Vorraussetzung für eine Friedenslösung in Syrien: Ausländische Intervention stoppen

Der folgende Beitrag erschien leicht gekürzt unter dem Titel "Westliche Umsturzpläne" in der Rubrik "Debatte" des ND vom 31.08.2013

Angesichts der drohenden direkten militärischen Angriffe auf Syrien nach dem Giftgas-Attentat vom 21.8. hatte das Neue Deutschland die Streitfrage: Wie kann eine Friedenslösung in Syrien aussehen?
Den zweiten Beiträg schrieb Bahman Nirumand: Ohne Frieden keinen Fortschritt.

 
 
Streitfrage: Wie kann eine Friedenslösung in Syrien aussehen?

Erste Vorraussetzung: Ausländische Intervention stoppen


Die drohenden NATO-Angriffe auf Syrien kommen nicht überraschend. Experten warnen schon lange davor, dass regierungsfeindliche Kräfte mit Hilfe ausländischer Geheimdienste versuchen werden, das Militärbündnis durch einen der syrischen Armee untergeschobenen Einsatz von Giftgas zu einem direkten militärischen Eingreifen zu bewegen bzw. einen geeigneten Vorwand dafür zu liefern.

Erste mörderische Versuche terroristischer Banden gab es bereits im Dezember und März. Sie scheiterten nicht daran, dass auch UN-Experten, wie die Chefanklägerin des Jugoslawien-Tribunals, Carla del Ponte zu dem Schluss kamen, dass die Giftstoffe sehr wahrscheinlich von „Gegnern des Regimes“ eingesetzt wurden. Sie scheiterten daran, dass Washington zunächst weiter auf die Aufrüstung der Aufständischen setzte. Nachdem diese in den letzen Wochen aus zahlreichen strategisch wichtigen Gebieten verdrängt worden waren und die syrischen Streitkräften weiter auf dem Vormarsch sind, scheint jetzt auch die US-Führung ein direktes Eingriffen für notwendig zu halten.

Der Versuch, des von den USA, Frankreich, Großbritannien, der Türkei, Israel und den Golfmonarchien geführten Aggressionsbündnisses, die syrische Regierung allein durch einen Stellvertreterkrieg in- und ausländischer Kämpfer zu stürzen, scheint somit auch aus ihrer Sicht gescheitert zu sein. Offensichtlich hat das säkulare System, für das Präsident Baschar al-Assad steht, wesentlich mehr Rückhalt als im Westen dargestellt wird. Auch wenn sich die meisten Syrer sicherlich noch weitergehendere demokratische und soziale Reformen wünschen, als zu Beginn der Proteste gewährt wurden, steht die Mehrheit der Bevölkerung nach wie vor hinter Assad oder lehnt zumindest seinen Sturz ab.

Solange die regierungsfeindlichen, mittlerweile mehrere zehntausend Mann umfassenden überwiegend islamistischen Milizen weiter über einen steten Nachschub an Geld, Waffen und Kämpfer sowie ein sicheres Hinterland in der Türkei und Jordanien verfügen, kann die syrischen Armee sie nicht endgültig besiegen. Sie wird ihnen auch weiterhin weite Gebiete in Grenzregionen und ländlichen Bereich überlassen müssen. Diese Gebiete werden von den diversen, teils rivalisierender Milizen als Pfründe betrachtet, zunehmend kommt es auch zu Kämpfen untereinander. Das Land droht auseinanderzubrechen.

Kein Bürgerkrieg

Der Konflikt in Syrien ist im Kern kein Bürgerkrieg, sondern eine ausländische Intervention mit der Absicht, den wichtigsten Verbündeten der Regionalmacht Iran auszuschalten. Von Beginn an wurden die im März 2011 auch in Syrien einsetzenden Demonstrationen für demokratische Reformen von Anschlägen bewaffneter Gruppen begleitet, die auf eine Eskalation der Auseinandersetzungen abzielten. Von Anfang an erhielten diese Militanten Unterstützung von außen. Das Ziel war der Sturz des syrischen Regimes – und das um jeden Preis.

Jeder Ansatz für eine politische Lösung wurde daher konsequent torpediert. Alle Verhandlungsversuche scheiterten, weil die Aufständischen und ihre ausländischen Förderer auf den Rücktritt der Regierung – d.h. auf ihre Kapitulation – als Vorbedingung für Gespräche bestanden. Jede vereinbarte Feuerpause wurde unterlaufen, indem immer größere Kontingente an Waffen und Kämpfer ins Land geschleust wurden.
Dennoch liegt der einzige Weg zur Beendigung des Krieges nach wie vor in Verhandlungen unter Beteiligung aller relevanten syrischen Kräfte. Um zu einer Lösung zu kommen, muss die Regierung die veränderten Realitäten wie z.B. den erreichten Grad an Autonomie der Kurdenregion akzeptieren, während die oppositionellen Gruppen, die an einem Ende der Kämpfe interessiert sind, hinnehmen müssen, dass sie nur eine Minderheit vertreten und eine Stabilisierung des Landes ohne die amtierende Regierung nicht möglich ist.

Frieden kann es jedoch erst geben, wenn die NATO-Mächte und ihre arabischen Verbündeten die Umsturzbemühungen einstellen. Vor allem müssen die militärische und politische Unterstützung der regierungsfeindlichen Milizen beendet, deren Basen in der Türkei geschlossen und die britischen, französischen und US-amerikanischen Spezialeinheiten aus der Region abgezogen werden. Die Aussichten dafür sind indes trübe, die Entwicklung geht in Richtung einer weiteren Eskalation.

Die Syrer können dem nur entgegenwirken, indem sie durch eine Isolierung der auf einen Umsturz zielenden Kräfte der Intervention von außen jegliche Legitimationsmöglichkeit nehmen. Um sie zu stoppen ist jedoch eine breite Bewegung in der westlichen Öffentlichkeit gegen die Kriegspolitik der NATO erforderlich. [Die überwiegende Mehrheit lehnt zwar bisher eine direkte Militärintervention ab. Aus der passiven und noch ambivalenten Ablehnung muss jedoch aktives Engagement werden.] Dazu müssen Friedensbewegung und Linke endlich – unabhängig von den unterschiedlichen Einschätzung der innersyrischen Verhältnisse – erstens die äußere Aggression gegen das Land am Mittelmeer als solche benennen und zweitens deren Beendigung [ – von den Sanktionen bis Unterstützung oppositioneller Gruppen – ] zu ihrem Hauptziel machen.

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