USA: Marines statt Hilfstrupps oder "Blackwater before drinking water"

Die USA waren gut vorbereitet auf die Katastrophe in Haiti. Nicht etwas auf die rasche Hilfe für die Opfer, diese lief geradezu verbrecherisch schleppend an und wird immer noch nicht der Verantwortung gerecht, die die USA für ihr De-Fakto-Protektorat haben.

Vorbereitet waren sie auf eine rasche Wiederbesetzung des Landes. Das US Southern Command (SOUTHCOM) hatte die Pläne schon in der Schublade und ließ auch dafür üben, das letzte Mal am Tag vor dem Beben, simuliert wurde ein verheerende Hurrikan-Katastrophe.

Während in den westlichen Medien der Einmarsch der US-Truppen meist in den Zusammenhang mit Plünderungen, Zusammenbruch der Ordnung etc. gebracht wird, klingeln bei allen die sich schon länger mit der US-Politik in der Region befaßten, die Alarmglocken.
 
Für die Informationsstelle Lateinamerika ILA ist es eine erneute Militarisierung ziviler Hilfe. Mit Verweis auf zahlreiche Beispiele warnt ILA in ihrem Dossier vor der erneuten Kolonisierung Haitis.
Ähnliche Sorgen äußerten auch die Regierungen Venezuelas, Boliviens und Kubas.

Der Vorsitzende der Haitianischen Plattform für eine alternative Entwicklung bestätigt diese Sichtweise. Für ihn ist die Besatzung Haitis keinesfalls eine humanitäre Maßnahme. Die USA nützen vielmehr „die tragische Situation nach dem Erdbeben ..., um eine Militärherrschaft zu errichten.“ Den Grund dafür sieht er vor allem in der strategischen Lage Haitis.
„Wir befinden uns im Zentrum der Karibik und im Herzen der ideologischen Auseinandersetzung. Für die USA ist es in einer Zeit, in der Kuba nicht mehr isoliert ist, in Venezuela die bolivarianische Revolution stattfindet und es Bemühungen für eine Bolivarianische Allianz für die Völker Amerikas (ALBA) gibt, wichtig, das karibische Becken zu kontrollieren. Und schließlich ist Haiti zwar ein verarmtes Land, verfügt aber über bedeutende Rohstoffvorkommen, wie zum Beispiel Iridium.“ ("Die Region erlebt eine Militäroffensive", junge Welt, 29.01.2010 )
Hilfsorganisationen üben ebenfalls heftige Kritik, vor allem weil die Landung von über 10.000 US-Marines und die Besetzung des größten Flughafens zu enormen Verzögerungen bei der Lieferung von Hilfsgütern führte.
Selbst der französische Staatssekretär für Zusammenarbeit, Alain Joyandet empörte sich über die Abweisung von Flugzeug mit Hilfsgütern: "Es geht hier schließlich nicht um die Besetzung des Landes, sondern um die Rettung von Leben." (s. a. Harald Neuber, Haiti vor neuer US-Besatzung?, telepolis, 20.01.2010).

Die Ärzte ohne Grenzen beklagen, dass Patienten starben, weil Maschinen nicht landen konnten. "Wir waren gezwungen, auf dem Markt eine Säge zu kaufen, um die Amputationen durchführen zu können" so ihr Koordinator vor Ort, Loris de Filippi.

Auf der anderen Seite gibt es viele Berichte, wie Haitianer die Hilfe und der Versorgung selbst in die Hand nehmen, beweisen, dass sie durchaus fähig sind, sich selbst zu organisieren und geordnete Abläufe sicherzustellen - also keinesfalls auf die US-Marines angewiesen sind.

Kim Ives von der Wochenzeitschrift Haiti Liberté sieht den Grund für den Vorrang, den die USA der raschen Übernahme der militärischen Kontrolle über das Land daher so:
"Das Erdbeben war eine halbe Revolution, die alle Regierungsgebäude platt machte und praktisch die repressive Staatsmacht eliminierte. Darum beeilten sich die USA die Staatsmacht zu ersetzen um die Zukunft Haitis zu kontrollieren und die Bevölkerung Haitis davon abzuhalten die andere Hälfte [der Revolution] auszuführen."(siehe John Catalinotto, U.S. troops invade Haiti: Pentagon sabotages relief effort, escalates suffering, International Action Center, 27.1.2010)
Ansonsten ließen sich die USA viel Zeit mit der Hilfe für das nur gut 1000 km entfernte Nachbarland. Während aus Island schon nach wenigen Stunden Rettungsteams eintrafen, so der renommierte Journalist Greg Palast und aus China innerhalb 48 Stunden Bergungsteams mit Suchhunden eintrafen, dauerte es drei volle Tage bis die ersten US-Amerikaner eintrafen – zunächst allerdings nur Soldaten, ohne Hilfsgüter, Rettungsteams etc.. Da der Katastropenschutz der USA sofort einsetzbare Einheiten hat, wunderte sich auch US-General Russel Honoré, der die Rettungsaktivitäten nach dem Hurrikan Katrina leitete, über die Verzögerung: "Ich dachte, wir hätten was von Katrina gelernt – nimm Nahrungsmittel und Wasser und fang an, Menschen zu retten.“ (Greg Palast: Blackwater before drinking water - Der rechte Hoden der Hölle: Geschichte eines haitianischen Völkermords)

Der Flughafen der Hauptstadt Port-au-Prince wurde zur US Militärbasis. Flugzeuge mit Hilfsgütern müssen seither z.T. in die Dominikanische Republik umgeleitet werden. Als US-Außenministerin Hillary Clinton einflog, wurden 3 Stunden lang alle Flüge gestoppt, berichtet John Pilger. Schwerverletzte Haitianer mußten ohne Hilfe ausharren, bis 800 US-Bürger versorgt und evakuiert waren. Erst nach sechs Tagen, begann die US-Luftwaffe mit echten Hilfsflügen und warf Wasserflaschen für fast schon verdurstete Haitianer ab. (John Pilger, The kidnapping of Haiti - With US troops in control of their country, the outlook for the people of Haiti is bleak, New Statesmen, 28.1.2010)

Die US-Flugzeuge, die Truppen und Nachschub nach Haiti bringen, fliegen leer zurück. Die Obama-Administration ist nicht bereit, schwerverletzte Haitianer, die vor Ort nicht ausreichende behandelt werden können in US-Krankenhäuser zu bringen. (Bill Van Auken, Haitis Tragödie: Ein Verbrechen des US-Imperialismus, WSWS, 21..1.2010)

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