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2020-06-02T23:15:59Z
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2000-01-01T00:00:00Z
Nachgetragen
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Kriegsdrohungen und Wirtschaftskrieg ‒ die Mobilmachung gegen den Iran
https://jghd.twoday.net/stories/kriegsdrohungen-und-wirtschaftskrieg-die-mobilmachung-gegen-den-iran/
<b>Säbelrasseln</b><br />
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Während altbekannte neokonservative Falken immer lauter die Kriegstrommel rühren, sendet der US-Präsident widersprüchliche Signale. Mitte Mai versicherte das Weiße Haus mehrfach, Trump wolle auf keinen Fall einen Krieg mit dem Iran. Unmittelbar nachdem jedoch sein Lieblingssender Fox News über die Bedrohung der US-Marine im Golf durch die iranischen Revolutionsgarden und über Angriffe pro-iranischer Milizen auf US-Einrichtungen im Irak spekuliert hatte, drohte er am 19. Mai auf Twitter mit dessen Vernichtung: „Wenn der Iran kämpfen will, dann wird das das offizielle Ende des Iran.“ [1] Wenig später veröffentlichte Fox News wiederum ein Interview mit ihm, auf dem er zwar den Iran für alle Konflikte im Nahen Osten verantwortlich macht, aber gleichzeitig versichert, er wolle keineswegs „kämpfen“. <br />
<br />
Er sei „nicht jemand, der in den Krieg ziehen will“, weil „der Krieg die Wirtschaft schädigt“ und vor allem weil „Krieg Menschen tötet“. Es gäbe aber einen Militärisch-Industriellen-Komplex, klagte das Staatsoberhaupt etwas hilflos, und diese Leute würden den Krieg lieben.[2] [Damit griff zum ersten Mal seit der berühmten Rede von Präsident Dwight D. Eisenhauer im Jahr 1961 ein amerikanischer Präsident dessen Warnung vor dem mächtigen, tief im Staat verwurzelten Konglomerates aus Militärapparat, Politik, Wissenschaft und Rüstungsindustrie wieder auf.<br />
<br />
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Iran
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2020-06-30T22:33:00Z
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Syrien: „Stiller Tod durch Sanktionen“
https://jghd.twoday.net/stories/syrien-stiller-tod-durch-sanktionen/
Die Zeit dagegen verteidigt sie in ihrer Ausgabe vom 1. März vehement. In einem Gastbeitrag bestreitet die grüne Politologin Bente Scheller jegliche negative Auswirkungen der wirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen auf die Bevölkerung. Berichte über Mangel an Nahrung, Medikamenten, Ersatzteilen für medizinische Geräte et cetera tut sie salopp als „abstruse Gerüchte“ ab, die hierzulande nur von der AfD sowie Teilen der Linkspartei und der Friedensbewegung verbreitet würden. Von Sanktionen betroffen sei „nichts, was humanitäre Belange beträfe“. „Das Regime“ wolle sie nur loswerden, weil sie den Wiederaufbau behindern und benutze dabei das „Leid der Zivilbevölkerung als Waffe“.<br />
<br />
Die Autorin ist Leiterin des Büros der grünennahen Heinrich-Böll-Stiftung in Beirut und war zuvor unter anderem Referentin für Terrorismusbekämpfung an der deutschen Botschaft in Damaskus. Wäre sie nicht so fest verbunden mit grüner Partei- und deutscher Außenpolitik, könnte sie es daher besser wissen. Schließlich gibt es schon seit längerem Berichte, die ihrer Sicht fundamental widersprechen, unter anderem von der UN-Organisation für Wirtschaft und Soziales in Westasien (ESCWA) und dem Welternährungsprogramm (WFP).<br />
<br />
Die Zeit selbst hätte am 29. Mai die Gelegenheit gehabt, sich auf einer Pressekonferenz in Berlin von sachkundiger Seite über die tatsächlichen Folgen der Sanktionen zu informieren. Auf Einladung der ärztlichen Friedensorganisation IPPNW berichtete der UN-Sonderberichterstatter Idriss Jazairy über die Ergebnisse seiner Untersuchungen vor Ort. Seine Ausführungen waren brisant, insgesamt eine vehemente Anklage gegen die westliche Sanktionspolitik. Das Medieninteresse blieb jedoch gering. Nicht einmal junge Welt und neues deutschland hielten es für nötig, darüber zu berichten, der Nachrichtenagentur dpa war es anschließend nur eine Kurzmeldung wert. Ausführlich berichteten dagegen die Nachrichtenportale Sputnik News und RT Deutsch.<br />
<br />
Die Stelle des „Sonderberichterstatters über negative Auswirkungen einseitiger Zwangsmaßnahmen auf die Gewährleistung von Menschenrechten“ war vom UN-Menschenrechtsrat geschaffen worden, weil innerhalb der Vereinten Nationen eine Mehrheit der Ansicht ist, so Jazairy, dass die Anwendung solcher Maßnahmen „gegen internationales Recht, das humanitäre Völkerrecht, die Charta der Vereinten Nationen und die Normen und Grundsätze für friedliche Beziehungen zwischen Staaten verstoßen“ könne.<br />
<br />
Der algerische Diplomat und Menschenrechtsexperte Jazairy ist seit vielen Jahren in leitenden Positionen der UNO tätig und unter anderem auch Gründungsmitglied des Menschenrechtsrates. Er besuchte Syrien 2018 in Ausübung seines Amtes und stellte dabei eine „dramatische Zunahme des Leidens des syrischen Volkes“ fest.<br />
<br />
Es sei selbstverständlich nicht leicht, so Jazairy, die Auswirkungen der Sanktionen von denen des Krieges zu trennen. Wobei, wie er einleitend klarstellte, der auch von ihm teilweise verwendete Begriff „Sanktionen“ nicht korrekt sei, da nur der UN-Sicherheitsrat legitimiert ist, Strafmaßnahmen zu erlassen. Die von ihm untersuchten Zwangsmaßnahmen wurden aber von den USA und den EU-Staaten eigenmächtig verhängt. Die USA hatten schon 1979 damit begonnen und ab 2011 verschärft. Die EU zog ab 2011 mit und ergriff ähnliche Maßnahmen, die sie in der Folge 52 Mal ausweitete und verschärfte.<br />
<br />
Darunter fällt eine Reihe sogenannter gezielter Maßnahmen, die sich gegen Einzelpersonen richten, etwa wegen ihrer Verbindung zur syrischen Regierung oder auch nur aufgrund familiärer Beziehungen. Den zerstörerischsten Effekt hätten jedoch die kollektiven Maßnahmen. Dazu gehören Handelsverbote für bestimmte Waren und Dienstleistungen, aber auch Maßnahmen, die internationale Finanztransfers verhindern. Die Überlagerung verschiedener Maßnahmenpakete in Verbindung mit den generellen finanziellen Beschränkungen entspreche einer umfassenden Wirtschaftsblockade Syriens, wie Jazairy feststellt. Diese habe aufgrund dieses umfassenden Charakters zweifelsohne „verheerenden Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft und das tägliche Leben der einfachen Menschen“. Der Krieg habe die Situation dann noch massiv verschlimmert.<br />
<br />
So sei das Bruttoinlandsprodukt Syriens seit 2011 um zwei Drittel gesunken. Weil internationale Vermögenswerte eingefroren wurden, seien die Währungsreserven aufgebraucht, und der Kurs der syrischen Lira sei gegenüber dem Dollar auf ein Zehntel eingebrochen. Die Inflation habe dramatisch zugenommen, die Preise von Lebensmitteln seien um das Achtfache gestiegen.<br />
<br />
Wie schon zuvor ESCWA und WFP stellt auch der UN-Experte fest, dass die „nominell geltenden ‚humanitären Ausnahmen‘“, die die Grundversorgung der Bevölkerung sicherstellen sollten, nicht griffen und letztlich „irrelevant“ seien. Haupthindernis für die Aufrechterhaltung der Versorgung seien die fehlenden Finanzierungsmöglichkeiten. Da die USA alle Transaktionen unterbinden können, die über Stellen in den USA laufen, an denen US-Stellen beteiligt sind oder die in Dollar abgewickelt werden, sei Syrien vom weltweiten Bankensystem weitgehend abgeschnitten.<br />
<br />
Die bloße Unsicherheit, Transaktionen könnten vielleicht gegen irgendwelche westlichen Zwangsmaßnahmen verstoßen, schrecke internationale Banken und Unternehmen vor Geschäften mit syrischen Firmen und Einrichtungen sowie auch mit den in Syrien tätigen Nichtregierungsorganisationen ab. Da die Sanktionslisten immer wieder willkürlich erweitert würden, bestehe auch stets Gefahr, dass aktuell unbedenkliche syrische Geschäftspartner oder Transaktionen plötzlich unter das Embargo fallen.<br />
<br />
Unabhängig von ihrer Funktion und unabhängig davon, ob es sich um eine Privatperson oder einen Unternehmer handele, würden alle Syrer daran gehindert, internationale Finanztransaktionen durchzuführen, auch für Waren, die nicht unter Embargo stehen. Sie seien nun gezwungen, auf alternative Transfersysteme wie das traditionelle „Hawala“ auszuweichen, wodurch Millionen von Dollar über teure Vermittler und intransparente flössen, die die Transaktionskosten drastisch erhöhten.<br />
<br />
Parallel dazu hätten die Lieferverbote für Ausrüstungen, Maschinen und Ersatzteile auch die syrische Industrie weitgehend zerstört. Ausfallende Wasserpumpen beeinträchtigten die Wasserversorgung, überalterte und nicht mehr gewartete Kraftwerke die Stromversorgung. Stromausfälle beschädigten wiederum komplexe Geräte, Fabrikmaschinen und medizinische Produkte. Die Sicherheit von Zivilflugzeugen sei nicht mehr gewährleistet und der öffentliche Nahverkehr in einem erbärmlichen Zustand.<br />
<br />
Syrien stellt allen Bürgern eine kostenlose Gesundheitsversorgung zur Verfügung, die vor dem Krieg und den Sanktionen als eine der besten der Region galt. Hat der Krieg das Gesundheitssystem bereits stark überfordert, so blockieren die Sanktionen den Wiederaufbau. Vor allem die Finanzblockaden hindern, wie auch Jazairy feststellen musste, Krankenhäuser daran, Medikamente, Geräte, Ersatzteile und Software zu kaufen und zu bezahlen. Theoretisch fallen sie unter die humanitären Ausnahmen. In der Praxis sind internationale Lieferanten jedoch nicht bereit, die notwendigen Hürden zu nehmen.<br />
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Westliche Regierungen und Medien würden ihm entgegnen, so der UN-Diplomat, dass der Anteil der Sanktionen an den katastrophalen Lebensbedingungen der Bevölkerung nicht genau zu beziffern sei. Dies schmälere jedoch „keineswegs die Notwendigkeit, Maßnahmen zur Wiederherstellung ihrer fundamentalen Menschenrechte zu ergreifen“. Es sei „paradox“, dass die Sanktionen mit der Sorge um die Menschenrechte in Syrien begründet würden, während durch sie die humanitäre Krise im Land massiv verschärft werde.<br />
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Trotz der in den meisten Gebieten des Landes zu beobachtenden Stabilisierung, die den Beginn des Wiederaufbaus dort möglich mache, würden die Zwangsmaßnahmen gegen das Land nicht nur aufrechterhalten, die USA seien seit mehreren Monaten dabei, sie weiter zu eskalieren, indem sie Unternehmen aus Drittstaaten mit Strafen drohten, wenn sie das US-Einfuhrverbot von Erdöl an Syrien unterliefen.<br />
<br />
Die Verlängerung der Sanktionen werde damit gerechtfertigt, dass die syrische Regierung nach wie vor die Menschenrechte der Syrer verletze. „Das ist gleichbedeutend mit dem Ansatz, die Flammen der Menschenrechtsverletzungen nicht mit einem Wasserschlauch, sondern mit einem Flammenwerfer zu bekämpfen!“<br />
<br />
Jazairy war nach der Pressekonferenz noch zusammen mit Mitstreitern der IPPNW zu einem Treffen mit Vertretern des Auswärtigen Amtes eingeladen, um einige Aspekte der Dokumentation der Ärzteorganisation über den Krieg in und gegen Syrien („IPPNW akzente: Syrienkrieg“, s. Ossietzky 4/2019) zu diskutieren, darunter auch die Auswirkungen der Sanktionen. Die Vertreter des Auswärtigen Amtes hätten dabei ihre Behauptung aufrechterhalten, berichtete Jazairy abends während einer Podiumsdiskussion, dass sich die westlichen Zwangsmaßnahmen ausschließlich gegen die syrische Regierung richteten und es ausreichend humanitäre Ausnahmen gebe. Seine Schilderungen des miserablen Zustands des Gesundheitssystems hätten sie mit dem Vorwurf zu kontern versucht, die syrische Armee bombardiere ja auch häufig Krankenhäuser. Er habe sie daraufhin gefragt, ob es denn „gnadenvoller“ sei, wenn Menschen auf dem Operationstisch sterben, weil durch Sanktionen die Stromversorgung ausfällt und notwendige Medikamente fehlen?<br />
<br />
Der oft vorgebrachten Rechtfertigung, Sanktionen seien eine gewaltlose Alternative zum Krieg, entgegnete er: „Diese Menschen sterben still. Ist das besser und gnadenvoller, wenn Menschen still sterben als durch eine Bombenexplosion?“ Auch die Folgen von Wirtschaftsblockaden seien eine Tragödie.<br />
<br />
Syrien ist nur eines von einer wachsenden Zahl an Ländern, die Wirtschaftssanktionen ausgesetzt sind. Insgesamt seien bereits 20 Prozent der Weltbevölkerung in irgendeiner Weise davon betroffen, eine Reihe von ihnen ähnlich schwer wie Syrien. Schon häufig hätten sie auch Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch auf die sich daraus ergebenden schweren Menschenrechtsverletzungen hingewiesen. Diese hätten jedoch kein Interesse gezeigt, das aufzugreifen.<br />
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Er verfolge keine politische Agenda, betonte der UN-Diplomat, ihm gehe es vor allem darum, den Betroffenen eine Stimme zu geben. Er wünsche sich, dass ihm mehr Menschen und Institutionen zuhörten.<br />
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JGuilliard
Nahost
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2019-06-29T22:25:00Z
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„Stoppt die Kriege - Solidarität mit den Menschen in den Kriegsgebieten“
https://jghd.twoday.net/stories/stoppt-die-kriege-solidaritaet-mit-den-menschen-in-den-kriegsgebieten/
Seitdem, nach dem Ende der Sowjetunion und des Warschauer Paktes, der NATO kein gleichwertiger Gegner mehr gegenübersteht, mussten wir mit ansehen, wie immer mehr Länder ins Visier der USA und ihren Verbündeten gerieten oder wie durch ihre Politik bestehende Konflikte noch weiter angeheizt wurden.<br />
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Mit diesen Kriegen und Konflikten stieg auch die Zahl der Flüchtlinge in der Welt dramatisch an. Waren zur Jahrtausendwende schon 38 Mio. Flüchtlinge und Binnenvertriebenen registriert, so stieg die Zahl seither nochmal um 30 Mio. auf 68,5 Mio. (s. <a href="https://www.unhcr.org/globaltrends2017/">Global Trends: Forced Displacement in 2017</a>, UNHCR, 25.6.2018) Fast ein Drittel kommt aus den oben genannten Ländern.<br />
<br />
Aktuell hat der Krieg in Jemen die schrecklichsten Auswirkungen auf die Bevölkerung, drastisch verschärft durch die von Saudi Arabien verhängte mörderische Blockade gegen das Land. Die USA leisten dabei direkte Unterstützung für die angreifenden Staaten, vorneweg Saudi Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE).<br />
<br />
Auch Deutschland unterstützt die Angreifer in diesem Krieg, in erster Linie politisch, aber auch militärisch, vor allem durch die Lieferung von Waffen und sonstige Rüstungsgüter. Die Lieferung an die Saudis wurde zwar im Oktober 2018 vorläufig gestoppt, jedoch nicht wegen des Krieges. An die VAE gehen sie munter weiter. Zudem akzeptiert Deutschland, wie die übrigen EU-Staaten, faktisch die saudische Hungerblockade.<br />
<br />
Noch wesentlich stärker involviert ist Deutschland in Syrien. Zum einen arbeitet Berlin seit 2011 gemeinsam mit andren NATO-Staaten und den verbündeten Golfmonarchen an einem Regime Change, indem politische und logistische Unterstützung für sog. „Aufständischen“ organisiert bzw. bereitgestellt wird. Seit 2014 ist auch die Bundeswehr im Einsatz und beteiligt sich an den Bombardements der US-geführten Allianz gegen den sog. „Islamischen Staat“.<br />
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Zum anderen sind wir auch hier vom Kriegsgeschehen betroffen, da im Zuge des Krieges auch Hunderttausende Syrer als Flüchtlinge nach Deutschland kamen.<br />
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„Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört“ lautete der Titel einer Konferenz der <a href="http://www.ag-friedensforschung.de/themen/Migration1/hh.html">Gruppe „Lampedusa in Hamburg“</a>, wobei mit „ihr“ die EU-Länder gemeint waren. Es handelte sich um eine Gruppe von ca. 300 Männern, die vor dem NATO-Krieg gegen Libyen geflohen sind und über das italienische Lampedusa nach Europa kamen. Mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen für ein kollektives Bleiberecht für die gesamte Gruppe erreichten sie damals, 2013 und 2014, eine gewisse bundesweite Aufmerksamkeit.<br />
<br />
„Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört“ können auch die hier gelandeten Flüchtlinge aus Syrien sagen.<br />
<br />
Mittlerweile ist es ja ziemlich gut belegt, dass die USA und die EU-Staaten in hohen Maß mitverantwortlich für den Krieg in und gegen Syrien sind. Ohne ihre „Regime Change“-Politik, ihre massiven, vielfältigen Interventionen wären die Proteste in Syrien, die im März 2011 einsetzten, nicht in wenigen Wochen in einen bewaffneten Aufstand umgeschlagen und schon gar nicht in einen regelrechten Krieg. Einen Krieg, der weite Teile des Landes, ganze Städte verwüstete und Hunderttausenden das Leben kostete.<br />
<br />
Ohne den Krieg und die Besatzung im Irak und ohne die massive Aufrüstung islamistischer Milizen, ohne den Zustrom von Kämpfern aus aller Welt, wären keine Al Nusra Front und ähnliche Terrorbanden groß geworden. Und insbesondere hätte sich auch kein „Islamischer Staat“ derart ausbreiten können, dass sich die NATO-Staaten berufen fühlen konnten, ihn mit ihren Luftwaffen zu bekämpfen und dabei irakische und syrische Großstädte in Schutt und Asche zu legen.<br />
<br />
Ich will das nicht näher ausführen. Dies ist gut dokumentiert in einer Broschüre der IPPNW, den Internationalen Ärzten für die Verhütung des Atomkrieges, die sehr sorgfältig zusammengestellt und innerhalb der Organisation ausgiebig diskutiert wurde: <a href="http://www.ippnw.de/frieden/konflikte-kriege/artikel/de/der-syrienkrieg-dimension-hint.html">Der Syrienkrieg: </a><u></u><a href="http://www.ippnw.de/frieden/konflikte-kriege/artikel/de/der-syrienkrieg-dimension-hint.html">Dimension – Hintergründe – Perspektiven</a>, Dez. 2018.<br />
<br />
Der nun seit über sieben Jahre andauernde, von außen angefeuerte Krieg in und gegen Syrien war von Anfang an kein Bürgerkrieg im klassischen Sinn. Auch „Stellvertreterkrieg“ beschreibt den Konflikt, der sich sukzessive zu einem „kleinen Weltkrieg“ mit verwickelten Allianzen und unübersichtlichen Fronten zwischen zahlreichen militärischen Akteuren ausweitete, nicht ausreichend. Zwar kämpfen in ihm in unterschiedlicher Weise und Stärke auf der einen Seite drei westliche ständige UN-Sicherheitsratsmitglieder, zahlreiche weitere NATO-Staaten, insbesondere die Türkei, sowie Israel und die arabischen Golfmonarchien und auf der anderen Russland und Iran (mit politischer Unterstützung Chinas und anderer Länder) ‒ letztere haben den Krieg jedoch nicht angezettelt und griffen im Wesentlichen defensiv, militärisch erst wesentlich später als die NATO-Staaten.<br />
<br />
Natürlich waren an den diversen Zerstörungen alle Kriegsparteien beteiligt Hierzulande werden aber ausschließlich die syrischen und russischen Streitkräfte angeprangert und die ungeheuren Verwüstungen durch den Luftkrieg der US-geführten Allianz über Syrien und Irak einfach ausgeblendet (siehe <a href="https://jg-nachgetragen.blog/2019/01/26/uebrig-bleiben-totenstaedte-%e2%80%92-die-verschleierte-brutalitaet-des-krieges-der-us-allianz-in-syrien-und-irak/">Übrig bleiben Totenstädte ‒ Die verschleierte Brutalität des Krieges der US-Allianz in Syrien und Irak</a>, junge Welt vom 15.01.2019).<br />
<br />
Doch unabhängig davon, wie man das Agieren der verschiedenen Kriegsparteien bewertet: wie bei jedem Krieg tragen die Hauptverantwortung für die Gräuel, die er gewöhnlich mit sich bringt, die, die ihn entfesselt haben und die anschließend seine Beendigung verhindern, u.a. in dem sie Friedensverhandlungen durch Vorbedingungen torpedierten, wie die nach vorheriger Absetzung der syrischen Regierung.<br />
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<b>Aktuelle Situation</b><br />
<br />
Syrien ist aus den Schlagzeilen verschwunden, man könnte meinen der Krieg sei vorbei.<br />
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Tatsächlich ist es der syrischen Armee mit Unterstützung ihrer Verbündeten gelungen, den größten Teil des Landes wieder unter Kontrolle zu bekommen. Viele Kämpfer haben die Amnestieregelungen angenommen und ihre Waffen abgegeben. Vom Frieden ist das Land aber noch weit entfernt und die Konfliktlage ist nach wie vor komplex und undurchsichtig.<br />
<br />
Die Provinz Idlib, in die sich im Zuge der Rückeroberung all die Kämpfer zurückgezogen haben, die nicht aufgeben wollten, wird von dschihadistischen, Al-Qaeda-nahen Gruppen kontrolliert, die von dort auch immer wieder Angriffe starten. Aus Sicht von Damaskus aber auch der Bevölkerung ein unhaltbarer Zustand. Pläne zur militärischen Rückeroberung liegen vorläufig auf Eis. Russland versucht noch die Türkei zu bewegen, seine Unterstützung für die Milizen dort einzustellen und die ihr nahestehenden, zur Aufgabe zu bewegen. Die Aussichten sind schlecht.<br />
<br />
Nördlich davon befindet sich die mehrheitlich kurdische Provinz Afrin, die im letzten Frühjahr von türkischen Truppen und islamistischen Milizen überfallen und besetzt wurde. Sie dient seither auch als Korridor für die Al Qaida-Gruppen nahen Gruppen in Idlib als Passage, um von dort in die Türkei zu gelangen. (Karin Leukefeld, <a href="https://de.sputniknews.com/politik/20190421324763339-usa-syrien-spaltung-oel-waffe/">Wie die USA Syrien spalten wollen und das syrische Öl als Waffe einsetzen</a>, Sputnik, 21.04.2019)<br />
<br />
Die Türkei zeigt keinerlei Absichten, sich aus Afrin und anderen besetzten Gebieten Nordsyriens zurückzuziehen. Im Gegenteil. Sie will zusätzlich noch eine 30 Kilometer breite sog. Pufferzone vom Euphrat bis zum Nordirak besetzen. Das Erdogan Regime will so die führenden Kräfte der syrischen Kurden, die es als „Terrororganisation“ bezeichnet, auf Abstand halten.<br />
<br />
Die USA halten mit Hilfe der syrisch-kurdischen Kampfgruppen einen Teil Syriens östlich des Euphrats besetzt, den sie im Zuge des Vorrückens gegen den IS erobert haben, teilweise in einem Wettrennen gegen die syrische Armee. Dadurch werden Gebiete, die für die Versorgung des Landes enorm wichtig sind, dem Zugriff der syrischen Regierung und damit auch der Bevölkerung des übrigen Landes, immerhin 70 Prozent Syriens, entzogen. Hier liegen die Öl- und Gasquellen, die größten Wasservorräte, wird der meiste Weizen angebaut. Die Versorgungsprobleme, die dadurch entstehen sind offensichtlich gewollt.<br />
<br />
Ziel der USA ist es, Syrien aufzuspalten und dabei ein möglichst großes Territorium der Kontrolle der syrischen Regierung zu entziehen. Eine Ausweitung der türkischen Besetzung Nordsyriens durch die anvisierte Pufferzone käme diesen Plänen durchaus entgegen. Dazu müssten die Türken aber ihre kurdischen Verbündeten tolerieren. Das ist für Ankara jedoch nicht akzeptabel.<br />
<br />
[Washington drängt jetzt die Kurden, ihm entgegenzukommen, und eine begrenzte Anzahl türkischer Soldaten auf syrischem Territorium entlang der Grenze zuzulassen, ergänzt durch Truppen aus europäischen Nato-Staaten. ]<br />
<br />
Trump hat im Dezember ja lauthals verkündet, umgehend die US-Truppen abziehen zu lassen. [Offiziell handelt es sich um rund 2000 Soldaten, Spezialkräften, vermutlich sind es aber <a href="https://www.moonofalabama.org/2019/02/syria-sitrep-us-says-it-will-retreat-but-adds-troops-arms-and-ammunition.html">wesentlich mehr</a>. Damit stieß er aber auf massiven Widerstand aus beiden Parteien in Washington und auch aus den europäischen Hauptstädten. Er musste schließlich seine zeitlichen Angaben strecken. Nun kann man Wetten, was früher kommt der Abzug oder der Brexit.<br />
<br />
Die Trump-Administration bemüht sich unterdessen, seine Verbündeten stärker ins Boot zu holen. Frankreich hat schon mehrere Hundert Spezialkräften östlich des Euphrat im Einsatz. Wie Bewohner aus der Gegend berichten, mischen auch Soldaten anderer Nato-Staaten sowie der Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabiens mit. Auch deutsche Soldaten sollen schon gesehen worden sein, das wird aber von Berlin dementiert.<br />
<br />
Auch die meisten anderen NATO-Staaten halten sich bedeckt. Dies könnte damit zusammenhängen, dass alles, was sie in Syrien veranstalten ‒ vom Luftkrieg bis zur Besetzung syrischen Territoriums, eine eklatante Verletzung der Souveränität des Landes ist, ein klarer Verstoß gegen internationales Recht, im Grunde, ein Kriegsakt, eine militärische Invasion.<br />
<br />
Mit ihrem eigentlichen Ziel, dem Sturz Assads und der Installation eines prowestlichen Regimes sind die USA und ihre Verbündeten vorerst gescheitert. Sie setzen nun aber alles daran, dass in Damaskus und Moskau keine Freude über den Erfolg aufkommt.<br />
<br />
Durch die Aufspaltung des Landes, [wie sie Anfang letzten Jahres im Rahmen der sog. „Kleinen Syriengruppe“ vereinbart wurde] soll aber eine Stabilisierung des Landes und ein Wiederaufbau vorerst verhindert werden und weiterhin Kräfte Russlands binden. [Ein Protokoll von Gesprächen dieser Gruppe, der neben USA Großbritannien, Frankreich, Saudi Arabien und Jordanien mittlerweile auch Deutschland angehört, gelangte in die Öffentlichkeit. (Karin Leukefeld , <a href="https://www.das-marburger.de/2019/03/der-krieg-geht-weiter-mit-fortgesetzten-propaganda-luegen-will-der-westen-einen-wirklichen-frieden-in-syrien-verhindern/">Der Krieg geht weiter – Mit fortgesetzten Propaganda-Lügen will der Westen einen wirklichen Frieden in Syrien verhindern</a>, 30.03.2019) ]<br />
<br />
Man betrachtet die besetzen Gebiete als Faustpfand bei Verhandlungen mit denen am Ende unter Einsatz weitere Mittel, wie Blockade, Sabotage und Erpressung, doch noch weitreichende Zugeständnisse erzielt werden können.<br />
<br />
Die Hartnäckigkeit mit der man das Land zu destabilisieren und spalten sucht, liegt auch daran, dass es ja nicht nur um Syrien geht, sondern um die Vorherrschaft in der gesamten, strategisch und wirtschaftlich bedeutenden Region.<br />
<br />
Wie immer wurde die Intervention in Syrien natürlich mit dem Eintreten für Demokratie und Menschenrechte gerechtfertigt. Tatsächlich richtete sie sich vor allem gegen den Iran, der durch die Zerstörung des Iraks zur stärksten Regionalmacht aufgestiegen war und auch gegen Russland. Man muss den Krieg in und gegen Syrien daher im größeren Zusammenhang sehen, auch in Verbindung mit der Verschärfung des US-Embargos gegen den Iran und in gewisser Hinsicht auch mit dem Krieg gegen Jemen.<br />
<br />
Wenn wir die Kriege stoppen wollen, so müssen wir über deren Hintergründe aufklären. Menschenrechte sind natürlich ein Thema, das auch wir sehr ernst nehmen. Allerdings steht es damit in den meisten Ländern der Welt nicht zum Besten. Wir müssen aufhören, brav den Blick auf die zu richten, die ins Visier der westl. Staaten genommen werden. Allein der Blick auf die Despoten mit denen wir in trauter Eintracht gegen Länder wie Syrien oder Libyen ins Feld ziehen, sollte schon Grund genug sein, den humanitären Vorwänden zu misstrauen. Wir sollten uns neben den bürgerlichen Rechten auch viel mehr um die sozialen Rechte kümmern. Es ist kein Zufall, dass es in dieser Hinsicht in den meisten der Länder, die ins Visier geraten, besser aussieht, als bei ihren Nachbarländern.<br />
<br />
Die Kriege können geführt werden, weil nicht nur die wahren Interessen verborgen bleiben, sondern auch die verheerende Folgen.<br />
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Wir müssen von den Verantwortlichen in Berlin, Washington, London und Paris Rechenschaft fordern, für das was sie in Afghanistan, im Irak, in Libyen und Syrien angerichtet habe, auch durch das verheerende Vorgehen gegen Hochburgen des Islamischen Staat, wie Mossul und Raqqa.<br />
<br />
<b>Solidarität</b><br />
<br />
Kommen wir zur Solidarität mit den betroffenen Menschen in den Kriegsgebieten<br />
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Syrien konnte mit Hilfe seiner Verbündeten die Kontrolle über den größten Teil des Landes zurückgewinnen. Doch der Preis dafür ist sehr hoch. Ganze Städte und Stadtviertel sowie die zivile Infrastruktur liegen in Trümmern, Felder liegen brach. 2010 boomte die Wirtschaft Syriens, nun liegt sie am Boden.<br />
<br />
Syrien ist nicht in der Lage den Wiederaufbau des Landes allein aus eigener Kraft zu schaffen. Die Schätzungen der Kosten gehen von bis zu 400 Milliarden US-aus.<br />
<br />
Würde es unserer Regierung und denen der übrigen EU-Ländern tatsächlich um die Menschen in Syrien gehen, wie sie behaupten, so müssten sie ihnen nun helfen, ihr Land in den befreiten Gebieten wieder aufzubauen und so auch den Geflüchteten ermöglichen, wieder zurückzukehren.<br />
<br />
Nichts dergleichen passiert ‒ im Gegenteil. Deutschland gehört zwar zu den Staaten, die am großzügigsten Mittel für Syrien bereitstellen, sie fließen aber nur in die Gebiete, die nicht unter Kontrolle von Damaskus stehen, d.h. in die Provinz Idlib, wo die Dschihadisten dominieren, und in das von Kurden und US-Truppen kontrollierte Gebiet im Nordosten.<br />
<br />
Erhebliche Mittel werden auch für die Versorgung der Flüchtlinge in den Lagern bereitgestellt. Das ist natürlich auch weiterhin nötig. Doch die meisten wollen so bald als möglich nach Hause. Hilfsorganisationen weisen daher darauf hin, dass den Syrern nachhaltiger geholfen wäre, wenn man statt nur Brot, Wasser, Medikamente etc. zu verteilen, die Syrer in die Lage versetzen würde, Bäckereien instand zu setzen, die Strom- und Wasserversorgung zu reparieren und ihre einst exzellente Lebensmittel- und Pharmaindustrie wiederaufzubauen.<a href="#_ftn7" name="_ftnref7"><sup> </sup></a>(Karin Leukefeld, <a href="https://de.sputniknews.com/politik/20190315324337319-druckmittel-hilfe-fluechtlinge/">Syrien: Warum die Milliarden der „Geberkonferenz“ scheinheilig sind</a>, 15.03.2019)<br />
<br />
Würde Deutschland das Gros der für solche Hilfen vorgesehenen Gelder an Syrien geben, wäre das, so ein internat. Helfer, das eine Win-Win-Situation für alle. Deutschland würde entlastet, Flüchtlinge könnten zurückkehren und beim Wiederaufbau helfen.<br />
<br />
Doch die Bundesregierung und die EU weigern sich weiterhin strikt ganz Syrien Mittel zur Verfügung zu stellen, solange Assad noch regiert. (Karin Leukefeld, <a href="https://de.rt.com/1uvl">Libanon und der Syrien-Krieg: Westen stemmt sich gegen Rückkehr von Flüchtlingen</a>, RT, 2.04.2019)<a href="#_ftn8" name="_ftnref8"></a><br />
<br />
<b>Mörderische Sanktionen</b><br />
<br />
Sie verschlimmern die Situation sogar noch massiv, indem sie an den einseitigen Wirtschaftssanktionen, die sie wie auch die USA seit 2011 verhängt und immer weiter verschärft haben, unnachgiebig festhalten. Wobei „Sanktionen“ nicht der richtige Begriff ist. Auch wenn sie wie immer mit Menschenrechtsverletzungen gerechtfertigt werden, sind die USA und die EU durch nichts legitimiert, Strafmaßnahmen zu verhängen.<br />
<br />
Unabhängig davon, treffen solche Handels- und Finanzblockaden stets in erster Linie die Bevölkerung. Sie sind letztlich eine weitere Form des Krieges.<br />
<br />
Einem Bericht der UN-Organisation für Wirtschaft und Soziales in Westasien (ESCWA) zufolge, zählen die Sanktionen gegen Syrien als die schärfsten und weitestgehenden, die je gegen ein Land verhängt worden seien.<br />
<br />
Der UN-Sonderberichterstatter „für die negativen Auswirkungen einseitiger Zwangsmaßnahmen auf die Menschenrechte“, der UN-Diplomat Idriss Jazairy zeigte sich jedenfalls von den Folgen der Embargomaßnahmen bestürzt. Selbst humanitären Organisationen werde dadurch z.T. die Hilfe unmöglich gemacht. Die Folgen des Krieges seien verheerend, die Sanktionen aber machten die Situation noch schlimmer, so Jazairy. Jeder Syrer sei betroffen.<br />
<br />
Die Handel- und Finanzblockaden wirken, wie der Sonderberichterstatter des UN-Menschenrechtsrates für Lateinamerika, Alfred De Zayas, in seinem Bericht zu den vergleichbaren Zwangsmaßnahmen gegen Venezuela ausführte, wie die Belagerung mittelalterliche Städte, wo der dadurch bewirkte Mangel, das Elend, die Zunahme von Krankheiten und Tod zu einer Aufgabe der Machthaber oder zu einer Revolte führen soll. Menschen eines Landes derart zu Geiseln zu machen, ist ein Verbrechen.<br />
<br />
[Die Sanktionen des 21. Jahrhunderts versuchen aber nicht nur eine Stadt, sondern souveräne Länder in die Knie zu zwingen, so De Zayas weiter. Im Unterschied zum Mittelalter, würden die Blockaden des 21. Jahrhunderts von der Manipulation der öffentlichen Meinung durch 'Fake News', einer aggressiven PR-Arbeit sowie einer Pseudo-Menschenrechtsrhetorik begleitet ... , um den Eindruck zu erwecken, dass das 'Ziel' der Menschenrechte kriminelle Mittel rechtfertigt.]<br />
<br />
Darüber wie viele Syrer ihm zum Opfer fielen noch keine Schätzungen.<br />
<br />
Beim Embargo gegen den Irak, das 13 Jahre lang, von 1990 bis zum erneuten Krieg 2003 aufrechterhalten wurde, reichen die Schätzungen von einer bis 1,5 Mio., 500.000 davon Kinder.<br />
<br />
Trotzdem ist es mittlerweile eine Kriegsführung, die gang und gäbe ist und von Politik und Medien kaum hinterfragt wird.<br />
<br />
Die von den USA und den EU-Staaten über Venezuela verhängte Embargomaßnahmen, die ebenfalls auf einen Regime Change zielen, haben Schätzungen des Washingtoner Forschungsinstituts Centre for Economic and Policy Research (CEPR) seit 2015 bereits 40.000 Menschenleben gefordert.<br />
<br />
Alfred De Zayas, forderte die UNO in seinem Bericht zu Venezuela auf, sie vom Internationale Strafgerichtshof als Verbrechen gegen die Menschlichkeit untersuchen zu lassen. Das gleiche kann man sicherlich auch für solch umfassende Blockaden gegen andere Länder wie Syrien, Cuba, Iran oder Nordkorea verlangen. Es wird Zeit, dass wir diese Blockaden als das kritisieren, was sie sind, ein Krieg mit anderen Mitteln. US-Wissenschaftler sprachen beim Irak von Massenvernichtungssanktionen.<br />
<br />
Wenn wir solidarisch mit den Menschen in Syrien sein wollen, müssen wir natürlich in erster Linie verlangen, dass ihnen endlich zugestanden wird, wieder selbst über die Politik ihres Landes zu entscheiden. Wir müssen Friedensverhandlungen fordern und unterstützen, bei denen selbstverständlich die amtierende Regierung mit am Tisch sitzt.<br />
<br />
Wir müssen von der dt. Regierung und der EU ausreichende Mittel für den Wiederaufbau fordern, nicht nur als Hilfe sondern auch als Wiedergutmachung.<br />
<br />
Und wir müssen ein Ende der Blockaden fordern.<br />
<br />
Ein bemerkenswertes Beispiel von Solidarität zeigte jüngste der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke. Er war Mitte Februar nach Syrien gereist, Er war u.a. in Damaskus, Homs und Aleppo und schilderte nach seiner Rückkehr in ausführlichen Gesprächen seine Eindrücke. Als Gast habe er natürlich nur begrenzten Einblick gehabt, doch habe ihn sehr beeindruckt, welche Kraft und welcher Überlebenswille in den dort lebenden Menschen spürbar“ sei. Sie würden ihr Leben neu beginnen, organisieren und aufbauen, so der Bischof. Behindert würden ihre Bemühungen aber durch das Embargo<br />
<br />
„Das trifft vor allem die einfachen Leute auf der Straße, die Leute, die wenig zum Leben haben. Sie werden durch das Embargo in Haft genommen.<br />
<br />
Die Reise sei weitaus weniger gefährlicher gewesen als er im Vorfeld gedacht habe. „Die befreiten Gebiete seien mittlerweile doch relativ sicher. Durch seine Kontakte glaubt Bischof Hanke, dass eine Versöhnung in Syrien nach den vielen Jahren des Krieges durchaus möglich sei. „Syrien war eine sehr tolerante Gesellschaft, in der die verschiedenen Religionsgruppen gut miteinander umgehen konnten. Und man muss sagen, dort, wo das Land befreit ist, da versucht man diesen Weg auch wieder zu gehen, sowohl von christlicher Seite, von muslimischer Seite, von alawitischer Seite.“<br />
<br />
Obwohl von den kirchlichen Nachrichtenagenturen verbreitet hat keines der Mainstreammedien über die Reise des Bischofs Hanke berichtet. Das Interview mit ihm ist im Netz leicht zu finden. Ein Akt der Solidarität könnte sein, nach Kräften <a href="https://www.youtube.com/watch?time_continue=10&v=EHZg3IUtE-I">für die Verbreitung des Interviews mit ihm zu sorgen</a> – und bei den Politikern in unseren Wahlkreisen nachzufragen, warum sie mit der Aufrechterhaltung der Sanktionen das Leid der Menschen in Syrien verlängern.<br />
<br />
Auch viele Linke sollten ein wenig umdenken: Wir müssen uns generell viel stärker gegen die Fluchtursachen einsetzen. Solidarität mit den betroffenen Menschen darf nicht erst dann einsetzen, wenn sie bei uns als Flüchtlinge ankommen.
JGuilliard
Nahost
Copyright © 2019 JGuilliard
2019-05-18T19:25:00Z
-
Verständigung mit Russland, Rechenschaft für NATO-Kriege, Syrien Sanktionen beenden...
https://jghd.twoday.net/stories/verstaendigung-mit-russland-rechenschaft-fuer-nato-kriege-syrien-sankt/
Es folgte dann zwar die Entwarnung, das von ihm skizzierte Szenario, das den Beginn des 3. Weltkrieges markieren könnte, sei aber „eine realistische Vision“, so Kleber weiter. Dass dies im ZDF tatsächlich so gesehen wird, darf bezweifelt werden. Der zum außenpolitischen Establishment zählende ZDF-Moderator nutzte den skandalösen Einstieg in die öffentlich-rechtlichen Nachrichten als Auftakt zu einem Werbeblock für die NATO, die an diesem Tag ihr 70jähriges Bestehen feierte. Die Allianz, die seit 70 Jahre in einer beispiellos erfolgreichen Geschichte den Frieden in Europa sichere, wie er und das ZDF glauben machen wollen, würde brüchig. Was kann sie besser wieder zusammenschweißen und stärker ihre Akzeptanz in der Bevölkerung fördern, als ein gefährlicher, bösartiger Feind? Wie in vielen Nachrichtensendungen zuvor, zielte Klebers „realistische Vision“ daher vor allem auf die Stärkung eines alten Feindbildes, das Bild des „bösen Russen“, der an den Grenzen des zivilisierten Teils Europas lauert.<br />
<br />
Mit der Realität hat dies bekanntlich wenig zu tun. Nicht Russland ist nach Westen vorgedrungen, es war die NATO, die an die Grenzen Russlands vorrückte, politisch unterfüttert durch die Ausbreitung der EU. Und es ist die NATO, die im Osten kontinuierlich große, gegen Russland gerichtete große Manöver durchführt, allein letztes Jahr 100. [Beim bisher größten im letzten Herbst waren 40.000 Soldaten im Nordosten Norwegens und im Nordatlantik im Einsatz, wenige hundert Kilometer vor Murmansk. Die Bundeswehr stellte mit rund 8.000 Soldaten eines der größten Kontingente.]<br />
<br />
Die NATO hält über 3,5 Millionen Soldaten unter Waffen, davon 2 Millionen in Europa – Russland und seine Verbündeten nicht einmal 1 Million. Während Russland seine Rüstungsausgaben seit 2016 senkt, verpflichteten sich die NATO-Staaten, ihre Militärausgaben sukzessive auf zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes zu steigern. Dabei geben sie bereits jetzt weit mehr fürs Militär und ihre Kriege aus, als der Rest der Welt zusammen, insges. 60%, das sind 15-mal mehr als Russland.<br />
<br />
Allein mit Blick auf das Kräfteverhältnis, ist es absurd, Moskau aggressive Absichten zu unterstellen. Russland ist nicht unser Feind ‒ er soll nur dazu gemacht werden.<br />
<br />
Das gleicht der Situation vor 70 Jahren als die NATO gegründet wurde. Auch damals, zu Beginn des sog. „Kalten Krieges“ hatte die NATO keinen Feind. Selbst der „Vereinigte Geheimdienststab“ der USA war damals zum Schluss gekommen, dass die Sowjetunion weder die Fähigkeit noch den Willen zur Konfrontation mit den USA und ihren Verbündeten habe, sondern sich auf den Wiederaufbau und die Sicherung ihres Einflussgebietes konzentrieren müsse.<br />
<br />
Die NATO war nie ein Verteidigungsbündnis. Sie war in erster Linie dazu bestimmt, eine Weltordnung abzusichern, in der die USA und ihre westl. Verbündeten über das Gros der Reichtümer u. Ressourcen der Welt verfügen. Sie ist zudem bis heute ein wichtiges Instrument der USA, um eine enge Zusammenarbeit der europäischen Mächte unter ihrer Führung sicherzustellen und die innerimperialistische Konkurrenz unterm Deckel zu halten. Unterm Stichwort „Rollback“ ging es ab 1949 darum, sukzessive die Kontrolle über diejenigen Gebiete wiederzuerlangen, die nach den Kriegen einen nichtkapitalistischen Weg eingeschlagen hatten, zunächst vor allem Russland und Osteuropa. Teilweise ist dies dann ja auch gelungen.<br />
<br />
Der damalige „Kalte Krieg“ war so wenig „kalt“ wie es der neue gegen Russland ist. Auch wenn eine direkte Konfrontation ausblieb, so waren auch die ersten 40 Jahre NATO geprägt von zahlreichen Kriegen und Interventionen der USA und ihrer europ. Verbündeten. Ob in Korea, im Iran, Kuba, Vietnam oder Nicaragua, nie ging es allein gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen dieser Länder, stets spielte die Konkurrenz zur SU und auch zu China eine bedeutende Rolle. Bei allen Kriegen leistete die NATO Unterstützung. Das Netz von Militärbasen, das im Rahmen der Nato geschaffen wurde, mit dem Schwerpunkt in Westdeutschland, diente stets als Basis.<br />
<br />
Die ab 1990 einsetzende offen aggressive Kriegspolitik der Nato bedeutet daher keinen Kurswechsel der Allianz vom „Verteidigungsbündnis“ zum „Interventionsbündnis“ wie es oft heißt. Die NATO-Staaten hatten nun, nach dem Zusammenbruch der SU und der Warschauer Paktes, nur völlig freie Hand für eine Politik, die sie seit ihrer Gründung verfolgen.<br />
<br />
Drastisch wurde uns dies vor 20 Jahren im Krieg der NATO gegen das restl. Jugoslawien vor Augen geführt. Genau vor 20 Jahren, vom März bis Juni 1999, flogen Kampfflugzeuge der Allianz 78 Tage lang Angriffe gegen das Land, töteten Tausende Menschen und zerstörten einen großen Teil der Infrastruktur des Landes. Die Bundeswehr war mit Tornado-Kampfflugzeugen diesmal vorne mit dabei.<br />
<br />
Es ist wichtig sich daran zu erinnern. Es war ein Krieg der ohne UN-Mandat geführt wurde und daher nach internationalem Recht eindeutig ein Angriffskrieg, eine Aggression. [Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder gab dies später auch zu, als er den Westen davor warnte, Russland wegen des Anschluss der Krim allzu scharf anzugreifen, da sie im Fall der Abspaltung des Kosovos ebenfalls Völkerrecht gebrochen hätten. Dieser Vergleich hinkt natürlich gewaltig, da die Krim sich nicht nach einem verheerenden Krieg von der Ukraine trennte, sondern ohne Blutvergießen auf Basis der Entscheidung der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung.]<br />
<br />
Das transatlantische Kriegsbündnis setzte mit dem Krieg gegen Jugoslawien für sich einen Präzedenzfall. Noch während ihre Kampflugzeuge ihre Bomben auf jugoslawische Städte warfen, verabschiedete die NATO auf ihrem Jubiläums-Gipfel zu ihrem 50jährigen Bestehen ein neues strategisches Konzept, in dem solche militärische Interventionen ohne UN-Mandat zum festen Bestandteil wurden.<br />
<br />
Wir mussten es dann erleben: Irak, Afghanistan, Libyen ‒ der Krieg gegen Jugoslawien wurde zur Blaupause kommender, in dem NATO-Staaten in wechselnden „Koalitionen der Willigen“ unter fadenscheinigen Vorwänden Länder überfielen, die sich als unbotmäßig erwiesen haben und nicht bereit, sich westl. Dominanz unterzuordnen.<br />
<br />
Für die Bundeswehr war der Jugoslawienkrieg der erste echte Kriegseinsatz seit ihrer Gründung. Während Belgrad zum dritten Mal nach 1915 im Ersten und 1941 im Zweiten Weltkrieg von deutschen Streitkräften bombardiert wurde, feierte Kanzler Schröder die „Enttabuisierung des Militärischen“ in Deutschland, d.h. den Wiedereinstieg in den Kreis „normaler“ Militärmächte.<br />
<br />
Neu waren damals auch die Massivität der Propaganda, mit denen der Krieg gerechtfertigt wurde und die Geschlossenheit mit der die meisten Medien dabei mitwirkten.<br />
<br />
Mittlerweile ist es historisch gut belegt, z.B. durch Berichte der OSZE-Beobachtermission im Kosovo, in welchem Ausmaß die NATO-Intervention mit Lügen vorbereitet und begründet worden war. Eine selbstkritische Aufarbeitung durch Politik und Medien blieb jedoch aus ‒ auch von Seiten der Grünen und der SPD, aus deren Reihen viele angaben, den als „humanitäre Intervention“ bezeichneten Krieg, nur mit "Bauchschmerzen" unterstützt zu haben.<br />
<br />
Damit wurde der Weg auch für die Fortsetzung dieser Art von Kriegsvorbereitung geebnet.<br />
<br />
Bei jedem Krieg, jeder Intervention und allen einseitigen Handels- und Finanzblockaden, die von den USA und ihren Verbündeten verhängt werden, wird der Einsatz für Demokratie und Menschenrechte als Rechtfertigung ins Feld geführt, sei es im 17jährigen Krieg in Afghanistan, beim Überfall auf Libyen, den „Regime Change“-Bemühungen in Syrien oder aktuell gegen Venezuela. Natürlich sind auch für uns Demokratie und Menschenrechte wichtig. Allerdings steht es damit in den meisten Ländern der Welt nicht zum Besten. Wir müssen aufhören, brav den Blick auf die zu richten, die ins Visier der westl. Staaten genommen werden, oft ausgerechnet im Bündnis mit Despoten, wie den arabischen Golfmonarchen.<br />
<br />
So wichtig bürgerliche Menschenrechte sind, dürfen wir die sozialen Rechte, wie die auf Wohnung, Arbeit, Bildung, Nahrung und Gesundheitsversorgung … nicht aus dem Blick verlieren. Es ist kein Zufall, dass die Länder, die angegriffen wurden, im sozialen Bereich ‒ aufgrund ihres selbstständigeren Weges ‒ meist wesentlich besser da standen, als ihre Nachbarländer.<br />
<br />
In den letzten Tagen beherrschte der Großbrand in der Pariser Notre Dames die Nachrichten. In kurzer Zeit gingen Spendenzusagen in Höhe von mehreren Hundert Millionen Euro ein. Natürlich sind die Verwüstungen an dem berühmten Bauwerk schrecklich. Aber sind die umfassenden Zerstörungen an Dutzenden Kulturdenkmälern im Irak, in Libyen, in Syrien oder im Jemen, deren historischer Wert oft noch weit höher war, nicht noch schrecklicher? Schrecklicher, weil sie nicht durch einen Unfall verursacht wurden, sondern von Bomben aus NATO-Ländern, entweder von den eigenen Luftwaffen abgeworfen oder ‒ wie in Jemen ‒ von Staaten an die sie von den USA und EU-Staaten geliefert wurden. Und schrecklicher vor allem, weil sie einhergingen mit der Zerstörung ganzer Stadtteile und Städte, Zigtausende Menschen unter sich begrabend. Wo blieb hier ‒ angesichts der Opfer und Verwüstungen der Aufschrei? Warum wird hier nicht laut nach Wiedergutmachung gerufen? Wo bleiben hier die Spenden für den Wiederaufbau? Ohne Kirche kann man leben. Millionen Afghanen, Iraker, Syrer und Jemeniten haben aber noch immer kein Dach überm Kopf und müssen in Flüchtlingscamps ausharren.<br />
<br />
Wir müssen von den Verantwortlichen in Berlin, Washington, London und Paris Rechenschaft fordern, für das was sie in Afghanistan, im Irak, in Libyen und Syrien angerichtet habe, auch durch das verheerende Vorgehen gegen Hochburgen des Islamischen Staat, wie Mossul und Raqqa.<br />
<br />
Wir müssen die Bereitstellung ausreichender finanzieller Mittel für den Wiederaufbau verlangen.<br />
<br />
Und wir müssen auch das Ende der „Sanktionen“ gegen Syrien fordern [wie die einseitigen Embargomaßnahmen genannt werden], das dort den Wiederaufbau und die Rückkehr von Flüchtlingen massiv behindert.<br />
<br />
Wir müssen uns generell stärker gegen die Fluchtursachen einsetzen. Solidarität mit den betroffenen Menschen darf nicht erst dann einsetzen, wenn sie bei uns als Flüchtlinge ankommen.<br />
<br />
Die Geschichte der NATO war von Beginn verbunden mit der Drohung eines Atomkrieges. Auch nachdem die SU durch die Entwicklung eines eigenen Arsenals ein strategisches Gleichgewicht hergestellt hatte, strebten die USA und Verb. weiter nach Möglichkeit einen Atomkrieg gewinnbar zu machen. U.a. indem in den 80er Jahren Pershing II-Raketen und Cruise Missiles aufgestellt wurden, deren Zielgenauigkeit es erlauben sollten, Führungsstäbe und Abschussbasen der Sowjetunion auszuschalten. Dagegen machte die Friedensbewegung damals erfolgreich mobil. 1987 wurde schließlich der INF-Vertrag zum Verbot nuklearer Mittelstreckenraketen in Europa unterzeichnet. Ein sehr erfolgreiches Abkommen, das zur Verschrottung sämtlicher bodengestützte Raketen und Marschflugkörper mit Reichweiten zwischen 500 und 5.500 Kilometer führte. Nach dessen Aufkündigung durch Trump droht auf diesem Gebiet nun ein Rückfall in die Zeit des Wettrüstens der 1980er Jahre, nach dem berüchtigten Nato-Doppelbeschluss.<br />
<br />
Um dem und der Bedrohung durch Atomwaffen allgemein etwas entgegenzusetzen, müssen wir mehr Druck auf die Bundesregierung aufbauen, damit diese den Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnet, der in der UNO mit großer Mehrheit beschlossen wurde und so zur weiteren internat. Ächtung dieser Waffen beitragen.<br />
<br />
Zudem muss sie endlich die in Büchel gelagerten Atomwaffen abtransportieren lassen.<br />
<br />
Das sowohl in Hinsicht auf Atomwaffen wie auf konventionelle Kriege so gefährliche Kriegsbündnis, die NATO, gehört endlich auf den Müllhaufen der Geschichte.<br />
<br />
Dies ist nur zu erreichen, wenn in vielen Mitgliedsstaaten, starke Bewegungen entstehen, die sich für den Austritt ihres Landes engagieren ‒ auch in Deutschland. Selbstverständlich muss dies einhergehen mit der Forderung nach umfassender Abrüstung der eigenen Streitkräfte, dem Ende aller Auslandseinsätze und einem Ende der Militarisierung der EU.<br />
<br />
Wir fordern die Kündigung des Stationierungsvertrags für ausländische Truppen und die Auflösung ihrer Militärbasen. Damit wäre auch die Gefahr der Stationierung von Mittelstreckenraketen in Deutschland automatisch vom Tisch.<br />
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Wir fordern bezüglich Russland von der Bundesregierung und der EU eine Politik der Kooperation statt Konfrontation<br />
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Wir fordern von allen Nato-Staaten, die Kriege und Interventionen zu beenden, Rüstungsexporte in Spannungsgebiete einzustellen und Kampfeinsätze von Drohnen zu ächten
JGuilliard
NATO
Copyright © 2019 JGuilliard
2019-04-22T19:18:00Z
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Göttinger Friedenspreis ‒ Diffamierungsversuche gegen „Jüdische Stimme für gerechten...
https://jghd.twoday.net/stories/goettinger-friedenspreis-diffamierungsversuche-gegen-juedische-stimme/
Wenn, wie hier, immer häufiger ein solches Engagement bereits als Antisemitismus diffamiert wird, verliert der Begriff seine Bedeutung. An sich wird darunter ja eine Form von Rassismus verstanden, die darin besteht, dass Juden gehasst und diskriminiert werden, nur weil sie Juden sind. Wenn aber heute jemandem in deutschen Medien antisemitische Positionen vorgeworfen werden, so ist mittlerweile der erste Gedanke, es werde sich dabei wohl um Kritik an Israel handeln.<br />
<br />
Die weltweite BDS-Bewegung sei „eindeutig antisemitisch“, weil „Juden in kollektive Haftung für Maßnahmen des Staates Israel“ genommen würden, urteilt Felix Klein schlicht. Das ist jedoch genauso Unfug, wie die Behauptung, der Boykott gegen das Apartheitsregime in Südafrika habe sich "kollektiv gegen die Weißen" gerichtet. Dass ein Boykott, soll er erfolgreich sein, für die gesamte Bevölkerung spürbar wird, inklusive für die Befürworter selbst, ist unvermeidlich. Er traf in Südafrika Weiße wie Schwarze und trifft analog in Israel jüdische und arabische Bürger wie auch Palästinenser in den besetzen Gebieten.<br />
Dies ist aber sicherlich gewaltsamen Auseinandersetzungen vorzuziehen.<br />
<br />
Interessant zu wissen wäre, welche gewaltfreien Alternativen die lautstarken Kritiker, die sogar Diskussion darüber unterbinden wollen, den Palästinensern vorzuschlagen hätten. Welche anderen gewaltfreien Methoden würden der palästinensischen Bevölkerung realistische Chancen eröffnen, ihre Rechte durchsetzen zu können, die Israel ihr seit Jahrzehnten verweigert? Wie kann sonst Druck aus der Zivilgesellschaft weltweit auf die israelische Führung aufgebaut werden, sich endlich an Völkerrecht und UN-Resolutionen zu halten?
JGuilliard
Nahost
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2019-04-22T19:17:00Z
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"Humanitäre Hilfe für Venezuela" geschickt getarnte Waffe für einen "Regime...
https://jghd.twoday.net/stories/humanitaere-hilfe-fuer-venezuela-geschickt-getarnte-waffe-fuer-einen-r/
Das liegt daran, dass deren Kampagne geschickt aufgezogen ist. Der Ankündigung selbst (z.B. <a href="http://www.stadtpolitik-heidelberg.de/?q=node/2738">hier für Heidelberg</a>) ist gar nicht zu entnehmen, um was es genau geht.<br />
Selbst auf der angegebenen Webseite <a href="https://www.voluntariosxvenezuela.com/internacional/">www.voluntariosxvenezuela.com/internacional/ </a> wird das nicht auf den ersten Blick klar, man muss schon auf die Folgeseiten gehen, um dann den klaren Bezug zum <a href="https://www.voluntariosxvenezuela.com/descargar-kit/">selbsternannten "Präsidenten" Juan Guaidó</a> und den <a href="https://www.voluntariosxvenezuela.com/wp-content/uploads/2019/02/Guia-de-Accion-Humanitaria.pdf">Putschbemühungen</a> zu finden.<br />
<br />
Tatsächlich wurde die Koalition <a href="https://www.europapress.es/internacional/noticia-guaido-anuncia-coalicion-internacional-ayuda-humanitaria-libertad-venezuela-20190202183955.html">von Guaidó selbst gegründet</a> kann auf die Unterstützung Washingtons und der EU bauen. Bei der "Hilfe"handelt es sich um eine von den USA in Zusammenarbeit mit der reaktionären kolumbianischen Regierung organiserte Aktion. Mehrere Lastwagen mit Hilfsgütern wurden im Nordosten Kolumbiens an die Grenze gefahren, gegenüber der Tienditas-Brücke nach Venezuela, die bisher allerdings noch nie als Grenzübergang freigegeben war.<br />
<br />
Die LKWs sollen am 23. Februar an den zuständigen venezolanischen Behörden vorbei, begleitet von eigenen "Helfern", ins Land gebracht werden. Unter den Helfern sieht man auch einige desertierte venezolanische Soldaten. Unterstützt soll dies von über hunderttausend Demonstranten auf beiden Seiten der Grenze werden. Auf kolumbianischer Seite werden sie <a href="https://amerika21.de/2019/02/222634/venezuela-kolumbien-konzert-hilfe">durch ein Hilfskonzert</a> angelockt<br />
<br />
Da die venezolanische Regierung einem solchem, die venezolanische Souveränität verletzenden Einmarsch nicht zulassen kann, soll damit offensichtlich eine gewaltsame Eskalation provoziert werden.<br />
<br />
Bei dieser Kampagne wird somit das Angebot "humanitärer Hilfe" missbraucht, um die Konfrontation zu suchen und einen Vorwand für eine noch massivere Intervention der USA und der EU-Staaten zu provozieren - womöglich, so steht zu befürchten - eine militärische. Seit Wochen ziehen die USA und Großbritannien Streitkräfte in der Karibik zusammen. Nach einem Treffen des Oberkommandieren des Südkommando der US-Armee, Admiral Craig Faller, mit dem kolumbianischen General Luis Navarro gaben diese <a href="https://www.elpais.com.uy/mundo/altos-mandos-militares-ee-uu-colombia-piden-pares-venezolanos-correcto.html" target="_blank" rel="noopener noreferrer">bekannt</a>, dass man bereit sei, um "zum Schutz der Zivilbevölkerung" einzugreifen<br />
<br />
Die "Humanitäre Hilfe" soll offensichtlich endlich dem mit der Installation Guaidó als Gegenpräsidenten eingeleiten Putschversuch, der aufgrund ausbleibender Untersützung im Land selbst bisher nicht vorankam, Schwung verliegen. Durch den erneuten "Regime Change"-Versuch der USA droht nicht weniger als ein "lateinamerikanisches Syrien" (s. dazu u.a. Frederico Füllgraf, <a href="https://www.nachdenkseiten.de/?p=49462">Venezuela – Die “humanitäre Hilfe” und das militärische US-Drehbuch der “befreiten Gebiete</a>, NachDenkSeiten, 20.2.2019)<br />
<br />
<strong>Rotes Kreuz und Diakonie: "Missbrauch humanitärer Hilfe"</strong><br />
<br />
Die "Hilfsaktion" wird auch von deutschen Politiker und Medien unterstützte obwohl sie mit keiner internationalen oder lokalen Hilfsorganisationen abgesprochen ist und sich u.a. das Rote Kreuz und die Diakonie Katastrophenhilfe klar und deutlich von dieser Art "humanitärer Hilfe" klar und deutlich distanziert haben.<br />
<br />
<em>"Wir beteiligen uns nicht an einer humanitären Hilfe, die für uns keine ist"</em>, so z.B. der Leiter des IKRK in Kolumbien, Christoph Harnisch (siehe <a href="https://www.rcnradio.com/internacional/comite-internacional-de-la-cruz-roja-pide-respeto-por-el-termino-humanitario">Cruz Roja aclara que ayudas que llegarán desde EE.UU. no son humanitarias</a> - "Das Rote Kreuz stellt klar, dass Hilfe aus den USA keine humanitäre Hilfe ist -, RCN Radio (Radio Colombia) , 5.2.2019)<br />
<br />
Und <i>Entwicklungspolitik Online (EPO)</i> meldet:
<blockquote>
Die Diakonie Katastrophenhilfe hat alle Akteure in Venezuela dazu aufgefordert, die dringend benötigte Hilfe für die Menschen nicht zum Spielball politischer Interessen zu machen.<br />
[...] Die politischen Gegner in Venezuela verletzten durch die politische Instrumentalisierung der humanitäre Hilfe nicht nur die Neutralität und damit eines der wichtigsten humanitären Prinzipien. "Vor allem nehmen sie bewusst das Leid von Abertausenden in Kauf, statt Verantwortung für die Bevölkerung zu zeigen. Das bereitet neutralen Hilfsorganisationen wie uns große Sorge", sagte Füllkrug-Weitzel.<br />
(<a href="https://www.epo.de/index.php?option=com_content&view=article&id=15178:venezuela-humanitaere-hilfe-darf-nicht-missbraucht-werden&catid=29&Itemid=71">Venezuela: Humanitäre Hilfe darf nicht missbraucht werden</a>, EPO, 14..2.2019
</blockquote>
Es ist zwar richtig, dass es in Venezuela massive Engpässe bei der Versorgung mit Lebensmittel und Medikamenten gibt, dennoch braucht Venezuela keine "humanitäre Hilfe", sondern ein Ende der Embargo-Maßnahmen von Seiten der USA und der EU.<br />
Es ist skandalös, dass auch in den hiesigen Medien die "humanitäre Hilfe" hochgepuscht wird, ohne zu erwähnen, dass Venezuela nach Einbruch der Öleinnahmen weitgehend von internationalen Finanzquellen abgeschnitten wurde und Milliarden-Beträge blockiert werden.<br />
<br />
Wer wirklich etwas gegen die wirtschaftliche Not der Menschen in Venezuela tun will, sollte sich für ein Ende der "Sanktionen" genannten Blockade des Landes einsetzen, die nichts anderes als ein Wirtschaftskrieg ist.<br />
<br />
Skandalös ist ebenfalls, dass im Nordosten Kolumbiens, wo jetzt die "Humanitäre Hilfe Venezuela" inszeniert wird, die Menschen unter wesentlich elenderen Bedingungen leben und jährlich Tausende Kinder verhungern (<a href="https://www.jungewelt.de/artikel/349664.la-guajira-die-vergessene-katastrophe.html">Die vergessene Katastrophe</a>, jW, 22.02.2019)<br />
<br />
Siehe <a href="https://www.nicaragua-forum.de/meldungen/2019/Venezuela-16-02-19.pdf">auch das Flugblatt </a>des Friedensbündnis Heidelberg und des Nicaragua-Forum Heidelberg, zur Kundgebung "Nein zum Staatsstreich in Venezuela<br />
Keine Einmischung von außen!"
JGuilliard
Lateinamerika
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2019-02-23T20:14:00Z
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Übrig bleiben Totenstädte ‒ Die verschleierte Brutalität des Krieges der US-Allianz...
https://jghd.twoday.net/stories/uebrig-bleiben-totenstaedte-die-verschleierte-brutalitaet-des-krieges/
Mehr als 100.000 Bomben und Raketen haben die Luftwaffen der USA und ihrer Verbündeten bis Juli 2018 auf rund 30.000 Ziele in Syrien und Irak abgeworfen.<a title="" href="#_edn1" name="_ednref1">[1]</a> Dennoch erscheinen die Angriffe auf Hochburgen des Daesch und andere Ziele in den westlichen Medien weniger als Kriegshandlungen denn vielmehr als Polizeiaktionen mit Luftwaffenunterstützung, als alternativlose Einsätze, um die „bösen Buben“ auszuschalten. Tatsächlich sind sie jedoch, wie Untersuchungen der Offensiven auf Mossul und Rakka auf der einen und Ostaleppo und Ostghuta auf der anderen Seite zeigen, verheerender als die Maßnahmen von syrisch-russischer Seite.<br />
<br />
<b> „Death in the city“ ‒ mehr Opfer durch Präzisionswaffen der NATO</b><br />
<br />
Während im Westen das von den beteiligten NATO-Streitkräften vermittelte Bild eines sauberen, präzise gegen den Daesch gerichteten und nahezu ohne zivile Opfer bleibenden Krieges unhinterfragt übernommen wird, wurde der syrischen und russischen Luftwaffe von Anfang an eine rücksichtslose Kriegführung vorgeworfen, die sich auch massiv gegen die Zivilbevölkerung richten soll. Insbesondere wurden die Angriffe zur Befreiung Ostaleppos von den westlichen Regierungen scharf verurteilt. Der britische Vertreter im UN-Sicherheitsrat warf der russischen Führung vor, in Aleppo »eine neue Hölle entfesselt« zu haben, und der damalige deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier klagte „die Bilder aus Aleppo“ seien „an Grausamkeit kaum zu überbieten“.<br />
<br />
In regelrechten Kampagnen wurde vor allem der Einsatz einfacher, ungelenkter Bomben sowie primitiver »Fassbomben« angeprangert, da diese durch ihre mangelnde Zielgenauigkeit per se „wahllos“ im Sinne des Kriegsrechts seien, d. h. nicht überwiegend ein militärisches Ziel träfen. <a title="" href="#_edn2" name="_ednref2">[2]</a> Die Sprecher der US-Allianz wurden nicht müde, zur Verteidigung ihrer Kriegführung immer wieder auf die Ungenauigkeit der russischen Waffensysteme hinzuweisen und die wesentlich höhere Präzision ihrer eigenen als Beleg für ihre Anstrengungen, Kollateralschäden zu minimieren, hervorzuheben.<br />
<br />
Da »die Russen« sich »nicht dieselben Restriktionen auferlegen«, hätten sie, behauptete z. B. der britische Luftwaffenkommandeur Johnny Stringer bei einer Anhörung des Verteidigungsausschuss des britischen Parlaments, in Orten wie Aleppo zu 90 Prozent ungelenkte Waffen aus mittlerer Höhe eingesetzt, aus der sie ihre Ziele meist um Dutzende Meter verfehlen mussten. Er selbst und seine Kollegen aber wollten sich, so Stringer, am Ende des Tages noch in die Augen schauen können. <a title="" href="#_edn3" name="_ednref3">[3]</a><br />
<br />
Unabhängig davon, ob die Vorwürfe gegen Russland und Syrien tatsächlich zutreffen (s. hierzu junge Welt vom 26.01.2016 <a title="" href="#_edn4" name="_ednref4">[4]</a> ), erweist sich das Gerede von der Rücksicht auf Unbeteiligte als reine Propaganda. So zeigt eine Studie der britischen Initiative »Airwars« zu den Luftkriegen in Syrien und im Irak, dass die höhere Präzision der NATO-Waffen beim Einsatz in dicht besiedelten urbanen Schlachtfeldern keineswegs geringere zivile Schäden und weniger Opfer garantiert.<a title="" href="#_edn5" name="_ednref5">[5]</a> Die Analyse der Beobachtergruppe, die tägliche Berichte über Luftangriffe, eingesetzte Munition und zivile Opfer in den beiden Ländern auswertet, deutet vielmehr darauf hin, dass diese Waffen insgesamt sogar zu noch größeren Zerstörungen und mehr Toten unter Unbeteiligten führen. Aufgrund des größeren Vertrauens in deren Treffsicherheit seien die Militärs, so ihr Verdacht, häufiger bereit, Explosionswaffen mit großer Sprengkraft in bevölkerungsreichen Stadtvierteln einzusetzen.<br />
<br />
<img src="https://jgnachgetragen.files.wordpress.com/2019/01/munition-used-civilian-deaths-mosul-airwars.jpg" alt="In Mossul eingesetzte Munition und Zahl der Ziviltoten (Airwars)" width="626" height="431" /> <br />
<em>Airwars registrierte bei den Angriffen der US-Allianz auf West-Mossul eine starke Korrelation zwischen Menge der eingesetzten Munition Zahl ziviler Opfer, für die sie mindestens verantwortlich ist - Death in the city, Airwars.org. May 2018.</em><br />
<br />
Die verdienstvolle Initiative bemüht sich um Objektivität, übernimmt jedoch beim Blick auf den Krieg in Syrien zum großen Teil die westliche Sichtweise. So wird das militärische Eingreifen Russlands in Syrien generell wesentlich kritischer gesehen als das der NATO-Staaten. Während »Airwars« auch Informationen syrischer oppositioneller Quellen wie des Syrian Network for Human Rights, des Violation Documentation Center (VDC) und der berüchtigten »Weißhelme« verwertet,<a title="" href="#_edn6" name="_ednref6">[6]</a> werden andere Quellen wie beispielsweise russische und iranische Medien nicht berücksichtigt. Nur dort gemeldete Opfer finden daher keinen Eingang in ihre Datenbank, auch nicht unter der Kategorie »schwach belegt«.in ihrer Kategorie „schwach belegt“. [Ein Vergleich mit dem renommierten Projekt „Iraq Body Count“ (IBC), das seit 2003 zivile Opfer des Krieges im Irak dokumentiert, weist auch auf generelle größere Lücken bei der Erfassung hin, da IBC im Irak wesentlich mehr Opfer als Airwars registrierte].<a title="" href="#_edn7" name="_ednref7">[7]</a><br />
<br />
Infolge der Auswahl der Quellen liegt der Prozentsatz der von »Airwars« erfassten Opfer bei Angriffen der US-Allianz vermutlich deutlich niedriger als bei syrischen und russischen Attacken. Dennoch kommt die Initiative in ihrer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass die Angriffe der russischen Luftwaffe in Aleppo und Ostghuta nicht mehr zivile Opfer gefordert haben als die der Allianz. Setzt man die Zahl der Opfer jeweils in Beziehung zur Zahl der Angriffe und der Menge und Sprengkraft der eingesetzte Munition, zeigt sich in allen Fällen eindeutig, dass die Höhe der dabei getöteten Zivilisten hauptsächlich von der Intensität des Bombardements und der Bevölkerungsdichte im Zielgebiet abhängt.<br />
<br />
<b>„Einkreisen und auslöschen«„ ‒ die Eskalation des Luftkrieges gegen den Daesch</b><br />
<br />
Überraschend ist dieses Ergebnis nicht. Eine Zielgenauigkeit von zehn Metern kann bei Bomben mit 500 Kilogramm Sprengstoff und mehr nicht schonend wirken, wenn sie auf eng bebaute Viertel wie die Altstadt von Mossul abgeworfen werden und jede Bombe mehrere Gebäude zum Einsturz bringen kann. Was nützt die beste Zielgenauigkeit, wenn keine Informationen vorliegen, wo sich wie viele Zivilisten aufhalten? Mit Luftaufklärung allein, auf die sich die US-Allianz nahezu ausschließlich stützen musste, lässt sich ein militärisches Ziel nicht zweifelsfrei ausmachen und noch weniger die Zahl der Menschen, die sich in diesen oder in angrenzenden Gebäuden aufhalten – selbst wenn dies den Zielplanern tatsächlich wichtig gewesen wäre.<a title="" href="#_edn8" name="_ednref8">[8]</a><br />
Daran bestehen jedoch starke Zweifel. Um die Verluste der eigenen Seite zu minimieren, waren bereits unter US-Präsident Barack Obama die Einsatzregeln für die US-Luftwaffe gelockert worden. Die Entscheidung über Luftangriffe wurde mehr und mehr lokalen Kommandeuren übertragen. Diese konnten nun schon Bombardierungen anfordern, wenn aus einem Gebäude auf sie gefeuert wurde.<a title="" href="#_edn9" name="_ednref9">[9]</a> Ihre Gegner wechselten jedoch ständig ihre Positionen indem sie sich über Hinterhöfe und Mauerdurchbrüche zwischen den Häusern bewegten. In einem der wenigen vom Pentagon zugegebenen Fälle wurden beispielsweise am 17. März 2017 bis zu 200 Menschen getötet, als ein gegen Scharfschützen angeforderter Luftangriff das Gebäude, in dessen Keller sie sich geflüchtet hatten, über ihnen einstürzen ließ.<a title="" href="#_edn10" name="_ednref10">[10]</a><br />
Die Trump-Regierung eskalierte im Mai 2017 die rücksichtslose Kriegführung noch weiter, indem sie das „Einkreisen und Auslöschen“ des Daesch als neue Taktik anordnete. Die Rückkehr der in seinen Reihen kämpfenden Ausländer in die USA oder nach Europa sollte durch das Töten möglichst vieler Dschihadisten vor Ort verhindert werden, ein Anliegen, das die europäischen Verbündeten durchaus teilen.<br />
<br />
<b>Rakka ‒ „präzise“ Angriffe, verheerender Blutzoll</b><br />
<br />
Es ist daher dreist, wenn Sprecher der US-Streitkräfte behaupten, aufgrund der hohen Präzision ihrer Angriffe habe die Vertreibung des Daesch aus Rakka nur wenige zivile Opfer gefordert. Diese Darstellung wurde von westlichen Medien kritiklos wiedergegeben, obwohl sie, wie eine zweiwöchige Recherche von Amnesty International (AI) vor Ort zeigt, leicht zu widerlegen war. Das Team von AI untersuchte anhand des Schicksals von vier Großfamilien exemplarisch die tödlichen Folgen der „präzisen“ Angriffe. Es überschrieb seinen Bericht mit „‘Vernichtungskrieg‘: Verheerender Blutzoll für die Zivilbevölkerung“.<br />
<br />
<img class="alignnone size-full wp-image-654" src="https://jgnachgetragen.files.wordpress.com/2019/01/munition-used-civilian-deaths-raqqa-airwars.jpg" alt="In Raqqa eingesetzte Munition und Zahl der Ziviltoten (Airwars)" width="732" height="442" /> <em>Auch in Raqqa stellte Airwars einen engen Zusammenhang fest, zwischen der Menge an Bomben und Raketen, die von der US-Allianz vom März bis Oktober 2017 auf Raqqa abgefeuert wurde und der Anzahl ziviler Opfer, für die sie mindestens verantwortlich ist – Death in the City, Airwars.org, Mai 2018<br /></em><br />
<br />
Am eindringlichsten beschreibt der Fall der Familie Badran das Grauen, das die verbliebene Bevölkerung in der einst 400.000 Einwohner zählenden Stadt erleiden musste. 39 Familienmitglieder und zehn Nachbarn waren durch vier verschiedene Luftangriffe auf die Gebäude getötet worden, in denen sie Schutz gesucht hatten, „als sie von Ort zu Ort flohen, verzweifelt bemüht, den sich schnell verlagernden Frontlinien auszuweichen“. Die anderen drei Familien hatten 42 Todesopfer zu beklagen. [33 davon ebenfalls durch Luftangriffe, die ihre Häuser in Schutt und Asche legten. Sieben starben durch Minen des Daesch, als sie dem Inferno entfliehen wollten und zwei durch Mörsergranaten, abgefeuert wahrscheinlich von den hauptsächlich aus syrisch-kurdischen Kämpfern bestehenden Bodentruppen der Allianz]. Keines der getroffenen Gebäude hatte übereinstimmenden Zeugenaussagen zufolge zu diesem Zeitpunkt Kämpfer beherbergt, nichts an ihnen ließ sie als militärisches Ziel erscheinen. <a title="" href="#_edn11" name="_ednref11">[11]</a><br />
Airwars zählte insgesamt 1.300 sichere und 3.200 mögliche zivile Opfer der US-Angriffe. Die tatsächliche Zahl ist, so auch die Initiative selbst, sicherlich wesentlich größer.<br />
[Während die Führung der Allianz sich einerseits scharf gegen die Vorwürfe wandte, durch rücksichtlose Angriffe nicht nur Tausende Zivilisten getötet sondern damit auch Kriegsverbrechen begangen zu haben, erhöhte sie anderseits die Zahl zugegebener Ziviltoten sukzessive auf 100.] <a title="" href="#_edn12" name="_ednref12">[12]</a><br />
<br />
Ein Sprecher der Allianz gestand zudem gegenüber dem britischen Independent ein, dass „die Kosten für die Befreiung von Rakka sehr hoch seien«, beharrte aber darauf, dass es keine Alternative gegeben habe, da man Daesch nicht erlauben könne, die Bürger von Rakka weiter zu ermorden, zu foltern, zu vergewaltigen und auszuplündern.<a title="" href="#_edn13" name="_ednref13">[13]</a><br />
Niemand hat jedoch die Bewohner der Stadt gefragt, ob sie bereit waren, einen solchen Preis zu zahlen, und es wurden keine anderen Wege geprüft, die Dschihadisten zu schwächen und zurückzudrängen. [Den syrischen und russischen Streitkräften wiederum wurde nie zugestanden, vor einer solchen Wahl gestanden zu haben.]<br />
<br />
<b>Zwanzigtausend tote Zivilisten in Mossul</b><br />
<br />
Auch beim Sturm auf Mossul liegen Selbstdarstellung und Wahrheit weit auseinander. Konfrontiert mit Berichten über zivile Opfer der US-Allianz, verstieg sich US-Verteidigungsminister James Mattis im August 2017 kurz nach der Rückeroberung Mossuls zur Behauptung, es habe noch „kein Militär in der Weltgeschichte“ gegeben, „das mehr Wert darauf gelegt“ habe, „zivile Opfer und den Tod von Unschuldigen auf dem Schlachtfeld zu begrenzen.“ <a title="" href="#_edn14" name="_ednref14">[14]</a><br />
<br />
326 zivile Opfer durch eigene Angriffe räumt die US-Allianz hier mittlerweile selbst ein. Airwars registrierte 4.000, einer Studie vor Ort zufolge waren es jedoch noch wesentlich mehr. Durch die Auswertung der Meldungen von Medien, Krankenhäusern und lokalen Beobachtern, wie es Airwars macht, kann man stets nur einen Teil der Getöteten erfassen. Dieser ist umso geringer, je heftiger die Kämpfe sind. Meist werden, wie die IPPNW-Studie „‘Body Count‘ ‒ Opferzahlen nach zehn Jahren ‚Krieg gegen den Terror‘„ zeigt, in Kriegssituationen nur ein Achtel bis ein Zwölftel registriert. <a title="" href="#_edn15" name="_ednref15">[15]</a><br />
Realistischere Schätzungen ergeben sich durch Mortalitätsstudien mittels repräsentativer Umfragen vor Ort. Eine solche wurde in Mossul durchgeführt und im Mai 2018 in der renommierten Fachzeitschrift PLOS Medicine veröffentlicht.<a title="" href="#_edn16" name="_ednref16">[16]</a> Demnach kamen ungefähr jeder achte Bewohner und jede vierzehnte Bewohnerin infolge des neunmonatigen Feldzugs ums Leben. Die Gesamtzahl der Getöteten liegt in einer Größenordnung von 90.000, darunter 33.000 Frauen und Mädchen. Ungefähr vierzig Prozent der Toten starben den Angaben der befragten Überlebenden zufolge bei Luftangriffen. Da die meisten Frauen und vermutlich eine ebenso große Zahl von Männern keine Kämpferinnen bzw. Kämpfer waren, ist davon auszugehen, dass die Luftwaffen der USA, Frankreichs und Großbritannien, die – unterstützt von der Bundeswehr – fast alle Angriffe flogen, für den Tod von mindestens 20.000 Zivilisten verantwortlich sind. <a title="" href="#_edn17" name="_ednref17">[17]</a><br />
<br />
[Aufgrund der umfassenden Zerstörungen, die ganze Familien auslöschten, und der großen Zahl von Vertrieben, konnten auch bei der Umfrage nicht alle Toten in den stichprobenmäßig ausgewählten Haushalten erfasst werden. Die tatsächliche Zahl der Getöteten ist daher wahrscheinlich noch wesentlich höher.]<br />
<br />
Neben der völligen Rücksichtlosigkeit der Angriffe waren auch fehlende Fluchtmöglichkeiten für die hohe Zahl von Opfern mitverantwortlich. Während sich das syrische und russische Militär stets um Fluchtkorridore bemühte, hatte die US-geführte Allianz Flugblätter über Mossul abgeworfen, in denen die Bevölkerung zum Bleiben aufgefordert wurde. Von der Außenwelt durch die Front der angreifenden Bodentruppen abgeriegelt und bedroht vom Daesch blieben so bis zum Schluss Hunderttausende eingeschlossen. Zu Beginn der Offensive lebte in Westmossul vermutlich noch eine Million Menschen, mit Sicherheit aber waren es mehr als 800.000. Den Daten der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zufolge hatten bis Mitte Juni erst knapp 400.000 Menschen die Stadt verlassen, viele wohl erst, nachdem ihre Viertel von Regierungstruppen eingenommen worden waren. Weitere 400.000 konnten erst in den allerletzten Tagen dem Inferno entrinnen.<a title="" href="#_edn18" name="_ednref18">[18]</a><br />
<br />
<img src="https://jgnachgetragen.files.wordpress.com/2018/12/Population-Movements-Timeline-during-Mosul-Crisis-IOM.png" alt="Zeitliche Entwicklung der Flüchtlingszahlen während der Mossul-Offensive - IOM, Iraq Mission, July 2017" width="792" height="383" /><br />
<br />
<span style="color:#808080;"><em>Zeitliche Entwicklung der Flüchtlingszahlen während der Mossul-Offensive - IOM, Iraq Mission, July 2017</em></span><br />
<br />
<a title="" href="#_edn9" name="_ednref9"></a>Die hellblaue Linie gibt die Entwicklung der Gesamtzahl der Menschen wieder die aus Mosul flohen (als IDP, d.h. interne Vertriebene bezeichnet), die dunkelblaue die Zahl der zurückgekehrten und die rote Linie die derjenigen, die zum angegeben Zeitpunkt noch vertrieben waren.<br />
<br />
Die folgende Grafik zeigt die letzte Phase der Offensive genauer.<br />
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<img src="https://jgnachgetragen.files.wordpress.com/2018/12/Population-Movements-Timeline-during-Mosul-Crisis-Phase-3-IOM.png" alt="Entwicklung der Flüchtlingszahlen während der letzten Phase der Mossul-Offensive - IOM, Iraq Mission, July 2017" width="792" height="268" /><br />
<br />
<span style="color:#808080;"><em>Entwicklung der Flüchtlingszahlen während der letzten Phase der Mossul-Offensive - IOM, Iraq Mission, July 2017</em></span><br />
<br />
<i>[Die Gesamtzahl der Mossuler, die vom 17. Oktober 2016 bis 29. Juni 2017 aus der Stadt geflohen war, stieg am Ende auf über eine Million. Rund 820.000 von ihnen waren am 29. Juni. immer noch als IDP registriert, 201.942 waren zurückgekehrt. Während des Sturms auf den Westteil („Phase 3“) flohen demnach fast 800.000.] </i><br />
<br />
<b>Verheerender als Ostaleppo</b><br />
<br />
<table border="0" width="23%" align="right" cellpadding="12" align="right"> <tr> <td>
<img class="alignnone size-full wp-image-683" src="https://jgnachgetragen.files.wordpress.com/2019/01/alleged-russian-civilian-casualty-incidents-in-aleppo-sept.-dec.-2016-airwars.jpg" alt="Alledged Russian Civilian casualty incidents in Aleppo Sept. - Dec. 2016 (Airwars) x" width="246" height="187" />
<p><em><strong><font size="1">Anzahl mutmaßlich russischer Angriffe mit zivilen Opfern in Aleppo</font></strong><font size="1"><br />
- Death in the City, Airwars.org, Mai 2018</font></em></p>
<p> </p></td> </tr></table>Obwohl auch in Ostaleppo die dschihadistischen Milizen die Flucht der Zivilbevölkerung aus den von ihnen kontrollierten Vierteln mit Gewalt zu verhindern suchten, befanden sich dort zu Beginn der Offensive nach Schätzungen der UNO noch 250.000 von ursprünglich mehr als einer Million Bewohner.[19] Am Ende waren es noch knapp 90.000. 36.000 von ihnen ließen sich schließlich mit den Kämpfern evakuieren.[20]<br />
<br />
Allein dadurch, dass die meisten Bewohner das Kampfgebiet rasch verlassen konnten, blieb die Zahl der Opfer deutlich geringer als in Mossul oder Rakka<br />
<br />
Selbstverständlich forderte auch der Einsatz schwerer Waffen gegen Ziele in städtischen Gebieten durch die syrischen und russischen Streitkräfte eine hohe Zahl von Opfern. Da in Aleppo und anderen zurückeroberten Städten keine Mortalitätsstudien wie in Mossul durchgeführt wurden, gibt es keine realistischen und miteinander vergleichbaren Schätzungen über die Opfer der dortigen Offensiven. <br />
<br />
»Airwars« gibt für Ostaleppo und Ostghuta nur die Zahl der Angriffe an, die Russland zugeschrieben werden. Im November 2016 zählte die Initiative 215 russische Angriffe, bei denen vermutlich mehr als 1.000 Zivilisten getötet wurden, ungefähr zwei Drittel davon in Aleppo.<br />
<table border="0" width="23%" align="right" cellpadding="12" align="right"> <tr> <td>
<img class=" size-full wp-image-684 alignright" src="https://jgnachgetragen.files.wordpress.com/2019/01/alleged-russia-casualities-events-in-eastern-ghouta-january-march-2018-airwars-x.jpg" alt="Alleged Russia Casualities events in Eastern Ghouta, January - March 2018 (Airwars)-x" width="198" height="191" />
<p><em><font size="1"><b>Anzahl mutmaßlich russischer Angriffe mit zivilen Opfern in Ost-Ghutaa</b><br />
- Death in the City, Airwars.org, Mai 2018</font></em></p></td> </tr></table>
[In den anderen Monaten der Offensive wurden insgesamt noch eineinhalb Mal so viele Angriffe gezählt. Geht man von einem ähnlichen Verhältnis zwischen Angriffen und Ziviltoten aus, so würden insgesamt rund 1.700 Tote auf das Konto der russischen Streitkräfte gehen.]<br />
<br />
Besser vergleichbar ist der Grad der Zerstörung. Dieser zeigt deutlich, dass die Feldzüge der US-geführten Koalition wesentlich verheerender waren als die der syrischen und russischen Streitkräfte. In Westmossul und Rakka übersteigt das Ausmaß an Zerstörung nach übereinstimmenden Einschätzungen von UN-Missionen, Menschenrechtsorganisationen und Journalisten alles, was seit dem Vietnamkrieg bekannt ist. Im Westen Mossuls wurden nahezu 80 Prozent aller Gebäude zerstört oder schwer beschädigt. Videoaufnahmen und Fotos zeigen westlich des Tigris eine einzige Trümmerlandschaft. Moskau und Damaskus werden oft beschuldigt, Krankenhäuser angegriffen zu haben. Nach Angaben irakischer Behörden wurden in Mossul auch 80 Prozent der medizinischen Einrichtungen der Stadt von Luftangriffen zerstört, darunter das größte Gesundheitszentrum des gesamten Gouvernement Ninive, das mehrere Krankenhäuser, eine medizinische Schule und zahlreiche Labors beherbergte. <a title="" href="#_edn21" name="_ednref21">[21]</a><br />
<br />
Die Verwüstungen in Rakka werden sogar als noch umfassender eingeschätzt. UN-Vertretern zufolge hat die Rückeroberung 80 Prozent der gesamten, einst 400.000 Einwohner zählenden Stadt unbewohnbar gemacht. Die Zerstörungen, die die USA, Großbritannien und Frankreich Rakka zugefügt haben, seien »die schlimmsten seit Jahrzehnten“, so Amnesty International. <a title="" href="#_edn22" name="_ednref22">[22]</a><br />
„<i>Wenn Bomben eingesetzt werden, die groß genug sind, um ganze Gebäude zu zerstören, sowie Artilleriewaffen mit großflächiger Wirkung sind jegliche Behauptungen, zivile Verluste minimiert zu haben, unhaltbar“, </i>so Donatella Rovera, Krisenbeauftragte bei AI. <a title="" href="#_edn23" name="_ednref23">[23]</a> „[[<i>Die brutale Herrschaft des IS und dessen Missbrauch von Zivilist*innen als menschliche Schutzschilde entbindet die Koalition nicht von ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung, die Zivilbevölkerung so weit wie möglich zu schützen.]] Was die Stadt in Ruinen legte und so viele Tote und Verletzte forderte, war der fortgesetzte Beschuss von Wohngebieten im Wissen darum, dass die Zivilbevölkerung dort eingeschlossen war. Auch Präzisionsgeschosse können nur so präzise sein wie die Wahl des Ziels</i>“<a title="" href="#_edn24" name="_ednref24">[24]</a><br />
Ostaleppo erlitt im Zuge seiner Befreiung ebenfalls großflächige Verwüstungen, jedoch bei weitem nicht in dem Ausmaß wie Mossul und Rakka. Nach Einschätzung der UNESCO waren nach Ende der vier Jahre andauernden Kämpfe 60 Prozent der Altstadt, durch die die Front verlief, schwer beschädigt und bis zu 30 Prozent völlig zerstört. Ein erheblicher Teil der Schäden war allerdings bereits im Sommer 2012 beim Eindringen der islamistischen Milizen entstanden. Entgegen der gängigen Version haben in Aleppo nicht Luftangriffe, sondern Straßenkämpfe die meisten Schäden verursacht. Den Beobachtungen des schwedischen Konfliktforschers Jan Oberg zufolge, der die befreiten Gebiete nach Abzug der Milizen in Augenschein nahm, gingen höchstens zehn Prozent der Zerstörungen auf das Konto von Luftangriffen.<a title="" href="#_edn25" name="_ednref25">[25]</a><br />
<br />
Auch der französische Militärhistoriker Michel Goya kommt in seinem im September 2017 in der französischen Zeitung „Le Monde“ veröffentlichten Vergleich zum Ergebnis, dass das Vorgehen der russischen Streitkräfte effektiver und schonender für die Zivilbevölkerung gewesen sei als das der US-Allianz.<a title="" href="#_edn26" name="_ednref26">[26]</a> [Entscheidend sei das zielgerichtete Vorgehen verbunden mit „militärischer Diplomatie“: durch Luftangriffe auf zentrale Punkte der Gegner konnten sie diese häufig so unter Druck setzen, dass sich diverse Fraktionen zu Verhandlungen bereit zeigten. Einen wichtigen Beitrag leistete Goya zufolge, das im Februar 2016 gegründete Zentrum der Wiederversöhnung über die geschützte Transfers feindlicher Kämpfer unter Begleitung der UNO und Hilfsorganisationen organisiert werden konnten.]<br />
Der syrischen und russischen Führung war es stets gelungen, durch Verhandlungen Entscheidungsschlachten in urbanen Zentren bis zum letzten gegnerischen Kämpfer zu vermeiden. So boten sie allen Straffreiheit an, die bereit waren, ihre Waffen abzugeben, und freien Abzug für die, die nicht aufgeben wollten. Von seiten der US-Allianz gab es hingegen keine entsprechenden Anstrengungen bzw. in Rakka erst sehr spät – mit den zu erwartenden Folgen.<br />
<br />
<b>Wiederaufbau in Aleppo ‒ „Totenstadt“ in West-Mossul <\b></b><br />
<br />
Der Wiederaufbau Ostaleppos geht trotz knapper Ressourcen des kriegsgebeutelten Landes und einer umfassenden Handels- und Wirtschaftsblockade durch die westlichen Staaten voran. Das Ende der Kämpfe hat bis Dezember 2017 bereits rund 500.000 aus Aleppo geflohene Einwohner zur Rückkehr bewegt. Mehr als 300.000 wechselten auch wieder in den Ostteil. <a title="" href="#_edn27" name="_ednref27">[27]</a><br />
<br />
Die Lage in Mossul hingegen sieht nach wie vor düster aus. Etwas mehr als die Hälfte der Flüchtlinge ist zurückgekehrt, die meisten drängen sich im nicht so stark verwüsteten Ostteil der Stadt.<a title="" href="#_edn28" name="_ednref28">[28]</a> Der Westen sei immer noch „fast eine Totenstadt“, so der aus Mossul stammende Dominikanerpater Michael Najeeb. „Da findet man kaum ein Haus, das noch aufrecht stünde.“<a title="" href="#_edn29" name="_ednref29">[29]</a> [Hollywood-Star Angelina Jolie, die als Sondergesandter des Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR) Mossul ein Jahr nach der Rückeroberung besuchte, sprach von der „schlimmsten Verwüstung“, die sie in ihren 17 Jahren als Vertreterin der UN-Organisation gesehen habe. Die Straßen der Altstadt von Mosul liegen immer noch in Trümmern, und der Gestank zerfallener Leichen liegt noch in der Luft. <a title="" href="#_edn30" name="_ednref30">[30]</a>] „Auch ein Jahr nach der Befreiung ist Mossul kein Ort zum Leben“, berichtete Oxfam im Juli 2018, als die Hilfsorganisation begann, die Rückkehrer mit fließendem Wasser zu versorgen.<a title="" href="#_edn31" name="_ednref31">[31]</a><br />
<br />
<b>Interesse vor Rücksichtnahme</b><br />
<br />
Die breite Akzeptanz des Krieges der US-Allianz in Syrien und Irak, an dem die Bundesrepublik aktiv beteiligt ist, bis in die Linke hinein beruht zum guten Teil darauf, dass ein massives militärisches Vorgehen gegen den Daesch als alternativlos angesehen wird. Doch kann das grausame Agieren der Dschihadisten keinesfalls eine derart brutale und rücksichtslose Kriegführung unter Missachtung der syrischen Souveränität rechtfertigen. Diese und die Weigerung, mit Damaskus und dessen Verbündeten gemeinsam vorzugehen, zeigen vielmehr, dass dabei andere Ziele im Mittelpunkt standen als die Ausschaltung einer Terrororganisation.<br />
<br />
Die syrischen Streitkräfte und ihre russischen Verbündeten, die es mit Gegnern zu tun haben, die von außen ausgerüstet und unterstützt werden, haben kaum Alternativen zu einem militärischen Vorgehen, wollen sie das Land aus den Händen von Al-Qaida und Co. befreien und den Vertriebenen die Rückkehr ermöglichen.<br />
<br />
Der „Islamische Staat“ jedoch ist ein Produkt der US-amerikanischen Kriegspolitik und konnte nur im Zuge der Umsturzbemühungen der NATO und ihrer arabischen Verbündeten in Syrien derart erstarken. Er konnte sich nur deshalb solange halten, weil er – auch nachdem er vom nützlichen Werkzeug gegen Damaskus schließlich zum Gegner des Westens geworden war – weiterhin Unterstützung – direkt oder indirekt – aus den arabischen Golfmonarchien und der Türkei erhielt. Es hätte daher nahegelegen, ihn zunächst durch effektives Abschneiden vom Nachschub auszutrocknen. Durch politische Zugeständnisse hätten in Mossul gute Chancen bestanden, dass sich die mehrheitlich sunnitische Bevölkerung gegen die Dschihadisten gewandt hätte.<a title="" href="#_edn32" name="_ednref32">[32]</a><br />
Vor keiner der Offensiven gegen die vom Daesch kontrollierten Städte wurden jedoch Alternativen zur „Befreiung durch Zerstörung“ auch nur diskutiert. Den Angehörigen der US-geführten „Anti-IS-Allianz“, ging es offensichtlich nicht um das Los der unter der Herrschaft der Dschihadisten leidenden Bevölkerung. Im Vordergrund stand zunächst der Schutz der westlichen Staaten vor den fanatischen Kämpfern, vor allem aber verfolgten sie geopolitische Ziele wie die Ausweitung der eigenen militärischen Präsenz und des Einflusses in den beiden Ländern, die Zurückdrängung anderer regionaler Kräfte, die Besetzung syrischen Territoriums, die Einflussnahme auf Kriegsverlauf und Friedensverhandlungen.<br />
<br />
Während die russische Unterstützung der syrischen Streitkräfte im Einklang mit dem internationalen Recht steht, führen die NATO-Staaten ihren Luftkrieg in Syrien völkerrechtswidrig und im Irak an der Seite eines von schiitischen Islamisten dominierten Regimes, das die USA im Zuge der Besatzung installiert hatten. [Im Verein mit der Handelsblockade die über Syrien verhängt wurde und der Unterstützung regierungsfeindlicher Milizen erinnert das rücksichtlose Vorgehen dem der europäischen Großmächte im Zeitalter des Kolonialismus.] Die Art und Weise ist, wie es der schwedischen Konfliktforscher Jan Oberg treffend bezeichnete, Ausdruck einer „kolonialen Mentalität“, die „an Rassismus grenzt“. Die „<i>unglaubliche Brutalität der westlichen Politik“ </i>wird jedoch, so<i> </i>der Direktor der „Transnationalen Stiftung für Frieden und Zukunftsforschung“<i> „bequem versteckt, vernachlässigt oder vergessen“</i> <a title="" href="#_edn33" name="_ednref33">[33]</a> Will man den fortgesetzten Kriegen und Interventionen etwas entgegensetzen muss das Verstecken und Vergessen überwunden werden, indem über diese Brutalität ausreichend Öffentlichkeit hergestellt und die Empörung geweckt wird, die sie verdient.<br />
<div>
<hr align="left" size="1" width="33%" />
<div id="edn1"><a title="" href="#_ednref1" name="_edn1">[1]</a> <a href="http://theconversation.com/islamic-state-has-survived-100-000-bombs-and-missiles-and-is-still-active-99407">Islamic State has survived 100,000 bombs and missiles and is still active</a>, The Conversation, 6.7.2018</div>
<div id="edn2"><a title="" href="#_ednref2" name="_edn2">[2]</a> <a href="https://www.hrw.org/de/news/2014/05/27/irak-regierung-greift-krankenhaus-falludscha">Irak: Regierung greift Krankenhaus in Falludscha an - Fassbomben treffen Wohngebiete</a>, Human Rights Watch, 27.5.2014</div>
<div id="edn3"><a title="" href="#_ednref3" name="_edn3">[3]</a> <a href="http://data.parliament.uk/writtenevidence/committeeevidence.svc/evidencedocument/defence-committee/uk-military-operations-in-mosul-and-raqqa/oral/82916.html">UK Military Operations in Mosul and Rakka - Oral evidence</a> - Major-General Jones, Air Vice-Marshal Johnny Stringer, HC 999, Defence Committee, 15.5.2018</div>
<div id="edn4"><a title="" href="#_ednref4" name="_edn4">[4]</a> Joachim Guilliard, <a href="https://www.jungewelt.de/2016/01-26/001.php">Mittel der Kriegführung</a> ‒ Die syrische Regierung setzt Fassbomben gegen die Zivilbevölkerung ein heißt es ‒ Belege dafür gibt es kaum, junge Welt, 26.01.2016.</div>
<div id="edn5"><a title="" href="#_ednref5" name="_edn5">[5]</a> <a href="https://airwars.org/wp-content/uploads/2018/05/Airwars-Death-in-the-City-web.pdf">Death in the city: High levels of civilian harm in modern urban warfare from explosive weapons</a>, Airwars.org. Mai 2018</div>
<div id="edn6"><a title="" href="#_ednref6" name="_edn6">[6]</a> Airwars - Our methodology, <a href="https://airwars.org/methodology/">https://airwars.org/methodology/</a></div>
<div id="edn7"><a title="" href="#_ednref7" name="_edn7">[7]</a> <a href="http://jghd.twoday.net/stories/fortgesetzte-vertuschung-zivile-opfer-im-luftkrieg-der-us-allianz-in-s/http:/www.ossietzky.net/25-2016&textfile=3768">Fortgesetzte Vertuschung – zivile Opfer im Luftkrieg der US-Allianz in Syrien und Irak</a>, Ossietzky 25/2016</div>
<div id="edn8"><a title="" href="#_ednref8" name="_edn8">[8]</a> mehr dazu unter Joachim <a href="https://jg-nachgetragen.blog/2016/11/22/gute-islamisten-schlechte-islamisten-mossul-und-aleppo-ein-lehrstueck-1022596832/">Guilliard, Gute Islamisten, schlechte Islamisten</a>, junge Welt 14.11.2016</div>
<div id="edn9"><a title="" href="#_ednref9" name="_edn9">[9]</a> <a href="http://www.usatoday.com/story/news/politics/2016/04/19/new-rules-allow-more-civilian-casualties-air-war-against-isil/83190812/">New rules allow more civilian casualties in air war against ISIL</a>, USA TODAY, 19.4.2016</div>
<div id="edn10"><a title="" href="#_ednref10" name="_edn10">[10]</a> <a href="https://www.nytimes.com/2017/03/24/world/middleeast/us-iraq-mosul-investigation-airstrike-civilian-deaths.html">U.S. Investigating Mosul Strikes Said to Have Killed Up to 200 Civilians</a>, NYT, 24.3.2017, <a href="http://www.theguardian.com/world/2017/mar/25/mosul-airstrikes-aleppo-vladimir-putin-donald-trump-islamic-state">The west condemned Russia’s bombs – now coalition attacks are killing civilians in Mosul</a>, Guardian, 25.3.2017</div>
<div id="edn11"><a title="" href="#_ednref11" name="_edn11">[11]</a> <a href="https://www.amnesty.org/en/documents/mde24/8367/2018/en/">‘War of annihilation’: Devastating Toll on Civilians, Rakka – Syria</a>, Amnesty International, 5.6. 2018<br />
als interaktive Präsentation <a href="https://raqqa-syria.amnesty.org/">Nowhere to run Trapped in Rakka, Syria </a> <a name="OLE_LINK1"></a>mit Satellitenaufnahmen, Karten auf denen Gebäude und Fluchtwege markiert werden.</div>
<div id="edn12"><a title="" href="#_ednref12" name="_edn12">[12]</a> <a href="https://www.washingtonexaminer.com/policy/defense-national-security/us-military-goes-to-war-with-amnesty-international-over-civilian-casualties-in-syria">US military goes to war with Amnesty International over civilian casualties in Syria</a>, Washington Examiner 5.6.2018</div>
<div id="edn13"><a title="" href="#_ednref13" name="_edn13">[13]</a> <a href="https://www.independent.co.uk/news/world/middle-east/syria-civil-war-raqqa-us-military-bombing-coalition-strike-tracker-amnesty-a8642656.html">Syria war: Amnesty asks public to help track civilian casualties of US-led bombing in Rakka</a>, Independent, 21.11.2018</div>
<div id="edn14"><a title="" href="#_ednref14" name="_edn14">[14]</a> Zitiert nach <a href="https://airwars.org/wp-content/uploads/2018/05/Airwars-Death-in-the-City-web.pdf">Death in the city: High levels of civilian harm in modern urban warfare from explosive weapons</a>, Airwars.org. Mai 2018.</div>
<div id="edn15"><a title="" href="#_ednref15" name="_edn15">[15]</a> <a href="http://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Frieden/BodyCount_internationale_Auflage_deutsch_2015.pdf">„Body Count“ ‒ Opferzahlen nach 10 Jahren "Krieg gegen den Terror"</a>, IPPNW, September 2015</div>
<div id="edn16"><a title="" href="#_ednref16" name="_edn16">[16]</a> Riyadh Lafta, Maha A. Al-Nuaimi, Gilbert Burnham, <a href="https://doi.org/10.1371/journal.pmed.1002567">Injury and death during the ISIS occupation of Mosul and its liberation: Results from a 40-cluster household survey</a>, PLOS,15.5.2018</div>
<div id="edn17"><a title="" href="#_ednref17" name="_edn17">[17]</a> ausführlich erläutert in <a href="https://jg-nachgetragen.blog/2018/10/03/mossul-ein-jahr-nach-der-befreiung/">Mossul ein Jahr nach der „Befreiung“</a>, Ossietzky 18/2018, 15.9.2018.</div>
<div id="edn18"><a title="" href="#_ednref18" name="_edn18">[18]</a> <a href="http://iraqdtm.iom.int/Downloads/DTM%20Emergency%20Tracking/Mosul%20Crisis/0-%20Mosul%20Crisis%20Report/DTM%20ET%20Mosul%20Crisis%20Report%20July%202017.pdf">Mosul Crisis Report Population movements analysis</a>, Displacement Tracking Matrix | DTM, IOM-Iraq Mission, July 2017, <a href="https://reliefweb.int/report/iraq/iraq-complex-emergency-fact-sheet-1-fiscal-year-fy-2018">Iraq - Complex Emergency Fact Sheet #1, Fiscal Year (FY) 2018</a>, US Agency for International Development, 3.11.2017</div>
<div id="edn19"><a title="" href="#_ednref19" name="_edn19">[19]</a> <a href="https://www.irinnews.org/analysis/2017/04/12/eastern-aleppo-under-al-assad">Eastern Aleppo under al-Assad</a>, Irin News, 12.4.2017, <a href="https://www.irinnews.org/analysis/2016/12/13/fall-eastern-aleppo">The fall of eastern Aleppo</a>, Irin News, 13.12.2016</div>
<div id="edn20"><a title="" href="#_ednref20" name="_edn20">[20]</a> <a href="https://reliefweb.int/report/syrian-arab-republic/syrian-arab-republic-aleppo-situation-report-no-13-12-january-2017-enar">Syrian Arab Republic: Aleppo Situation Report No. 13</a>, UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs OCHA, 12.1.2017</div>
<div id="edn21"><a title="" href="#_ednref21" name="_edn21">[21]</a> <a href="https://www.bbc.co.uk/news/resources/idt-9d41ef6c-97c9-4953-ba43-284cc62ffdd0">What's left of Mosul? - BBC News</a>, BBC, 9.8.2017</div>
<div id="edn22"><a title="" href="#_ednref22" name="_edn22">[22]</a> <a href="https://www.independent.co.uk/news/world/middle-east/us-coalition-raqqa-isis-civilian-deaths-amnesty-international-report-uk-france-a8383416.html">US, UK and France 'inflicted worst destruction in decades on Rakka', report claims</a><br />
'More artillery shells were launched into Rakka than anywhere since the end of the Vietnam war' says Amnesty International, The Independent, 5.6.2018</div>
<div id="edn23"><a title="" href="#_ednref23" name="_edn23">[23]</a> Donatella Rovera and Benjamin Walsby, <a href="http://www.theguardian.com/commentisfree/2018/jun/05/british-us-airstrikes-raqqa-civilians-killed">‘Precision’ airstrikes kill civilians. In Rakka we saw the devastation for ourselves</a>, Guardian, 5.6.2018</div>
<div id="edn24"><a title="" href="#_ednref24" name="_edn24">[24]</a> <a href="https://www.amnesty.org/en/documents/mde24/8367/2018/en/">‘War of annihilation’ ...</a>, a.a.O zit, nach dt. PM: <a href="https://www.amnesty.at/presse/syrien-vernichtungskrieg-gegen-is-in-rakka/">Syrien: „Vernichtungskrieg“ gegen IS in Rakka</a> ‒ Umfangreiche Untersuchungen belegen Hunderte Tote unter Zivilist*innen, Amnesty International, 5.6.2018</div>
<div id="edn25"><a title="" href="#_ednref25" name="_edn25">[25]</a> Jan Oberg, <a href="https://janoberg.exposure.co/the-destruction-of-eastern-aleppo-syria">The destruction of Eastern Aleppo, Syria December 2016</a>, 25.12.2016</div>
<div id="edn26"><a title="" href="#_ednref26" name="_edn26">[26]</a> Thomas Pany, <a href="https://www.heise.de/tp/features/Syrien-Warum-das-russische-Militaer-erfolgreicher-vorgeht-als-die-US-Koalition-3831927.html">Syrien: Warum das russische Militär erfolgreicher vorgeht als die US-Koalition</a>, Telepolis, 14.9.2017</div>
<div id="edn27"><a title="" href="#_ednref27" name="_edn27">[27]</a> <a href="https://www.irishtimes.com/news/world/middle-east/aleppo-rebuilds-itself-from-destruction-of-war-1.3267526">"Aleppo rebuilds itself from destruction of war"</a>. Irish Times, 25.10.2017</div>
<div id="edn28"><a title="" href="#_ednref28" name="_edn28">[28]</a> <a href="http://iraqdtm.iom.int/LastDTMRound/IOM%20RWG%20SI%20Categorizing%20Protracted%20Displacement%20in%20Iraq_November%202018.pdf">Categorizing Protracted Displacement in Iraq_November 2018</a>, IOM, November 2018</div>
<div id="edn29"><a title="" href="#_ednref29" name="_edn29">[29]</a> <a href="https://www.vaticannews.va/de/welt/news/2018-07/irak-mossul-terroristen-christen-islamischer-staat-wiederaufbau.html">Irak: Düstere Aussichten für das „befreite“ Mossul</a>, Vatican News, 9.7.2018</div>
<div id="edn30"><a title="" href="#_ednref30" name="_edn30">[30]</a> <a href="https://www.rt.com/news/429995-jolie-mosul-devastation-bodies/">‘You can smell the bodies’: Angelina Jolie in Mosul one year after ‘liberation’ by US-led coalition</a>, RT: 17.6.2018</div>
<div id="edn31"><a title="" href="#_ednref31" name="_edn31">[31]</a> <a href="https://www.epo.de/index.php?option=com_content&view=article&id=14762:irak-auch-ein-jahr-nach-der-befreiung-ist-mossul-kein-ort-zum-leben&catid=30&Itemid=72">Irak Auch ein Jahr nach der Befreiung ist Mossul kein Ort zum Leben</a>, Oxfam, 9.7.2018</div>
<div id="edn32"><a title="" href="#_ednref32" name="_edn32">[32]</a> <a href="https://jg-nachgetragen.blog/2017/08/14/die-schlacht-um-mossul-imi-studie-1022630209/">Die Schlacht um Mossul</a> ‒ Der Irak zerrissen durch den Krieg gegen den „Islamischen Staat“, interne Konflikte und äußere Intervention, Informationsstelle Militarisierung, <a href="http://www.imi-online.de/download/IMI-Studie2017-11b-Irak-web.pdf">IMI-Studie 2017/11b</a>, 9.8.2017</div>
<div id="edn33"><a title="" href="#_ednref33" name="_edn33">[33]</a> Jan Oberg in seiner Einführung zur Artikelserie von Farhang Jahanpour, <a href="https://transnational.live/2018/08/24/regime-change-not-iran-too/">Regime Change: Not Iran Too!</a> a educational series on regime change in the Middle East, Transnational Foundation for Peace & Future Research (TFF), 17.8.2018</div>
</div>
JGuilliard
Nahost
Copyright © 2019 JGuilliard
2019-01-26T19:26:00Z
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„Raus aus der Nato”
https://jghd.twoday.net/stories/raus-aus-der-nato/
Das einzige realistische Szenario ist, dass sukzessive einzelne Mitgliedsländer oder auch, abgestimmt, Gruppen von Ländern der Allianz den Rücken kehren und diese damit stetig an Bedeutung verlieren würde. Daraus ergibt sich hierzulande logischer Weise die Forderung an die Bundesregierung nach einem Austritt Deutschlands. Diese richtet sich an eine konkrete dafür zuständige Adresse und wäre bei entsprechenden Mehrheiten einfach umzusetzen: gemäß Artikel 13 des Nordatlantikvertrags „kann jede Partei aus dem Vertrag ausscheiden, und zwar ein Jahr, nachdem sie der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika die Kündigung mitgeteilt hat.“<br />
<br />
Dennoch tun sich viele Linke und Friedensbewegte mit der Forderung „Deutschland raus aus der NATO“ schwer oder wollen sich aus prinzipiellen Erwägungen auf die nach Auflösung beschränken.<br />
<br />
Ein deutscher Austritt allein würde die Kriegspolitik der NATO nicht grundlegend ändern, so argumentieren manche, Berlin würde jedoch jeglichen Einfluss auf sie verlieren.<br />
<br />
Dabei werden jedoch die Einflussmöglichkeiten stark überschätzt. Die Allianz ist kein demokratischer Club. Ihre Politik wird durch das Agieren ihrer mächtigsten Mitgliedsstaaten bestimmt, vor allem natürlich durch das der USA, für die die NATO von Beginn an ein entscheidendes Mittel war, die europäischen imperialistischen Mächte auf einen gemeinsamen, von Washington dominierten Kurs zu bringen. Gibt es innerhalb der NATO keine Einigkeit ‒ dies ist eher die Regel ‒ dann operieren die USA, wie wir gesehen haben, einfach mit einer Allianz von Willigen, können dabei aber bei ihren Kriegshandlungen auf die komplette, im Rahmen der NATO geschaffenen Infrastruktur und das in Manövern eingespielte Zusammenwirken zurückgreifen.<br />
<br />
Sowohl beim zweiten Krieg gegen den Irak 2003 als auch beim Überfall auf Libyen war Deutschland dadurch trotz politischer Ablehnung aktiv an den Feldzügen beteiligt. Über die US-Militärbasen in Deutschland lief bekanntlich u.a. ein Großteil des Nachschubs in den Nahen Osten und der Kommunikation und deutsche Soldaten setzten durch die Übernahme von Wachaufgaben US-amerikanischen für ihren Einsatz gegen den Irak frei. Die Luftangriffe auf libysche Städte 8 Jahre später wurden zum großen Teil in Ramstein und Stuttgart gesteuert.<br />
<br />
Aufgrund ihrer zentralen Bedeutung, würde ein Wegfall ihrer Stützpunkte und ihrer Infrastruktur in Deutschland die militärischen Möglichkeiten der USA in Europa, Westasien und Afrika für längere Zeit spürbar einschränken. Ein Austritt und die logischer Weise damit verbundenen Kündigung des NATO-Truppenstatus und des Vertrags über die Stationierung ausländischer Streitkräfte, die ebenfalls problemlos mit einer Kündigungsfrist von zwei Jahren möglich ist, könnte so durchaus den Umfang militärischer Interventionen in diesen Regionen verringern.<br />
<br />
Viele lehnen die Losung „Raus aus der NATO“ ab, weil sie auf einen nationalen Alleingang abzielen würde und Unterstützung rechter, nationalistischer Kreise anziehen könnte. Tatsächlich bezieht sich die Forderung aber nicht nur auf einen Austritt Deutschlands, sondern auf den möglichst vieler Länder und soll selbstverständlich im Bündnis mit Bewegungen anderer Mitgliedsstaaten vorangetrieben werden. In vielen Ländern, wie z.B. Portugal oder Griechenland, ist die Stimmung gegen die NATO wesentlich ausgeprägter als hier und selbst in Großbritannien wurde mit Jeremy Corbyn ein langjähriger scharfer NATO-Kritiker Labour-Vorsitzender. [[Dieser erklärte nach seiner Wahl, er würde eigentlich das Land gerne aus dem Bündnis entfernen, solange es dafür aber noch keine Mehrheit in der Bevölkerung gäbe, wolle er stattdessen seine Rolle einschränken.<a href="#_ftn1" name="_ftnref1">[1]</a>]]<br />
<br />
Natürlich gibt es in Deutschland Kapitalfraktionen, die eine unabhängige deutsche Großmachtrolle anstreben und aus diesem Grund einen Austritt aus NATO befürworten könnten. Raus aus NATO war aber nie eine isolierte Forderung, sondern stets verbunden mit der nach Abrüstung und Beschränkung der Außenpolitik auf friedliche Mittel. Da das Engagement gegen die NATO selbstverständlich mit der Forderung nach einer weitgehenden Abrüstung der Bundeswehr zusammen gehen muss, zumindest bis hin zu einer strukturellen Nichtangriffsfähigkeit der deutschen Streitkräfte, müsste man keinen Beifall von der falschen Seite befürchten.<br />
<br />
Auch die Furcht vor der Aggressivität einer unabhängigen deutschen Großmacht, die nicht mehr in einem Bündnis durch andere mächtige Staaten eingebunden ist, wird häufig gegen einen Austritt ins Feld geführt. Die Vorstellung jedoch, der deutsche Imperialismus würde ausgerechnet durch die Mitgliedschaft im westlichen Aggressionsbündnis unter Führung der USA eingehegt, erscheint reichlich abwegig. Wie die Entwicklung seit dem Anschluss der einstigen DDR zeigt, war und ist für den deutschen Imperialismus die NATO der unverzichtbare Rahmen für die Entwicklung des wiedervereinten Deutschland zur „normalen“ militärischen Großmacht. Es war der NATO-Krieg gegen Jugoslawien, in dem es seine bisherige Zurückhaltung aufgeben und zum ersten Mal nach 1945 wieder aktiv an einem Krieg teilnehmen konnte und der Krieg in Afghanistan ermöglichte den deutschen Streitkräften wieder erste praktische Kampferfahrungen. Außerhalb der NATO wäre die Bundeswehr bis heute kaum über Blauhelmeinsätze im Rahmen von UNO-Missionen hinausgekommen.<br />
<br />
Die herrschenden Kreise bemühen sich zwar, über den Aufbau eigenständiger militärischer Strukturen der EU ein zweites Standbein zu entwickeln. Dennoch wären die Möglichkeiten, militärische Mittel zur Durchsetzung eigener Interessen einzusetzen nach einem Ausscheren aus dem von den USA dominierten Lager für absehbare Zeit recht begrenzt. Nicht nur in Washington, auch in den Hauptstädten der anderen westeuropäischen Mächte würde die deutsche Politik äußerst misstrauisch verfolgt.<br />
<br />
Vor allem wäre ein Austritt ja auch nicht isoliert von der sonstigen politischen Entwicklung im Land durchzusetzen. Wenn die linken und friedensbewegten Kräfte einmal so stark sein werden, ihn auf die Tagesordnung zu setzen, haben sie sicherlich auch die Kraft den deutschen Militarismus zurückzudrängen, Abrüstungsschritte durchzusetzen und die Interventionsfähigkeit der Bundeswehr zu beschränken. Und selbstverständlich stünde dann neben dem Austritt aus der NATO auch das Ausscheren aus den militärischen Strukturen der EU auf der Agenda.<br />
<br />
Die Fraktion DIE LINKE hat im Juni 2016 einen Antrag in den Bundestag eingebracht, „die NATO durch ein kollektives System für Frieden und Sicherheit in Europa unter Einschluss Russlands [zu] ersetzen“. Als einen ersten Schritt auf diesem Weg fordert sie „den Austritt aus den militärischen und Kommandostrukturen der NATO“ und die Kündigung des NATO-Truppenstatuts sowie eine Vereinbarung mit den USA, Großbritannien und Frankreich über den Abzug ihrer Truppen aus Deutschland. Durch die Beschränkung auf den Austritt aus der militärischen Integration würde man, nach den Vorstellungen der Linksfraktion, die NATO nicht einfach sich selbst überlassen, sondern Berlin ermöglichen, weiterhin auf Entscheidungen der NATO einzuwirken. <a href="#_ftn2" name="_ftnref2">[2]</a> Sie klingt auch realistischer, da es für einen solchen Schritt bereits Präzedenzfälle gibt:1966 hatte Charles de Gaulle einen solchen Austritt erklärt, Griechenland folgte 1974 und Spanien 1982. Dies führte jeweils zwar zu einigen Turbulenzen im Bündnis, führte aber zu keinem Bruch dieser Staaten mit den USA und den übrigen Staaten der Allianz. Alle drei unterstützten jedoch in dieser Zeit politisch weiterhin weitgehend den, von den USA vorgegeben Kurs und traten später wieder vollständig bei (Griechenland 1980, Spanien 1999 und Frankreich 2009). Dies zeigt bereits die Beschränktheit einer solchen Maßnahme. Zudem erscheint die Vorstellung, ein militärisch ausgestiegenes Deutschland könnte mäßigend auf die Kriegspolitik der NATO einwirken, ziemlich naiv.<br />
<br />
Als ersten Schritt zu einem vollständigen Austritt, verbunden mit der Kündigung der Abkommen, die ausländischen Truppen die Nutzung von Militärstützpunkten auf deutschen Territorium ermöglicht, wäre ein Ausscheiden aus den militärischen Strukturen natürlich ein enormer Erfolg. In diesem Sinn ist die Initiative der Linksfraktion durchaus zu begrüßen. Die Friedensbewegung sollte dennoch weiterhin beim konsequenten und auch einfacher zu vermittelnden „Raus aus der NATO“ bleiben.<br />
<br />
<a href="#_ftnref1" name="_ftn1">[1]</a> <a href="https://www.telegraph.co.uk/news/politics/Jeremy_Corbyn/11829048/Jeremy-Corbyn-backtracks-on-calls-for-Britain-to-leave-Nato.html">Jeremy Corbyn backtracks on calls for Britain to leave Nato</a>, The Telegraph, 27.5.2015<br />
<br />
<a href="#_ftnref2" name="_ftn2">[2]</a> Alexander Neu, <a href="http://neu-alexander.de/2017/10/nato-aufloesung-ist-einfacher-als-transformation-gastbeitrag-welttrends-oktober-2017/">NATO: Auflösung ist einfacher als Transformation – Gastbeitrag</a>, Welttrends, Oktober 2017
JGuilliard
NATO
Copyright © 2019 JGuilliard
2019-01-25T19:22:00Z
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„Vernichtungskriege“ ‒ die verschleierte Brutalität des Krieges der US-Allianz...
https://jghd.twoday.net/stories/httpjghdtwodaynetstoriesvernichtungskriege-verschleierte-brutalitaet-u/
<b>„Death in the city“ ‒ Präzisionswaffen der NATO mindestens so tödlich wie andere<b> </b></b><br />
<br />
Der syrischen und russischen Luftwaffe wird, zum Teil in regelrechten Kampagnen, vor allem der Einsatz einfacher ungelenkter Bomben oder gar primitiver „Fassbomben“, vorgeworfen. Auch die Kommandeure der Streitkräfte der USA und anderer NATO-Staaten heben in der Verteidigung ihrer Kriegsführung stets die höhere Präzision ihrer Waffen und die Anstrengungen ihrer Einheiten hervor, Kollateralschäden zu minimieren.<br />
<br />
[Da „die Russen“ sich „nicht dieselben Restriktionen auferlegen“ würden, wie sie, so z.B. Vize-Luftmarschall Stringer bei einer Anhörung des Verteidigungsausschuss des britischen Parlaments, hätten sie an Orten wie Aleppo zu 90 Prozent ungelenkte Waffen aus mittlerer Höhe eingesetzt, aus der sie Ihre Ziele meist um Dutzende Meter verfehlen mussten. Sie selbst aber wollten sich am Ende des Tages noch im Spiegel in die Augen schauen können. <a href="#_edn1" name="_ednref1" title="" >[1]</a>]<br />
<br />
Eine Studie der britischen Initiative Airwars über die Luftkriege in Syrien und im Irak zeigt jedoch, dass die höhere Präzision der Waffen der NATO-Staaten beim Einsatz in dicht besiedelten urbanen Schlachtfeldern keineswegs geringere zivile Schäden und weniger Opfer verursacht.<a href="#_edn2" name="_ednref2" title="" >[2]</a> Die Analyse der Beobachtergruppe, die täglich Berichte über Luftangriffe, eingesetzte Munition und zivile Opfer in den beiden Länder auswertet, deutet darauf hin, dass sie sogar zu noch größeren Schäden führen. Durch das größere Vertrauen in ihre Treffsicherheit seien die Militärs, so der Verdacht, häufiger bereit, Explosionswaffen mit großer Sprengkraft in bevölkerungsreichen Stadtvierteln einzusetzen.<br />
<br />
<div align="center">
<img src="https://jgnachgetragen.files.wordpress.com/2018/12/Munitions-released-West-Mosul-claimed-civilian-deaths-Airwars.jpg" alt="In Mossul eingesetzte Munition und Zahl der Ziviltoten (Airwars)" width="560" height="344" /><br />
<em>Von der US-Allianz vom März bis Juli 2017 auf West-Mossul abgefeuerte Bomben und Raketen und Zahl ziviler Opfer, für die sie mindestens verantwortlich ist - Death in the City, Airwars.org, Mai 2018</em><br />
</div><br />
Die verdienstvolle britische Initiative bemüht sich um Objektivität, übernimmt jedoch beim Blick auf den Krieg in Syrien zum großen Teil die westliche Sichtweise. So wird das militärische Eingreifen Russlands in Syrien generell wesentlich kritischer gesehen als das der NATO-Staaten. Während Airwars sich auch auf syrische oppositionelle Quellen, wie das Syrian Network for Human Rights, das Violation Documentation Center (VDC) und die berüchtigten „Weißhelme“ stützt,<a href="#_edn3" name="_ednref3" title="" >[3]</a> werden andere regionale Quellen, wie beispielsweise russische und iranische Medien, nicht berücksichtigt. Nur dort gemeldete Opfer finden daher keinen Eingang in ihre Datenbank, nicht einmal in ihrer Kategorie „schwach belegt“ (s. Ossietzky 25/2016).<a href="#_edn4" name="_ednref4" title="" >[4]</a><a name="OLE_LINK10" class="mce-item-anchor"></a><br />
Durch die unterschiedliche Quellenlage dürfte der Prozentsatz der von Airwars erfassten Opfer bei Angriffen der US-Allianz deutlich niedriger liegen als bei syrischen und russischen. Dennoch kommt die Initiative in ihrer Untersuchung zum Ergebnis, dass die Angriffe der russischen Luftwaffe in Aleppo und Ost-Ghuta nicht mehr zivile Opfer gefordert haben als die der Allianz. Setzt man ihre Zahl jeweils in Beziehung zur Zahl der Angriffe und der Menge und Sprengkraft der eingesetzten Munition, so zeige sich in allen Fällen eindeutig, dass die Zahl der dabei getöteten Zivilisten hauptsächlich von der Intensität des Bombardements und der Bevölkerungsdichte im Zielgebiet abhängt.<br />
<br />
<div align="center">
<img src="https://jgnachgetragen.files.wordpress.com/2018/12/Munition-used-civilian-deaths-Raqqa-Airwars.jpg" alt="In Raqqa eingesetzte Munition und Zahl der Ziviltoten (Airwars)" width="560" height="304" /><br />
<em>Auch in Raqqa stellte Airwars einen engen Zusammenhang fest, zwischen der Menge an Bomben und Raketen, die von der US-Allianz vom März bis Oktober 2017 auf Raqqa abgefeuert wurde und der Anzahl ziviler Opfer, für die sie mindestens verantwortlich ist – Death in the City, Airwars.org, Mai 2018<br /></em><br />
</div><br />
<b>„Einkreisen und Auslöschen“ ‒ die Eskalation des Luftkrieges gegen den Daesch<b> </b></b><br />
<br />
Man benötigt wenig Phantasie, um dies zu erklären. Was nützt eine Zielgenauigkeit von zehn Metern, wenn Bomben mit 500 Kilogramm Sprengstoff oder mehr auf enge Viertel wie die Altstadt von Mossul abgeworfen werden, wo jede Bombe mehrere Gebäude zum Einsturz bringen kann. Was nützt die beste Zielgenauigkeit, wenn keine Informationen vorliegen, wo sich wie viele Zivilisten aufhalten. Mit Luftaufklärung allein, auf die sich die US-Allianz nahezu ausschließlich stützen musste, lassen sich militärische Ziele nicht zweifelsfrei ausmachen und noch weniger die Zahl der Menschen, die sich in diesen oder in angrenzenden Gebäuden aufhalten ‒ selbst wenn dies tatsächlich von Interesse gewesen wäre.<a href="#_edn5" name="_ednref5" title="" >[5]</a> Daran bestehen jedoch starke Zweifel. Um die Verluste der eigenen Seite zu minimieren, waren bereits unter US-Präsident Barack Obama die Einsatzregeln für die US-Luftwaffe gelockert worden. [Die Entscheidung über Luftangriffe wurde zunehmend auf lokale Kommandeure verlagert. Diese konnten nun schon sogenannte Luftunterstützung anfordern, wenn aus einem Gebäude auf sie gefeuert wurde.<a href="#_edn6" name="_ednref6" title="" >[6]</a> Die Trump-Regierung eskalierte im Mai 2017 die rücksichtslose Kriegsführung noch weiter, in dem sie das „Einkreisen und Auslöschen“ des Daesch als neue Taktik anordnete. Die Rückkehr der in seinen Reihen kämpfenden Ausländer in die USA oder nach Europa sollte durch das Töten möglichst vieler Daesch-Mitglieder vor Ort verhindert werden.<br />
<br />
<b>Raqqa ‒ präzise Angriffe, verheerender Blutzoll </b> <br />
<br />
Es ist daher dreist, wenn Sprecher der US-Streitkräfte behaupten, die Präzision ihrer Angriffe hätte es erlaubt, den IS mit geringen zivilen Opfern aus Raqqa zu vertreiben. Diese Behauptung wurde von westlichen Medien kritiklos wiedergegeben, obwohl sie, wie eine zweiwöchige Recherche von Amnesty International (AI) vor Ort zeigt, nicht einmal einer oberflächlichen Betrachtung standhält. Das AI-Team untersuchte anhand des Schicksals von vier Großfamilien exemplarisch die tödlichen Folgen der „präzisen“ Angriffe und überschrieb ihren Bericht mit „‘Vernichtungskrieg‘: Verheerender Blutzoll für die Zivilbevölkerung“. Am eindringlichsten beschreibt der Fall der Familie Badran das Grauen, das die verbliebene Bevölkerung in der einst 400.000 Einwohner zählenden Stadt erleiden musste. 39 Familienmitglieder und zehn Nachbarn waren durch vier verschiedene Luftangriffe auf die Gebäude getötet worden, in denen sie Schutz gesucht hatten, „als sie von Ort zu Ort flohen, verzweifelt bemüht, den sich schnell verlagernden Frontlinien auszuweichen“. Die anderen drei Familien hatten 42 Todesopfer zu beklagen, 33 davon ebenfalls durch Luftangriffe, die ihre Häuser in Schutt und Asche legten. Sieben starben durch Minen des Daesch, als sie dem Inferno entfliehen wollten und zwei durch Mörsergranaten, abgefeuert wahrscheinlich von den hauptsächlich aus syrisch-kurdischen Kämpfern bestehenden Bodentruppen der Allianz. Keines der getroffenen Gebäude hatte übereinstimmenden Zeugenaussagen zufolge zu diesem Zeitpunkt Kämpfer beherbergt, nichts an ihnen ließ sie, soweit das AI-Team es noch beurteilen konnte, als militärisches Ziel erscheinen. <a href="#_edn7" name="_ednref7" title="" >[7]</a><br />
Airwars zählte insgesamt 1.300 sichere und 3.200 mögliche zivile Opfer der US-Angriffe. Die tatsächliche Zahl ist, so auch die Initiative selbst, sicherlich wesentlich höher.<br />
<br />
<b>Mossul ‒ über zwanzigtausend Zivilisten von Luftangriffen der NATO getötet</b><br />
<br />
Auch beim Sturm auf Mossul liegen Dichtung und Wahrheit weit auseinander. Konfrontiert mit Berichten über zivile Opfer der US-Armee und ihrer Verbündeten, verstieg sich US-Verteidigungsminister James Mattis im August 2017, kurz nach der Rückeroberung Mossuls, zur Behauptung, es habe noch „kein Militär in der Weltgeschichte“ gegeben, „das mehr Wert darauf gelegt hat, zivile Opfer und den Tod von Unschuldigen auf dem Schlachtfeld zu begrenzen“.<a href="#_edn8" name="_ednref8" title="" >[8]</a><br />
326 zivile Opfer eigener Angriffe räumt die US-Allianz mittlerweile selbst ein. Einer repräsentativen Studie vor Ort zufolge, die im Mai 2018 in der renommierten Fachzeitschrift PLOS Medicine veröffentlicht wurde, muss vom Sechzigfachen ausgegangen werden. Die Gesamtzahl der im Zuge der Kämpfe um die Stadt Getöteten liegt demnach in der Größenordnung von 90.000, darunter 33.000 Frauen und Mädchen. Ungefähr vierzig Prozent der Toten kamen den Angaben der Überlebenden zufolge bei Luftangriffen ums Leben. Da vermutlich die meisten Frauen und eine ebenso große Zahl von Männern keine Kämpferinnen beziehungsweise Kämpfer waren, muss man davon ausgehen, dass die Luftwaffen der USA, Frankreichs und Großbritannien, die ‒ unterstützt von der Bundeswehr ‒ fast alle Angriffe flogen, für den Tod von mehr als 20.000 Zivilisten verantwortlich sind (mehr dazu in Ossietzky 18/2018).<br />
<br />
Neben völliger Rücksichtslosigkeit sind auch fehlende Fluchtmöglichkeiten für die hohe Zahl von Opfern mitverantwortlich. Während sich die syrische und russische Führung stets um Fluchtkorridore bemühten, hatte die US-geführte Allianz Flugblätter abgeworfen, in denen die Bevölkerung zum Bleiben aufgefordert wurde. Eingeschlossen durch die Front der angreifenden Bodentruppen und bedroht vom Daesch blieben so bis zum Schluss Hunderttausende eingeschlossen. <br />
[Zu Beginn der Offensive auf West-Mossul lebten dort noch mit Sicherheit über 800.000 Menschen. Den Daten der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zufolge, hatten bis Mitte Juni erst knapp 400.000 von ihnen die Stadt verlassen, viele wohl erst, nachdem ihre Viertel von Regierungstruppen eingenommen worden waren. Weitere 400.000 konnten erst in den allerletzten Tagen dem Inferno entrinnen. <a href="#_edn9" name="_ednref9" title="" >[9]</a><br />
<br />
<img src="https://jgnachgetragen.files.wordpress.com/2018/12/Population-Movements-Timeline-during-Mosul-Crisis-IOM.png" alt="Zeitliche Entwicklung der Flüchtlingszahlen während der Mossul-Offensive - IOM, Iraq Mission, July 2017" width="640" height="310" /><br />
<span style="color: #808080;"><em>Zeitliche Entwicklung der Flüchtlingszahlen während der Mossul-Offensive - IOM, Iraq Mission, July 2017</em></span><br />
<br />
Die hellblaue Linie gibt die Entwicklung der Gesamtzahl der Menschen wieder die aus Mosul flohen (als IDP, d.h. interne Vertriebene bezeichnet), die dunkelblaue die Zahl der zurückgekehrten und die rote Linie die derjenigen, die zum angegeben Zeitpunkt noch vertrieben waren.<br />
<br />
Die folgende Grafik zeigt die letzte Phase der Offensive genauer<br />
<br />
<img src="https://jgnachgetragen.files.wordpress.com/2018/12/Population-Movements-Timeline-during-Mosul-Crisis-Phase-3-IOM.png" alt="Entwicklung der Flüchtlingszahlen während der letzten Phase der Mossul-Offensive - IOM, Iraq Mission, July 2017" width="640" height="216" /><br />
<br />
<span style="color: #808080;"><em>Entwicklung der Flüchtlingszahlen während der letzten Phase der Mossul-Offensive - IOM, Iraq Mission, July 2017</em></span><br />
]<br />
<br />
<br />
<b>Verheerender als Ost-Aleppo und Ost-Ghuta</b><br />
<br />
Obwohl auch in Ost-Aleppo die dschihadistischen Milizen die Flucht der Zivilbevölkerung aus den von ihnen kontrollierten Vierteln mit Gewalt zu verhindern suchten, befanden sich dort zu Beginn der Offensive nach Schätzungen der UNO noch 250.000 von ursprünglich mehr als einer Million Bewohner (<a href="https://www.irinnews.org/analysis/2017/04/12/eastern-aleppo-under-al-assad">Eastern Aleppo under al-Assad</a>, Irin News, 12.4.2017). Am Ende waren es noch knapp 90.000. 36.000 von ihnen ließen sich schließlich mit den Kämpfern evakuieren. (<a href="https://reliefweb.int/report/syrian-arab-republic/syrian-arab-republic-aleppo-situation-report-no-13-12-january-2017-enar">Syrian Arab Republic: Aleppo Situation Report No. 13</a>, UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs OCHA, 12.1.2017) Allein dadurch, dass die meisten Bewohner das Kampfgebiet rasch verlassen konnten, blieb die Zahl der Opfer um vieles geringer als in Mossul oder Raqqa.<br />
<br />
<img src="https://jgnachgetragen.files.wordpress.com/2019/01/alleged-russian-civilian-casualty-incidents-in-aleppo-sept.-dec.-2016-airwars.jpg" alt="Alledged Russian Civilian casualty incidents in Aleppo Sept. - Dec. 2016 (Airwars) x" width="300" height="228" />
<br /><em><strong>Anzahl mutmaßlich russischer Angriffe mit zivilen Opfern in Aleppo</strong><br />
Death in the City, Airwars.org, Mai 2018</em><br />
<br />
Selbstverständlich forderte auch der Einsatz schwerer Waffen gegen Ziele in städtischen Gebieten durch die syrischen und russischen Streitkräfte viele Opfer. Da in Aleppo und anderen zurückeroberten Städten keine Mortalitätsstudien wie in Mossul durchgeführt wurden, kann man die Zahlen der Opfer der dortigen Offensiven kaum schätzen und vergleichen. Durch die Auswertung von Meldungen der Medien, Krankenhäuser und lokalen Beobachter kann man stets nur einen kleinen Teil der Getöteten erfassen. Dieser ist umso geringer, je heftiger die Kämpfe sind. So konnte Airwars in Mossul nur 9.000 Tote erfassen, ein Zehntel der Zahl, die die PLOS-Studie nahelegt. Ein solch geringer Anteil ist, wie die IPPNW-Studie „‚Body Count‘ ‒ Opferzahlen nach 10 Jahren ‚Krieg gegen den Terror‘“ zeigt, in Kriegssituationen durchaus typisch.<br />
<br />
<img src="https://jgnachgetragen.files.wordpress.com/2019/01/alleged-russia-casualities-events-in-eastern-ghouta-january-march-2018-airwars-x.jpg" alt="Alleged Russia Casualities events in Eastern Ghouta, January - March 2018 (Airwars)-x" width="300" height="290" />
<br /><strong>Anzahl mutmaßlich russischer Angriffe mit zivilen Opfern in Ost-Ghutaa</strong><br />
<em>Death in the City, Airwars.org, Mai 2018</em><br />
<br />
Vergleicht man jedoch das Ausmaß der Zerstörungen, so wird deutlich, dass die Feldzüge der US-geführten Koalition wesentlich verheerender sind als die der syrischen und russischen Streitkräfte. Besonders in West-Mossul und Raqqa übersteigt das Ausmaß an Zerstörung nach übereinstimmenden Einschätzungen von UN-Missionen, Menschenrechtsorganisationen und Journalisten alles, was wir seit dem Vietnamkrieg gesehen haben.<br />
<br />
Im Westen Mossuls wurden nahezu 80 Prozent aller Gebäude zerstört oder schwer beschädigt. Video-Aufnahmen und Fotos zeigen westlich des Tigris eine einzige Trümmerlandschaft. [Durch Luftangriffe zerstört wurden nach Angaben irakischer Behörden auch 80 Prozent der medizinischen Einrichtungen der Stadt, darunter das größte Gesundheitszentrum des gesamten Gouvernement Ninive, das mehrere Krankenhäuser, eine medizinische Schule und zahlreiche Labors beherbergte.<a href="#_edn10" name="_ednref10" title="" >[10]</a> ]<br />
<br />
Die Verwüstungen in Raqqa werden sogar als noch umfassender eingeschätzt. Während in Mossul „nur“ der Westen in ein Trümmerfeld verwandelt wurde, hat die Rückeroberung Raqqas UN-Vertretern zufolge 80 Prozent der gesamten, einst 400.000 Einwohner zählenden Stadt unbewohnbar gemacht. Die Zerstörungen, die die USA, Großbritannien und Frankreich Raqqa zugefügt haben, seien „die schlimmsten seit Jahrzehnten“, so Amnesty International. <a href="#_edn11" name="_ednref11" title="" >[11]</a><br />
„Wenn Bomben eingesetzt werden, die groß genug sind, um ganze Gebäude zu zerstören, sowie Artilleriewaffen mit großflächiger Wirkung, sind jegliche Behauptungen, zivile Verluste minimiert zu haben, unhaltbar“, so Donatella Rovera, Krisenbeauftragte bei AI. <a href="#_edn12" name="_ednref12" title="" >[12]</a><br />
<i>„Die brutale Herrschaft des IS und dessen Missbrauch von Zivilist*innen als menschliche Schutzschilde entbindet die Koalition nicht von ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung, die Zivilbevölkerung so weit wie möglich zu schützen. Was die Stadt in Ruinen legte und so viele Tote und Verletzte forderte, war der fortgesetzte Beschuss von Wohngebieten im Wissen darum, dass die Zivilbevölkerung dort eingeschlossen war. Auch Präzisionsgeschosse können nur so präzise sein wie die Wahl des Ziels</i>“<a href="#_edn13" name="_ednref13" title="" >[13]</a><br />
Ost-Aleppo erlitt im Zuge seiner Befreiung ebenfalls großflächige Verwüstungen, jedoch bei weitem nicht in dem Ausmaß wie Mossul und Raqqa. Nach Einschätzung der UNESCO waren nach Ende der vier Jahre andauernden Kämpfe 60 Prozent der Altstadt, durch die die Front verlief, schwer beschädigt und bis zu 30 Prozent völlig zerstört. Ein erheblicher Teil der Schäden wurde allerdings bereits im Sommer 2012 beim Eindringen der islamistischen Milizen verursacht.<br />
<br />
[Entgegen dem Bild in den Medien und im Unterschied zu Mossul und Raqqa waren in Aleppo die meisten während der Rückeroberung entstanden Schäden den Beobachtungen des schwedischen Konfliktforschers Jan Oberg zufolge, der die befreiten Gebiete nach Abzug der Milizen in Augenschein nahm, während der Straßenkämpfe entstanden. Er schätzt, dass höchsten zehn Prozent der Zerstörungen auf das Konto von Luftangriffen gehen.<a href="#_edn14" name="_ednref14" title="" >[14]</a> ]<br />
<br />
Die syrische und russische Führung bemühte sich bei der Rückeroberung von Städten stets, durch Verhandlungen Entscheidungsschlachten in urbanen Zentren bis zum letzten gegnerischen Kämpfer zu vermeiden, indem sie allen Straffreiheit anboten, die bereit waren, ihre Waffen abzugeben, und freien Abzug für die, die nicht aufgeben wollten. Von Seiten der US-Allianz gab es hingegen keine entsprechenden Anstrengungen ‒ mit den zu erwartenden Folgen.<br />
<br />
<b>Wiederaufbau in Aleppo ‒ Westmossul bleibt „fast eine Totenstadt“</b><br />
<br />
Der Wiederaufbau Ost-Aleppos geht trotz knapper Ressourcen des kriegsgebeutelten Landes und eines umfassenden Embargos durch die westlichen Staaten voran. Das Ende der Kämpfe hat bis Dezember 2017 bereits rund 500.000 aus Aleppo geflohene Einwohner zur Rückkehr bewegt. Über 300.000 wechselten auch wieder in den Ostteil. <a href="#_edn15" name="_ednref15" title="" >[15]</a><br />
Die Lage in Mossul hingegen sieht nach wie vor düster aus. Etwas mehr als die Hälfte der Flüchtlinge ist zurückgekehrt, die meisten drängen sich im nicht so stark verwüsteten Ostteil der Stadt.<a href="#_edn16" name="_ednref16" title="" >[16]</a> Der Westen sei noch „fast eine Totenstadt“, so der aus Mossul stammende Dominikanerpater Michaeel Najeeb. „Da findet man kaum ein Haus, das noch aufrecht stünde.“ Hollywood-Star Angelina Jolie, die als Sondergesandter des Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR) Mossul ein Jahr nach der Rückeroberung besuchte, sprach von der „schlimmsten Verwüstung“, die sie in ihren 17 Jahren als Vertreterin der UN-Organisation gesehen habe. Die Straßen der Altstadt von Mosul liegen immer noch in Trümmern, und der Gestank zerfallener Leichen liegt noch in der Luft. <a href="#_edn17" name="_ednref17" title="" >[17]</a>„Auch ein Jahr nach der Befreiung ist Mossul kein Ort zum Leben“, berichtete Oxfam im Juli des Jahres, als die Hilfsorganisation sich bemühte, die bisher 130.000 Rückkehrer mit fließendem Wasser zu versorgen.<a href="#_edn18" name="_ednref18" title="" >[18]</a><br />
<b>Westliche Allianz: strategische Interessen vor Rücksicht auf Bevölkerung</b> <br />
<br />
Der Krieg der US-Allianz in Syrien und Irak, an dem Deutschland aktiv beteiligt ist, ist nicht nur brutal und rücksichtslos, er ist vielerorts auch mutwillig. Die syrische Streitkräfte und ihre russischen Verbündeten, die es mit Gegnern zu tun haben, die von außen ausgerüstet und unterstützt werden, haben kaum Alternativen zu einem militärischen Vorgehen, wollen sie das Land aus den Händen von Al Qaida & Co. befreien und den von dort Vertriebenen die Rückkehr ermöglichen.<br />
<br />
Da der Daesch sich nur so lange halten konnte, weil er nach wie vor Unterstützung – direkt oder indirekt – von den arabischen Golfmonarchien, der Türkei und anderen NATO-Staaten erhält, hätte es nahegelegen, ihn zunächst durch effektives Abschneiden vom Nachschub auszutrocknen. Durch politische Zugeständnisse an die mehrheitlich sunnitische Bevölkerung in Mossul hätten hier gute Chancen bestanden, dass sie sich gegen die Dschihadisten gewandt hätten.<br />
<br />
Vor keiner der Offensiven gegen die vom Daesch kontrollierten Städte wurden Alternativen zur „Befreiung durch Zerstörung“ auch nur diskutiert. Diesen ging es offensichtlich nicht um das Los der unter der Herrschaft der Dschihadisten leidenden Bevölkerung. Die fürchterlichen Verbrechen an den Städten und ihren Bewohnern wurden aus völlig eigennützigen Interessen begangen: Schutz des Westens selbst vor den fanatischen Kämpfern, die Ausweitung der eigenen militärischen Präsenz und die Besetzung syrischen Territoriums.]<br />
<div>
<hr width="33%" size="1" align="left" />
<div id="edn1">
<a title="" href="#_ednref1" name="_edn1" >[1]</a> <a href="http://data.parliament.uk/writtenevidence/committeeevidence.svc/evidencedocument/defence-committee/uk-military-operations-in-mosul-and-raqqa/oral/82916.html" >UK Military Operations in Mosul and Raqqa - Oral evidence</a> - Major-General Jones, Air Vice-Marshal Johnny Stringer, HC 999, Defence Committee, 15.5.2018<br />
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</div>
<div id="edn2">
<a title="" href="#_ednref2" name="_edn2" >[2]</a> <a href="https://airwars.org/wp-content/uploads/2018/05/Airwars-Death-in-the-City-web.pdf" >Death in the city: High levels of civilian harm in modern urban warfare from explosive weapons</a>, Airwars.org. Mai 2018<br />
<br />
</div>
<div id="edn3">
<a title="" href="#_ednref3" name="_edn3" >[3]</a> Airwars - Our methodology, <a href="https://airwars.org/methodology/" >https://airwars.org/methodology/</a><br />
</div>
<div id="edn4">
<a title="" href="#_ednref4" name="_edn4" >[4]</a> <a href="http://jghd.twoday.net/stories/fortgesetzte-vertuschung-zivile-opfer-im-luftkrieg-der-us-allianz-in-s/http:/www.ossietzky.net/25-2016&textfile=3768" >Fortgesetzte Vertuschung – zivile Opfer im Luftkrieg der US-Allianz in Syrien und Irak</a>, Ossietzky 25/2016<br />
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</div>
<div id="edn5">
<a title="" href="#_ednref5" name="_edn5" >[5]</a> mehr dazu unter Joachim <a href="https://jg-nachgetragen.blog/2016/11/22/gute-islamisten-schlechte-islamisten-mossul-und-aleppo-ein-lehrstueck-1022596832/" >Guilliard, Gute Islamisten, schlechte Islamisten</a>, junge Welt 14.11.2016<br />
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<div id="edn6">
<a title="" href="#_ednref6" name="_edn6" >[6]</a> <a href="http://www.usatoday.com/story/news/politics/2016/04/19/new-rules-allow-more-civilian-casualties-air-war-against-isil/83190812/" >New rules allow more civilian casualties in air war against ISIL</a>, USA TODAY, 19.4.2016<br />
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</div>
<div id="edn7">
<a title="" href="#_ednref7" name="_edn7" >[7]</a> <a href="https://www.amnesty.org/en/documents/mde24/8367/2018/en/" >‘War of annihilation’: Devastating Toll on Civilians, Raqqa – Syria</a>, Amnesty International, 5.6. 2018<br />
<br />
</div>
<div id="edn8">
<a title="" href="#_ednref8" name="_edn8" >[8]</a> Zitiert nach <a href="https://airwars.org/wp-content/uploads/2018/05/Airwars-Death-in-the-City-web.pdf" >Death in the city: High levels of civilian harm in modern urban warfare from explosive weapons</a>, Airwars.org. Mai 2018.<br />
<br />
</div>
<div id="edn9">
<a title="" href="#_ednref9" name="_edn9" >[9]</a> <a href="http://iraqdtm.iom.int/Downloads/DTM%20Emergency%20Tracking/Mosul%20Crisis/0-%20Mosul%20Crisis%20Report/DTM%20ET%20Mosul%20Crisis%20Report%20July%202017.pdf" >Mosul Crisis Report Population movements analysis</a>, Displacement Tracking Matrix | DTM, IOM-Iraq Mission, July 2017. Gesamtzahl der Bewohner Mossuls, die vom 17.10.2016 bis 29.6.2017 aus der Stadt flohen: über 1 Mio, davon 800.000 zwischen 25. Februar und 29. Juni 2017<br />
<br />
</div>
<div id="edn10">
<a title="" href="#_ednref10" name="_edn10" >[10]</a> <a href="https://www.bbc.co.uk/news/resources/idt-9d41ef6c-97c9-4953-ba43-284cc62ffdd0" >What's left of Mosul? - BBC News</a>, BBC, 9.8.2017 <br />
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</div>
<div id="edn11">
<a title="" href="#_ednref11" name="_edn11" >[11]</a> <a href="https://www.independent.co.uk/news/world/middle-east/us-coalition-raqqa-isis-civilian-deaths-amnesty-international-report-uk-france-a8383416.html" >US, UK and France 'inflicted worst destruction in decades on Raqqa', report claims </a><br />
<em>'More artillery shells were launched into Raqqa than anywhere since the end of the Vietnam war' says Amnesty International</em>, The Independent, 5.6.2018<br />
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</div>
<div id="edn12">
<a title="" href="#_ednref12" name="_edn12" >[12]</a> Donatella Rovera and Benjamin Walsby, <a href="http://www.theguardian.com/commentisfree/2018/jun/05/british-us-airstrikes-raqqa-civilians-killed" >‘Precision’ airstrikes kill civilians. In Raqqa we saw the devastation for ourselves</a>, Guardian, 5.6.2018<br />
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</div>
<div id="edn13">
<a title="" href="#_ednref13" name="_edn13" >[13]</a> <a href="https://www.amnesty.at/presse/syrien-vernichtungskrieg-gegen-is-in-rakka/" ></a><a href="https://www.amnesty.org/en/documents/mde24/8367/2018/en/" >‘War of annihilation’ ...</a><a href="https://www.amnesty.at/presse/syrien-vernichtungskrieg-gegen-is-in-rakka/" >, a.a.O zit, nach dt. PM: Syrien: „Vernichtungskrieg“ gegen IS in Raqqa</a> ‒ Umfangreiche Untersuchungen belegen Hunderte Tote unter Zivilist*innen, Amnesty International, 5.6.2018<br />
<br />
</div>
<div id="edn14">
<a title="" href="#_ednref14" name="_edn14" >[14]</a> Jan Oberg, <a href="https://janoberg.exposure.co/the-destruction-of-eastern-aleppo-syria" >The destruction of Eastern Aleppo, Syria December 2016</a>, 25.12.2016<br />
<br />
</div>
<div id="edn15">
<a title="" href="#_ednref15" name="_edn15" >[15]</a> <a href="https://www.irishtimes.com/news/world/middle-east/aleppo-rebuilds-itself-from-destruction-of-war-1.3267526" >"Aleppo rebuilds itself from destruction of war"</a>. Irish Times, 25.10.2017<br />
<br />
</div>
<div id="edn16">
<a title="" href="#_ednref16" name="_edn16" >[16]</a> <a href="http://iraqdtm.iom.int/LastDTMRound/IOM%20RWG%20SI%20Categorizing%20Protracted%20Displacement%20in%20Iraq_November%202018.pdf" >Categorizing Protracted Displacement in Iraq_November 2018</a>, IOM, November 2018 <br />
<br />
</div>
<div id="edn17">
<a title="" href="#_ednref17" name="_edn17" >[17]</a> <a href="https://www.rt.com/news/429995-jolie-mosul-devastation-bodies/" >‘You can smell the bodies’: Angelina Jolie in Mosul one year after ‘liberation’ by US-led coalition</a>, RT: 17.6.2018<br />
<br />
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<div id="edn18">
<a title="" href="#_ednref18" name="_edn18" >[18]</a> <a href="https://www.epo.de/index.php?option=com_content&view=article&id=14762:irak-auch-ein-jahr-nach-der-befreiung-ist-mossul-kein-ort-zum-leben&catid=30&Itemid=72" >Irak Auch ein Jahr nach der Befreiung ist Mossul kein Ort zum Leben</a>, Oxfam, 9.7.2018<br />
<br />
</div>
</div>
JGuilliard
Nahost
Copyright © 2018 JGuilliard
2018-12-24T12:23:00Z
-
Syrien, die Kurden und eine verkürzte Solidarität
https://jghd.twoday.net/stories/syrien-die-kurden-und-eine-verkuerzte-solidaritaet/
Die Verurteilung des türkischen Überfalls auf den nordsyrischen Kanton Afrin als völkerrechtswidrigen Angriffskrieg ist innerhalb der Linken unstrittig. Proteste gegen eine solche Aggression, die zum guten Teil mit deutschen Waffen durchgeführt wurde, waren selbstverständlich richtig und wichtig. Doch warum nur hier? Warum werden nur hier die als „Freie Syrische Armee“ firmierenden Kampfverbände klar als dschihadistische Mörderbanden charakterisiert, die die Bevölkerung terrorisieren und ein reaktionäres salafistisches Regime errichten wollen? Waren doch genau damit auch zahlreiche andere Gegenden – von Homs und Hama bis Ost-Ghuta und Aleppo ‒ seit Beginn des Krieges konfrontiert und sind es z.T. heute noch. Verdienen Assyrer, Drusen, Araber etc. keine Solidarität, wenn ihre Dörfer von islamistischen Milizen verwüstet werden? Wo bleibt der breite Protest gegen das westliche Embargo, das von Deutschland mitgetragen wird und für die gesamte Bevölkerung verheerend ist?<br />
<br />
Bis zu einem gewissen Grad ist es verständlich, dass man sich stärker mit einer Bewegung solidarisiert, mit der man sich politisch identifizieren kann. Und die von der syrisch-kurdischen Bewegung geschaffenen autonomen Strukturen haben in der Tat sympathische Züge. Inwiefern diese dabei auch idealisiert werden, wenn z.B. der Eindruck erweckt wird, sie hätte die gesamte Bevölkerung hinter sich und in den basisdemokratisch verwalteten, mehrheitlich kurdischen Gebieten sei die Klassengesellschaft überwunden, sei einmal dahingestellt. [Es gibt jedoch viele Berichte von Menschenrechtsorganisation, Journalisten und Flüchtlingen, die darauf hinweisen, dass die von der dominierenden kurdischen „Partei der Demokratischen Union“ (PYD) und den von ihr geführten Milizen, den Volksverteidigungskräfte (YPG bzw. YPJ) vorangetriebene Entwicklung von den Kurden nicht so einhellig mitgetragen wird, wie es meist dargestellt wird.]<br />
<br />
Die Fokussierung auf „Rojava“ und die Betrachtung durch die kurdische Brille führt jedoch auch zu gravierenden Fehleinschätzungen bzgl. Entwicklungen und treibenden Kräften in der Region.<br />
<br />
So stehen PYD/YPG wie ihre Anhänger, enttäuscht über die russische Zurückhaltung beim türkischen Einmarsch in Afrin, mittlerweile Russland besonders feindselig gegenüber. Viele leiten daraus die These ab, Moskau hätte – wie die USA und die EU ‒ Ankara im Vorfeld „Stillhalten signalisiert“.<br />
<br />
Auch Murat Çakir vertritt in den letzten Marxistischen Blättern diese These und sieht mittlerweile den Krieg in und gegen Syrien als einen imperialistischen Stellvertreterkrieg von im Grunde gleichartigen Kontrahenten. [Für Leo Mayer steht Russland dabei sogar an erster Stelle.<a href="#_edn1" name="_ednref1" title="">[1]</a> Im Gegenzug zum tolerierten türkischen Einmarsch, so Mayer, „dürfen Russland und das russische Marionettenregime in Damaskus die islamistischen Banden aus Ost-Ghouta vertreiben und dabei die Zivilbevölkerung massakrieren.“ Seine Kritik an NATO und EU fällt dagegen milde aus: ihnen wirft er nur vor, die türkische Invasion zu tolerieren und z.T. durch Waffenlieferung zu unterstützen.]<br />
<br />
Analog zu den Stellungnahmen von kurdischer Seite möchte Murat Çakir nicht die kurdischen Autonomie- bzw. Unabhängigkeitsbestrebungen als Hauptmotiv Ankaras gewertet wissen, sondern die Vernichtung der „Errungenschaften der demokratischen Revolution“. „Die Vergesellschaftung natürlicher Ressourcen“ könne „weder von den USA und der EU, noch von Russland, Iran und dem Assad-Regime akzeptiert werden.“<br />
<br />
Wie realistisch ein „nichtkapitalistischer Entwicklungsweg“ unter den gegeben Bedingungen tatsächlich ist, sei dahingestellt. Sicherlich macht die ideologische Ausrichtung der PYD und YPG sie für keine der im Syrienkrieg involvierten Mächte, zu bevorzugten Bündnispartnern. Wer die kurdische Seite aber nicht als eine von vielen Parteien im Konflikt sehen will, ignoriert die gravierend konfliktverschärfende Rolle der kurdischen Unabhängigkeitsbestrebungen.<br />
<br />
<b>Vermittlung in Afrin an kurdischer Kompromisslosigkeit gescheitert</b><br />
<br />
Auch wenn das Erdogan-Regime eventuell schon länger mit einer Besetzung des Kantons geliebäugelt hat, gilt dies auch für den Überfall auf Afrin. Als nach der Ankündigung Washingtons, im Nordosten Syriens eine zum großen Teil aus Kurden bestehende Grenztruppe“ aufzubauen, die türkische Regierung angekündigt hatte, die kurdische Provinz im Westen Syriens zu besetzen, hatte sich die russische Führung intensiv um eine politische Lösung bemüht. Es hätte eine reale Chance gegeben, die türkische Aggression zu verhindern, wenn die von der PYD dominierte kurdische Selbstverwaltung Afrins auf die Vermittlungsvorschläge von russischer Seite eingegangen wäre. Diese sahen vor, die Grenzsicherung vollständig der syrischen Armee zu übertragen und durch Stationierung syrischer und russischer Truppen an der Grenze zur Türkei einen Puffer zu schaffen. Die türkische Regierung hatte signalisiert, sich damit zufrieden zu geben.<a href="#_edn2" name="_ednref2" title="">[2]</a><br />
<br />
Eine solche Übereinkunft hätte den YPG weiterhin die militärische Kontrolle über den Rest der Provinz überlassen und die kurdische Selbstverwaltung nicht angetastet. Sie hätte aber die formelle Anerkennung der Hoheit der Zentralregierung über die Provinz bedeutet. Zudem hatte Damaskus die Räumung der besetzten Ölquellen in Ostsyrien verlangt, die zukünftig wieder dem gesamten Land zu Gute kommen sollen. Die Kurden lehnten aber, wie schon im Sommer 2017, das Angebot der militärischen Unterstützung durch die syrische Armee mit deutlichen Worten ab: „Wir haben das nicht akzeptiert, und wir werden unsere Territorien nicht aufgeben. Wir werden alle unsere Gebiete verteidigen,“ so Aldar Xelil von der kurdischen Selbstverwaltung Afrin. Die Äußerung Xelils zeigt, dass diese ungeachtet der offiziellen Bekenntnisse zur Einheit Syriens, ihren Kanton nicht mehr als Teil Syriens ansahen.<a href="#_edn3" name="_ednref3" title="">[3]</a><br />
<br />
Erst als türkische Truppen bereits in Afrin eingedrungen waren bat die Selbstverwaltung von Afrin Damaskus um militärischen Beistand und signalisierten die YPG Bereitschaft die syrische Armee zur türkischen Grenze ‒ zwischen die eigenen und türkischen Truppen ‒ vorstoßen lassen. Die Haltung auf kurdischer Seite blieb jedoch widersprüchlich. Während es <a href="https://uk.reuters.com/article/uk-mideast-crisis-syria-turkey-afrin/kurdish-run-afrin-region-calls-on-syrian-state-to-defend-border-against-turkey-idUKKBN1FE2R0">laut Reuters</a> auf der Webseite der Selbstverwaltung Afrins hieß: „Wir fordern den syrischen Staat auf, seinen Souveränitätsverpflichtungen gegenüber Afrin nachzukommen und seine Grenzen zur Türkei vor Angriffen der türkischen Besatzer zu schützen ... und die syrischen Streitkräfte zur Sicherung der Grenzen des Afrin-Gebietes zu entsenden“,<a href="#_edn4" name="_ednref4" title="">[4]</a> hieß es in einem <a href="https://www.jungewelt.de/artikel/326175.appell-an-damaskus.html">von der jungen Welt</a> zitierten Beistandsappell aus Afrin, dass nur Unterstützung durch die syrischen Luftwaffe gewünscht sei und keine Stationierung von Regierungstruppen.<a href="#_edn5" name="_ednref5" title="">[5]</a><br />
<br />
Ersteres war für die syrische Regierung keine Option, hätte dies doch den Beginn eines direkten Krieges mit der Türkei bedeutet, einem Krieg dem die syrischen Streitkräfte aktuell nicht gewachsen sind. Um eine direkte Konfrontation der syrischen mit der türkischen Armee zu vermeiden, entsandte sie auch später keine regulären Truppen zur Unterstützung der kurdischen Verteidiger, sondern verbündete Milizen.<br />
<br />
Auch Russland war unter diesen Umständen nicht bereit, sich den türkischen Truppen entgegenzustellen. Wenn nun häufig davon die Rede ist, Russland habe der türkischen Luftwaffe „den Luftraum“ geöffnet, so wird leichtfertig übersehen, dass dieser kein Tor hat, das die Russen einfach verschließen können. Die Abriegelung des Luftraums gegen einen zum Angriff entschlossenen Gegner muss ggbf. mit Kampfmaßnahmen durchgesetzt werden ‒ was in diesem Fall den Krieg mit einem NATO-Staat hätte einleiten können. Aus demselben Grund hat sich Russland bisher auch davor gehütet hat, sich Luft-Angriffen der USA oder Israels auf syrische und verbündete Kräfte entgegenzustellen.<br />
<br />
Es ist daher unlauter, wenn nun der russischen Regierung vorgeworfen wird, sie hätten die Kurden im Stich gelassen oder der Türkei grünes Licht für ihren Angriff gegeben. Dasselbe gilt für die Kritik Murat Çakirs am Beharren Russlands auf ein klares Bekenntnis der kurdischen Seite zur Einheit Syriens ‒ dies sollte eigentlich als Selbstverständlichkeit erscheinen und nicht als Erpressung.<br />
<br />
Doch nicht nur von ihm, auch von vielen anderen Linken, die sich mit der kurdischen Bewegung solidarisieren, wird leichtfertig ein gefährlicher Grad von Unabhängigkeit unterstützt, die die Einheit des Landes erheblich gefährden kann, wie z.B. die angestrebte Umwandlung Syriens in eine Konföderation recht selbständiger Einheiten. Ein breites »Bündnis für Frieden und Demokratie in Afrin«, das vom Bundesverband der Linksjugend [´solid] und der „Marxistische Linken“, über die „Interventionistische Linke“ bis zur „Regime Change“-Lobby-Gruppe „Adopt a Revolution“ reichte, in seinem Aufruf zu einer Solidaritätsdemonstration forderte sogar ausgerechnet die Bundesregierung, d.h. eine der Kriegsparteien, auf, bereits jetzt die mehrheitlich kurdischen Provinzen als „Demokratische Konföderation Nordsyriens“ anzuerkennen.<a href="#_edn6" name="_ednref6" title="">[6]</a><br />
<br />
<b>„Konföderaler Ansatz“ zur „Dekonstuktion Syriens“ </b><br />
<br />
Eine „konföderale Struktur“ in Syrien gehört jedoch auch zu den Ansätzen, die seit langem in den westlichen Hauptstädten diskutiert wird. Detailliert wird sie z.B. ausgeführt in einer mehrfach überarbeiteten Studie des einflussreichen US-amerikanischen „Brookings Institute“ mit dem Titel „Deconstructing Syria ‒ A confederal approach“.<a href="#_edn7" name="_ednref7" title="">[7]</a> Angesichts schwindender Aussichten auf einen „Regime Change“, zielt sie auf eine weitgehende Aufteilung des Landes. Die von der deutschen Bundesregierung finanzierte Stiftung für Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin untersuchte in ihrem Projekt „Die Fragmentierung Syriens“ ähnliche Ansätze.<a href="#_edn8" name="_ednref8" title="">[8]</a><br />
<br />
In einem an Bosnien angelehnten Konföderationsmodell sollen innerhalb der derzeitigen Grenzen des syrischen Staates selbständige Regionen entstehen, auf die die meisten Befugnisse eines Staates übertragen werden. Die USA und ihre Partner sollten dazu ihren lokalen Verbündeten helfen, die von ihnen kontrollierten Gebiete zu erweitern und darin Regierungen zu etablieren. Es würden dabei keine formalen „sicheren Häfen“ entstehen, Damaskus sollte aber unter Androhung von Vergeltungsmaßnahmen vor Angriffen auf diese Gebiete abgehalten werden. Im Gegenzug könne „<i>Assad oder seine engen Mitarbeiter innerhalb eines Sektors toleriert werden, der hauptsächlich aus Alawiten und Christen besteht.“</i><br />
<br />
Auch wenn der Verlust von Ost-Aleppo und der Ost-Ghuta aus dieser Sicht herbe Rückschläge für die NATO-Mächte darstellten, werden diese Ansätze von ihnen offensichtlich praktisch verfolgt. So haben die USA letztes Jahr begonnen, Expertenteams in den Osten Syriens zu senden, um in dem von der YPG und der US-Armee kontrollierten Territorium östlich des Euphrats die Wiederaufbauarbeit anzuleiten. Parallel dazu sollen sie die Bevölkerung „zivilgesellschaftlich“ schulen, neue Verwaltungs- und Justizstrukturen schaffen und neue Polizei- und Grenzschutztruppen aufbauen ‒ alle selbstverständlich ohne es mit der syrischen Regierung abzustimmen. Ähnlich gehen Deutschland, Frankreich und Großbritannien in der Provinz Idlib und anderen, noch von regierungsfeindlichen Milizen kontrollierten Gebieten vor.<a href="#_edn9" name="_ednref9" title="">[9]</a> Obwohl diese bekanntermaßen von dschihadistischen Gruppen dominiert werden, fließen die gesamten von Deutschland bereitgestellten Mittel für humanitäre Hilfe ausschließlich in dortige Projekte. Eine dauerhafte türkische Besetzung Afrins steht keineswegs im Widerspruch zu solchen Plänen.<br />
<br />
Schließlich weitet auch Israel mit Hilfe islamistischer Milizen im Süden des Landes, in Verlängerung der völkerrechtswidrig annektierten syrischen Golanhöhen eine Pufferzone auf syrischem Boden aus. <a href="#_edn10" name="_ednref10" title="">[10]</a><br />
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<b>Dauerhafte Besatzung</b><br />
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Wie das Protokoll einer Sitzung der von Washington gegründeten „Kleine Syriengruppe“ im Januar belegt, bei der Vertreter der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Saudi-Arabiens und Jordaniens über die Aufteilung Syriens berieten, soll vor allem das Territorium östlich des Euphrats dauerhaft vom Rest des Landes abgespalten werden.<br />
<br />
Dieses umfasste zunächst die von PYD und YPG kontrollierten mehrheitlich kurdischen Gebiete an der türkischen Grenze. Von hier stießen die überwiegend aus kurdischen Kampfverbänden bestehenden „syrischen demokratischen Kräfte“ (SDK) unter Führung des US-Militärs auf die IS-Hochburg Raqqa und nach deren Eroberung weiter bis an die südöstliche Grenze zum Irak vors. Dadurch gerieten auch weite nicht-kurdische Landstriche unter ihre Kontrolle und wurde ein Keil zwischen die syrische Armee und die noch vom IS besetzten Gebiete getrieben. Mittlerweile beherrschen die SDK und die US-Streitkräfte, die am Boden mindestens 2.0000 Angehörige von Spezialeinheiten im Einsatz haben, nahezu das gesamte Gebiet jenseits des Euphrats, ca. 30 Prozent des syrischen Territoriums.<br />
<br />
Hier befinden sich nicht nur die Kornkammer und die bedeutendsten Ölressourcen des Landes, von hier aus wird auch die Wasserversorgung Nordostsyriens gesteuert. 14 Dämme entlang des Euphrat und seiner Nebenflüsse stehen damit nun unter kurdischer und US-amerikanischer Kontrolle. Die USA haben auf diesem Gebiet bereits mindestens 13 Militärstützpunkte eingerichtet die den Zustrom der wachsenden Armee von zivilen Angestellten der US-Regierung, NGOs und Firmen flankieren, die Wiederaufbauprojekte im Wert von mehreren Hundert Millionen Dollar betreuen.<a href="#_edn11" name="_ednref11" title="">[11]</a><br />
<br />
US-Außenminister Rex Tillerson machte in einer Rede in der Stanford University klar, dass die USA ihre Truppen auf unbestimmte Zeit im Land lassen, d.h. insbesondere diesen Teil Syriens dauerhaft militärisch besetzen, wollen.<a href="#_edn12" name="_ednref12" title="">[12]</a> Seine Regierung wolle damit nicht nur den Sieg über den Islamischen Staat sichern, so Tillerson, sondern verhindern, dass die Assad-Regierung wieder die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium erringen könne. Sie würden nun dort, wo sie präsent sind, für den Aufbau einer „legitimer lokalen Zivilverwaltung“ sorgen, die eine verantwortungsvolle Regierungsgewalt über die befreiten Gebiete" ausüben. „Faktisch garantieren die USA damit die Existenz eines permanenten kurdischen Kleinstaates unter US-Schutz“, fasste der renommierte Nahost-Korrespondent des Independent, Patrick Cockburn die Pläne der Trump-Administration zusammen.<a href="#_edn13" name="_ednref13" title="">[13]</a><br />
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Wie wenig später durchsickerte, will Washington zur weiteren Absicherung dieser Zone sukzessive eine 30.000 Mann starke „Syrische Grenzschutztruppe“ unter Führung der YPG aufbauen, die sowohl an den Grenzen zur Türkei und dem Irak stationiert werden soll, als auch entlang des Euphrats, der als Grenze zu den von der syrischen Regierung kontrollierten Gebieten vorgesehen ist.<a href="#_edn14" name="_ednref14" title="">[14]</a> [Diese wurde mit Blick auf die heftige Reaktion Ankaras darauf relativiert, im Haushalt von 2018 sind für Training und Bewaffnung solcher Einheiten jedoch 500 Millionen Dollar vorgesehen. Im Haushaltsentwurf für das Jahr 2019 ist zu lesen dass die USA letztes Jahr bereits 10.000 „syrische Oppositionskräfte“ (vetted syrian opposition forces, kurz VSO) im Sold hatten. Die Zahl soll bis Ende 2018 auf 60.000 bis 65.000 gesteigert werden. Die Hälfte dieser Söldner ist für den Kampf gegen den IS eingeplant, die andere zur Sicherung „befreiter Gebiete“.<a href="#_edn15" name="_ednref15" title="">[15]</a>]<br />
<br />
Tillerson wurde zwar inzwischen gefeuert und durch Mike Pompeo ersetzt, die Grundausrichtung der US-Politik in Syrien hat sich dadurch aber offensichtlich nicht geändert. So kündigte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Heather Nauert anläßlich einer neuen Offensive gegen IS-Stellungen an der irakischen Grenze an, dass die USA nicht nur sicherstellen wollen, dass die Dschihadisten keine Bedrohung mehr darstellen, sondern auch, dass „die vom IS befreiten Bevölkerungsgruppen nicht vom Assad-Regime oder seinen iranischen Unterstützern ausgebeutet werden“. Die Offensive war Berichten zufolge durch eine Vereinbarung der USA mit der Türkei ermöglicht worden, die zusicherte keinen Angriff auf die mehrheitlich kurdische Grenzstadt Manbdisch durchzuführen und so kurdische Verbände für Operationen im Süden freimachte.<br />
<br />
Die Ankündigung Trumps wiederum, möglichst bald die US-Streitkräfte am Boden zurückzuziehen, wurde sofort vom Pentagon-Chef James Mattis korrigiert, der unmissverständlich klar machte, dass die USA ihre Truppen in Syrien belassen und ihre Militärpräsenz noch ausbauen werden. Sie werden seit April dabei von Spezialkräften der französischen Armee, die bis zu 1000 Soldaten in Ostsyrien stationieren will.<a href="#_edn16" name="_ednref16" title="">[16]</a><br />
<br />
Mit regelmäßigen Angriffen der US-Luftwaffe auf Regierungstruppen, die östlich des Euphrats vorzustoßen suchen, demonstriert die US-Armee immer wieder ihren Willen, das besetzte Terrain militärisch zu verteidigen. Die gleichzeitigen häufigen Gefechte zwischen regierungsloyalen Kräften und SDK-Einheiten ‒ vor allem bei Deir Ezzor, dem Gebiet wo die wichtigsten Ölanlagen Syriens liegen ‒ belegen, dass die YPG hier nach wie vor mit den USA am gleichen Strang ziehen.<a href="#_edn17" name="_ednref17" title="">[17]</a><br />
<br />
<b>„Unabhängigkeit“ unter US-Hoheit?</b><br />
<br />
Indem sie im Bündnis mit den US-Streitkräften auf mehrheitlich arabisches Gebiet vordrangen, haben sich die YPG nicht nur zu Bodentruppen der USA machen lassen, sondern unterstützten faktisch auch die Besatzung eines großen Teil Syriens durch eine ausländische Macht. Solange die kurdischen „Volksverteidigungseinheiten“ die mehrheitlich kurdischen Provinzen gegen Dschihadisten verteidigten und eine Autonomie im Rahmen eines syrischen Staates anstrebten, konnten sie mit Akzeptanz im restlichen Syrien und Unterstützung Russlands rechnen. Mit der Abspaltung des Ostens im Bündnis mit einem Staat, der maßgeblich für den Krieg im Lande verantwortlich ist, stellen sich jedoch gegen die Interessen der Mehrheit des Landes.<a href="#_edn18" name="_ednref18" title="">[18]</a><br />
<br />
Murat Cakir, möchte jedoch wie Nick Brauns in der jungen Welt, die Zusammenarbeit der YPG mit der US-Armee nicht als „strategisches“ sondern als „taktisches Bündnis“ gewertet wissen.<a href="#_edn19" name="_ednref19" title="">[19]</a> Es sei nicht strategisch weil die Interessen divergieren würden, so Brauns [„Eine strategische Zusammenarbeit zwischen den USA und der kurdischen Freiheitsbewegung ist angesichts der antagonistischen Ideologien und langfristigen Ziele beider Seiten auch undenkbar.“]. Murat Cakir argumentiert ähnlich, indem er Rıza Altun, Mitglied des Exekutivrats der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) zitiert, der aufgrund der großen Widersprüche in den Zielen in Syrien nur die Möglichkeit einer „taktischen, konjunkturellen Beziehung“ zu Washington sieht. Altuns Aussagen würden belegen, dass die syrischen Kurden aufgrund des Fehlens ausreichender Unterstützung von außen „keine andere Alternative hatten, als taktische Allianzen mit unterschiedlichen Akteuren zu akzeptieren.“<br />
<br />
Wenn kurdische Organisationen jedoch Seite an Seite mit USA dafür kämpfen, einen großen Teil des Landes unabhängig von Damaskus zu halten, dann hat diese Zusammenarbeit einen deutlich anderen Charakter als die mit sonstigen Akteuren und ist sicherlich erheblich mehr als eine befristete taktische Allianz.<br />
<br />
Egal wie man es nennt, unterstützen sie letztlich dabei auch die Fortsetzung des Krieges. Den USA und ihren Verbündeten geht es beim Aufbau unabhängiger Gebiete sicherlich nicht um die kurdische Selbstbestimmung. Sie streben mit der damit vorangetriebenen Destruktion Syriens vor allem ein Zurückdrängen des russischen und iranischen Einflusses in der Region an.<br />
<br />
In dieser Hinsicht kann man sicherlich von einem Stellvertreterkrieg reden, man darf jedoch nicht alle beteiligten Mächte auf eine Stufe stellen. Schließlich sollten mittlerweile keine Zweifel mehr bestehen, dass der Krieg von den NATO-Mächten ihren arabischen Verbündeten angezettelt und angefeuert wurde, während sich die russische Regierung zunächst ausschließlich mit diplomatischen Mitteln bemühte, ihn zu stoppen. Es war nicht Russland, das den Krieg immer weiter eskalieren ließ, sondern die USA, die Türkei, Frankreich, Großbritannien, Deutschland und andere NATO-Staaten zusammen mit den arabischen Golfmonarchen.<br />
<br />
Das militärische Eingreifen Russlands erfolgte erst lange nach dem der US-geführten Allianz. Sie war eine Folge des Scheiterns der vielfältigen politischen Initiativen Moskaus zur Beendigung des Krieges und eine Reaktion auf das Vordringen vereinigter Milizverbände Richtung Westen des Landes. Dadurch entstand die reale Gefahr, dass auch Teile der bevölkerungsreichsten Regionen, in den auch die meisten Flüchtlinge Zuflucht gesucht hatten, in die Gewalt dschihadistischer Banden fallen und libysche Verhältnisse entstehen könnten.<br />
<br />
Sicherlich agiert auch Russland allein aus Eigeninteresse ‒ im Unterschied zu den imperialistischen NATO-Mächten jedoch rein defensiv und im Rahmen des Völkerrechts. Wenn die russische Führung nun im Falle Syriens auch militärisch eingreift, um die Zerstörung eines weiteren Landes aufzuhalten, so geht es ihr natürlich auch darum, nicht immer weiter aus strategisch wichtigen Regionen zurückgedrängt zu werden. Da das eigentliche Ziel der Destabilisierung Syriens die Schwächung des Irans ist, droht schließlich als nächstes auch eine Verschärfung der Angriffe auf die Regionalmacht am Golf. Daneben hat aber auch die Bekämpfung der islamistischer Söldnerbanden, die vom Westen und den arabischen Monarchen aufgepäppelt wurden, einen hohen Stellenwert, stellt doch die große Zahl von Dschihadisten aus russischen und angrenzenden Gebieten unter ihnen eine massive Bedrohung dar.<br />
<br />
Während die russische Unterstützung es den syrischen Streitkräften ermöglichte, bedeutende Teile des Landes aus den Klauen der islamistischen Banden zu befreien, in die nun sukzessive viele Vertriebene zurückkehren, wollen die USA und ihre Verbündeten den Krieg fortführen.<br />
<br />
Die direkten Angriffe von NATO-Staaten auf die syrische Armee wie auch die Israels auf syrische und angebliche oder tatsächliche iranische Stellungen verschärfen dabei massiv die Gefahr einer Ausweitung des Krieges.<br />
<br />
Solidarität mit Kurdinnen und Kurden hierzulande, in der Türkei und auch Syrien ist sicherlich richtig und nötig. Sie muss sich aber klar von konfliktverschärfenden Aktivitäten und Bündnissen kurdischer Organisationen abgrenzen. Unser Engagement muss darüber hinaus jedoch ganz Syrien gelten und sich nicht nur gegen die türkische Aggression sondern gegen die Aggression aller NATO-Mächte und ihren Verbündeten richten.<br />
<br />
Auch die kurdische Bewegung und ihre Unterstützer muss einsehen, dass ohne die fortgeschrittene Destruktion des syrischen Staates es auch einem Erdogan nie in den Sinn gekommen wäre, Afrin zu überfallen. Lutz Herden bemerkt hierzu treffend:<br />
<br />
„Erneut wird erkennbar, dass Schlüsselstaaten im Nahen Osten nicht ungestraft demontiert werden. … Die türkische Führung würde ihre Panzer wohl kaum in Marsch setzen, müsste sie mit der energischen Gegenwehr eines syrischen Staates rechnen, der sein verbrieftes Recht auf Selbstverteidigung mit aller Konsequenz wahrnehmen kann.<a href="#_edn20" name="_ednref20" title="">[20]</a>
<hr width="33%" size="1" align="left" />
<a href="#_ednref1" name="_edn1" title="">[1]</a> Leo Mayer, <a href="http://www.kommunisten.de/ueber-joomla/kommentare/7146-gestern-my-lai-heute-afrin-stoppt-das-massaker">Gestern My Lai. Heute Afrin. Stoppt das Massaker</a>, kommunisten.de, 16.03.2018<br />
<br />
<a href="#_ednref2" name="_edn2" title="">[2]</a> siehe dazu u.a. „<a href="https://deutsch.rt.com/der-nahe-osten/64003-kein-unerwarteter-angriff-karin-leukefeld/">Abrechnung mit NATO-Partner USA</a>“: Karin Leukefeld zur türkischen Offensive in Syrien, RT Deutsch, 22.01.2018 und Rainer Rupp, <a href="https://deutsch.rt.com/meinung/64034-turkische-invasion-in-afrin-nein/">Parteivorsitzende der Linken Kipping gibt Russland Hauptschuld an türkischer Invasion in Afrin</a>, RT Deutsch, 23.01.2018<br />
<br />
<a href="#_ednref3" name="_edn3" title="">[3]</a> Karin Leukefeld, <a href="https://de.rt.com/1ddv">„Abrechnung mit NATO-Partner USA“</a>, a.a.O<br />
<br />
<a href="#_ednref4" name="_edn4" title="">[4]</a> <a href="https://uk.reuters.com/article/uk-mideast-crisis-syria-turkey-afrin/kurdish-run-afrin-region-calls-on-syrian-state-to-defend-border-against-turkey-idUKKBN1FE2R0">Kurdish-run Afrin region calls on Syrian state to defend border against Turkey</a>, Reuters, 25.1.2018<br />
<br />
<a href="#_ednref5" name="_edn5" title="">[5]</a> Nick Brauns, <a href="https://www.jungewelt.de/artikel/326175.appell-an-damaskus.html">Appell an Damaskus – Kanton Afrin ruft syrische Regierung auf, Grenze gegen türkische Angriffe zu schützen</a>, junge Welt, 27.01.2018<br />
<br />
<a href="#_ednref6" name="_edn6" title="">[6]</a> „Frieden für Afrin“, <a href="https://friedenafrin.wordpress.com/">friedenafrin.wordpress.com</a><br />
<br />
<a href="#_ednref7" name="_edn7" title="">[7]</a> Michael E. O’Hanlon, <a href="https://www.brookings.edu/research/deconstructing-syria-a-confederal-approach/">Deconstructing Syria - A confederal approach</a>, Brookings Institute, 16.9.2016<br />
<br />
<a href="#_ednref8" name="_edn8" title="">[8]</a> Stiftung für Wissenschaft und Politik, <a href="https://www.swp-berlin.org/projekte/die-fragmentierung-syriens/das-projekt/">Projekt: Die Fragmentierung Syriens</a><br />
<br />
Karin Leukefeld, <a href="http://www.zlv.lu/spip/spip.php?article20193">Syrien: Zusammenspiel ziviler und militärischer Hilfe</a>, Pläne zum »Rückbau« des Landes fördern die Spaltung in eine »konföderale Struktur«, Lëtzebuerger Vollek/Luxemburg, 5.2.2018<br />
<br />
<a href="#_ednref9" name="_edn9" title="">[9]</a> Karin Leukefeld, <a href="http://www.zlv.lu/spip/spip.php?article20193">Syrien: Zusammenspiel ziviler und militärischer Hilfe</a> …, a.a.O.<br />
<br />
<a href="#_ednref10" name="_edn10" title="">[10]</a> Karin Leukefeld, <a href="https://www.jungewelt.de/artikel/326672.40-kilometer-pufferzone.html">40 Kilometer »Pufferzone«</a> ‒ Israel kontrolliert immer größere Gebiete in Syrien. junge Welt, 5.2.2018<br />
<br />
<a href="#_ednref11" name="_edn11" title="">[11]</a> <a href="https://www.theatlantic.com/international/archive/2018/01/nation-building-syria-rex-tillerson-speech/550796/">America Quietly Starts Nation-Building in Parts of Syria</a>, The Atlantic, 18.1.2018<br />
<br />
<a href="#_ednref12" name="_edn12" title="">[12]</a> <a href="http://www.state.gov/secretary/remarks/2018/01/277493.htm">Rex W. Tillerson, Remarks on the Way Forward for the United States Regarding Syria</a>, State Department, 7.1.2018<br />
<br />
<a href="#_ednref13" name="_edn13" title="">[13]</a> Patrick Cockburn, <a href="http://www.independent.co.uk/voices/syria-us-kurdish-state-turkey-war-us-is-creatign-trouble-in-the-middle-east-a8179941.html">By reversing its policy in Syria the US is fuelling more wars in the Middle East</a>, Independent, 26.1.2018<br />
<br />
<a href="#_ednref14" name="_edn14" title="">[14]</a> <a href="https://thedefensepost.com/2018/01/13/syria-border-security-force-sdf-coalition/">Coalition retraining 15,000 veteran SDF fighters to serve as Syrian border force30,000-strong force to maintain security along Iraq</a>, The Defense Post, 13.1.2018<br />
<br />
<a href="#_ednref15" name="_edn15" title="">[15]</a> <a href="http://comptroller.defense.gov/Portals/45/Documents/defbudget/fy2019/fy2019_CTEF_JBook_Final.pdf">Justification for FY 2019 Overseas Contingency Operations (OCO)</a>, Counter-ISIS Train and Equip Fund (CTEF), Department of Defense, 29.1.2018<br />
<br />
<a href="#_ednref16" name="_edn16" title="">[16]</a> <a href="https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2018/05/02/frankreich-stationiert-ueber-tausend-soldaten-syrien/">Frankreich stationiert über tausend Soldaten in Syrien</a>, Deutsche Wirtschafts-Nachrichten , 02.05.2018,<br />
<br />
Syria, France sends troops to Deir Ezzor, in an anti-Daesh key?, Difesa e Sicurezza, 24.4.2018<br />
<br />
<a href="#_ednref17" name="_edn17" title="">[17]</a> s. z.B. <a href="http://www.middleeasteye.net/news/us-backed-sdf-forces-say-they-regain-villages-seized-syrian-army-950692750">US-backed SDF forces say they regain villages seized by Syrian army</a>, Middle East Eye, 29.4.2018 und Peter Korzun,<a href="https://www.strategic-culture.org/news/2018/05/17/ignoring-astana-talks-us-increasing-its-military-presence-syria-deir-ez-zor-province.html">Ignoring the Astana Talks, the US Is Increasing Its Military Presence in Syria’s Deir ez-Zor Province</a>, Strategic-culture.org, 17.05.2018<br />
<br />
<a href="#_ednref18" name="_edn18" title="">[18]</a> s. u.a. Joost Hiltermann, Maria Fantappie, <a href="https://foreignpolicy.com/2018/01/16/twilight-of-the-kurds-iraq-syria-kurdistan/">Twilight of the Kurds</a> ‒ Kurdish officials once dreamed of forging their own state out of the ashes of the war against the Islamic State. Now they are fighting for their very survival, Foreign Policy 16.1.2018) und Robert Fisk, <a href="https://www.counterpunch.org/2018/01/19/the-next-kurdish-war-looms-on-the-horizon/">The Next Kurdish War Looms on the Horizon</a>, Independent/Counterpunch, 19.1.2018<br />
<br />
<a href="#_ednref19" name="_edn19" title="">[19]</a> Nick Brauns, <a href="https://www.jungewelt.de/artikel/314422.gerechter-krieg.html">Gerechter Krieg ‒ Der rein geopolitische Blick verkennt die Dynamik des Volkskrieges in Nordsyrien</a>, 14.07.2017<br />
<br />
<a href="#_ednref20" name="_edn20" title="">[20]</a> Lutz Herden, <a href="https://www.freitag.de/autoren/lutz-herden/erschuetterte-ordnung">Türkei: Erschütterte Ordnung</a> – Der Angriff auf die Kurden in Syrien führt uns ein globales Machtsystem vor, in dem Friedfertigkeit aus der Mode kommt, Freitag 04/2018
JGuilliard
Nahost
Copyright © 2018 JGuilliard
2018-12-23T17:14:00Z
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Mossul ein Jahr nach der „Befreiung“ ‒ 90.000 Tote durch US-Allianz
https://jghd.twoday.net/stories/mossul-ein-jahr-nach-der-befreiung-90000-tote-durch-us-allianz/
Die US-geführte Allianz aus NATO-Staaten, Australien, Jordanien und Marokko, die mit massiven Luftangriffen den irakischen Bodentruppen den Weg freibombte, übernahm bisher nur die Verantwortung für 326 Tote während der gesamten militärischen Offensive, einer Offensive, die US-Kommandeure andererseits als eine der tödlichsten urbanen Schlachten seit dem Zweiten Weltkrieg bezeichnen (<a href="https://www.usatoday.com/story/news/world/2017/03/29/united-states-mosul-isis-deadly-combat-world-war-ii/99787764/" >Iraqi forces in Mosul see deadliest urban combat since World War II</a>, USA Today, 29.3.2017).<br />
<br />
Weder die USA, deren Bomber den Großteil der Angriffe flogen, noch andere beteiligte Länder sandten jemanden in die Stadt, um die Folgen des fast neunmonatigen Bombardements zu untersuchen. Sie hätten nicht die Ressourcen, um ein Team nach Mossul zu senden, erklärte Washington lapidar, während das US-Kommando im Irak vermeldete, keine ausreichende Informationen zu Vorwürfen über zivile Opfer zu haben, um sie bewerten zu können, die meisten jedoch für »nicht glaubwürdig« halte.<br />
<br />
Eine dreiste Behauptung angesichts von rund 29.000 Bomben und Raketen, die die Allianz nach eigenen Angaben auf die dicht besiedelten Stadtviertel abgefeuert haben, in denen noch Hunderttausende Menschen eingeschlossen waren (siehe Ossietzky, 15 u. 18/2017, sowie <a href="http://www1.wdr.de/daserste/monitor/videos/video-die-schlacht-um-mossul-der-mythos-vom-sauberen-krieg-102.html" >Die Schlacht um Mossul: Der Mythos vom sauberen Krieg</a>, Monitor, 06.07.2017 und <a href="https://www.amnesty.org/en/documents/mde14/6610/2017/en/" >At any cost: The civilian catastrophe in West Mosul, Iraq</a>, Amnesty International, 11.7.2017).<br />
<br />
<br />
Die britische Initiative Airwars, die täglich Berichte über Luftangriffe in Syrien und im Irak auswertet und Informationen über zivile Opfer auf ihrem Portal <a href="http://airwars.org/" >airwars.org</a> veröffentlicht, zählte 5805 Zivilisten, die mit großer Wahrscheinlichkeit während der Offensive auf West-Mossul vom 19. Februar bis 19. Juni 2017 Angriffen der US-Allianz zum Opfer fielen(<a href="https://airwars.org/news/mosuls-capture-sees-isil-vanquished-but-at-a-terrible-cost/" >Mosul’s capture sees ISIS vanquished – but at a terrible cost</a>, Airwars, 1.7.2017).<br />
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Der führende kurdische Politiker Hoshyar Zebari, bis 2016 irakischer Außen- und Finanzminister, geht auf Basis irakisch-kurdischer Geheimdienstquellen von 40.000 Toten aus. (<a href="http://www.independent.co.uk/news/world/middle-east/mosul-massacre-battle-isis-iraq-city-civilian-casualties-killed-deaths-fighting-forces-islamic-state-a7848781.html" >The massacre of Mosul: 40,000 feared dead in battle to take back city from Isis as scale of civilian casualties revealed</a>, Independent, 19.7.2017) )<br />
<br />
Auch der Historiker Omar Mohammed, der während der Daesch-Herrschaft auf seinem vielbeachteten Blog Mosul Eye aus Mossul berichtet hatte, schätzt die Zahl der Toten auf mehrere Zehntausend. Jeden Tag habe er Berichte über Familien erhalten, die Opfer von Luft- oder Artillerieangriffen geworden waren. Meist seien dabei zwischen 20 und 25 Menschen pro Haus getötet worden, manchmal aber auch mehr als 40 (Samuel Oakford, <a href="https://www.theatlantic.com/international/archive/2018/04/counting-the-dead-in-mosul/556466/" >Counting the Dead in Mosul</a>, The Atlantic, 5.4.2018).<br />
<br />
Wie schon nach der US-geführten Invasion 2003 und den verheerenden Kämpfen unter der Besatzung bemühten sich einige US-amerikanische und irakische Wissenschaftler in Eigeninitiative, vor Ort genauere Informationen über die Zahl der Opfer zu erlangen. Riyadh Lafta von der Al-Mustansiriya-Universität in Bagdad und Gilbert Burnham von der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health in Baltimore, die bereits führend an den sogenannten Lancet-Studien über die Opfer von Krieg und Besatzung beteiligt waren, führten zusammen mit Maha A. Al-Nuaimi vom Nationalen Zentrum für die Erforschung und Behandlung von Bluterkrankungen in Bagdad repräsentative Umfragen in der Stadt durch. Sobald die irakische Armee den Zugang Ende März 2017 in den Ostteil und Mitte Juli in den Westteil Mossuls freigaben, erkundigten sie sich bei 1202 Haushalten in 40 zufällig ausgewählten Stadtvierteln (25 im Osten und 15 im Westen) nach Angehörigen, die seit dem Einmarsch des Islamischen Staates gestorben, getötet, entführt oder verwundet worden waren. Die Ergebnisse der Umfrage erschienen am 15. Mai in der renommierten Fachzeitschrift PLOS Medicine (Riyadh Lafta, Maha A. Al-Nuaimi, Gilbert Burnham, <a href="https://doi.org/10.1371/journal.pmed.1002567" >Injury and death during the ISIS occupation of Mosul and its liberation: Results from a 40-cluster household survey</a>, PLOS,15.5.2018).<br />
<br />
Insgesamt berichteten die Befragten von 628 Todesfällen im fraglichen Zeitraum vom Juni 2014 bis Juni 2017. Durch »gezielte Gewalt« starben 505 Angehörige, davon sieben durch Enthauptungen des Daesch und acht im Zuge von Entführungen durch die Miliz. Sieben Personen werden noch vermisst. Die meisten Todesfälle, insgesamt 497, ereigneten sich nach Beginn der Offensive ab Oktober 2016. Unter der männlichen Bevölkerung stieg ab diesem Zeitpunkt die Sterblichkeit von durchschnittlich 0,7 Todesfällen pro 1000 Personen im Monat auf 13,4 während der Angriffe, die der weiblichen von 0,5 auf 8,3 pro 1000 Personen. Summiert über die Dauer von achteinhalb Monaten sind das 108 beziehungsweise 66 mehr Tote pro 1000 Personen als im gleichen Zeitraum davor. Damit kamen ungefähr jeder neunte männliche Bewohner und jede fünfzehnte weibliche Bewohnerin infolge des Feldzugs ums Leben.<br />
Da keine zuverlässigen Angaben über die Bevölkerungszahl in Mossul zur Zeit der Offensive vorliegen, werden in der Studie keine Hochrechnungen zur Abschätzung der Gesamtzahl der Opfer gemacht. Auf Basis der Entwicklung der Flüchtlingszahlen kann man aber davon ausgehen, dass sich während der Offensive im Schnitt mindesten eine Million Menschen in der Stadt aufhielten. Zu Beginn muss die Einwohnerzahl noch bei gut 1,5 Millionen gelegen haben. Vor dem Sturm auf den Westteil ging die UNO von 750.000 dort Eingeschlossen aus (siehe Florian Rötzer, <a href="https://www.heise.de/tp/features/Baath-Milizen-wollen-in-Mosul-gegen-den-Iran-die-USA-und-den-Islamischen-Staat-kaempfen-3606314.html" >Baath-Milizen wollen in Mosul gegen den Iran, die USA und den Islamischen Staat kämpfen</a>, Telepolis, 24.1.2017 sowie <a href="https://www.unicef.org/media/media_94438.html" >Humanitarians fear for the 750,000 civilians in western Mosul</a>, UNICEF, 24.1.2017) .<br />
<br />
Das UN-Flüchtlingshilfswerk <a href="http://reporting.unhcr.org/sites/default/files/UNHCR%20Mosul%20Response%20Dashboard%20-%2025SEPT17.pdf" >UNHCR</a> <a href="http://reporting.unhcr.org/sites/default/files/UNHCR%20Mosul%20Response%20Dashboard%20-%2025SEPT17.pdf" >registrierte insgesamt 1,1 Millionen Menschen</a>, die nach Beginn der Offensive bis September 2017 aus der Stadt geflohen sind, 700.000 davon erst in den letzten Monaten der Kämpfe aus dem Westen.<br />
<br />
Rechnen wir den Anstieg der monatlichen Sterblichkeitsraten unter der Annahme von einer Million Einwohnern hoch, so müssen wir davon ausgehen, dass ungefähr 33.000 weibliche und 54.000 männlichen Bewohner Opfer der militärischen Offensive wurden. Da die Studie aufgrund der flächendeckenden Zerstörungen und der Vertreibung eines Großteils der Bevölkerung nach Einschätzung ihrer Autoren vermutlich viele Tote nicht erfassen konnte, dürften die tatsächlichen Zahlen höher liegen. Sie enthalten alle Getöteten, Zivilisten wie bewaffnete Dschihadisten oder andere Kämpfer. Bei den weiblichen Toten handelt es sich jedoch sicherlich überwiegend um zivile Opfer, und es ist anzunehmen, dass unter den männlichen mindestens ähnlich viele keine Kombattanten waren.<br />
<br />
Die meisten Opfer, rund 40 Prozent, wurden nach Angaben der Befragten durch Luftangriffe getötet, das heißt durch Angriffe der US-Allianz, weitere 34 Prozent durch »Explosionen«, worunter alle Arten von Artilleriegeschossen, Minen und Bodenraketen zusammengefasst wurden. Da diese sowohl von Kämpfern des Islamischen Staates eingesetzt wurden als auch von den angreifenden Bodentruppen, sind sie im Unterschied zu den Luftangriffen nicht eindeutig einer Partei zuzuordnen. Berichten von <a href="http://airwars.org/" >Airwars.org</a>, Amnesty International und Human Rights Watch zufolge, setzen die irakischen Streitkräften aber in hohem Maße auf ihre Artillerie und führten eine enorme Zahl von Artillerieangriffen auf die dichtbesiedelten Viertel Mossuls aus. Auch amerikanische und französische Einheiten beteiligten sich und feuerten allein im Juni 2017 über 4000 Salven ab. Man kann daher davon ausgehen, dass auch die meisten Opfer von »Explosionen« auf das Konto der Angreifer gehen. Durch Schüsse starben weitere 17 Prozent, durch Autobomben knapp vier und durch Enthauptungen des Daesch 1,4 Prozent.<br />
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Falls Journalisten westlicher Medien überhaupt auf zivile Opfer der Rückeroberung Mossuls eingehen, so verweisen sie ? im Unterschied zum Beispiel zur Berichterstattung über die Befreiung Aleppos aus der Herrschaft islamistischer Milizen ? gern darauf, dass der Daesch die Bevölkerung als menschliches Schutzschild missbraucht habe. In der Tat hat er sie mit Gewalt an der Flucht zu hindern versucht. Gleichzeitig hat aber auch die irakische Armee Flugblätter über der Stadt abwerfen lassen, die die Bewohner aufforderten, in den Häusern zu bleiben.<br />
<br />
Aus welchen Gründen sie geblieben sind, ist jedoch nicht entscheidend. So oder so hätte die Rücksicht auf ihr Leben absolut Priorität haben müssen. Stattdessen ließen die Angreifer schwere Bomben und zigtausende Artilleriegeschosse auf dichtbebaute Stadtviertel niederregnen, in denen bekanntermaßen noch Hunderttausende Menschen ausharren mussten. Über die Hälfte aller Gebäude in West-Mossul wurde dabei, wie sicherlich auf den Aufnahmen der Luftaufklärung der NATO gut zu erkennen war, völlig zerstört, viele Stadtviertel dem Erdboden völlig gleichgemacht.<br />
<br />
Allen Beteiligten, inklusive den Verantwortlichen in der Bundeswehr und der deutschen Regierung, musste von vorneherein klar gewesen sein, dass dabei Zigtausende unter den Trümmern begraben werden. Dennoch hatte die US-geführte Allianz, im Unterschied zur syrischen und russischen Armeeführung in Aleppo und anderen syrischen Städten, zu keinem Zeitpunkt Anstrengungen unternommen, einen solchen apokalyptischen Endkampf zu vermeiden. Es handelt sich somit zweifelsohne, wie auch Amnesty International in ihrem Bericht »<a href="https://www.amnesty.org/en/documents/mde14/6610/2017/en/" >At any cost: The civilian catastrophe in West Mosul, Iraq</a>« vom 11.7.2017, feststellte, um ein schweres Kriegsverbrechen, um einen fürchterlichen Massenmord.<br />
<br />
Es ist ein Verbrechen, unter dessen Folgen die Überlebenden auch noch lange leiden werden. Einem Großteil der Bevölkerung der Millionenstadt wurden die Wohnung und die Existenzgrundlage genommen. Es wird Jahre dauern bis Infrastruktur, Gesundheitsversorgung etc. halbwegs wieder hergestellt sind. Hunderttausende werden noch lange in Flüchtlingslagern ausharren müssen. Fast alle Kinder zeigen Anzeichen von „toxischem Stress“, fast 90 Prozent sind schwer traumatisiert. (<a href="https://www.savethechildren.org.uk/news/media-centre/press-releases/mosuls-children-mentally-scarred-by-brutal-conflict" >Mosul's Children Mentally Scarred by Brutal Conflict</a>, Save the Children UK, 5.7.2017)<br />
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Es ist, wie der renommierte britische Nahostkorrespondent Patrick Cockburn zu Recht beklagte, ein beschämender Skandal, dass die westliche Öffentlichkeit einfach über ein derartiges Menschheitsverbrechen hinweggehen konnte. Auch die oben erwähnte PLOS-Studie wurde mit Ausnahme des britischen Telegraph in keinem der Mainstream-Medien mit einer Silbe erwähnt. Für die Friedensbewegung war die im Zuge des Krieges gegen Daesch begangene Zerstörung ganzer Städte bisher ebenfalls kaum ein Thema.<br />
<br />
Nachdem der an sich zu erwartende Aufschrei der Empörung wie schon im Fall der Verwüstung von Falludscha und Ramadi ausblieb, wiederholte sich bald darauf das Verbrechen in ähnlicher Form im syrischen Raqqa. Amnesty International spricht im Zusammenhang mit dessen Rückeroberung von einem »Vernichtungskrieg« (‘<a href="https://www.amnesty.org/en/documents/mde24/8367/2018/en/" >War of annihilation’: Devastating Toll on Civilians, Raqqa – Syria - Report</a>, Amnesty International, 5.6. 2018).
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Umzug des Blogs auf "jg-nachgetragen.blog"
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The war and the media — Double standards for Mosul, Iraq, and Aleppo, Syria
https://jghd.twoday.net/stories/the-war-and-the-media-double-standards-for-mosul-iraq-and-aleppo-syria/
Fake news is on everyone’s lips. This term usually refers only to fictitious or highly falsified messages that are politically motivated and specifically designed to deceive. In addition, they are only suspect if they appear on “social media” and on news portals of enemy states. According to the political and mainstream media, “fake news” means false reports that are not spread by the established media.<br />
<br />
There is no question that “social media” provides a particularly fertile ground for the easy and rapid dissemination of false reports. But looking back in history, we find that the false reports that did the worst damage came from mainstream politicians and media. A notorious example of this concerns the “incubator lies” invented by an advertising agency about Iraqi soldiers who allegedly tore babies from incubators in 1990 in Kuwait. This story was then widely circulated by most media and was instrumental in influencing public opinion in the U.S. in favor of the first U.S. war against Iraq.<br />
<br />
However, far more frequently than with mere false reports, unilateral or greatly exaggerated contributions attempt to create a desired mood. Even if it is not so valued by the mainstream, the omission of essential parts of a story — which are necessary for understanding and how the story is presented — ultimately also spreads disinformation.<br />
<br />
The extent to which such disinformation is used to enforce prevailing politics can be seen very well in the way politicians and the media deal with the battles over Mosul and Aleppo. These are not only drastic examples of the brutality of the wars in Iraq and Syria, but also of an extreme double standard of evaluation and reporting that is far more geared to promoting the strategic interests of the ruling circles in their own countries rather than to describing actual warfare.<br />
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<b>A second Rwanda</b><br />
<br />
The initial situation was similar in the two major cities. Both East Aleppo and Mosul were under the control of Islamist forces. Both cities were besieged, bombed and eventually stormed by government forces with foreign support. However, the portrayal by politicians and the media could hardly have been more different. During the Battle of Mosul, 7,000 to 10,000 reactionary fighters in the Islamic State (IS) had placed themselves in among approximately 1.5 million inhabitants. According to Western intelligence estimates, this battle was consistently greeted favorably.<br />
<br />
On the other hand, the Syrian government’s offensive to liberate East Aleppo from the hands of some 8,000 reactionary Islamist militants was condemned as a cruel and criminal attack on the “opposition,” the “rebels” or even the population of the city. What the character of this “opposition” was — as well as its actual relationship to the population (at that time 150,000 to 200,000 people) — was blanked out. This gave the false impression that the “rebels” in East Aleppo were progressive forces and were in neighborhoods that the majority of residents considered “liberated.”<br />
<br />
Behind this distortion of the facts was the enormous strategic importance of the struggle for Aleppo. Had the reactionary militias actually succeeded in bringing the entire metropolis under their control, the regime-change alliance would have been well placed to intensify the war against the Assad government. Aleppo and the surrounding area as far as the Turkish border would have been a sufficiently large and important “liberated zone” to serve as the basis for a serious alternative government.<br />
<br />
On the other hand, the defeat of the local militias actually meant the end of this campaign — and with it a shattering defeat for the NATO countries and their allies. With the start of the government offensive in September 2016, the coverage in the West almost unanimously expressed only one opinion: Government troops and the Russian Air Force sent the city to hell.<br />
<br />
These were the headlines for the storming of Mosul: “The offensive is progressing rapidly” or “The liberation is imminent.” Another was, “In northern Iraq, people celebrate: the IS is pushed back.”<br />
<br />
For the Syrian offensive, one headline was: “Blood in gray dust of Aleppo” (Süddeutsche Zeitung, Sept. 26, 2016). Another was, “Foreign Minister Steinmeier: ‘The images of Aleppo are hard to beat for cruelty’” (Spiegel online, Aug. 9, 2016), and yet another was “Green leader Özdemir: Assad and Putin bomb Syria back to the Stone Age” (Spiegel online, Oct. 15, 2016).<br />
<br />
Samantha Power, then the United States ambassador to the United Nations, even compared the events in East Aleppo with Rwanda and Srebrenica, almost one-to-one with the propaganda of the reactionary group, Ahrar Al-Sham. Frequently, it was not even mentioned that the offensive was concentrated only on the eastern part of Syria’s second-largest city, where no more than 15 percent of the city’s population lived. This gave the false impression that all of Aleppo was about to collapse.<br />
<br />
Reactionary militias seen as ‘last hope’<br />
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It was no secret that the defenders of East Aleppo, cast as heroes, were predominantly reactionary militias. Among them, the dominant forces were the Syrian al-Qaida offshoot, the Nusra Front, renamed Jabha Fatah Al-Shamm, and Ahrar Al-Sham. These groups are barely more acceptable to the population than the Islamic State in terms of reactionary ideology and brutality.<br />
<br />
Western media, however, did not shy away from publicly backing these forces, despite their well-known backgrounds. For example, in an Aug. 2, 2016 post, Spiegel online openly admitted that the most powerful militias “are fighting for a Syrian state in which their fundamentalist interpretation of Islamic law, the Shariah,” should apply, but still describes them as “Aleppo’s last hope.”<br />
<br />
In contrast to the German mainstream media, only a few inhabitants of Aleppo would say that the areas controlled by reactionaries had been liberated. The enclave had not come into being as a result of an uprising in the city itself. In Aleppo, there were no significant protests against the government in 2011. The metropolis was considered a stronghold of government supporters and was spared over a year of unrest. Its fate was determined by its proximity to Turkey. Reactionary militias were established in the border region, and from there conquered the eastern part of the city. The majority of the population fled, most of them to neighborhoods that the Syrian army held in the western part of the city.<br />
<br />
According to reports of those affected who do not sympathize with the reactionary Islamists, the militias established a terror regime, which required compulsory wearing of veils and Sharia courts. They used East Aleppo as a base from which to push into the other neighborhoods, using car bombs and suicide squads. So the majority of residents considered the expulsion of terrorists as liberation.<br />
<br />
The romanticized portrayal of these religious reactionaries as “Defenders of Freedom” led to sources from these circles gaining tremendous credibility in Western media and among human rights organizations, such as Amnesty International (AI) and Human Rights Watch (HRW). Both groups carried out extensive campaigns to delegitimize the Assad government, based almost entirely on information from the opposition groups.<br />
As a result, HRW repeatedly showed pictures of destroyed buildings and streets that allegedly demonstrated the effects of barrel bombing — but which actually had been recorded elsewhere — i.e., in the Kurdish Kobani or even in Gaza. Whether it was reports of alleged barrel bombings, attacks on hospitals or other similar allegations, the primary sources in most cases were exclusively opposition groups, such as the Aleppo Media Center, which were more or less closely tied to the militias. On the other hand, independent journalists could rarely enter the areas controlled by opponents of the Syrian government.<br />
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Professional PR work<br />
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However, it would be naïve to assume that the thoroughly professional and successful public relations work was solely the work of the militias and allied “civil society groups.” Arab and Western governments have been fairly open about playing a crucial role in funding and training anti-government media initiatives from the outset. Often, what appeared to be the spontaneous establishment of an independent media bureau by local activists was, in reality, a news source built by Syrian exile opposition groups and Western nongovernmental organizations in close cooperation with Western government agencies.<br />
<br />
For example, the radio project Syria Radio Network (Syrnet) was developed by the Berlin organization “Media in Cooperation and Transition” (MICT), supported by the Federal Foreign Office, and co-financed by the Federal Ministry for Economic Cooperation and Development, the Belgian and French Foreign Ministry and the Friedrich-Ebert-Foundation, affiliated with the German Social Democratic Party (SPD).<br />
<br />
In the case of Aleppo, the media aimed to create opinion mainly directed against the actions of the Syrian and Russian armed forces. This was done with extreme one-sidedness and omission of essential facts. The first step was the media giving large coverage to the offensive — in relation to other war events in the world. Then, the media compounded this by playing up the consequences of the offensive with incessant repetition of the reports, images and videos of opposition groups.<br />
<br />
The attacks by the “rebels” on the people of West Aleppo remained unmentioned, and often, also omitted was the presence of armed militias in general. This inevitably gave the impression that the attacks by government forces and their Russian allies were consistently directed at civilian targets. Almost all the casualties and war damage were blamed on Syria and Russia, as if they were the only ones using weapons.<br />
<br />
Many reports disseminated by the “opposition” could also be directly exposed as falsified or misleading. When looking over the media coverage of Aleppo, it becomes apparent that a significant part was published purely for its emotional impact, with particular emphasis on reports involving children. For example, in December 2016, a picture of a little girl lying among corpses in Aleppo’s ruins was circulated on “social media.” However, that “recent” photo was taken in 2014 in Lebanon and comes from a staged video clip by the Lebanese singer Hiba Tawadschi about the “Arab Spring.”<br />
<br />
A similarly instructive example is the story of the touching image of Omran, the “boy of Aleppo.” It became an icon of the battle for the city in August 2016. There was hardly a newspaper that did not publish the picture. According to the photographer, Omran was injured by a Syrian or Russian air raid and was rescued from the rubble by the “White Helmets.” The boy’s father, Mohammed Daknisch, immediately denied the story. He adamantly said his son had been only slightly injured and not during an air raid. He accused the “White Helmets” and the international media of misusing his son for propaganda purposes.<br />
<br />
Later, little was reported about an interesting aspect of this story: Photographer Mahmud Raslan had posted a “selfie” shortly before posting this photo. It showed him grinning with members of the infamous reactionary militia Harka Nur Al-Din Al-Senki. Raslan worked in the “Aleppo Media Center” (AMC), which was one of the most important sources of information for the Western media. In the West, it is treated as an “independent network” of so-called citizen journalists, but it is firmly in the camp of the regime’s opponents and is closely networked with the reactionary Islamists. It was founded with the help of the Syrian Expatriates Organization (SEO), which is headquartered in Washington and probably receives substantial sums from U.S. government agencies,<br />
<br />
<b>The ‘White Helmets’</b><br />
<br />
Even better equipped and much more prominent than the AMC is the already mentioned second organization, which contributed to staging Omran as a bomb victim, the “White Helmets.” This group diligently supplied the media with reports and footage from the war zones.<br />
<br />
Contrary to their self-portrayal, however, the “White Helmets” are not a home-grown Syrian organization. It was founded by a former British military officer and is headquartered in Britain. The funds came first from the Gulf States, and then mostly from Washington and London; each contributed more than $30 million. By the end of 2016, the Foreign Office of the Federal Republic of Germany had already transferred 12 million euros. While state support for established aid organizations declined in the past four years, this strange civil defense force has received more than 100 million euros in total.<br />
<br />
Of course, the “White Helmets” also claim to help wounded people. According to their own publicity, they have saved the lives of tens of thousands. By the end of 2017, its count reached 99,200, they said. This number, however, is unverifiable. But it is clear that they are only active in areas under the control of anti-government militias, and even there, obviously do not feel responsible for the entire population.<br />
<br />
Bassam Hajak is a doctor in the Aleppo Medical Association, who was responsible for the care of refugees who had reached the city’s western part via the Syrian army’s humanitarian corridors. He says that neither his family members who remained in East Aleppo nor anyone else he spoke with got any help from the “White Helmets.” Jan Oberg, a Swedish conflict researcher, found no trace of them on the ground immediately after the liberation. They did not provide care for those who urgently needed help after the fighting ended. Instead, they made sure they were evacuated along with the anti-government fighters.<br />
<br />
On the other hand, these ethereal civilian activists are very familiar with the local reactionary groups, with whom they are closely intertwined. In numerous pictures and videos, they are seen with Al-Nusra flags, as they celebrate success with Islamist fighters or are posing over Syrian soldiers who had been fatally shot.<br />
In addition, some of their activists can be seen in videos wearing their white uniforms, and in other photos they can be recognized as armed fighters. However, all of this did little to detract from their reputation in the West. The “White Helmets” received the Alternative Nobel Prize, and a short documentary about them received an Oscar. In December 2016, then German Foreign Minister Frank-Walter Steinmeier (SPD) presented their head, Raed Al-Saleh, with the “Franco-German Prize for Human Rights and the Rule of Law.”<br />
<br />
Considering the verified knowledge about the war in Aleppo, the offensive with air raids on the eastern part of the city, artillery shelling and street fighting for the remaining population, it was a horror, which caused widespread devastation and killed thousands. But this also applies to the “rebels’” nonstop rocket and mortar attacks on the western part of the city. According to UNESCO, after the four-year fighting ended, 60 percent of the Old Town, through which the front ran, was badly damaged and up to 30 percent completely destroyed.<br />
However, it is deliberately misleading to exclusively blame the Syrian and Russian forces for the destruction. In many pictures of the destruction used to charge them, it was completely concealed that a significant portion of the damage had been caused in the summer of 2012 by the reactionary Islamist militias’ invasion. Parts of the old city were already devastated by fire, and the reactionaries had plundered and pillaged the famous souk, the world’s largest covered market district.<br />
<br />
According to Oberg’s observations, most of the recent damage occurred during the street fighting. Contrary to the impression conveyed by the media, he estimates that, at most, 10 percent of the destruction can be attributed to air raids.<br />
<br />
The Iraqi city of Mosul was even more severely destroyed. Up to 80 percent was destroyed in the storming of the city. The United Nations Organization says that the extent of the damage overshadows all previous war damage in Iraq. Of the 54 residential districts of West Mosul, 15 were completely razed to the ground, destroying nearly 32,000 houses. In the 23 partially destroyed districts and 16 slightly damaged districts, another 16,000 buildings were totally destroyed. It is likely that the homes of over half a million people were demolished.<br />
<br />
<b>No compassion shown after U.S./NATO bombings</b><br />
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Most of the destruction in Mosul is reportedly due to the Iraqi forces’ artillery bombardment. The rest here — as in Aleppo — is the responsibility of the reactionaries. However, as the photos show, aerial bombardment destroyed a significant part of the affected buildings. In the final weeks, the U.S.-led alliance of NATO countries and Australia, Jordan and Morocco literally bombed the ground troops, clearing the way meter by meter, with no regard for the hundreds of thousands of inhabitants trapped there.<br />
<br />
In total, more than a million people fled the city over the nearly nine-month attack. The number of victims is difficult to estimate. Iraqi Kurdish intelligence agencies estimate at least 40,000 civilians died. A U.N. Human Rights Commission investigation reports that at least one in four civilians who died in the fighting was killed by the U.S.-led coalition’s airstrikes.<br />
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Reports of the Mosul bombing show a complete lack of compassion for the trapped people, with estimates given of low numbers of casualties. There were almost no photos of Mosul, including of dead or wounded children, and no reports of the devastation caused by the bombing or stories of the suffering of those affected. The Western media mainly showed celebrating soldiers and Shiite or Kurdish militiamen. Hardly any mention was made of conflicts with the Sunni population. It was only because of their background and the resulting dislike of the Shiites and Kurds that it was possible for the reactionary Islamists to establish themselves in the big city and other areas.<br />
<br />
The media were absolutely uncritical, portraying the battle for Mosul as the struggle of a democratically elected government against the Islamic State. There was no controversy in media or political reports about the fact that sectarian Shiite forces led this struggle, that they dominated the Iraqi government, provided the bulk of the troops, or that the battle was largely carried out as one against the insubordinate Sunnis. Also largely ignored were the expulsions of Sunnis from ethnically and religiously mixed areas carried out in the wake of the reconquest.<br />
<br />
<b>Reality turned on its head</b><br />
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If one compares the struggles of Aleppo and Mosul, one finds that in the different characterizations of the warfare, the actual conditions were reversed. While the Syrian and Russian forces were certainly not particularly cautious — and it’s noted that not all allegations of the destruction of civilian facilities are propaganda — they have been, as the extent of the devastation shows, much less extensive than those of the U.S.-led alliance and its Iraqi ground forces.<br />
<br />
In reconquering Syrian cities, the Russians and Syrian troops tried to avoid waging decisive battles in urban centers. Fighters who willingly gave up their weapons were offered impunity. Those who did not were offered safe escort out of the area. In Aleppo, too, the Damascus government allowed thousands of reactionary militia fighters with their light weapons and their families to leave the contested neighborhoods unmolested. In Iraq, on the other hand, there was no effort to use negotiations to avoid devastating battles to the end.<br />
In Aleppo, the takeover of control did not lead to major government retaliation. Members of two militias, not the army, murdered 85 government opponents. These incidents were prosecuted in the courts. In Iraq, on the other hand, the recapture of each city was followed by revenge actions on the remaining population. The infamous Shiite militias were the perpetrators there. However, accusations by locals and human rights organizations are also directed against regular Iraqi military units and Kurdish fighters. In many denominationally mixed areas, the deportations and executions of Sunnis often took on the character of ethnic cleansing — with total impunity.<br />
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<b>Related</b><br />
<br />
<a href="https://www.workers.org/2017/04/04/mosul-iraq-u-s-guilty-of-war-crimes/">Mosul, Iraq: U.S. guilty of war crimes</a>, April 4, 2017<br />
<br />
<a href="https://www.workers.org/2016/01/21/syria-and-isis-some-anti-imperialist-observations-and-analysis/">Syria and ISIS: Some anti-imperialist observations and analysis</a>, January 21, 2016<br />
<br />
<a href="https://www.workers.org/2016/12/19/speaking-tour-exposes-u-s-lies-about-syria/">Speaking tour exposes U.S. lies about Syria</a>, December 19, 2016
JGuilliard
Nahost
Copyright © 2018 JGuilliard
2018-02-19T18:51:00Z
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Syrien: Weitere Eskalation durch Angriffe der USA und Israels
https://jghd.twoday.net/stories/syrien-weitere-eskalation-durch-angriffe-der-usa-und-israels/
Zynischer Weise bezeichnete Washington die Angriffe als einen Akt seines "nicht verhandelbaren Rechts zur Selbstverteidigung" und als "defensive" Luftangriffe zur Vergeltung für einen "unprovozierten" Angriff auf die SDF und "ausländische Militärberater", d.h. Spezialeinheiten der USA (und evtl. Frankreichs u. Großbritanniens). Dabei besteht kein Zweifel, dass die US- und NATO-Truppen absolut völkerrechtswidrig im Land operieren, und nicht weniger Aggressoren und illegale Besatzungsmächte sind, wie die Türkei im Nordwesten Syriens.<br />
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<b>Kampf um Ressourcen</b><br />
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Der Ort des Geschehen liegt wenige Kilometer südöstlich der Provinzhauptstadt Deir ez-Zor. Hier kontrolliert die syrische Armee <a href="https://syriancivilwarmap.com/">ein kleines Gebiet östlich des Euphrats</a>. Laut Central-Command wurden "als Berater, Helfer oder Begleiter agierende Mitglieder der Koalition zusammen mit ihren SDF-Partnern acht Kilometer östlich einer verabredeten, ausgemachten De-Eskalationslinie am Euphrat angegriffen." Nach syrischen und russischen Angaben gibt es keine Verabredungen über eine solche De-Eskalationslinie.<br />
<br />
Wahrscheinlich galt der Vorstoß nicht einem SDF-Hauptquartier, wie vom US-Militär behauptet wird, sondern den in unmittelbarer Nähe befindlichen Ölfeldern und Gasanlagen, die bis August 2017 unter Kontrolle des IS gestanden sind. Die kurdischen Milizen hatten im Sommer das Wettrennen um die meisten Anlagen gegen die Regierungstruppen knapp gewonnen und weigern sich seither, sie der Zentralregierung zu übergeben. Vermutlich sollen sie einen wichtigen Teil der wirtschaftlichen Basis der Unabhängigkeit bilden. (Thomas Pany, <a href="https://www.heise.de/tp/features/Luftangriffe-in-Syrien-USA-dokumentieren-ihren-Willen-sich-festzusetzen-3963643.html">Luftangriffe in Syrien: USA dokumentieren ihren Willen, sich festzusetzen</a>, Telepolis, 8.2.2018 und <a href="https://de.sputniknews.com/zeitungen/20180209319461192-usa-truppen-oel-gas-vorkommen-sdf-russland-pentagon-ziele-is/">US-Vorgehen in Syrien: Bombenangriffe für lukrative Geschäfte</a>, Sputnik, 09.02.2018)<br />
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Es ist daher völlig plausibel, wenn der russische Außenministers Sergej Lawrow <a href="https://de.sputniknews.com/politik/20180207319431959-lawrow-usa-aufteilung-syrien-plaene/">überzeugt ist</a>, dass die USA konkrete Pläne zur Aufteilung Syriens verfolgen. Zumindest wollen sie, so der US-amerikanische <a href="https://www.reddit.com/r/syriancivilwar/comments/7w2ks3/syria_the_us_wants_to_keep_syria_weak_divided_and/">Nahosexperte Prof. Joshua Landis</a>, "Syrien schwach und arm halten" indem sie dem Hauptteil der Landes und seiner Bevölkerung den Zugang zu den bedeutendsten Öl- und Gasquellen und zum besten Ackerland verwehren.<br />
<br />
Aus welchen Einheiten die angegriffenen, regierungsloyalen Kämpfer kommen, ist nach wie vor unklar. Es spricht einiges dafür, dass es sich zum Teil um lokale Milizen arabischer Stämme handelte, die den kurdischen dominierten SDF die Kontrolle über das wirtschaftlich wichtige Gebiet, in dem sie ansässig sind, entreißen wollten.<br />
<br />
<a href="http://www.moonofalabama.org/2018/02/syria-us-may-have-arranged-self-defense-attack-on-syrian-government-forces.html">Anderen Berichten </a>zufolge, bestehen die SDF-Einheiten, die die Förderanlagen, darunter das bedeutende Conoco Gasfeld, kontrollieren, hauptsächlich aus Kämpfern lokaler arabischen Stämme, die zuvor mit dem "Islamischen Staat" (IS oder arab. despektierlich Daesch) zusammen gearbeitet hatten. Diese hätten mit der syrischen Regierung die Übergabe der Anlagen ausgehandelt. Möglicherweise wollten sie die regierungsloyalen Truppen nur übernehmen und liefen dabei in eine bewusst gestellte Falle oder auf den Widerstand von kurdischen Einheiten und den US-Streitkräften gegen die Eigenmächtigkeit der Stämme. Anderseits könnten regierungsloyalen Einheiten die ehemaligen Daesch-Verbündeten auch weiterhin als Daesch-Mitglieder bekämpfen. Das würde Meldungen von russischer Seite erklären, denen zufolge der Vorstoß gen Osten dem Daesch gegolten haben soll.<br />
<br />
Es war nicht der erste Vorfall dieser Art. So <a href="https://mobile.almasdarnews.com/article/us-releases-statement-accusing-syrian-jet-attacking-kurdish-forces/">schoss die US-Luftwaffe </a>im Juni letzten Jahres unter dem dem Vorwand "kollektiver Selbstverteidigung" einen syrischen Kampfjet vom Typ Su-22 ab, der angeblich in der Ortschaft Ja’yadeen (westl. von Raqqa) SDF-Einheiten angegriffen haben soll. Allerdings stand der Ort zu dem Zeitpunkt schon unter syrischer Kontrolle.<br />
<br />
Am <a href="https://www.wsws.org/de/articles/2016/09/20/syri-s20.html">17. September 2016 hatte die US-geführte Luftkriegs-Allianz</a> schon einmal bei Deir ez-Zor, nur wenige Kilometer vom aktuellen Geschehen entfernt, syrische Truppen attackiert, die dort gegen den IS kämpften. Das Pentagon sprach von einem Irrtum. Da die <a href="https://www.almasdarnews.com/article/us-coalition-knew-bombing-syrian-army-deir-ezzor/">syrischen Stellungen bekannt </a>waren, war dies wenig glaubhaft. Tatsächlich flogen die Kampflugzeuge dabei über eine halbe Stunden lang regelrechte Angriffswellen, durch die <a href="http://edition.cnn.com/2016/09/17/middleeast/syria-claims-coalition-airstrike-hit-regime-forces/index.html">mindests 62 syrische Soldaten getötet</a> und über 100 verwundet wurden. Nur eine Stunde danach <a href="https://www.almasdarnews.com/article/battle-deir-ezzor-takes-turn-worse-isis-captures-jabal-thardeh/">begann der IS mit dem Sturm </a>der von den bombardierten syrischen Truppen gehaltenen, strategisch wichtigen Höhen beim Flughafen von Deir ez-Zor. Die Versorgung der Bevölkerung der Stadt wurde so einige Wochen lang unterbrochen.<br />
<br />
<b>Weitere Eskalation durch Israel</b><br />
<br />
Fast gleichzeitig zu den Angriffen an dieser Front im Südosten, flog die israelische Luftwaffe die massivsten Angriffswellen seit 2011 auf Ziele mitten in Syrien. Als Rechtfertigung für die erste Attacke diente der israelischen Führung das Eindringen einer angeblich iranischen Aufklärungsdrohne, die in den israelischen Luftraum eingedrungen sei.<br />
Der Vorwand steht allerdings auf wackligen Beinen. Angaben der syrischen Armee zufolge, handelte es sich um eine eigene Drohne, die sich auf einem routinemäßigen Aufklärungsflug gegen den "Islamischen Staat" befand. Dies würde zu Meldungen der <a href="http://www.jpost.com/Arab-Israeli-Conflict/Israeli-Air-Force-strikes-Iranian-targets-in-Syria-542191">Jerusalem Post</a> und <a href="http://www.aljazeera.com/news/2018/02/israel-shot-iranian-drone-syria-180210053946323.html">Al Jazeera </a>passen, denen zufolge die Drohne unweit der Grenze, entlang den von Israel illegal besetzten Golan-Höhen, abgeschossen wurde. (Da sie nach israelischen Angaben 90 Sekunden nach dem Eindringen abgeschossen wurde, könnte sie höchstens ein paar Kilometer über die Grenze geraten sein.) Auch israelische Experten zweifeln an einem absichtlichen Eindringen in den israelischen Luftraum. "Ich sehe keine Logik dahinter, dass die Iraner eine Drohne nach Israel schicken", meinte z.B. Ehud Yaari, ein häufig im israelischen Fernsehen auftretender Wissenschaftler des Washington Institute for Near East Policy. “Sie haben im Moment ganz andere Prioritäten in Syrien”. Es war nicht die erste Drohne, die die israelischen Streitkräfte abschossen. Es war allerdings das erste Mal, dass sie dies zum Anlass für einen umfassenden "Vergeltungsschlag" nahmen.<br />
<br />
Auf den Angriff der acht Kampfflugzeugen auf Ziele nahe Palmyra im Zentrum Syriens, reagierten die syrischen Streitkräfte ‒ für die israelische Luftwaffe offenbar völlig überraschend ‒ mit massiven Luftabwehrangriffen. Es gelang ihnen einen Kampfjet abzuschießen, der auf israelischen Boden zerschellte. Der, nach <a href="https://www.washingtonpost.com/world/israel-carries-out-large-scale-attack-in-syria-after-israeli-jet-crashes-under-anti-aircraft-fire/2018/02/10/89e0ca2c-0e33-11e8-95a5-c396801049ef_story.html">Angaben der Washington Post</a>, erste Abschuss einer eigenen Maschine seit 1982 versetzte dem Nimbus der israelischen Luftwaffe, problemlos und unverwundbar überall in der Region zuschlagen zu können, einen herben Schlag. Entsprechend aggressiv war die Reaktion. Die israelische Regierung, die seit 2011 schon über 100 Angriffe auf Stellungen in Syrien fliegen ließ, zederte über die Eskalation durch Syrien und Iran und ließ als "Akt der Selbstverteidigung" erneut zwölf syrische und iranische Ziele in Syrien angreifen ‒ laut Haaretz zum ersten Mal dabei gezielt auch "bemannte".<br />
<br />
Nicht nur Washington stellte sich ‒ wie zu erwarten ‒ hinter die absurde Rechtfertigung dieser Aggression als "Selbstverteidigung", auch die deutsche Regierung <a href="http://www.faz.net/aktuell/politik/bundesregierung-kritisiert-irans-aggressive-haltung-15444862.html">sprach</a> vom Recht Israels, sich gegen Angriffe zu verteidigen und klagte Teheran an, zu einer „gefährlichen Eskalation des syrischen Bürgerkriegs“ beizutragen. Das libanesische Außenministerium hingegen <a href="https://www.jungewelt.de/artikel/327070.neue-stufe-der-eskalation.html">wandte sich </a>an den UN-Sicherheitsrat, um das Recht Syriens zu bekräftigen, sich gegen die Aggressionen aus Israel zu verteidigen.<br />
<br />
Israel unterstützt seid Beginn des Krieges in Syrien, wie auch die FAZ <a href="http://blogs.faz.net/bagdadbriefing/2014/12/08/mit-al-qaida-gegen-die-hizbullah-41/">feststellte</a>, den Al Qaida-Ableger Al Nusra Front und andere islamistische Milizen, die nördlich der Golan-Höhen operieren. Dem Applaus von dieser Seite konnte sich die israelische Führung auch für die neue Angriffe sicher sein. Saleh Al-Hamwi, 2012 Mitgründer der sich heute Tahrir al-Sham nennenden Nusra-Front, <a href="https://deutsch.rt.com/der-nahe-osten/65060-nach-angriff-auf-syrien-ehemaliger-al-kaida-fuehrer-lobt-israel-luftwaffe/">schrieb</a>: "Wir begrüßen jeden israelischen Luft- oder Seeangriff auf das Regime und den Iran in Syrien und fordern die Israelis nachdrücklich auf, dies auch weiterhin zu tun."<br />
<br />
Bisher hat Russland weder etwas gegen israelische noch gegen US-amerikanische Angriffe unternommen ‒ die russische Führung bleibt strikt bei ihrer Linie, ausschließlich dschihadistische Milizen zu bekämpfen und jeden militärischen Konflikt mit anderen Staaten zu vermeiden. Während sie auch von Friedensbewegten, die das russische Eingreifen in Syrien bisher verurteilten, angeklagt wird, den Luftraum über Afrin nicht mit ihren Kampfjets für die türkische Luft gesperrt zu haben, wurde Putin aus der Zurückhaltung gegen Israel seltsamer Weise noch nie ein Vorwurf gemacht.<br />
<br />
Neben den dschihadistischen Banden im Innern, ist Syrien damit mit Angriffen von ausländischen Mächten an drei Fronten konfrontiert. Im Nordwesten durch die Türkei, im Osten durch die USA und ihre kurdischen Verbünden und im Süden durch Israel. Israel arbeitet dabei <a href="https://www.jungewelt.de/artikel/326672.40-kilometer-pufferzone.html">ebenfalls an der Aufspaltung Syriens</a>, die im übrigen u.a. auch von Deutschland aktiv gefördert wird (Siehe dazu u.a. Karin Leukefeld, <a href="http://www.zlv.lu/spip/spip.php?article20193">Syrien: Zusammenspiel ziviler und militärischer Hilfe</a>, Lëtzebuerger Vollek/Luxemburg, 5.2.2018)<br />
<br />
In so einer Situation kann die Linke und die Friedensbewegung nicht einfach nur gegen die türkische Aggression in Afrin protestieren und unkritisch Solidarität mit den PKK-nahen syrisch-kurdischen Organisationen üben.<br />
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Siehe dazu u.a.<br />
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<a href="http://www.moonofalabama.org/2018/02/syria-us-may-have-arranged-self-defense-attack-on-syrian-government-forces.html">Syria - U.S. May Have Arranged "Self Defense" Attack On Syrian Government Forces,</a> Moon of Alabama, 8.2.2018 <br />
<br />
Karin Leukefeld, <a href="https://www.jungewelt.de/artikel/327070.neue-stufe-der-eskalation.html">Neue Stufe der Eskalation</a>, Israel bombardiert erneut Ziele in Syrien. junge Welt, 12.02.2018, <br />
<br />
Karin Leukefeld, <a href="http://www.zlv.lu/spip/spip.php?article20193">Syrien: Zusammenspiel ziviler und militärischer Hilfe</a> - Pläne zum »Rückbau« des Landes fördern die Spaltung in eine »konföderale Struktur«, Lëtzebuerger Vollek/Luxemburg, 5.2.2018 <br />
<br />
Rainer Rupp, <a href="https://deutsch.rt.com/meinung/65046-droht-im-nahen-osten-ein-neuer-grosser-krieg/">Droht im Nahen Osten ein neuer, großer Krieg?</a> RT, 13.02.2018 <br />
<br />
<a href="https://www.washingtonpost.com/world/israel-carries-out-large-scale-attack-in-syria-after-israeli-jet-crashes-under-anti-aircraft-fire/2018/02/10/89e0ca2c-0e33-11e8-95a5-c396801049ef_story.html">Israel carries out ‘large-scale attack’ in Syria after Israeli jet crashes under antiaircraft fire</a>, Washington Post, 10.2.2018 <br />
<br />
Wiebke Diehl, <a href="https://www.jungewelt.de/artikel/327413.eskalation-%C3%BCber-dem-golan.html">Eskalation über dem Golan</a>, Syrische Luftabwehr schießt israelischen Kampfjet ab. Angriffe des Nachbarn werden nicht mehr hingenommen, junge Welt, 10.02.2018
JGuilliard
Nahost
Copyright © 2018 JGuilliard
2018-02-13T22:43:00Z
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Kurden im Zwielicht: Die türkische Aggression gegen Afrin und die Problematik der...
https://jghd.twoday.net/stories/kurden-im-zwielicht-tuerkische-aggression-afrin-problematik-der-solida/
Problematisch ist auch die Idealisierung der syrisch-kurdischen Organisationen. So wird oft behauptet, dass ihre Milizen die effektivsten und aufopferungsvollsten im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ seien. Auch wenn man ihre Verdienste dabei anerkennt, sollte man nicht übersehen, dass es die syrische Armee ist, die von Anfang an die Hauptlast des Krieges gegen all die dschihadistischen Milizen, von Ahrar al Sham über die Al Nusra Front bis zum IS trug. Und der Kampf gegen den IS im Osten wäre effektiver gewesen, hätte die YPG nicht gemeinsam mit der US-Luftwaffe die syrische Armee daran gehindert, in Raqqa und Umgebung gegen den IS vorzugehen, statt die eigenen Kräfte mit ihr zu vereinen.<br />
<br />
Die türkische Aggression hätte vermutlich verhindert werden können, wenn die PKK-nahen syrisch-kurdischen Organisationen auf die Vermittlungsvorschläge von russischer Seite eingegangen wären, die sich intensiv um eine politische Lösung bemüht hatte. Diese beinhalteten die Übernahme der Sicherung der Grenze von Afrin zur Türkei durch syrische und russische Truppen. Die türkische Regierung hätte sich wohl damit zufrieden gegeben. (siehe dazu u.a. die Ausführungen von <a
href="https://deutsch.rt.com/der-nahe-osten/64003-kein-unerwarteter-angriff-karin-leukefeld/">Karin Leukefeld</a> und <a
href="https://deutsch.rt.com/meinung/64034-turkische-invasion-in-afrin-nein/">Rainer Rupp</a> zur türkischen Offensive in Syrien) <br />
<br />
Die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG/YPJ) hätten durchaus weiter den Rest der Provinz kontrollieren dürfen (die Kurden somit weiterhin mit Zustimmung der syrischen Regierung eine Teil-Autonomie behalten können). Allerdings sollten sie die besetzten Ölquellen in Ostsyrien räumen und sich nicht an den von den USA geplanten "Grenzschutztruppen" beteiligen, die nicht nur von der Türkei als Hauptgrund für ihr Vorgehen genannt werden, sondern auch von der syrischen und russischen Regierung als Plan zur Teilung des Landes angesehen werden.<br />
<br />
Die YPG-Führung hat aber, wie schon im Sommer 2017 das Angebot einer Unterstützung durch die syrische Armee abgelehnt und getönt: „Wir haben das nicht akzeptiert, und wir werden unsere Territorien nicht aufgeben. Wir werden alle unsere Gebiete verteidigen.“ (Karin Leukefeld, "<a href="https://de.rt.com/1ddv">Abrechnung mit NATO-Partner USA</a>", RT, 22.01.2018)<br />
Entgegen ihrer bisherigen Verlautbarungen, sich nicht abtrennen zu wollen, strebt sie nun offensichtlich doch mit US-Hilfe die Unabhängigkeit an. <br />
<br />
Es ist daher unlauter, wenn nun der russischen Regierung vorgeworfen wird, sie hätten die Kurden im Stich gelassen. Es kann doch niemand erwarten, dass sich russische Streitkräfte unter diesen Umständen den türkischen Truppen entgegenstellen und damit faktisch in einen Krieg mit einem NATO-Staat eintreten.<br />
<br />
Unter Führung von US-Militärs haben die im wesentlich aus kurdischen Kampfverbänden bestehenden „syrischen demokratischen Kräfte“ (SDF) nicht nur die IS-Hochburg Raqqa erobert, sondern sind anschließend weiter bis an die südöstliche Grenze zum Irak vorgestoßen und trieben so einen Keil zwischen die syrische Armee und die noch vom IS besetzten Gebiete. Nahezu der gesamte Osten Syriens wird nun von der YPG und den US-Streitkräften mit ihrer Luftstreitmacht und mindestens 2.0000 Mann starke Spezialeinheiten am Boden kontrolliert. Die USA, die in Syrien zusammen mit ihren NATO-Partnern unter eklatanter Verletzung des Völkerrechts agieren, haben auf diesem Territorium bereits mindestens zwölf Militärstützpunkte eingerichtet und bauen eifrig weitere auf. Hier befinden sich nicht nur die Kornkammer und die bedeutendsten Ölressourcen des Landes, von hier aus wird auch die Wasserversorgung Nordostsyriens kontrolliert. 14 Dämme entlang des Euphrat und seiner Nebenflüsse stehen nun unter kurdischer bzw. US-amerikanischer Kontrolle.<br />
<br />
Zur Absicherung dieses Gebiets will Washington eine 30.000 Mann starke „Syrische Grenzschutztruppe“ ( Syrian Border Security Force, BSF) unter SDK-Führung aufbauen, die sowohl an den Grenzen zur Türkei und dem Irak stationiert werden soll, als auch entlang des Euphrats, zwischen dem von den USA und der YPG kontrollierten (überwiegend nicht kurdischem) Gebiete im Osten und dem von der syrischen Regierung kontrollierten Gebiet westlich des Euphrats. (siehe <a
href="https://thedefensepost.com/2018/01/13/syria-border-security-force-sdf-coalition/">Coalition retraining 15,000 veteran SDF fighters to serve as Syrian border force</a> - 30,000-strong force to maintain security along Iraq, Turkey and internal borders, The Defense Post, 13.1.2018 und <a href="http://www.bbc.com/news/world-middle-east-42687958">Syria war: Turkey denounces US 'terror army' plan for border security force</a>, BBC, 15 1.2018)<br />
<br />
Gleichzeitig machte US-Außenminister Rex Tillerson in einer Rede in der Stanford University klar, dass die USA mit ihren Truppen auf unbestimmte Zeit präsent bleiben, mit anderen Worten, weite Teile Syriens militärisch besetzen, wollen. <p>"Faktisch garantieren die USA damit die Existenz eines permanenten kurdischen Kleinstaates unter US-Schutz", <a href="http://www.independent.co.uk/news/world/middle-east/kurdish-forces-syria-turkey-kurdistan-counter-attack-battle-militia-erdogan-olive-branch-latest-a8172851.html"> so der renommierte Nahost-Korrespondent des Independent, Patrick Cockburn</a>.</p>
Seine Regierung wolle damit nicht nur den Sieg über den Islamischen Staat sichern, so Tillerson, sondern verhindern, dass "Assad" wieder die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium erringen könne. Sie würden nun dort, wo sie präsent sind, für den Aufbau einer "legitimer lokalen Zivilverwaltung" sorgen, die eine verantwortungsvolle Regierungsgewalt über die befreiten Gebiete" ausüben. (<a href="http://www.state.gov/secretary/remarks/2018/01/277493.htm">Tillerson: Remarks on the Way Forward for the United States Regarding Syria</a>, US State Department, 17.1.2018) <br />
<table border="0" align="right" cellpadding="8"> <tr> <td> <img
src="https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/wp-content/uploads/2018/01/DTq6AdEU0AY1aia.jpg-large-600x516.jpg" alt="" hspace="12" height="387" width="450" />
<br />Die militärische Lage in Syrien im Januar 2018. <br />
(Grafik: Stratfor, Quelle: <a href="https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2018/01/18/putin-zeigt-erdogan-in-syrien-seine-grenzen-auf/">Deutsche Wirtschafts Nachrichten, 18.01.2018</a>)
</td> </tr></table><br />
Die "kurdischen Volksver-teidigungseinheiten" haben sich somit nicht nur zu Bodentruppen der USA machen lassen, sondern unterstützten faktisch die Besatzung des Nordosten Syriens durch eine ausländische Macht und stellen sich damit gegen den Rest der syrischen Bevölkerung.<br />
<br />
Da Ankara stets betonte, keine YPG-Einheiten westlich des Euphrats dulden zu wollen und Washington auf die Partnerschaft mit der Türkei nicht verzichten kann, war es töricht von ihnen, auf eine Verteidigung ihrer Unabhängigkeit in Afrin durch die USA als Gegenleistung zu hoffen. Unterstützung werden sie auch weiterhin nur dort und so lange erhalten, wie es Washington nützlich erscheint. Und die US-Regierung balanciert in ihrer Bündnispolitik zwischen Ankara und den YPG auf einem dünnen Draht.<br />
<br />
Es ist in diesem Zusammenhang auch falsch, wenn oft von "den syrischen Kurden" gesprochen wird. Wie selbst der langjährige Unterstützer des kurdischen Unabhängigkeitsbestrebens, Joost Hilterman von der International Crisis Group schreibt, ist auch ein erheblicher Teil der syrischen Kurden nicht damit einverstanden, einer ziemlich rigiden Herrschaft von PKK-nahen Kadern unterworfen zu sein, die ihre Politik mehr an PKK-Chef Öcalan ausrichten, als an den örtlichen Befindlichkeiten und sie durch das Bündnis mit den USA in eine gefährliche Lage gebracht haben. Er empfiehlt der YPG-Führung, die Zusammenarbeit mit den USA zurückzufahren und die Kontrolle über nicht-kurdischen Gebiete aufzugeben, sowie sich auf den Aufbau einer lebensfähigen Autonomie -- in Zusammenarbeit mit lokalen Parteien und im Rahmen des syrischen Staates -- zu konzentrieren. (Joost Hiltermann, Maria Fantappie, <a
href="https://foreignpolicy.com/2018/01/16/twilight-of-the-kurds-iraq-syria-kurdistan/">Twilight<br />
of the Kurds</a> - Kurdish officials once dreamed of forging their own state out of the ashes of the war against the Islamic State. Now they are fighting for their very survival, Foreign Policy 16.1.2018)<br />
<br />
Vielleicht bringt der türkische Angriff auf Afrin ein Umdenken. Medienberichten zufolge könnten die YPG nun doch der syrischen Regierung die Verantwortung für die Verteidigung der Enklave überlassen und die syrische Armee zur türkischen Grenze - zwischen die eigenen und türkischen Truppen - vorstoßen lassen. (<a href="http://www.xinhuanet.com/english/2018-01/22/c_136915197.htm">Possible understanding between Syrian gov't, Kurdish forces can help end Turkish attack on Afrin</a>, Xinhua, 22.1.2018)<br />
<br />
Siehe auch:<br />
Robert Fisk, <a
href="https://www.counterpunch.org/2018/01/19/the-next-kurdish-war-looms-on-the-horizon/">The Next Kurdish War Looms on the Horizon</a>, Independent/Counterpunch, 19.1.2018<br />
<br />
Patrick Cockburn, <a href="http://www.independent.co.uk/voices/syria-us-kurdish-state-turkey-war-us-is-creatign-trouble-in-the-middle-east-a8179941.html">By reversing its policy in Syria the US is fuelling more wars in the Middle East</a>, Independent, 26.1.2018<br />
<br />
Mike Whitney, <a
href="https://www.counterpunch.org/2018/01/19/trumps-plan-b-for-syria-occupation-and-intimidation/">Trump’s Plan B for Syria: Occupation and Intimidation</a>, Counterpunch, 19.1.2018<br />
<br />
Anton Mardasov, <a
href="http://www.al-monitor.com/pulse/originals/2018/01/russia-role-turkey-incursion-syria-afrin.html">Russia’s role in Turkish incursion into Syria is tricky</a>, Al Monitor, 24.1.2018<br />
<br />
Karin Leukefeld, <a
href="https://www.jungewelt.de/artikel/326128.neue-runde-im-gro%C3%9Fen-spiel.html">Neue Runde im »großen Spiel«</a>, junge Welt, 26.01.2018
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2018-01-26T22:07:00Z
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