrei auch als solcher genutzt wurde war der Angriff ein eindeutiges Kriegsverbrechen, eines der schwersten unter den Hunderten, die die USA im Irak begingen und die bis heute ungesühnt blieben.<br />
<br />
<a href="http://www.nytimes.com/2016/02/17/world/middleeast/25th-anniversary-of-us-involvement-passes-quietly-for-iraqis-unsure-of-future.html"><img title="" height="480" alt="fotos-von-opfern-an-wand-amiriya-bunker-nyt" width="560" align="right" src="https://static.twoday.net/jghd/images/fotos-von-opfern-an-wand-amiriya-bunker-nyt.jpg" /></a><br />
<br />
Das Verbrechen ist tief ins Gedächtnis der Iraker eingegangen. Zahlreiche Lieder und Gedichte und auch Filme beschäftigen sich mit ihm. Der Bunker wurde zur Gedenkstätte ausgebaut, in dem Angehörigen Fotos ihrer getöteten Männer, Frauen, Kinder und Verwandten aufhängen konnten. Die Gedenkstätte wurde bis 2003 gut gepflegt und auch rege besucht. Nach der US-geführten Invasion wurde sie für die Öffentlichkeit geschlossen. Zugang gibt es nur gelegentlich auf Anfrage.<br />
<br />
Doch online, in den sozialen Medien wird auch 25 Jahre danach noch an das Massaker gedacht, wenn auch die Erinnerung durch die nachfolgenden Gräueltaten von Invasions- und Besatzungstruppen, wie die Verwüstung Falludschas überschattet werden. Und der traurigen Gewissheit, das der Krieg für sie noch lange nicht zu Ende ist.<br />
<br />
<b>Quellen:</b>
<p>
<a href="https://www.nodo50.org/csca/english/al-amiriya/al-amiriya_eng.html"><b>Al-Amiriya Centre for Documentation and International Initiatives, Madrid</b></a><br />
Concerning the Crimes of Genocide, War Crimes and Crimes against Humanity committed by the USA and its allies against the people of Iraq, Arab Cause Solidarity Committee, September, 2001<br />
<br />
Felicity Arbuthnot, <a href="http://www.uruknet.de/?p=m30603&hd=&size=1&l=e"><b>The Ameriya Shelter - St. Valentine's Day Massacre</b></a>, Uruknet, 14.2.2007<br />
<br />
Ray McGovern, <a href="https://consortiumnews.com/2016/02/17/recalling-the-slaughter-of-innocents/"><b>Recalling the Slaughter of Innocents - Amiriyah - the bombing of a civilian air-raid shelter in Baghdad</b></a>, 17.2.2016<br />
The quarter-century anniversary of an early U.S. war crime in Iraq passed largely unnoticed this week, the bombing of a civilian air-raid shelter in Baghdad during President George H.W. Bushs Persian Gulf War, an atrocity that killed more than 400 women and children, as Ray McGovern recalled in 2011.<br />
<br />
Tim Arango, <a href="http://www.nytimes.com/2016/02/17/world/middleeast/25th-anniversary-of-us-involvement-passes-quietly-for-iraqis-unsure-of-future.html"><b>After 25 Years of U.S. Role in Iraq, Scars Are Too Stubborn to Fade</b></a> - Amiriya bomb shelter: Americas legacy in Iraq, New York Times, 17.2.2016<br />
The Amiriya bomb shelter memorial is a constant reminder of the deadliest episode of civilian casualties in the painful history of the US in the country. The destruction of the bomb shelter in Baghdad in February 1991 killed more than 400 civilians in the worst way possible: most were burnt alive.<br />
<br />
<a href="http://america.pink/amiriyah-shelter-bombing_370094.html">Amiriyah shelter bombing: Background</a>, America.pink (basiert auf dem Wikipedia-Artikel dazu, enthält aber zusätzlich Bilder)</p>
Bilder des Bunkers als Gedenkstätte in <a href="http://www.arbeiterfotografie.com/galerie/reportage-2003/index-2003-01-28-irak.html">Reise in den Irak, 28.1. bis 4.2.2003 - Eine Reportage von Uwe Menger</a>, Arbeiterfotografie
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Irak
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2016-02-13T01:41:00Z
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IPPNW Body Count - englische und "internationale" deutsche Ausgabe
http://jghd.twoday.net/stories/ippnw-body-count-englische-internationale-ausgabe/
<table border="0" width="260" align="right" cellpadding="8"> <tr> <td>
<img src="https://www.ippnw.de/commonFiles/bilder/Shop/IPPNW_Publikationen/BodyCount_2015_380.jpg" alt="" height="220" width="160" /><a target="_blank" href="http://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Frieden/BodyCount_internationale_Auflage_deutsch_2015.pdf"> <br />
Opferzahlen nach 10 Jahren "Krieg gegen den Terror"</a><a target="_blank" href="http://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Frieden/Body_Count_2014_final.pdf"> <br />
</a>Internationale Ausgabe, deutsch (pdf-Datei)<br />
<a target="_blank" href="http://shop.ippnw.de/no_cache/produkte/produktdetails/CH/ad1343ea6a24e6f77797668a89a30854/produkt/268/kategorie/2.html"> <br />
Report im IPPNW-Shop bestellen</a></td> </tr> </table>Hans-Christof von Sponeck, ehemaliger UN-Koordinator für humanitäre Fragen im Irak (1998-2000), nennt die Untersuchung im Vorwort "ein mächtiges Aide-Mémoire für die rechtliche und moralische Verantwortung, Täter zur Rechenschaft zu ziehen." Für die US-amerikanischen IPPNW-Sektion unterstreicht die Untersuchung das Ausmaß menschlicher Zerstörung, die weltweit Hass anfeuere, in einer Zeit, in der die US-Regierung neue und erweiterte Militäroperationen im Irak und in Syrien erwäge. <br />
Außerdem liefere Body Count den Kontext, um den Aufstieg brutaler Kräfte, wie den des IS zu verstehen, die als Folge der US-Politik weiter gedeihen würden.<br />
<br />
Amy Goodman interviewte in Democracy No! Hans von Sponeck und Prof. Robert Gould, Präsident der "San Francisco Bay" Sektion der Physicians for Social Responsibility der das Vorwort zur internationalen schrieb:<br />
<a href="http://www.democracynow.org/2015/3/26/endless_war_as_us_strikes_tikrit">Endless War: As U.S. Strikes Tikrit & Delays Afghan Pullout, "War on Terror" Toll Tops 1.3 Million</a><br />
<br />
Sehr ausführlich geht Dahr Jamail auf die Studie ein, nachdem er u.a. auch mich, als Autor des Irak-Teils, interviewte:<br />
Dahr Jamail, <a href="http://www.truth-out.org/news/item/30164-report-shows-us-invasion-occupation-of-iraq-left-1-million-dead">Report Shows US Invasion, Occupation of Iraq Left 1 Million Dead</a>, Truthout | Report, 13.04.2015<br />
(<i>Dahr ist ein sehr engagierter Journalist, der während der Besatzung des Iraks mehrmals direkt aus den Kriegsgebieten berichtete und mehrere Bücher über den Irak-Krieg schrieb, das neueste heißt</i> <a href="http://www.amazon.com/Mass-Destruction-Iraq-Disintegration-Responsible-ebook/dp/B00ML3KAN6">The Mass Destruction of Iraq: Why It Is Happening, and Who Is Responsible</a>)<br />
<br />
Der Journalist, Schriftsteller und Fernsehmoderator Neil Clark präsentierte die Studie mit der Überschrift "<a href="http://rt.com/op-edge/245217-us-war-terror-casualties-genocide/">Causing genocide to protect us from terror</a>".
<blockquote>
We also need to counter elite attempts to turn the attention away from Western crimes to crimes committed by other groups in which less people lost their lives.<br />
Theres been talk in European establishment circles of making Srebrenica genocide denial a criminal offence, but as terrible as that massacre was, the indisputable fact is that far more people have been killed by the US and its allies in subsequent years. If Srebrenica genocide denial is made an offence, but denying the genocide caused by the US-led war on terror is not, then the double standards will be there for all to see.
</blockquote>
<b>Bundeswehr-Journal</b><br />
<br />
Interessanter Weise bekommt unsere "Body Count"-Studie durch die internationale Ausgabe auch eine ausführliche und durchweg positive Würdigung durch das Bundeswehr-Journal:<br />
Christian Dewitz, <a href="http://www.bundeswehr-journal.de/2015/rund-13-millionen-tote-durch-krieg-gegen-den-terror/">Rund 1,3 Millionen Tote durch Krieg gegen den Terror</a>, bundeswehr-journal, 31.3.2015<br />
"Die Gesamtzahl der Opfer des Krieges gegen den Terror, der von Amerikas damaligem Präsidenten George W. Bush unmittelbar nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ausgerufen worden war ..., ist kaum jemals öffentlich diskutiert worden" schreibt das deutsche Militärmagazin. "Offizielle Stellen gaben und geben nur wenig Zahlenmaterial bekannt. Bislang wurden die Opferzahlen meist erheblich zu niedrig angesetzt." <br />
Scharf kritisiert das Magazin auch die Bundesregierung, die als Antwort auf eine Großen Anfrage der Linksfraktion lapidar verkündete, es läge ihr keine Statistik zur Gesamtzahl der seit 2001 von NATO-Truppen verursachten zivilen Opfer in Afghanistan vor. Eine entsprechende Statistik werde nicht geführt.<br />
Schließlich geht es auch auf die <a href="http://www.imi-online.de/download/Februar201503_mickan.pdf">Schätzung der direkt durch die Bundeswehr geöteteten afghanischen Zivilisten</a> von Thomas Mickan (IMI) ein.<br />
<br />
<b>4 Millionen Musline getötet</b><br />
<br />
Der investigative Journalist Nafeez Ahmed erweitert ausgehend von der IPPNW-Studie das Scope zeitlich und räumlich:<br />
<a href="http://www.middleeasteye.net/columns/unworthy-victims-western-wars-have-killed-four-million-muslims-1990-39149394">Unworthy victims: Western wars have killed four million Muslims since 1990</a><br />
In dt. Übersetzung von Einar Schlereth, <a href="http://www.neopresse.com/politik/krieg-gegen-den-terrorvier-millionen-tote-moslems-seit-1990/">Krieg gegen den Terror:Vier Millionen tote Moslems seit 1990, </a>NEOPresse, 13. Apr. 2015 <br />
<br />
In einem sehr ausführlichen Artikel geht er das Thema noch allgemeiner an:<br />
Nafeez Ahmed, <a href="https://medium.com/@NafeezAhmed/how-the-pentagon-is-hiding-the-dead-862a7b45ce57">How the Pentagon is hiding the dead</a> - The secret campaign to undercount the war on terror death toll in the Middle East, Central Asia, and Latin America, 21.4.2015
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